60 Stunden
Das hier,
ist die Aussicht, die ich am Tag meiner Abreise acht lange Stunden genießen durfte, von gleißender Mittagssonne bis nächtlicher Dunkelheit. Das war, nachdem ich morgens eingedenk der Anmerkung auf meinem Flugplan no meal service im Hotel Sandwiches geschmiert, und schon beim Flughafentransport die ersten Schwierigkeiten zu bewältigen hatte. Um zehn Uhr morgens nämlich, zur vereinbarten Zeit, saß ich gepackt und gestriegelt in der Lobby, wer nicht kam, war der Fahrer des Flughafen-transportunternehmens. Telefonisch war selbstverständlich auch niemand zu erreichen, das wäre ja beinahe Kundenservice gewesen. Um viertel nach zehn wurde ich panisch, um zwanzig nach zehn bot mir ein Kollege seinen Fahrer an, um halb elf waren wir auf dem Boulevard und – sahen den Flughafenzubringerbus vor uns zum Hotel abbiegen. Wir hinterher, ich Fahrer klein gemacht für dreißig Minuten Verspätung, dann umgestiegen. Immerhin, wir waren rechtzeitig am Flughafen, ich bin mit den Transportheinis mit zum Check-in gegangen, unwillig, meine Kofferkombination herauszurücken, wo ich dreißig lange Minuten vom klimatiiserten Check-in Büro von Air France geträumt habe. Die Prozeduren sind natürlich immer dieselben, vorläufige Passkontrolle, Gepäckkontrolle (ich hasse es, wenn die dreckigen Pfoten meinen Koffer als einen von hunderten durchwühlen, alles unordentlich machen und am Ende nichts mehr so liegt wie gepackt), aber da muß man durch, bevor man nach der Koffer-Gewichtskontrolle endlich einchecken darf. Immerhin, nach eindringlicher Anweisung, ich wolle unbedingt einen Fensterplatz, beschaffte mir der Transportheini tatsächlich selbigen und sogar in der Reihe mit großer Beinfreiheit. Die Vorfreude hielt gerade eben bis zum leicht verspäteten Boarding – dreißig Minuten sind beinahe noch pünktlich zu nennen – auf meinem Platz saß nämlich schon eine opulent, volkstümlich mit vielen Glitzerstreifen und riesigem Ausschnitt gewandete Madame, die im weiteren Verlauf der kommenden 48 Stunden immer wieder zu silber-weißem Häkelgarn griff und Deckchen häkelte.
Jedenfalls, die Madame wollte keineswegs meinen lottogewinnmäßigen Platz aufgeben und die Stewardess belehrte mich: Free seating, today. Ich nahm den Fensterplatz in der Reihe dahinter, auch in Ordnung, neben einem massigen Afrikaner auf dem Weg nach Rwanda (ja, natürlich, gleich um die Ecke und Addis ein echter Umweg, aber die schnellste offizielle Verbindung). Um drei rollte das Flugzeug los, die Turbinen heulten auf, neben mir vibrierte das Triebwerk voller Erwartungsfreude, dann der Captain: Ladies and Gentlemen, this is your Captain speaking from the flight deck, we have some minor problems with the left engine and are returning to the gate for checking. Sorry for this but we have your security in mind. Nun ja. Nebenbei bemerkt: Gates gibt e shier natürlich keine, sondern nur eine Abflughalle, wenn ein Flug bereit ist, läuft jemand in gelber Weste einmal durch und brüllt: SA, SA! oder: Air France!, für die Maschinen gibt es verschiedene Parkpositionen, mittlerweile muß man aber immerhin nicht mehr übers Rollfeld laufen sondern wird von Bussen gefahren. Nach dieser Ansage rollte die Maschine zurück zur Parkposition, Arbeiten am linken Triebwerk wurden aufgenommen und das Kabinenpersonal hielt uns mit Futter bei Laune. Die Qualität des Essens ist dafür zwar nicht unbedingt geeignet, dennoch vergingen knappe zwei Stunden einigermaßen kurzweilig, bis zum nächsten Versuch. Zwischendurch fragte eine Stewardess mich, ob die Raumtemperatur angenehm sei, die Klimaanlage liefe auf voller Stärke, mehr könne man nicht machen. Meine Antwort, daß die Raumtemperatur mein geringstes Problem sei – mein Anschlußflug in Addis wurde mit jeder Minute unerreichbarer – begriff sie nicht so ganz. Um kurz vor sechs standen wir erneut auf der Startbahn, Triebwerke heulten auf, beruhigten sich wieder, die Minuten vergingen, bis der Pilot erklärte, es sei nun ein neues Problem aufgetreten, man wolle noch einmal die Techniker rufen. Die Passagiere wurden unruhig, fingen an zu murren, dann zu schimpfen, die Stewardessen glänzten durch wenig Auskunftsfreude, hinten standen die ersten auf, fuchtelten wild herum, begannen von hinten zu drängen und zu schubsen, innerhalb von Sekunden kippte die Stimmung und mir wurde vor soviel Wut ganz Angst und Bange. Das Auftauchen eines Ethiopian Airlines Vertreters befeuerte weitere Gefühle, jeder wollte mit ihm reden, Fragen stellen, ihn packen und eine konkrete Antwort aus ihm herausschütteln. Angesichts der angespannten Stimmung auf den billigen Plätzen im hinteren Teil des Flugzeugs wurden irgendwann die Türen geöffnet und so standen wir dann neben der Maschine am Rande des Rollfelds, um uns herum die tiefschwarze, drückend-schwüle, afrikanische Nacht, ein paar Techniker, eine Menge Sicherheits-Hilfspersonal, aber niemand von Ethiopian, niemand, der uns die weitere Planung erklärt hätte. Einige indische Passagiere wurden von einem Sicherheitsmann angefahren, als sie mit ihren Handys Fotos von sich und der Maschine machen wollten und mußten die Bilder – nach meiner Übersetzung – unter den Augen des Beamten löschen. Nach und nach fielen die Mücken über uns her, auf dem Hinflug hatte ich – unter Berücksichtigung aller Eventualitäten – noch Repellent dabei, diesmal nicht, die Mücken aber hatten ein Festmahl an uns. Zwischen den Mücken flogen die Gerüchte um mich herum, ein Triebwerkproblem, oder doch nur ein Instrumentenproblem der Anzeige, ein Licht kaputt, Freigabe vom Bodenpersonal, aber der Pilot verweigere den Start, Verhandlungen mit Autoritäten, bald ein Wartesaal, oder gleich ein Hotel, man sei noch mit Reparaturen beschäftigt, ein Ersatzteil fehle, nur Hewa Bora könne eventuell helfen. Um mich herum Passagiere in immer neuen Gruppierungen, wann immer jemand offiziell aussehendes auftauchte, bildeten sich Menschentrauben um die Person herum, die schnell laut und aufgebracht wurden, wütende Afrikaner haben eine ungemein laute, etwas vulgäre Tonlage, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen, bei der einem selbst die Vokale wie abgeschossene Kugeln um die Ohren fliegen und mir Kopfschmerzen machen. Trotz meiner Neugier hielt ich mich von den Gruppen entfernt, wollte ich doch lieber nicht in der Nähe drohenden Ärgers sein, wehrte etliche Flirtversuche von kongolesischen Mitreisenden ab, übersetzte französische Auskünfte für mitreisende Inder und fand die ganze Angelegenheit noch reichlich amüsant – mein Anschlußflug definitiv verpasst, konnte ich für den Moment ohnehin nichts ändern.
