Urlaubssehnsucht
Draußen ist es ganz plötzlich Herbst geworden. Auf den Gehwegen verfaulen bröselige, Blätter in allen Variationen von braun und es ist so bitterkalt, daß ich meine Winterpullover herbeiwünsche und in meiner Wohnung eine Wolldecke wie einen Poncho umgelegt habe – die Heizung scheint noch in der Sommerpause zu sein. Immerhin bewahrheiten sich die Vorhersagen vom Altweibersommer in den Bergen: es regnet nur noch halbe Tage, die andere Hälfte drückt sich eine verlegene Sonne am Himmel herum, als wüßte sie nicht so recht, was sie hier soll.
Vor einem Jahr saß ich in klimatisierten Büros und planschte abends um acht im Pool, draußen drückende, schwüle, tropische Hitze, die mich gen Weihnachten zunehmend irritierte – dieses Jahr frage ich mich, wo der Sommer geblieben ist. Ich war ein paar Mal in Bergweihern oder Waldseen schwimmen, erinnere ich mich auch an einige Radtouren, einen Nachmittag in der Sonne auf der Bank hinter der Kirche um die Ecke, drei Tage verbrannte Füße auf der elterlichen Terrasse, aber das qualifiziert doch wohl noch nicht als Sommer?
Ich hätte gerne Urlaub. Am Meer. Wie sehr ich ein großes Wasser für das wahre, richtige Urlaubsgefühl brauche, ist mir gerade erst aufgefallen. In meinem neuen Umfeld im Alpenland habe ich lauter Kollegen, die wandern gehen, bergradeln und noch mehr wandern. Sie preisen die Schönheiten der grünen Wiesen und Berge. Davon habe ich jetzt auch einiges gesehen und gestehe: Ja, Bergseen sind idyllisch, grüne Wiesen hübsch, Felsmassive und Gletscher beeindruckend, aber zum Urlaub gehören für mich Wellen und Strand. Meine Familie hat die Mehrzahl der Sommerurlaube an der See verbracht, meistens Nordsee, ein paar Mal der Teich, der sich Ostsee schimpft, oder der etwas größere Teich namens Mittelmeer, eine endlose Folge von Stränden, Burgenbau, und Planschen im Meer. Die Urlaube in den Bergen hingegen kann ich präzise benennen: ein Mal Skifahren in der Schweiz, drei Mal Herbstferien oder Weihnachten im Schwarzwald.
Meine Sandkastenfreundin wiederum verbrachte alle Sommerurlaube in Österreich. So sicher, wie man meine Familie mit Schaufeln und Regenjacken gewappnet an der Nordsee finden konnte, war sie im Sommer mit den Eltern mit Wanderschuhen in den Bergen unterwegs, erzählte danach von grünen Wiesen, Gemsen, Edelweiß und Hütten, während ich Wellenbaden, Quallen und Regenschauer vorzuweisen hatte. Ich wußte, ich darf das nicht laut sagen, aber heimlich und verstohlen habe ich sie immer bemitleidet. Urlaub ohne Strand und Meer, das konnte ich mir nur als todlangweilig und irgendwie falsch vorstellen. Bis heute ist mir das Wetter im Urlaub völlig schnuppe, wenn es nur einen langen Strand gibt, die unbegrenzte Weite der Aussicht übers Meer, das beständige Rauschen der Wellen und Wind, der mir durch die Haare fegt. Ich gehe auch bei 17 Grad kreischend, aber unerschüttert ins Wasser, ich laufe barfuß und genieße den Sand zwischen den Zehen (und Wochen später noch in allen Socken und Schuhen) und koste die abendliche Erschöpfung von der salzigen Luft (Reizklima!) aus. Nur das ist für mich Urlaub.
Leider bin ich im Moment denkbar weit entfernt von allen großen Wassern, eine schlechtere Wahlheimat hätte ich mir in dieser Hinsicht kaum aussuchen können. Urlaubssehnsüchtig wie ich im Moment bin, habe ich die gestrige Nacht meine Möglichkeiten erforscht und das Ergebnis ist enttäuschend: bis zur Nordsee wäre ich 24h mit der Bahn unterwegs – zuviel Aufwand für ein Wochenende. Bis zum Mittelmeer in Italien wären es nur sechs bis acht Stunden, aber die Schweizer Bahn wünscht dafür 190 CHF pro Strecke – das kommt nicht in Frage. Ich könnte ans französische Mittelmeer fliegen, aber auch das ist nicht unter 300 Euro möglich und so bin ich nach Mitternacht zu der traurigen Erkenntnis gelangt, daß der Urlaub dieses Jahr ausfällt. Eine Möglichkeit habe ich allerdings noch: Kollegen haben mich gefragt, ob ich am Wochenende im Tessin wandern gehen möchte. Na denn.
