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Die Moderne - Facebook
Facebook ist keine Firma, für die ich jemals würde arbeiten wollen, ebensowenig wie irgendeine andere Internet-Unternehmung. Andererseits würde ich auch weder für Rüstungskonzerne, noch für BMW, Coca-Cola oder Loréal arbeiten wollen, einfach weil ich mich mit deren Mission oder Geschäftsgebahren nicht identifizieren kann.
Im Facebook-Fall eher das Geschäftsgebahren. Ich weiß, die klauen meine Daten. Sie locken unschuldige, junge Kinder aufs Glatteis, verführen zur völligen Selbstentblößung („Nutze den Freundefinder! (und gib uns bitte Dein E-Mail-Passwort“), sie ändern die Sicherheitseinstellungen und Vertragsbedingungen heimlich und durchs Hintertürchen, seit neuestem wollen sie sogar per Gesichtserkennung meinen Namen an irgendwelche Fotos dranhängen.
Trotzdem kann ich Facebook etwas Gutes abgewinnen: ich behalte nämlich viele Freunde in Reichweite, in Kontaktweite, und manchmal sogar buchstäblich im Auge. Ich sehe, wer schwanger geworden ist und wer geheiratet hat, wer auf welcher Party war und mit wem. Facebook erinnert mich an Geburtstage und so kann ich mir die Mühe machen, der Freundin oder dem Freund ein paar Sätze zu schreiben (allerdings nicht an die Pinnwand, sondern unter vier Augen, im chambre séparée). Wenn ich in Deutschland auf Reisen gehe, muß ich nicht sämtliche 10 mehr oder weniger guten Bekannten vor Ort einzeln anmailen, nach Verfügbarkeit und Interesse für einen Kaffee fragen und mühsam Termine koordinieren. Ich poste den Termin und meinen Kaffeewunsch in den Status, und schon trudeln Angebote ein für Nachtlager, Unterhaltung, und – natürlich – viele Kaffees. Ich muß nicht einmal koordinieren: das ergibt sich ganz von selbst aus der Reihenfolge, in der Freunde meine Ankündigung sehen und antworten.
Vielleicht hätte ich vor 100 Jahren eine schwunghafte Korrespondenz mit spannenden Menschen auf der ganzen Welt oder in ganz Deutschland geführt (so ich hätte lesen und schreiben können, Geld für die Beförderung gehabt und überhaupt es überhaupt zu Bekanntschaften außerhalb der Dorfgemeinschaft gebracht hätte). Vielleicht hätte ich mir tatsächlich die Zeit genommen, Seite um Seite handschriftlichen zu füllen – vielleicht wäre ich aber auch im Briefeschreiben so maulfaul gewesen wie meine Generation mailfaul ist. Ich habe exakt eine Freundin mit der ich wesentliche Inhalte gelegentlich per Mail kommuniziere - ansonsten beschränken wir uns auf wenige Sätze und telefonieren oder skypen.
Prinzipiell wäre ich durchaus willens, auch längere Mails zu schreiben, aber da mir selten jemand vergleichbar ausführlich antwortet, hätte ich vermutlich bald die Lust verloren und damit über kurz oder lang auch die Beziehung zu Menschen, die weit weg sind. Ich habe viele spannende Menschen getroffen, spannend genug jedenfalls, sie gerne wiedersehen zu wollen. Gleichzeitig war es nicht immer möglich, einen so innigen Kontakt herzustellen, daß er auch bei Entfernung und Kommunikationshürden getragen hätte. Nun kann man sagen: die brauche ich dann auch nicht als Freunde. Man kann aber auch sagen: Facebook ermöglicht mir, den Kontakt mit diesen Menschen über einen dünnen Faden aufrecht zu erhalten. Es ist eine kleine Bereicherung, die es ohne Facebook und Skype nicht gegeben hätte und die ich – trotz der mangelnden Innigkeit – schätze.
Ich muß solchen Datenkraken nicht mehr Informationen zum Fraß vorwerfen als unbedingt nötig. Das ist immer noch weitgehend meine eigene Entscheidung, und die in dieser Hinsicht nachlässigere Jugend muß meine Meinung nicht teilen. Regelmäßig hyperventilieren die Medien: Personaler machen sich in sozialen Netzwerken über Bewerber schlau! Das ist natürlich nicht schön, und wer zwanzig Bilder in halbnackter Pose mit Bier am Swimming-Pool postet, empfiehlt sich damit nicht unbedingt für verantwortungsvolle Positionen. Andererseits: wenn es nur genug Leute so machen, dann wird es irgendwann normal und kein Kriterium mehr sein. Mal ehrlich: wer hat es nicht in seiner Jugend ein paar Mal krachen lassen? Und wer hat nicht schon mal gedacht: Mieser Arbeitstag im Büro und der Chef ist ein dummer Hund?
Wer weiß, wenn die Personalrekruteure dieser Welt irgendwann begreifen, daß jeder so etwas schon mal gedacht hat, weil jeder es irgendwann mal auf Facebook niederschrieb – vielleicht wird die Welt tatsächlich ein bißchen ehrlicher? Wohlgemerkt: ich schätze meine Privatsphäre sehr, hier wie anderswo im virtuellen und realen Leben, ich hüte und schütze sie und wundere mich manches Mal über die Auslassungen anderer in aller Öffentlichkeit. Aber jene, die soziale Netzwerke auf Selbstentblößung ohne gesellschaftlichen Mehrwert reduzieren und immer nur der schönen alten Briefzeit nachweinen, ignorieren die guten Seiten. Da muß man auch mal gegenhalten.