Gegen acht zog endlich einer der wartenden Busse vor bis zu unserer Maschine, wer wollte, wurde in einen Wartesaal am anderen Ende des Terminals verfrachtet. Es gab – endlich! - Klimaanlage, wir konnten Getränke kaufen, und reichlich großzügige Sitzgelegenheiten, außerdem eine Zigarette plus Plausch mit den Sicherheitskräften für Raucher wie mich. Die Verhandlungen von Ethiopian mit der Flughafenaufsicht über die Verfügbarkeit eines geeigneten und separaten Wartesaals, so erfuhr ich, hätten sich leider etwas hingezogen, aber hier könnten wir nun bleiben. Für eine Stunde nur, wie sich herausstellte, denn inzwischen war die Maschine – ganz sicher, selbstverständlich! - repariert worden. Beim Verladen der Passagiere in den Bus entspannen sich erneut wilde Diskussionen, einige wollten in dieses Flugzeug ganz sicher nicht mehr einsteigen, die Sicherheit, die Gefahr, keinen Fuß mehr würden sie, ... . Bis alle Passagiere wieder an ihren Plätzen saßen, der Müll ein letztes Mal ausgeladen worden war (auf keinen Fall durch die Business Class hindurch – mittlere Tür öffnen zum Abtransport, beharrte ein Ethiopian Mitarbeiter), Verpflegung und Getränke wieder verladen waren, wurde es neun, ein drittes Mal an diesem Tag erklärten uns die Kunstfiguren im Sicherheitsvideo, wie mit dem Anschnallgurt und den Sauerstoffmasken zu verfahren sei - ein zunehmend glaubwürdiges Szenario -, während wir Richtung Startbahn fuhren. Schneller als die vorigen Male verkündete der Kapitän dieses Mal: die Maschine sei immer noch defekt, man werde nun ans Gate zurückkehren. Erneut Schimpfen, Streiten, wütender Aufruhr unter den Passagieren, die nach acht Stunden eingepfercht in der Maschine jegliche Geduld verloren hatten. Kurz darauf fanden wir uns im Ankunftsbereich vor der Immigrationskontrolle, wie schon den ganzen Tag verkündete ein Ethiopian Mitarbeiter inmitten einer Traub aufgebrachter Passagiere Ansagen, die außer den direkt Umstehenden niemand verstand und verschwand dann, wir blieben zurück. Die Passagiere mit gültigem Kongo Visum durften gleich raus auf den Parkplatz, jene aus Brazzaville mußten sich ein – wie üblich umständlich und mit Zeitaufwand zu vergebendes – Stempelchen holen, dann der Parkplatz vorm Gebäude, ruhig wie ich ihn noch nie erlebt hatte, voller müder, abgeschlagener und ratloser Passagiere. Man würde uns nun, so sickerte nach und nach durch, mit Bussen in Hotels verbringen für die Nacht, und morgen Mittag ausfliegen. Selbstverständlich trage Ethiopian alle Kosten und würde sich kümmern, angesichts der schmalen Auswahl an Hotels und der fortgeschrittenen Stunde – inzwischen Mitternacht – sei man jedoch dankbar, wenn sich wer könne ins eigene Heim begeben würde. Schneller als erwartet kam ein Bus, unter erheblichem Drängen und Schieben quetschten wir uns hinein, nur keine Rücksicht auf Kranke oder Eltern mit kleinen Kindern, auch hier der Kongolese sich selbst der nächste, drei pro Bank auf der einen Seite, zwei auf der anderen. Sechs Monate im Kongo haben für manche abenteuerliche Fahrt in halsbrecherischem Tempo über die desolaten Straßen gereicht, aber an diesem Abend wurde ein neuer Höhepunkt erreicht. Viel zu schnell krachte der Bus die Abbruchkanten der Schlaglöcher hinunter, die Passagiere wurden hin- und hergeworfen, kreischten bei besonders heftigen Erschütterungen, der Bus krachte und ächzte, dazwischen Vollbremsungen – mehr als einmal sah ich mich nach gescheitertem Flug in einer defekten Maschine in einem überfüllten Bus zu Tode kommen und dankte dem Schicksal für einen Sitzplatz – auf dem Mittelgang nämlich standen eine Handvoll bedauernswerter Mitleidender und krallte sich an den quietschenden Stangen fest. Das erste Hotel nicht gerade eine Zierde seines Metiers. Trist, heruntergekommen, schon der Eingangsbereich dreckig, wieder Gerüchte über die Zimmerzahl und den Zimmerzustand, in verstörend langsamen Tempo wurden Namen und Passnummern notiert, Schlüssel verteilt, ich landete in der Schlange ganz hinten, konnte aber auch daran etwas Gutes finden, als eine Familie mit Kindern zurückkam vom Zimmer, und empört erklärte, sie würden sich jetzt selber etwas Angemessenes für die Kinder suchen. Der Bus nahm ein kleines Grüppchen von elf unterkunftslosen Passagieren auf, dazu einen kongolesischen Ethiopian Mitarbeiter, der mich aufgrund seiner Tätigkeit – vor Jahrzehnten, wohl – für die Lufthansa, zu seiner besonderen Freundin und Protégée auserkoren hatte und wir fuhren weiter nach Gombe, wo alle angenehm überrascht vor einem sehr sauberen, durchaus akzeptablen Hotel ausstiegen. Der ET Mitarbeiter war sichtlich mit sich zufrieden wie auch mit unserer Zufriedenheit, bis zum ersten Gespräch mit dem Rezeptionisten: Ethiopian? Nein, von denen habe niemand angerufen. Der Chef würde aber gleich.... vorerst aber lag der Chef noch mollig zugedeckt im Gebläse der Klimaanlage ausgestreckt auf einem Sofa, ein Telefon auf dem Bauch, und plauderte. Als er sich endlich bequemte, seine Aufmerksamkeit uns zuzuwenden, wurde schnell klar: ohne umgehende Bezahlung in Bar oder einen offiziellen Schrieb der Airline – beides um diese Zeit gänzlich unmöglich zu beschaffen – würde hier keiner von uns seinen Kopf zur Ruhe betten können. Aus unerfindlichen Gründen verhandelte mein Freund der Airline-Vertreter den aussichtslosen Fall weiter, stur bettelte er immer wieder, für alle ganz offensichtlich ohne Erfolg, bis wir ihn irgendwann energisch zur Tür rauszwangen. Es folgten Diskussionen mit dem Fahrer, welches Hotel die nächste Option sei, übermütige Passagiere brachten das Memling ins Gespräch, am Ende ging es zu einem weiteren Unterklasse-Schuppen in Flughafen-Nähe. Noch immer herrschte ganz offensichtlich völliges Chaos, wir wurden informiert, es gebe zu wenige Zimmer hier für alle Verbliebenen Reisenden, ein Teil wurde wieder in den Bus verbracht, mein Freund und Beschützter verkündete Du hierbleiben, Zimmer sind gut, schüttelte mir enthusiastisch die Hand und verschwand, während gerade ein weiterer Schwung gestrandeter Passagiere aus einem anderen Bus durch die Tür kam. Diesmal gab es korrekte Formulare auszufüllen, auch hier jedoch keine Schlüssel, wir wurden vertröstet, ich hatte einen völlig wirkungslosen Wutausbruch, der weitere Aggressionen von anderen Reisenden befeuerte, irgendwann um drei Uhr nachts saßen wir alle im schäbigen Restaurant des Hotels. Keine Schlüssel, keine Informationen, keine konkrete Aussicht auf ein Bett, dafür dreckige Tischdecken, zusammengeknüllte Wäscheberge, und eine auf fettige Fritten und öltriefendes Omelette beschränkte Speisekarte. Keine Zigaretten, nebenbei bemerkt - meine Packung hatte ich im Laufe des Tages großzügig und brüderlich mit zunehmend verzweifelten Passagieren geteilt. Ein paar von uns, offenbar schon vor einer Weile hier eingetroffen, hatten noch Zimmer bekommen, genossen ihr Essen und verschwanden wieder. Um halb vier stellte ich in meiner Verzweiflung einige Stühle aneinander, packte das in weiser Voraussicht im Flugzeug eingepackte Kissen aus und streckte mich lang aus. Während ich mich auf eine Nacht in dieser Position mental einzustellen versuchte, dann doch noch eine Flasche Wasser bestellte und innerlich aufgegeben hatte, sprach mich eine kongolesische Mitreisende jüngeren Alters an: sie hätten zu dritt zwei Doppelzimmer bekommen, ob sie mir einen Platz anbieten könnten? Ich war unendlich dankbar, hätte zu diesem Zeitpunkt auch eine Fußmatte vor der Tür akzeptiert, und konnte mein Glück kaum fassen, als sie zu ihren Freundinnen umzog und mir ihren Schlüssel abtrat. Das Zimmer sei, allerdings, in der Dependance die Straße runter, ich müsse das Hotel um Begleitung dorthin bitten. Was ich tat, was mir zugesichert wurde, dann stand ich auf der Straße zwischen drei Autos, etlichen Kongolesen, einem Polizisten in Kugelschutzweste (ein seltener Anblick, nicht gerade beruhigend) und ein oder zwei anderen Passagieren. Ich solle in dieses Auto einsteigen, dann doch in jenes, dieser Herr hier, oder doch jener, werde sich um mich kümmern, ich solle ruhig dem Polizisten vertrauen... nach zehn Minuten hin und her verpflichtete ich den Hotelangestellten, mich persönlich zu begleiten, zu sonderbar war