Vor einem Jahr saß ich in klimatisierten Büros und planschte abends um acht im Pool, draußen drückende, schwüle, tropische Hitze, die mich gen Weihnachten zunehmend irritierte – dieses Jahr frage ich mich, wo der Sommer geblieben ist. Ich war ein paar Mal in Bergweihern oder Waldseen schwimmen, erinnere ich mich auch an einige Radtouren, einen Nachmittag in der Sonne auf der Bank hinter der Kirche um die Ecke, drei Tage verbrannte Füße auf der elterlichen Terrasse, aber das qualifiziert doch wohl noch nicht als Sommer?
Ich hätte gerne Urlaub. Am Meer. Wie sehr ich ein großes Wasser für das wahre, richtige Urlaubsgefühl brauche, ist mir gerade erst aufgefallen. In meinem neuen Umfeld im Alpenland habe ich lauter Kollegen, die wandern gehen, bergradeln und noch mehr wandern. Sie preisen die Schönheiten der grünen Wiesen und Berge. Davon habe ich jetzt auch einiges gesehen und gestehe: Ja, Bergseen sind idyllisch, grüne Wiesen hübsch, Felsmassive und Gletscher beeindruckend, aber zum Urlaub gehören für mich Wellen und Strand. Meine Familie hat die Mehrzahl der Sommerurlaube an der See verbracht, meistens Nordsee, ein paar Mal der Teich, der sich Ostsee schimpft, oder der etwas größere Teich namens Mittelmeer, eine endlose Folge von Stränden, Burgenbau, und Planschen im Meer. Die Urlaube in den Bergen hingegen kann ich präzise benennen: ein Mal Skifahren in der Schweiz, drei Mal Herbstferien oder Weihnachten im Schwarzwald.
Meine Sandkastenfreundin wiederum verbrachte alle Sommerurlaube in Österreich. So sicher, wie man meine Familie mit Schaufeln und Regenjacken gewappnet an der Nordsee finden konnte, war sie im Sommer mit den Eltern mit Wanderschuhen in den Bergen unterwegs, erzählte danach von grünen Wiesen, Gemsen, Edelweiß und Hütten, während ich Wellenbaden, Quallen und Regenschauer vorzuweisen hatte. Ich wußte, ich darf das nicht laut sagen, aber heimlich und verstohlen habe ich sie immer bemitleidet. Urlaub ohne Strand und Meer, das konnte ich mir nur als todlangweilig und irgendwie falsch vorstellen. Bis heute ist mir das Wetter im Urlaub völlig schnuppe, wenn es nur einen langen Strand gibt, die unbegrenzte Weite der Aussicht übers Meer, das beständige Rauschen der Wellen und Wind, der mir durch die Haare fegt. Ich gehe auch bei 17 Grad kreischend, aber unerschüttert ins Wasser, ich laufe barfuß und genieße den Sand zwischen den Zehen (und Wochen später noch in allen Socken und Schuhen) und koste die abendliche Erschöpfung von der salzigen Luft (Reizklima!) aus. Nur das ist für mich Urlaub.
Leider bin ich im Moment denkbar weit entfernt von allen großen Wassern, eine schlechtere Wahlheimat hätte ich mir in dieser Hinsicht kaum aussuchen können. Urlaubssehnsüchtig wie ich im Moment bin, habe ich die gestrige Nacht meine Möglichkeiten erforscht und das Ergebnis ist enttäuschend: bis zur Nordsee wäre ich 24h mit der Bahn unterwegs – zuviel Aufwand für ein Wochenende. Bis zum Mittelmeer in Italien wären es nur sechs bis acht Stunden, aber die Schweizer Bahn wünscht dafür 190 CHF pro Strecke – das kommt nicht in Frage. Ich könnte ans französische Mittelmeer fliegen, aber auch das ist nicht unter 300 Euro möglich und so bin ich nach Mitternacht zu der traurigen Erkenntnis gelangt, daß der Urlaub dieses Jahr ausfällt. Eine Möglichkeit habe ich allerdings noch: Kollegen haben mich gefragt, ob ich am Wochenende im Tessin wandern gehen möchte. Na denn.