Im Facebook-Fall eher das Geschäftsgebahren. Ich weiß, die klauen meine Daten. Sie locken unschuldige, junge Kinder aufs Glatteis, verführen zur völligen Selbstentblößung („Nutze den Freundefinder! (und gib uns bitte Dein E-Mail-Passwort“), sie ändern die Sicherheitseinstellungen und Vertragsbedingungen heimlich und durchs Hintertürchen, seit neuestem wollen sie sogar per Gesichtserkennung meinen Namen an irgendwelche Fotos dranhängen.
Trotzdem kann ich Facebook etwas Gutes abgewinnen: ich behalte nämlich viele Freunde in Reichweite, in Kontaktweite, und manchmal sogar buchstäblich im Auge. Ich sehe, wer schwanger geworden ist und wer geheiratet hat, wer auf welcher Party war und mit wem. Facebook erinnert mich an Geburtstage und so kann ich mir die Mühe machen, der Freundin oder dem Freund ein paar Sätze zu schreiben (allerdings nicht an die Pinnwand, sondern unter vier Augen, im chambre séparée). Wenn ich in Deutschland auf Reisen gehe, muß ich nicht sämtliche 10 mehr oder weniger guten Bekannten vor Ort einzeln anmailen, nach Verfügbarkeit und Interesse für einen Kaffee fragen und mühsam Termine koordinieren. Ich poste den Termin und meinen Kaffeewunsch in den Status, und schon trudeln Angebote ein für Nachtlager, Unterhaltung, und – natürlich – viele Kaffees. Ich muß nicht einmal koordinieren: das ergibt sich ganz von selbst aus der Reihenfolge, in der Freunde meine Ankündigung sehen und antworten.
Vielleicht hätte ich vor 100 Jahren eine schwunghafte Korrespondenz mit spannenden Menschen auf der ganzen Welt oder in ganz Deutschland geführt (so ich hätte lesen und schreiben können, Geld für die Beförderung gehabt und überhaupt es überhaupt zu Bekanntschaften außerhalb der Dorfgemeinschaft gebracht hätte). Vielleicht hätte ich mir tatsächlich die Zeit genommen, Seite um Seite handschriftlichen zu füllen – vielleicht wäre ich aber auch im Briefeschreiben so maulfaul gewesen wie meine Generation mailfaul ist. Ich habe exakt eine Freundin mit der ich wesentliche Inhalte gelegentlich per Mail kommuniziere - ansonsten beschränken wir uns auf wenige Sätze und telefonieren oder skypen.
Prinzipiell wäre ich durchaus willens, auch längere Mails zu schreiben, aber da mir selten jemand vergleichbar ausführlich antwortet, hätte ich vermutlich bald die Lust verloren und damit über kurz oder lang auch die Beziehung zu Menschen, die weit weg sind. Ich habe viele spannende Menschen getroffen, spannend genug jedenfalls, sie gerne wiedersehen zu wollen. Gleichzeitig war es nicht immer möglich, einen so innigen Kontakt herzustellen, daß er auch bei Entfernung und Kommunikationshürden getragen hätte. Nun kann man sagen: die brauche ich dann auch nicht als Freunde. Man kann aber auch sagen: Facebook ermöglicht mir, den Kontakt mit diesen Menschen über einen dünnen Faden aufrecht zu erhalten. Es ist eine kleine Bereicherung, die es ohne Facebook und Skype nicht gegeben hätte und die ich – trotz der mangelnden Innigkeit – schätze.
Ich muß solchen Datenkraken nicht mehr Informationen zum Fraß vorwerfen als unbedingt nötig. Das ist immer noch weitgehend meine eigene Entscheidung, und die in dieser Hinsicht nachlässigere Jugend muß meine Meinung nicht teilen. Regelmäßig hyperventilieren die Medien: Personaler machen sich in sozialen Netzwerken über Bewerber schlau! Das ist natürlich nicht schön, und wer zwanzig Bilder in halbnackter Pose mit Bier am Swimming-Pool postet, empfiehlt sich damit nicht unbedingt für verantwortungsvolle Positionen. Andererseits: wenn es nur genug Leute so machen, dann wird es irgendwann normal und kein Kriterium mehr sein. Mal ehrlich: wer hat es nicht in seiner Jugend ein paar Mal krachen lassen? Und wer hat nicht schon mal gedacht: Mieser Arbeitstag im Büro und der Chef ist ein dummer Hund?
Wer weiß, wenn die Personalrekruteure dieser Welt irgendwann begreifen, daß jeder so etwas schon mal gedacht hat, weil jeder es irgendwann mal auf Facebook niederschrieb – vielleicht wird die Welt tatsächlich ein bißchen ehrlicher? Wohlgemerkt: ich schätze meine Privatsphäre sehr, hier wie anderswo im virtuellen und realen Leben, ich hüte und schütze sie und wundere mich manches Mal über die Auslassungen anderer in aller Öffentlichkeit. Aber jene, die soziale Netzwerke auf Selbstentblößung ohne gesellschaftlichen Mehrwert reduzieren und immer nur der schönen alten Briefzeit nachweinen, ignorieren die guten Seiten. Da muß man auch mal gegenhalten.
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