das alles, aber dann stand ich wenig später tatsächlich in einer kleinen Butze. Nicht sauber, aber auch nicht völlig eklig, das Bett mit Staub etwas vollgekrümelt, aber frisch gemacht (durchaus, möglicherweise, sogar frisch gewaschen), die Dusche und Toilette hinter einer plastikenen Stellwand, kein fließend Wasser, keine Seife, eine nur schwächliche Klimaanlage. Mir war alles egal, ich zog die volle Wassertonne zur Dusche rüber, hockte mich hin, schöpfte mir das Wasser mit den hohlen Händen über die Schultern und fühlte mich immerhin sauberer als seit vielen Stunden. Haarewaschen fiel mangels Shampoo aus, obwohl dringend nötig, bevor ich mich in der Einflugschneise der Klimaanlage zur Ruhe bettete - ohne wäre unerträglich gewesen. Vier Stunden später wurde ich von der großzügigen Eigentümerin des Zimmers geweckt, die ihre Tasche holen wollte, nein, die vor der Badkabine stehenden Flipflops seien nicht ihre (wessen denn dann?), nach dreißig Minuten ratlosen Austauschs mit anderen Passagieren im Frühstücksraum brachte man uns Omelette und Kaffee, wir zogen Erkundigungen ein. Wann würde der Bus uns am Hotel abholen und zum Flughafen bringen? Würde die Maschine wie am Vorabend angekündigt um Mittag starten? Von verschiedenen Quellen wurde uns mitgeteilt, Ersatzteile seien mit der täglichen Maschine aus Addis unterwegs, mitsamt Technikern, man würde uns dann mit der reparierten Maschine auf die Reise schicken, aber auch, die Maschine aus Addis sei größer als sonst, und wir prioritär vor den heutigen Passagieren für den Flug nach Addis vorgesehen, es wurde geraten, so schnell wie möglich am Flughafen aufzutauchen, der Bus würde erst später kommen. Die anderen schlugen ein Taxi vor, ich riet ab, konferierte mit Kollegen, dann wurde jemand von Bekannten abgeholt und ich mitgenommen. Am Flughafen stellte sich die Situation kein bißchen rosiger dar: der Manager noch beim Frühstück mit der Familie – hätte man den Auskünften der Mitarbeiter geglaubt, hätte er allerdings am Ende fünf Stunden „auf dem Weg zum Flughafen“ verbracht – eher unwahrscheinlich. Das anwesende Personal nicht entscheidungsberechtigt, Addis telefonisch nicht erreichbar, am Check-in Schalter auf der anderen Seite das ganz normal Chaos der Passagiere für den neuen Flug zuzüglich der immer noch aufgebrachten und in ihrer Übermüdung verzweifelten Passagiere des Vortags, und ich verbrachte den Tag, von der Ankunft am Flughafen um halb elf bis zum Abflug viele Stunden später mit der Jagd nach Ethiopian Mitarbeitern und telefonischen Konferenzen mit den Kollegen im Büro. Alle Optionen habe ich vielfach erwogen und je nach Situation wieder verworfen, den Versuch, auf die heutige Maschine umzubuchen (die allerdings ausnahmsweise erst nach der Landung in Kinshasa nach Brazzaville zum Zwischenstopp fliegen würde und damit für meinen Anschluß in Addis zu spät wäre), die Umbuchung auf einer andere Airline, bei der ich am nächsten Morgen um zehn in Frankfurt gewesen wäre, habe über Umbuchungen, Zeitpläne und Kofferausladung verhandelt, nach Managern verlangt und geweint, mit unfähigem Personal diskutiert und doch am Ende nichts erreicht. Ich habe auf Gepäckbändern gestanden, um mich zu den Verantwortlichen durchgzukämpfen, habe Informationen erhalten, die nie bestägt und Zusagen erhalten, die später gebrochen wurden. Man tritt zum Schalter, am Spätnachmittag inzwischen leer, immer noch ohne Bordkarte für den einen oder anderen Flug in Händen, auch aus Unschlüssigkeit. Hinter dem Schalter, ein Stück entfernt, auf dem Rand des Gepäckbands drei Mitarbeiter des Flughafens, verantwortlich auch für Ethiopian. Ich lege meinen Pass auf den Counter und gucke fragend. Meine Gegenüber gucken ebenfalls fragend, machen aber keine Anstalten aufzustehen. Ich mache eine auffrodernde Kopfbewegung, einer winkte mich am Schalter vorbei heran. Ich informiere ihn über die Distanz, daß ich als Kundin erwarte, daß er zu mir kommt, nicht umgekehrt. Er steht langsam auf, Schritte wie in Zeitlupe. Ich erkläre mein Anliegen, verlange einen Ethiopian Mitarbeiter zu sehen. Da könne er mir nicht helfen. Ich erbitte eine Auskunft über die aktuelle, geplante Abflugzeit. Das wisse er nicht. Was er denn sonst für mich tun könne? Mir eine Bordkarte ausstellen, mehr nicht. Am Ende sammelt er gegen meinen Widerstand beide alten Bordkarten ein, gibt mir eine neue, handgeschriebene, und läßt mich ziehen. Es ist unmöglich herauszufinden, ob es in Addis außer dem – längst verflossenen – Anschluß noch andere Flüge nach Europa gibt. Jemand schaut nach, will sich nicht recht festlegen. Eine Ermessensfrage zu stellen, soviel habe ich längst begriffen, ist aussichtslos – die Antwort lautet nämlich immer positiv, entspricht aber nie der Wahrheit. Besser ist, ganz konkret nach Fakten im Ja-Nein Stil zu fragen, aber auch damit laufe ich vor unsichtbare Wände. Erst gegen vier, als ich wirklich unter Zeitdruck stehe, mich ihm geradezu körperlich in den Weg werfe, versichert er mir, in Addis – im Hauptquartier! - könne man mir ganz sicher den Weiterflug nach Frankfurt noch am Montag sichern, man könne auf andere Airlines umbuchen, auf andere Zielflughäfen, man würde jetzt gleich auch das Boarding beginnen, ich möge nicht umbuchen.
Unsicher, was der Chef zu den Mehrkosten eines One-Way-Tickets über Brüssel sagen würde, auch unsicher, ob ich überhaupt Chancen hätte, in diesem Chaos mein Gepäck aus der Maschine herauszubekommen und welche Kämpfe dies erfordern würde, bleibe ich bei Ethiopian. Am Vorabend hieß es, die Maschine würde gegen Mittag starten. Mittags heißt es, die Maschine würde noch repariert und getestet, doch spätestens, allerspätestens um 15h30 befinde man sich in der Luft, ganz sicher. Um 15h30 hängen wir zwischen der Paßkontrolle und der Sicherheitskontrolle auf einem 3x8 Metern breiten Zwischenraum fest, lauter Passagiere mit ordentlicher Ausreise am Vortag, aber unordentlicher Einreise nach gescheitertem Abflug. Wir haben Stunden in der Check-in-Halle auf Gepäckbändern gesessen, im Dreck auf dem Fußboden, irgendwann auch im Restaurant auf der Terrasse, jetzt sitzen wir wieder fest. Auf den gedruckten Bordkarten (die wir später zum Austausch für die handgeschriebenen erhalten werden) wird später als Abflugzeit 17h30 stehen, tatsächlich sitzen wir um 20h00 endlich alle wieder auf den Plätzen im Flugzeug. Vorher galt es noch, 200 Passagieren ihre Kompensationsgutscheine auszuhändigen, 200 Passagieren gedruckte Bordkarten auszuteilen, 200 Passagiere durch zwei Sicherheitskontrollen zu schleusen. Ich schmeiße beim Boarding alle Rücksicht über den Haufen, lasse gerade noch Kranke und Kinder vor, aber strebe ansonsten an, die Maschine als eine der ersten zu betreten, ich will, unter allen Umständen, einen vernünftigen Platz, nach diesem Alptraum, um in Addis schnell zum Transferschalter zu kommen. Bei der Kontrolle packt plötzlich mein Freund und Beschützer vom Vorabend (der nach der erfolglosen Hotelsuche in meiner Achtung keinen großen Platz mehr hat) meinen Arm, will sich ausführlich verabschieden, aber ich will nur schnell, schnell zur Kontrolle, zum Bus, zum Flugzeug, mache mich los, winke und verschwinde. Ich kann mein Glück kaum fassen, als ich tatsächlich auf einem Fensterplatz, direkt hinter der Absperrwand, mit reichlich Beinfreiheit lande. Der Chinese in der Mittelreihe nebenan spricht zwar so laut, daß man ihn beinahe auch in seiner Heimat hören kann, aber dem läßt sich mit Kopfhörern abhelfen und unglaublicherweise, um halb neun, starten wir tatsächlich. Ich gebe zu: bis zu dem Moment, in dem die Maschine beschleunigt, habe ich es nicht geglaubt. Das Abschiedsgeschenk meiner liebsten Katastrophen-Metropole war übrigens der schönste Sonnenuntergang seit langem:
Der Flug nach Addis dauert etwa vier Stunden zuzüglich des Zeitunterschieds, ich gucke den Film – um den Chinesen aus meiner Wahrnehmung auszublenden –, schlafe ein bißchen und um zwei Uhr Ortszeit sind wir in Addis. Gleich hinter dem Gate eine Treppe hinunter ist der Transferschalter und schnell sammeln sich dort 200 müde Passagiere. Ethiopian scheint vorbereitet, jedenfalls vorbereiteter als sie es in Kinshasa waren. Drei Mitarbeiter sammeln Pässe und Reisepläne ein, stellen neue Tickets für den nächsten Anschluß aus und legen gegebenfalls Hotelgutscheine bei. Auch wenn ich als eine der ersten meinen Pass abgebe, dauert es eine Stunde bevor man mir meine Verbindung aushändigt: 22 Stunden später, um 23h00 nach Paris. Weiterreise ungewiss. Ich erkläre dem nächststehenden Mitarbeiter, daß ich dienstlich unterwegs bin, schon die bisherigen 36 Stunden Verspätung inakzeptabel finde und keinesfalls noch mehr draufsetzen werde, sondern vielmehr erwarte, im Laufe des Montags in Deutschland einzutreffen, wie es mir in Kinshasa zugesichert worden war. Unter Verweis auf erstens Anschlüsse von Addis nach Rom im Laufe des Vormittags und zweitens auf meine ungenutzte Option, in Kinshasa so umzubuchen, daß Deutschland am Montagmorgen kein Problem gewesen wäre – wenn man mich nur korrekt informiert hätte. Er nimmt die Unterlagen wieder an sich, zieht von dannen und ich gehe eine rauchen. Eine Stunde später taucht er wieder auf: Weiterflug nach Rom um 23h00, Ankunft in Frankfurt am Dienstag Mittag. Ich sage erneut mein Sprüchlein auf, er sagt, er könne nichts anderes tun, alles ausgebucht, ich bitte, den Manager sprechen zu dürfen. Mittlerweile ist es vier Uhr nachts, ich warte erneut, inzwischen sind die meisten Mitleidenden aus Kinshasa in ihren Hotels untergekommen, allerdings zugegebenermaßen viele, für die es ganz zweifelsfrei nur einen einzigen Anschlußflug nach Dubai, Pekin oder Mumbai gibt. Ich hingegen weiß, daß es morgens mindestens zwei Flüge nach Rom gibt und bei einem davon möchte ich dabei sein. Als ich endlich den Manager zu fassen bekomme, setze ich ihm erneut meine Situation auseinander und mache deutlich, daß ich – hätte man mir in Kinshasa nicht versichert, der Weiterflug von Addis sei kein Problem – umgebucht hätte und mich mittlerweile im Landeanflug auf Brüssel befände. Daß ich als Kunde wirklich genug Unannehmlichkeiten ausgestanden habe und darauf bestehe, daß Ethiopian dieses Problem jetzt sofort in meinem Sinne zu lösen hat, mir ganz egal wie. Er versucht mir zu erklären, daß leider, leider, die von mir angestrebten Flüge alle überbucht sind, hoffnungslos überbucht sogar, woraufhin ich aber entgegne, daß die Flüge nach Kinshasa auch beide überbucht waren, ich das ohnehin generell für eine Unverschämtheit halte, allerdings keinesfalls für mein Problem und er dann bitte jemand anderen, der nicht seit 40 Stunden unterwegs ist, von dem überbuchten Flug runterschmeißen muß. Neben mir verhandelt eine Dame mit ähnlicher Situation, gleichermaßen entnervt, gleichermaßen sachlich und beharrlich im Ton, und am Ende erstreiten wir uns tatsächlich beide Tickets für den 10h00 Flug nach Rom. Den Hotelgutschein, zum Duschen und Frühstücken, bekommen wir trotzdem und so komme ich noch in den Genuß einer Busfahrt durch Addis. Die Luft außerhalb des Flughafens ist erstaunlich kalt und meine Leidensgefährtin erzählt, daß Addis, obwohl kaum weiter entfernt vom Äquator als Kinshasa, auf über 2.000 Metern Höhe liegt. Und das merkt man. Die Luft ist unglaublich klar und frisch, Nebelschwaden hängen über den umgebenden Gipfeln, auch hier: weniger Zerstörung und Elend als in Kinshasa, aber immer noch sehr Afrika. Ohnehin sehen natürlich Äthiopier völlig anders aus, tragen andere Kleidung, und sind überhaupt völlig anders. Das Hotel ist gar nicht übel, das Zimmer in Ordnung, die Dusche göttlich – auch wenn ich mangels Shampoo die Haare mit aufgeschäumter Seife waschen muß, über solche Petitessen will ich nach 45 Stunden nicht meckern. Das Frühstück ist, nun ja, anders. Es gibt Toast in Eierhülle, Bohnen und allerlei sonderbares Zeug aus Rechauds, außerdem frisches Obst, Cornflakes und Marmelade. Normales Brot, Milch und Kaffee hingegen suche ich vergeblich. Wasser in Flaschen ist – für mich – ebenfalls nicht erhältlich, weil man meinen 20-Dollar Schein nicht wechseln kann. Trotzdem werde ich satt, fühle mich geradezu als neuer Mensch und nutze die verbleibende halbe Stunde für einen Ausflug ins Internet – würde ich mich jetzt zum Schlafen hinlegen, ich stände vermutlich für 24 Stunden nicht wieder auf.
Um acht sitzen die andere Kinshasa-Reisende und ich wieder mit unseren Taschen in der Lobby und warten auf die Abholung durch den Ethiopian Bus – vorerst vergeblich. Um halb neun werden wir unruhig, immerhin dauert die Fahrt mindestens fünfzehn Minuten und das Boarding (!) ist für 9h15 angesetzt. Ich muß sogar zwischendurch noch zusehen, daß mein Gepäck neue Anhänger bekommt und mir – so es überhaupt in Addis eingetroffen ist – weiter folgt nach den vielen Planungsänderungen. Als wir zwei gerade den Hotelmanager bitten, uns ein Taxi zu besorgen, trifft endlich der Bus ein und zugegebenermaßen ist der Flughafen von Addis Abeba (immerhin die Homebase von Ethiopian Airlines) doch so übersichtlich, daß wir pünktlich um 9h15 am Gate eintreffen, wo die Sicherheitskontrolle vorgenommen wird. Das dauert, natürlich, wie immer, und bedauerlicherweise kann mir niemand bei meinem Gepäck so richtig helfen. Ich werde immer wieder verwiesen und vertröstet, erst beim Boarding Schalter nimmt man meine Sorge ernst. Das ist, nachdem ich zum ersten Mal im Leben mit einem Upgrade in die Business Class beglückt wurde. Nie habe ich mir dieses Gunst des Schicksals mehr gewünscht, und nie war sie willkommener. Und nun, endlich, schaut die Stewardess fragend: Ihr Koffer? Noch nicht umgeroutet? Ich werde mich erkundigen und falls wir hin noch finden, gebe ich ihnen später den Gepäckschein, vielleicht möchten sie hier warten? Ja, ähem. Falls sie meinen Koffer finden, das klingt leider wenig zuversichtlich, aber ich warte brav und freue mich über mein Upgrade. Im Gespräch mit anderen Passagieren stellt sich heraus, daß sich Ethiopian von der Kombination aus Überbuchung im Vorfeld und zusätzlicher Passagiere durch andere Flüge genötigt sah, eine größere Maschine einzusetzen, was wiederum mir und den vier anderen Kinshasa-geschädigten Passagieren die Freuden der Business Class beschert. Ich gehöre zu den allerletzen, die die Maschine betreten, aber immerhin glücklich mit meinem neuen Gepäckschein in der Hand, doch, man sei ganz sicher, daß der Koffer sich unter mir im Bauch der Maschine befände, und lasse mich auf meinen Platz fallen. Seit nunmehr 40 Stunden schleppe ich ein schmuddeliges, kleines Kissen und die Ethiopian Decke aus dem allerersten Flugzeug mit mir herum, bestmöglich vorbereitet für die Wartezeiten, aber hier erwarten mich ganz neue Dimensionen: das Kissen ist schicker, der Sitz ist riesig, Stoffservietten, eine Menukarte mit Speiseauswahl und darunter: äthiopisches Essen. In Washington war ich einige Male mit Freunden äthiopisch essen und bin seither ein großer Freund dieser Küche, bei der auf einem feuchten, crêpe-ähnlichen Teigfladen verschiedene Saucen mit Fleisch und Gemüse verteilt und mit zusätzlichem Brot aufgenommen werden. Ich liebe die Mischung, die Abwechslung, die scharfen, fremdartigen Gewürze – und hier äthiopisches Essen auf der Speisekarte zu sehen, erfreut mich sehr. Normalerweise bin ich auf Flügen damit beschäftigt, Wasser wie ein Kamel in der Wüste in mich hineinzukippen und frage das Bordpersonal lieber um das dritte und vierte Glas Wasser, sogar noch eines der kleinen Fläschchen, statt mich mit Alkohol aufzuhalten, aber hier und jetzt, mit etlichen Stewardessen, die Galley gleich vor mir und reichlich Wasser aus Glasgläsern (!) verfügbar, erbitte ich ausnahmsweise ein Glas Weisswein. Ansonsten untersuche ich mit kindlicher Neugier das Necessaire mit ET Logo, plaudere mit meinem Sitznachbarn (britischer Mitarbeiter einer NGO in Malawi auf Heimaturlaub) und genieße die Aussicht auf die endlose sudanesische Wüste (auch so ein Land, wo ich unbedingt, unbedingt! irgendwann hinmöchte). Und ich schlafe. Das ist das Beste überhaupt. Wohlwissend, daß bei der Landung in Frankfurt sämtliche Züge gen Heimat schon weg sein werden, habe ich die Wahl zwischen noch einer Nacht im Hotel (niemals!) oder einem Mietwagen, und von den sieben Stunden Flug verschlafe ich fast alle fünf, die ich nicht mit Essen beschäftigt bin. Und zwar ganz ohne eingeschlafene Gliedmaßen, schmerzenden Rücken oder blauen Flecken.