saxanasnotizen.blogspot.com,
Dienstag, 31. August 2010, 23:30
Tessin ist doch super! Da kann man auch wunderbar schwimmen. Lass die Anderen wandern und gehe schwimmen. Morcote hieß mein Ferienort mit meinen Eltern, damals.
damenwahl,
Mittwoch, 1. September 2010, 12:49
Das hört sich entschieden angenehmer an, aber die Kollegen zählen auf meine Begleitung. Außerdem muß ich ja irgendwann auch mal Bergpanorama so richtig gesehen habe.... das ist hier glaub' ich sowas wie ein Initiationsritus.
energist,
Mittwoch, 1. September 2010, 02:34
Recht haben Sie, Frau Damenwahl: große Ansammlungen von Wasser bereichern das Leben, insbesondere das Urlauben, ungemein. Eine Stadt, die keinen Fluß besitzt wird immer unfertig sein, gekürzte Hosen verlieren jeden Sinn wenn man seine Füße nicht in die Brandung oder wenigstens einen Wasserspiegel stecken kann und der Urlaub… ja, das beschrieben Sie ja bereits.
Vielleicht können Sie ihre Kollegen ja zu einer Tour zu einem schönen Bergsee überreden? Das kommt zwar an kein Meer heran, aber… Sie wissen ja, Teufel, Fliegen und so.
Vielleicht können Sie ihre Kollegen ja zu einer Tour zu einem schönen Bergsee überreden? Das kommt zwar an kein Meer heran, aber… Sie wissen ja, Teufel, Fliegen und so.
damenwahl,
Mittwoch, 1. September 2010, 12:50
Hach, ja! Füße ins Wasser, und natürlich immer tiefer rein, als bei der Hosenlänge klug wäre - und sich später an der salzstarrenden Steife und Klebrigkeit erfreuen.... seufz.
conma,
Mittwoch, 1. September 2010, 10:13
Es ist schön, dass die Geschmäcker verschieden sind. Man denke sich nur, wenn alle immer an die Nordsee wollten, was das für ein Gedränge wäre. Oder alle in die Berge ...
Ich persönlich mag den Ostseeteich sehr, am liebsten außerhalb der (Sommer-)Saison. Die Nordsee hat mir nicht so gefallen. Und die Berge mag ich auch.
Beim Sommerurlaub ist mir die Landschaft mehr oder weniger egal, ich brauche vor allem schönes Wetter. Deshalb war ich in den letzten Jahren immer südlich der Alpen, nachdem wir mehrere verregnete Sommerferien in Deutschland erleiden mussten.
Nehmen Sie Ihre Wahlheimat mit der großen Entfernung zum Meer nicht so schwer. Sie können sich dann immer auf den Urlaub freuen. Und zu Weihnachten ist dort sicher richtige Weihnachtsstimmung.
Ich leide derzeit auch unter dem Wetter :-(
Und das Hoch über den britischen Inseln hat keine Lust, bis zu uns vorzudringen.
Ich persönlich mag den Ostseeteich sehr, am liebsten außerhalb der (Sommer-)Saison. Die Nordsee hat mir nicht so gefallen. Und die Berge mag ich auch.
Beim Sommerurlaub ist mir die Landschaft mehr oder weniger egal, ich brauche vor allem schönes Wetter. Deshalb war ich in den letzten Jahren immer südlich der Alpen, nachdem wir mehrere verregnete Sommerferien in Deutschland erleiden mussten.
Nehmen Sie Ihre Wahlheimat mit der großen Entfernung zum Meer nicht so schwer. Sie können sich dann immer auf den Urlaub freuen. Und zu Weihnachten ist dort sicher richtige Weihnachtsstimmung.
Ich leide derzeit auch unter dem Wetter :-(
Und das Hoch über den britischen Inseln hat keine Lust, bis zu uns vorzudringen.
damenwahl,
Mittwoch, 1. September 2010, 12:53
Wir hatten grauenvoll verregnete Urlaub an der Nordsee, wo unsere Eltern uns irgendwann trotzdem rausgetrieben haben, damit wir nicht wahnsinnig werden, nur um dann im Nieselregen und bei steifer Brise mißmutig irgendwelche Deiche entlang zu radeln - aber mittlerweile ich mir sowas ganz egal. Der beste Urlaub dieses Jahres, deutlich vor Balkonien, Bergen, Seen, was auch immer, war immer noch der auf der geliebten Insel.
conma,
Donnerstag, 2. September 2010, 09:47
In Ihrem Fall spielen da ja noch Kindheitserinnerungen herein, geben vielleicht so einen Hauch von Geborgenheit, so eine Art Weihnachtsfrieden ;-)
In einem Kurzurlaub ertrage ich schlechtes Wetter auch und kann dann sogar der Stimmung mit Nebel oder Nieselregen etwas ganz Besonderes abgewinnen. Aber einmal im Jahr brauche ich einen Urlaub mit blauem Himmel und richtig schönem Wetter, auch wenn ich keine Sonnenabeterin bin und dieses eincremen mit Sonnenmilch hasse, weil es so klebt und das Braten am Strand oder Pool langweilig finde und nur nach einem erlebnisreichen Tag als Tagesausklang in Erwägung ziehe.
