Gutes im Kleinen
Straßauf um die Ecke gibt es zwei Büdchen Trinkhallen Kioske, die erstens Handykartenaufladungen verkaufen und zweitens Zigaretten. Wenn mir nach einem gemütlichen, nette Lachfaltengesicht und Altersweisheit zumute ist, gehe ich zu dem einen Kiosk. Wenn ich sowieso in den Supermarkt muß, zum anderen. Der hat außerdem den Vorteil, daß er mein liebstes Suchtmittel reduziert verkauft, für 5,70 CHF statt regulär 6,70 CHF (ode noch mehr, das variiert nach Marke, Sorte und Verpackung). Auf meinen Packungen stehen die 5,70 CHF übrigens dick, fett und unübersehbar drauf. Dieses Detail wird noch bedeutsam. Heute war ein junges Mädchen hinter der Theke, ich verlangte 30 CHF Aufladung und zwei Schachteln meiner reduzierten Zigaretten. Ratatatata kam der Telefonbeleg aus der Kasse, ich steckte die zwei Schachteln ein, die junge Dame so: 43,60 bitte. Ich zögerte, überlegte, reichte 100 CHF rüber, erhielt Wechselgeld, wandte mich zum gehen. Mir ist sowas schrecklich peinlich, immer, aber da mein Dukatenesel im Sommerurlaub weilt, überwandt ich meinen Widerwillen und bat nachträglich um den Kassenzettel. Da drauf: zwei Schachteln zu 6,80 CHF. Vorsichtig fragte ich, ob das nicht vielleicht ein Fehler...? mit versagender Stimme, schämenderweise. Neben mir inzwischen ein Anzugträger, wartend.

Oh ja! Es tue ihr so leid. Momentchen... sie rechnete, tippte in die Kasse, überlegte, händigte mir 15 CHF aus (wohlgemerkt, das korrekte Rückgeld für 43,80 hatte ich längst erhalten). Ich war einen Moment konsterniert, reichte das Geld dann zurück über die ausgelegten Schokoriegel und erklärte, das sei wohl etwas viel. Ein Moment Verwirrung, dann dämmerte es ihr, noch mehr Entschuldigung, Kassenklicken, dann reicht sie mir 2,60 CHF. Der Anzugträger fing an, mit dem Fuß zu tippen. Ein weiterer Kunde reihte sich hinter uns ein.

Wenn Sie bis hierher noch mitgerechnet haben: sie hat mir für zwei Schachteln jeweils 6,80 CHF abgezogen, die hätten jedoch nur 5,70 CHF kosten sollen. Ergo, noch ausstehendes Rückgeld: 1,10 CHF pro Schachtel, mal zwei, macht 2,20 CHF. Nicht 2,60 CHF. Ich zögerte erneut, beinahe versucht, es jetzt gut sein zu lassen, aber dann gewann meine gute, ehrliche Seite, ich reichte das Geld erneut zurück, legte ihr den Zettel vor, erklärte den Sachverhalt (ohne Taschenrechner! nur mit Kopfrechnen!) und erhielt dann endlich die 2,20 CHF, die mir zustanden.

Bin ein guter Mensch.

Kommentieren




zonebattler, Freitag, 20. August 2010, 08:51
Mit jungen Mädchen hinterm Tresen habe ich selbst ähnliche Erfahrungen machen müssen. Kopfrechnen kann kaum eine mehr...

damenwahl, Freitag, 20. August 2010, 15:00
Die war sonst ganz nett. Nur etwas verwirrt.

nnier, Freitag, 20. August 2010, 15:19
Ich freue mich, dass Sie das Wort "Trinkhalle" noch kennen - und diese Wechselgeldsituationen sind mir wohlbekannt. Ärgerlich ist es z.B., wenn man etwas an dem Tag eigentlich nicht gekauft hätte, da es nun aber gerade vergünstigt angeboten wird, nimmt man es doch mit - und an der Kasse wird der reguläre Preis abgezogen. Das habe ich schon mehrere Male geschluckt, vor allem, wenn wartende Menschen hinter mir waren. Umgekehrt: Ich hatte gute Laune und gab der wirklich entz jedenfalls total überforderten Bedienung, die wohl ihren ersten Tag und bei uns alles versemmelt hatte, ein Trinkgeld, das in keinem Verhältnis zu meinen Möglichkeiten stand. Sie hatte den ganzen Abend lang erst gar keine und dann immer nur falsche Getränke gebracht, ein Glas umgestoßen und so weiter. Mit gestresstem Gesicht nahm sie den großen Schein und mein "Stimmt so!" entgegen und verschwand ohne ein Wort.

damenwahl, Samstag, 21. August 2010, 01:18
Sehen Sie, Herr nnier, ich bin in Deutschland so weit rumgekommen.... ich hätte auch noch die Trafik im Angebot. Nur was man in Bayern sagt, das weiß ich nicht.

Trinkgeld nehmen und keine Miene verziehen - das würde mich aber schon beinahe wieder ärgern. Ich finde es immer sehr beeindruckend, wenn jemand mit schlechtem, aber gutwilligem Service souverän umgeht - aber wenn das dann nicht erwidert wird.

nnier, Samstag, 21. August 2010, 16:29
(Meine Vermutung war, dass sie es vor lauter Überforderung schlicht nicht mitbekommen hat. Vielleicht beim Nachzählen am Ende, aber davon hatte ich dann ja nichts mehr ...)