Der Aufenthalt in Rom ist nur ein Zwischenstopp, aber gerade lang genug für zwei wesentliche Feststellungen. Erstens finde ich auch nach langem Suchen und Irren keine Lufthansa Mitarbeiter und sonst mag mir niemand helfen, eine Bordkarte zu bekommen – LH, so wird mir beschieden, tauche eine Stunde vor Abflug auf, bis dahin müsse ich mich gedulden. Inzwischen bin ich so müde und abgekämpft, daß ich es tatsächlich aufgebe, einfach hoffe, daß es sich später schon regeln wird und lieber einen Kaffee trinken gehe. Wobei ich, zweitens, Gelegenheit habe, festzustellen, daß Italiener rasend unfreundlich sind. Der Barista, die Bedienung, das Reinigungspersonal, das Bodenpersonal – einer kotziger als der nächste. Und ohnehin ist Fiumicino wirklich keine Zierde und ich bin froh, als ich in der Maschine nach Frankfurt sitze. Nach der Landung warte ich gespannt auf meinen Koffer und kann es kaum glauben, als er als einer der ersten aus der Luke ausgespuckt wird. Dem Arbeitgeber zuliebe vergleiche ich noch schnell die Mietwagenpreise, entscheide mich für einen günstigen kleinen Peugeot, brauche dann aber noch mal zehn Minuten, das Auto auch zu finden. Die ersten Meter, muß ich zugeben, bin ich unsicher. Ich habe kein eigenes Auto, ich fahre selten und dann meist innerkleinstädtisch oder Landstraße und die Frankfurter Flughafenperipherie strengt mich an, aber so nach und nach finde ich mich wieder zurecht. Immerhin habe ich hier zwei Jahre gewohnt und die Strecke heim erinnere ich auch wieder zunehmend – die Notizen in der Mietwagenagentur wären überflüssig gewesen.
Als ich um kurz nach Mitternacht, also eigentlich doch schon Dienstag Morgen, bei meinen Eltern ankomme, rechne ich aus, bin ich mehr als sechzig Stunden unterwegs gewesen, habe in zwei verschiedenen Hotels geduscht, aber bin kein bißchen sauberer, bin sechs Mal zur Startbahn gerollt, aber nur drei Mal wirklich gestartet, habe das erste Upgrade meines Lebens bekommen, aber bin dennoch wild entschlossen, nie, nie wieder mit Ethiopian zu fliegen. Eher laufe ich das nächste Mal nach Kinshasa oder reite auf Kamelen.
ist die Aussicht, die ich am Tag meiner Abreise acht lange Stunden genießen durfte, von gleißender Mittagssonne bis nächtlicher Dunkelheit. Das war, nachdem ich morgens eingedenk der Anmerkung auf meinem Flugplan no meal service im Hotel Sandwiches geschmiert, und schon beim Flughafentransport die ersten Schwierigkeiten zu bewältigen hatte. Um zehn Uhr morgens nämlich, zur vereinbarten Zeit, saß ich gepackt und gestriegelt in der Lobby, wer nicht kam, war der Fahrer des Flughafen-transportunternehmens. Telefonisch war selbstverständlich auch niemand zu erreichen, das wäre ja beinahe Kundenservice gewesen. Um viertel nach zehn wurde ich panisch, um zwanzig nach zehn bot mir ein Kollege seinen Fahrer an, um halb elf waren wir auf dem Boulevard und – sahen den Flughafenzubringerbus vor uns zum Hotel abbiegen. Wir hinterher, ich Fahrer klein gemacht für dreißig Minuten Verspätung, dann umgestiegen. Immerhin, wir waren rechtzeitig am Flughafen, ich bin mit den Transportheinis mit zum Check-in gegangen, unwillig, meine Kofferkombination herauszurücken, wo ich dreißig lange Minuten vom klimatiiserten Check-in Büro von Air France geträumt habe. Die Prozeduren sind natürlich immer dieselben, vorläufige Passkontrolle, Gepäckkontrolle (ich hasse es, wenn die dreckigen Pfoten meinen Koffer als einen von hunderten durchwühlen, alles unordentlich machen und am Ende nichts mehr so liegt wie gepackt), aber da muß man durch, bevor man nach der Koffer-Gewichtskontrolle endlich einchecken darf. Immerhin, nach eindringlicher Anweisung, ich wolle unbedingt einen Fensterplatz, beschaffte mir der Transportheini tatsächlich selbigen und sogar in der Reihe mit großer Beinfreiheit. Die Vorfreude hielt gerade eben bis zum leicht verspäteten Boarding – dreißig Minuten sind beinahe noch pünktlich zu nennen – auf meinem Platz saß nämlich schon eine opulent, volkstümlich mit vielen Glitzerstreifen und riesigem Ausschnitt gewandete Madame, die im weiteren Verlauf der kommenden 48 Stunden immer wieder zu silber-weißem Häkelgarn griff und Deckchen häkelte.
Jedenfalls, die Madame wollte keineswegs meinen lottogewinnmäßigen Platz aufgeben und die Stewardess belehrte mich: Free seating, today. Ich nahm den Fensterplatz in der Reihe dahinter, auch in Ordnung, neben einem massigen Afrikaner auf dem Weg nach Rwanda (ja, natürlich, gleich um die Ecke und Addis ein echter Umweg, aber die schnellste offizielle Verbindung). Um drei rollte das Flugzeug los, die Turbinen heulten auf, neben mir vibrierte das Triebwerk voller Erwartungsfreude, dann der Captain: Ladies and Gentlemen, this is your Captain speaking from the flight deck, we have some minor problems with the left engine and are returning to the gate for checking. Sorry for this but we have your security in mind. Nun ja. Nebenbei bemerkt: Gates gibt e shier natürlich keine, sondern nur eine Abflughalle, wenn ein Flug bereit ist, läuft jemand in gelber Weste einmal durch und brüllt: SA, SA! oder: Air France!, für die Maschinen gibt es verschiedene Parkpositionen, mittlerweile muß man aber immerhin nicht mehr übers Rollfeld laufen sondern wird von Bussen gefahren. Nach dieser Ansage rollte die Maschine zurück zur Parkposition, Arbeiten am linken Triebwerk wurden aufgenommen und das Kabinenpersonal hielt uns mit Futter bei Laune. Die Qualität des Essens ist dafür zwar nicht unbedingt geeignet, dennoch vergingen knappe zwei Stunden einigermaßen kurzweilig, bis zum nächsten Versuch. Zwischendurch fragte eine Stewardess mich, ob die Raumtemperatur angenehm sei, die Klimaanlage liefe auf voller Stärke, mehr könne man nicht machen. Meine Antwort, daß die Raumtemperatur mein geringstes Problem sei – mein Anschlußflug in Addis wurde mit jeder Minute unerreichbarer – begriff sie nicht so ganz. Um kurz vor sechs standen wir erneut auf der Startbahn, Triebwerke heulten auf, beruhigten sich wieder, die Minuten vergingen, bis der Pilot erklärte, es sei nun ein neues Problem aufgetreten, man wolle noch einmal die Techniker rufen. Die Passagiere wurden unruhig, fingen an zu murren, dann zu schimpfen, die Stewardessen glänzten durch wenig Auskunftsfreude, hinten standen die ersten auf, fuchtelten wild herum, begannen von hinten zu drängen und zu schubsen, innerhalb von Sekunden kippte die Stimmung und mir wurde vor soviel Wut ganz Angst und Bange. Das Auftauchen eines Ethiopian Airlines Vertreters befeuerte weitere Gefühle, jeder wollte mit ihm reden, Fragen stellen, ihn packen und eine konkrete Antwort aus ihm herausschütteln. Angesichts der angespannten Stimmung auf den billigen Plätzen im hinteren Teil des Flugzeugs wurden irgendwann die Türen geöffnet und so standen wir dann neben der Maschine am Rande des Rollfelds, um uns herum die tiefschwarze, drückend-schwüle, afrikanische Nacht, ein paar Techniker, eine Menge Sicherheits-Hilfspersonal, aber niemand von Ethiopian, niemand, der uns die weitere Planung erklärt hätte. Einige indische Passagiere wurden von einem Sicherheitsmann angefahren, als sie mit ihren Handys Fotos von sich und der Maschine machen wollten und mußten die Bilder – nach meiner Übersetzung – unter den Augen des Beamten löschen. Nach und nach fielen die Mücken über uns her, auf dem Hinflug hatte ich – unter Berücksichtigung aller Eventualitäten – noch Repellent dabei, diesmal nicht, die Mücken aber hatten ein Festmahl an uns. Zwischen den Mücken flogen die Gerüchte um mich herum, ein Triebwerkproblem, oder doch nur ein Instrumentenproblem der Anzeige, ein Licht kaputt, Freigabe vom Bodenpersonal, aber der Pilot verweigere den Start, Verhandlungen mit Autoritäten, bald ein Wartesaal, oder gleich ein Hotel, man sei noch mit Reparaturen beschäftigt, ein Ersatzteil fehle, nur Hewa Bora könne eventuell helfen. Um mich herum Passagiere in immer neuen Gruppierungen, wann immer jemand offiziell aussehendes auftauchte, bildeten sich Menschentrauben um die Person herum, die schnell laut und aufgebracht wurden, wütende Afrikaner haben eine ungemein laute, etwas vulgäre Tonlage, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen, bei der einem selbst die Vokale wie abgeschossene Kugeln um die Ohren fliegen und mir Kopfschmerzen machen. Trotz meiner Neugier hielt ich mich von den Gruppen entfernt, wollte ich doch lieber nicht in der Nähe drohenden Ärgers sein, wehrte etliche Flirtversuche von kongolesischen Mitreisenden ab, übersetzte französische Auskünfte für mitreisende Inder und fand die ganze Angelegenheit noch reichlich amüsant – mein Anschlußflug definitiv verpasst, konnte ich für den Moment ohnehin nichts ändern.