In einem Kurzurlaub ertrage ich schlechtes Wetter auch und kann dann sogar der Stimmung mit Nebel oder Nieselregen etwas ganz Besonderes abgewinnen. Aber einmal im Jahr brauche ich einen Urlaub mit blauem Himmel und richtig schönem Wetter, auch wenn ich keine Sonnenabeterin bin und dieses eincremen mit Sonnenmilch hasse, weil es so klebt und das Braten am Strand oder Pool langweilig finde und nur nach einem erlebnisreichen Tag als Tagesausklang in Erwägung ziehe.
alterbolschewik,
Donnerstag, 2. September 2010, 01:45
Ich kann Ihre Sehnsucht gut verstehen. Vielleicht hilft folgendes: Von Basel aus (was von Zürich noch halbwegs gut erreichbar ist) kann man, wenn man frühzeitig bucht, mit Easyjet recht preiswert ans Mittelmeer (Nizza) oder an den Atlantik (Bordeaux) fliegen. Ist zwar ökologisch etwas bedenklich, aber man macht das ja auch nicht jedes Wochenende.
damenwahl,
Donnerstag, 2. September 2010, 15:18
Vielen Dank, das werde ich mir für die Zukunft merken. Jetzt geht es erst mal wandern im Tessin, Schuhe ausgeliehen, Hüttenschlafsack geborgt, Rucksack wird noch gekauft - kann ja schlecht mit Lederhandtasche auf den Berg klettern.
arboretum,
Donnerstag, 2. September 2010, 15:09
Wer die schöne Ostsee schnöde als Teich schmäht, braucht sich aber nicht wundern, wenn er dann mitten in den Bergen promovieren muss. ;-)
damenwahl,
Donnerstag, 2. September 2010, 15:19
Liebe Frau Arboretum, vielleicht geschieht es mir recht, aber die Ostsee läßt das entscheidende Spaßkriterium vermissen: Wellen. Kein Nordseeurlaub, ohne einmal ordentlich Windstärken und Wellen, daß es einen von den Füßen reißt. DAS ist richtiger Spaß.
arboretum,
Freitag, 3. September 2010, 18:01
Wenn sie denn mal gerade da ist, die Nordsee. Wie schrieb Mek doch einmal so schön darüber? Zum Strand waren es nur fünf Minuten, zum Meer dann nochmal eine halbe Stunde.*
Wind und Wellen gibt es an der Ostsee auch, das hat schon mancher Segler zu seinem Leidwesen unterschätzt. Die Ostsee wirft sich halt nur nicht dauernd an den Strand. Dafür haut sie aber auch nicht stundenlang ab.
* Leider finde ich das Posting nicht mehr, ich habe den Satz aber zumindest sinngemäß zitiert.
Wind und Wellen gibt es an der Ostsee auch, das hat schon mancher Segler zu seinem Leidwesen unterschätzt. Die Ostsee wirft sich halt nur nicht dauernd an den Strand. Dafür haut sie aber auch nicht stundenlang ab.
* Leider finde ich das Posting nicht mehr, ich habe den Satz aber zumindest sinngemäß zitiert.
damenwahl,
Freitag, 3. September 2010, 23:29
Ich erinnere mich sogar, den Beitrag von Mek auch gelesen zu haben. Aber für die Nordsee laufe ich auch gerne lange... nur zu Fuß von der Schweiz ist zu weit.
arboretum,
Samstag, 4. September 2010, 00:41
Weil die dort kein Meer haben, haben Schweizer auch die Zeitschrift Mare gegründet. Sie haben in der Schweiz sogar ein Schiffahrtsamt. Und etliche Reedereien.
jean stubenzweig,
Dienstag, 7. September 2010, 13:18
Schweizer ist er ja, der Gründer Nikolaus Gelpke. Aber seinen «dreiviertel»-Verlag gründete er in Kiel, von wo aus er dann nach Hamburg übersiedelte.