Gegen acht zog endlich einer der wartenden Busse vor bis zu unserer Maschine, wer wollte, wurde in einen Wartesaal am anderen Ende des Terminals verfrachtet. Es gab – endlich! - Klimaanlage, wir konnten Getränke kaufen, und reichlich großzügige Sitzgelegenheiten, außerdem eine Zigarette plus Plausch mit den Sicherheitskräften für Raucher wie mich. Die Verhandlungen von Ethiopian mit der Flughafenaufsicht über die Verfügbarkeit eines geeigneten und separaten Wartesaals, so erfuhr ich, hätten sich leider etwas hingezogen, aber hier könnten wir nun bleiben. Für eine Stunde nur, wie sich herausstellte, denn inzwischen war die Maschine – ganz sicher, selbstverständlich! - repariert worden. Beim Verladen der Passagiere in den Bus entspannen sich erneut wilde Diskussionen, einige wollten in dieses Flugzeug ganz sicher nicht mehr einsteigen, die Sicherheit, die Gefahr, keinen Fuß mehr würden sie, ... . Bis alle Passagiere wieder an ihren Plätzen saßen, der Müll ein letztes Mal ausgeladen worden war (auf keinen Fall durch die Business Class hindurch – mittlere Tür öffnen zum Abtransport, beharrte ein Ethiopian Mitarbeiter), Verpflegung und Getränke wieder verladen waren, wurde es neun, ein drittes Mal an diesem Tag erklärten uns die Kunstfiguren im Sicherheitsvideo, wie mit dem Anschnallgurt und den Sauerstoffmasken zu verfahren sei - ein zunehmend glaubwürdiges Szenario -, während wir Richtung Startbahn fuhren. Schneller als die vorigen Male verkündete der Kapitän dieses Mal: die Maschine sei immer noch defekt, man werde nun ans Gate zurückkehren. Erneut Schimpfen, Streiten, wütender Aufruhr unter den Passagieren, die nach acht Stunden eingepfercht in der Maschine jegliche Geduld verloren hatten. Kurz darauf fanden wir uns im Ankunftsbereich vor der Immigrationskontrolle, wie schon den ganzen Tag verkündete ein Ethiopian Mitarbeiter inmitten einer Traub aufgebrachter Passagiere Ansagen, die außer den direkt Umstehenden niemand verstand und verschwand dann, wir blieben zurück. Die Passagiere mit gültigem Kongo Visum durften gleich raus auf den Parkplatz, jene aus Brazzaville mußten sich ein – wie üblich umständlich und mit Zeitaufwand zu vergebendes – Stempelchen holen, dann der Parkplatz vorm Gebäude, ruhig wie ich ihn noch nie erlebt hatte, voller müder, abgeschlagener und ratloser Passagiere. Man würde uns nun, so sickerte nach und nach durch, mit Bussen in Hotels verbringen für die Nacht, und morgen Mittag ausfliegen. Selbstverständlich trage Ethiopian alle Kosten und würde sich kümmern, angesichts der schmalen Auswahl an Hotels und der fortgeschrittenen Stunde – inzwischen Mitternacht – sei man jedoch dankbar, wenn sich wer könne ins eigene Heim begeben würde. Schneller als erwartet kam ein Bus, unter erheblichem Drängen und Schieben quetschten wir uns hinein, nur keine Rücksicht auf Kranke oder Eltern mit kleinen Kindern, auch hier der Kongolese sich selbst der nächste, drei pro Bank auf der einen Seite, zwei auf der anderen. Sechs Monate im Kongo haben für manche abenteuerliche Fahrt in halsbrecherischem Tempo über die desolaten Straßen gereicht, aber an diesem Abend wurde ein neuer Höhepunkt erreicht. Viel zu schnell krachte der Bus die Abbruchkanten der Schlaglöcher hinunter, die Passagiere wurden hin- und hergeworfen, kreischten bei besonders heftigen Erschütterungen, der Bus krachte und ächzte, dazwischen Vollbremsungen – mehr als einmal sah ich mich nach gescheitertem Flug in einer defekten Maschine in einem überfüllten Bus zu Tode kommen und dankte dem Schicksal für einen Sitzplatz – auf dem Mittelgang nämlich standen eine Handvoll bedauernswerter Mitleidender und krallte sich an den quietschenden Stangen fest. Das erste Hotel nicht gerade eine Zierde seines Metiers. Trist, heruntergekommen, schon der Eingangsbereich dreckig, wieder Gerüchte über die Zimmerzahl und den Zimmerzustand, in verstörend langsamen Tempo wurden Namen und Passnummern notiert, Schlüssel verteilt, ich landete in der Schlange ganz hinten, konnte aber auch daran etwas Gutes finden, als eine Familie mit Kindern zurückkam vom Zimmer, und empört erklärte, sie würden sich jetzt selber etwas Angemessenes für die Kinder suchen. Der Bus nahm ein kleines Grüppchen von elf unterkunftslosen Passagieren auf, dazu einen kongolesischen Ethiopian Mitarbeiter, der mich aufgrund seiner Tätigkeit – vor Jahrzehnten, wohl – für die Lufthansa, zu seiner besonderen Freundin und Protégée auserkoren hatte und wir fuhren weiter nach Gombe, wo alle angenehm überrascht vor einem sehr sauberen, durchaus akzeptablen Hotel ausstiegen. Der ET Mitarbeiter war sichtlich mit sich zufrieden wie auch mit unserer Zufriedenheit, bis zum ersten Gespräch mit dem Rezeptionisten: Ethiopian? Nein, von denen habe niemand angerufen. Der Chef würde aber gleich.... vorerst aber lag der Chef noch mollig zugedeckt im Gebläse der Klimaanlage ausgestreckt auf einem Sofa, ein Telefon auf dem Bauch, und plauderte. Als er sich endlich bequemte, seine Aufmerksamkeit uns zuzuwenden, wurde schnell klar: ohne umgehende Bezahlung in Bar oder einen offiziellen Schrieb der Airline – beides um diese Zeit gänzlich unmöglich zu beschaffen – würde hier keiner von uns seinen Kopf zur Ruhe betten können. Aus unerfindlichen Gründen verhandelte mein Freund der Airline-Vertreter den aussichtslosen Fall weiter, stur bettelte er immer wieder, für alle ganz offensichtlich ohne Erfolg, bis wir ihn irgendwann energisch zur Tür rauszwangen. Es folgten Diskussionen mit dem Fahrer, welches Hotel die nächste Option sei, übermütige Passagiere brachten das Memling ins Gespräch, am Ende ging es zu einem weiteren Unterklasse-Schuppen in Flughafen-Nähe. Noch immer herrschte ganz offensichtlich völliges Chaos, wir wurden informiert, es gebe zu wenige Zimmer hier für alle Verbliebenen Reisenden, ein Teil wurde wieder in den Bus verbracht, mein Freund und Beschützter verkündete Du hierbleiben, Zimmer sind gut, schüttelte mir enthusiastisch die Hand und verschwand, während gerade ein weiterer Schwung gestrandeter Passagiere aus einem anderen Bus durch die Tür kam. Diesmal gab es korrekte Formulare auszufüllen, auch hier jedoch keine Schlüssel, wir wurden vertröstet, ich hatte einen völlig wirkungslosen Wutausbruch, der weitere Aggressionen von anderen Reisenden befeuerte, irgendwann um drei Uhr nachts saßen wir alle im schäbigen Restaurant des Hotels. Keine Schlüssel, keine Informationen, keine konkrete Aussicht auf ein Bett, dafür dreckige Tischdecken, zusammengeknüllte Wäscheberge, und eine auf fettige Fritten und öltriefendes Omelette beschränkte Speisekarte. Keine Zigaretten, nebenbei bemerkt - meine Packung hatte ich im Laufe des Tages großzügig und brüderlich mit zunehmend verzweifelten Passagieren geteilt. Ein paar von uns, offenbar schon vor einer Weile hier eingetroffen, hatten noch Zimmer bekommen, genossen ihr Essen und verschwanden wieder. Um halb vier stellte ich in meiner Verzweiflung einige Stühle aneinander, packte das in weiser Voraussicht im Flugzeug eingepackte Kissen aus und streckte mich lang aus. Während ich mich auf eine Nacht in dieser Position mental einzustellen versuchte, dann doch noch eine Flasche Wasser bestellte und innerlich aufgegeben hatte, sprach mich eine kongolesische Mitreisende jüngeren Alters an: sie hätten zu dritt zwei Doppelzimmer bekommen, ob sie mir einen Platz anbieten könnten? Ich war unendlich dankbar, hätte zu diesem Zeitpunkt auch eine Fußmatte vor der Tür akzeptiert, und konnte mein Glück kaum fassen, als sie zu ihren Freundinnen umzog und mir ihren Schlüssel abtrat. Das Zimmer sei, allerdings, in der Dependance die Straße runter, ich müsse das Hotel um Begleitung dorthin bitten. Was ich tat, was mir zugesichert wurde, dann stand ich auf der Straße zwischen drei Autos, etlichen Kongolesen, einem Polizisten in Kugelschutzweste (ein seltener Anblick, nicht gerade beruhigend) und ein oder zwei anderen Passagieren. Ich solle in dieses Auto einsteigen, dann doch in jenes, dieser Herr hier, oder doch jener, werde sich um mich kümmern, ich solle ruhig dem Polizisten vertrauen... nach zehn Minuten hin und her verpflichtete ich den Hotelangestellten, mich persönlich zu begleiten, zu sonderbar war das alles, aber dann stand ich wenig später tatsächlich in einer kleinen Butze. Nicht sauber, aber auch nicht völlig eklig, das Bett mit Staub etwas vollgekrümelt, aber frisch gemacht (durchaus, möglicherweise, sogar frisch gewaschen), die Dusche und Toilette hinter einer plastikenen Stellwand, kein fließend Wasser, keine Seife, eine nur schwächliche Klimaanlage. Mir war alles egal, ich zog die volle Wassertonne zur Dusche rüber, hockte mich hin, schöpfte mir das Wasser mit den hohlen Händen über die Schultern und fühlte mich immerhin sauberer als seit vielen Stunden. Haarewaschen fiel mangels Shampoo aus, obwohl dringend nötig, bevor ich mich in der Einflugschneise der Klimaanlage zur Ruhe bettete - ohne wäre unerträglich gewesen. Vier Stunden später wurde ich von der großzügigen Eigentümerin des Zimmers geweckt, die ihre Tasche holen wollte, nein, die vor der Badkabine stehenden Flipflops seien nicht ihre (wessen denn dann?), nach dreißig Minuten ratlosen Austauschs mit anderen Passagieren im Frühstücksraum brachte man uns Omelette und Kaffee, wir zogen Erkundigungen ein. Wann würde der Bus uns am Hotel abholen und zum Flughafen bringen? Würde die Maschine wie am Vorabend angekündigt um Mittag starten? Von verschiedenen Quellen wurde uns mitgeteilt, Ersatzteile seien mit der täglichen Maschine aus Addis unterwegs, mitsamt Technikern, man würde uns dann mit der reparierten Maschine auf die Reise schicken, aber auch, die Maschine aus Addis sei größer als sonst, und wir prioritär vor den heutigen Passagieren für den Flug nach Addis vorgesehen, es wurde geraten, so schnell wie möglich am Flughafen aufzutauchen, der Bus würde erst später kommen. Die anderen schlugen ein Taxi vor, ich riet ab, konferierte mit Kollegen, dann wurde jemand von Bekannten abgeholt und ich mitgenommen. Am Flughafen stellte sich die Situation kein bißchen rosiger dar: der Manager noch beim Frühstück mit der Familie – hätte man den Auskünften der Mitarbeiter geglaubt, hätte er allerdings am Ende fünf Stunden „auf dem Weg zum Flughafen“ verbracht – eher unwahrscheinlich. Das anwesende Personal nicht entscheidungsberechtigt, Addis telefonisch nicht erreichbar, am Check-in Schalter auf der anderen Seite das ganz normal Chaos der Passagiere für den neuen Flug zuzüglich der immer noch aufgebrachten und in ihrer Übermüdung verzweifelten Passagiere des Vortags, und ich verbrachte den Tag, von der Ankunft am Flughafen um halb elf bis zum Abflug viele Stunden später mit der Jagd nach Ethiopian Mitarbeitern und telefonischen Konferenzen mit den Kollegen im Büro. Alle Optionen habe ich vielfach erwogen und je nach Situation wieder verworfen, den Versuch, auf die heutige Maschine umzubuchen (die allerdings ausnahmsweise erst nach der Landung in Kinshasa nach Brazzaville zum Zwischenstopp fliegen würde und damit für meinen Anschluß in Addis zu spät wäre), die Umbuchung auf einer andere Airline, bei der ich am nächsten Morgen um zehn in Frankfurt gewesen wäre, habe über Umbuchungen, Zeitpläne und Kofferausladung verhandelt, nach Managern verlangt und geweint, mit unfähigem Personal diskutiert und doch am Ende nichts erreicht. Ich habe auf Gepäckbändern gestanden, um mich zu den Verantwortlichen durchgzukämpfen, habe Informationen erhalten, die nie bestägt und Zusagen erhalten, die später gebrochen wurden. Man tritt zum Schalter, am Spätnachmittag inzwischen leer, immer noch ohne Bordkarte für den einen oder anderen Flug in Händen, auch aus Unschlüssigkeit. Hinter dem Schalter, ein Stück entfernt, auf dem Rand des Gepäckbands drei Mitarbeiter des Flughafens, verantwortlich auch für Ethiopian. Ich lege meinen Pass auf den Counter und gucke fragend. Meine Gegenüber gucken ebenfalls fragend, machen aber keine Anstalten aufzustehen. Ich mache eine auffrodernde Kopfbewegung, einer winkte mich am Schalter vorbei heran. Ich informiere ihn über die Distanz, daß ich als Kundin erwarte, daß er zu mir kommt, nicht umgekehrt. Er steht langsam auf, Schritte wie in Zeitlupe. Ich erkläre mein Anliegen, verlange einen Ethiopian Mitarbeiter zu sehen. Da könne er mir nicht helfen. Ich erbitte eine Auskunft über die aktuelle, geplante Abflugzeit. Das wisse er nicht. Was er denn sonst für mich tun könne? Mir eine Bordkarte ausstellen, mehr nicht. Am Ende sammelt er gegen meinen Widerstand beide alten Bordkarten ein, gibt mir eine neue, handgeschriebene, und läßt mich ziehen. Es ist unmöglich herauszufinden, ob es in Addis außer dem – längst verflossenen – Anschluß noch andere Flüge nach Europa gibt. Jemand schaut nach, will sich nicht recht festlegen. Eine Ermessensfrage zu stellen, soviel habe ich längst begriffen, ist aussichtslos – die Antwort lautet nämlich immer positiv, entspricht aber nie der Wahrheit. Besser ist, ganz konkret nach Fakten im Ja-Nein Stil zu fragen, aber auch damit laufe ich vor unsichtbare Wände. Erst gegen vier, als ich wirklich unter Zeitdruck stehe, mich ihm geradezu körperlich in den Weg werfe, versichert er mir, in Addis – im Hauptquartier! - könne man mir ganz sicher den Weiterflug nach Frankfurt noch am Montag sichern, man könne auf andere Airlines umbuchen, auf andere Zielflughäfen, man würde jetzt gleich auch das Boarding beginnen, ich möge nicht umbuchen.
Unsicher, was der Chef zu den Mehrkosten eines One-Way-Tickets über Brüssel sagen würde, auch unsicher, ob ich überhaupt Chancen hätte, in diesem Chaos mein Gepäck aus der Maschine herauszubekommen und welche Kämpfe dies erfordern würde, bleibe ich bei Ethiopian. Am Vorabend hieß es, die Maschine würde gegen Mittag starten. Mittags heißt es, die Maschine würde noch repariert und getestet, doch spätestens, allerspätestens um 15h30 befinde man sich in der Luft, ganz sicher. Um 15h30 hängen wir zwischen der Paßkontrolle und der Sicherheitskontrolle auf einem 3x8 Metern breiten Zwischenraum fest, lauter Passagiere mit ordentlicher Ausreise am Vortag, aber unordentlicher Einreise nach gescheitertem Abflug. Wir haben Stunden in der Check-in-Halle auf Gepäckbändern gesessen, im Dreck auf dem Fußboden, irgendwann auch im Restaurant auf der Terrasse, jetzt sitzen wir wieder fest. Auf den gedruckten Bordkarten (die wir später zum Austausch für die handgeschriebenen erhalten werden) wird später als Abflugzeit 17h30 stehen, tatsächlich sitzen wir um 20h00 endlich alle wieder auf den Plätzen im Flugzeug. Vorher galt es noch, 200 Passagieren ihre Kompensationsgutscheine auszuhändigen, 200 Passagieren gedruckte Bordkarten auszuteilen, 200 Passagiere durch zwei Sicherheitskontrollen zu schleusen. Ich schmeiße beim Boarding alle Rücksicht über den Haufen, lasse gerade noch Kranke und Kinder vor, aber strebe ansonsten an, die Maschine als eine der ersten zu betreten, ich will, unter allen Umständen, einen vernünftigen Platz, nach diesem Alptraum, um in Addis schnell zum Transferschalter zu kommen. Bei der Kontrolle packt plötzlich mein Freund und Beschützer vom Vorabend (der nach der erfolglosen Hotelsuche in meiner Achtung keinen großen Platz mehr hat) meinen Arm, will sich ausführlich verabschieden, aber ich will nur schnell, schnell zur Kontrolle, zum Bus, zum Flugzeug, mache mich los, winke und verschwinde. Ich kann mein Glück kaum fassen, als ich tatsächlich auf einem Fensterplatz, direkt hinter der Absperrwand, mit reichlich Beinfreiheit lande. Der Chinese in der Mittelreihe nebenan spricht zwar so laut, daß man ihn beinahe auch in seiner Heimat hören kann, aber dem läßt sich mit Kopfhörern abhelfen und unglaublicherweise, um halb neun, starten wir tatsächlich. Ich gebe zu: bis zu dem Moment, in dem die Maschine beschleunigt, habe ich es nicht geglaubt. Das Abschiedsgeschenk meiner liebsten Katastrophen-Metropole war übrigens der schönste Sonnenuntergang seit langem:
Der Flug nach Addis dauert etwa vier Stunden zuzüglich des Zeitunterschieds, ich gucke den Film – um den Chinesen aus meiner Wahrnehmung auszublenden –, schlafe ein bißchen und um zwei Uhr Ortszeit sind wir in Addis. Gleich hinter dem Gate eine Treppe hinunter ist der Transferschalter und schnell sammeln sich dort 200 müde Passagiere. Ethiopian scheint vorbereitet, jedenfalls vorbereiteter als sie es in Kinshasa waren. Drei Mitarbeiter sammeln Pässe und Reisepläne ein, stellen neue Tickets für den nächsten Anschluß aus und legen gegebenfalls Hotelgutscheine bei. Auch wenn ich als eine der ersten meinen Pass abgebe, dauert es eine Stunde bevor man mir meine Verbindung aushändigt: 22 Stunden später, um 23h00 nach Paris. Weiterreise ungewiss. Ich erkläre dem nächststehenden Mitarbeiter, daß ich dienstlich unterwegs bin, schon die bisherigen 36 Stunden Verspätung inakzeptabel finde und keinesfalls noch mehr draufsetzen werde, sondern vielmehr erwarte, im Laufe des Montags in Deutschland einzutreffen, wie es mir in Kinshasa zugesichert worden war. Unter Verweis auf erstens Anschlüsse von Addis nach Rom im Laufe des Vormittags und zweitens auf meine ungenutzte Option, in Kinshasa so umzubuchen, daß Deutschland am Montagmorgen kein Problem gewesen wäre – wenn man mich nur korrekt informiert hätte. Er nimmt die Unterlagen wieder an sich, zieht von dannen und ich gehe eine rauchen. Eine Stunde später taucht er wieder auf: Weiterflug nach Rom um 23h00, Ankunft in Frankfurt am Dienstag Mittag. Ich sage erneut mein Sprüchlein auf, er sagt, er könne nichts anderes tun, alles ausgebucht, ich bitte, den Manager sprechen zu dürfen. Mittlerweile ist es vier Uhr nachts, ich warte erneut, inzwischen sind die meisten Mitleidenden aus Kinshasa in ihren Hotels untergekommen, allerdings zugegebenermaßen viele, für die es ganz zweifelsfrei nur einen einzigen Anschlußflug nach Dubai, Pekin oder Mumbai gibt. Ich hingegen weiß, daß es morgens mindestens zwei Flüge nach Rom gibt und bei einem davon möchte ich dabei sein. Als ich endlich den Manager zu fassen bekomme, setze ich ihm erneut meine Situation auseinander und mache deutlich, daß ich – hätte man mir in Kinshasa nicht versichert, der Weiterflug von Addis sei kein Problem – umgebucht hätte und mich mittlerweile im Landeanflug auf Brüssel befände. Daß ich als Kunde wirklich genug Unannehmlichkeiten ausgestanden habe und darauf bestehe, daß Ethiopian dieses Problem jetzt sofort in meinem Sinne zu lösen hat, mir ganz egal wie. Er versucht mir zu erklären, daß leider, leider, die von mir angestrebten Flüge alle überbucht sind, hoffnungslos überbucht sogar, woraufhin ich aber entgegne, daß die Flüge nach Kinshasa auch beide überbucht waren, ich das ohnehin generell für eine Unverschämtheit halte, allerdings keinesfalls für mein Problem und er dann bitte jemand anderen, der nicht seit 40 Stunden unterwegs ist, von dem überbuchten Flug runterschmeißen muß. Neben mir verhandelt eine Dame mit ähnlicher Situation, gleichermaßen entnervt, gleichermaßen sachlich und beharrlich im Ton, und am Ende erstreiten wir uns tatsächlich beide Tickets für den 10h00 Flug nach Rom. Den Hotelgutschein, zum Duschen und Frühstücken, bekommen wir trotzdem und so komme ich noch in den Genuß einer Busfahrt durch Addis. Die Luft außerhalb des Flughafens ist erstaunlich kalt und meine Leidensgefährtin erzählt, daß Addis, obwohl kaum weiter entfernt vom Äquator als Kinshasa, auf über 2.000 Metern Höhe liegt. Und das merkt man. Die Luft ist unglaublich klar und frisch, Nebelschwaden hängen über den umgebenden Gipfeln, auch hier: weniger Zerstörung und Elend als in Kinshasa, aber immer noch sehr Afrika. Ohnehin sehen natürlich Äthiopier völlig anders aus, tragen andere Kleidung, und sind überhaupt völlig anders. Das Hotel ist gar nicht übel, das Zimmer in Ordnung, die Dusche göttlich – auch wenn ich mangels Shampoo die Haare mit aufgeschäumter Seife waschen muß, über solche Petitessen will ich nach 45 Stunden nicht meckern. Das Frühstück ist, nun ja, anders. Es gibt Toast in Eierhülle, Bohnen und allerlei sonderbares Zeug aus Rechauds, außerdem frisches Obst, Cornflakes und Marmelade. Normales Brot, Milch und Kaffee hingegen suche ich vergeblich. Wasser in Flaschen ist – für mich – ebenfalls nicht erhältlich, weil man meinen 20-Dollar Schein nicht wechseln kann. Trotzdem werde ich satt, fühle mich geradezu als neuer Mensch und nutze die verbleibende halbe Stunde für einen Ausflug ins Internet – würde ich mich jetzt zum Schlafen hinlegen, ich stände vermutlich für 24 Stunden nicht wieder auf.
Um acht sitzen die andere Kinshasa-Reisende und ich wieder mit unseren Taschen in der Lobby und warten auf die Abholung durch den Ethiopian Bus – vorerst vergeblich. Um halb neun werden wir unruhig, immerhin dauert die Fahrt mindestens fünfzehn Minuten und das Boarding (!) ist für 9h15 angesetzt. Ich muß sogar zwischendurch noch zusehen, daß mein Gepäck neue Anhänger bekommt und mir – so es überhaupt in Addis eingetroffen ist – weiter folgt nach den vielen Planungsänderungen. Als wir zwei gerade den Hotelmanager bitten, uns ein Taxi zu besorgen, trifft endlich der Bus ein und zugegebenermaßen ist der Flughafen von Addis Abeba (immerhin die Homebase von Ethiopian Airlines) doch so übersichtlich, daß wir pünktlich um 9h15 am Gate eintreffen, wo die Sicherheitskontrolle vorgenommen wird. Das dauert, natürlich, wie immer, und bedauerlicherweise kann mir niemand bei meinem Gepäck so richtig helfen. Ich werde immer wieder verwiesen und vertröstet, erst beim Boarding Schalter nimmt man meine Sorge ernst. Das ist, nachdem ich zum ersten Mal im Leben mit einem Upgrade in die Business Class beglückt wurde. Nie habe ich mir dieses Gunst des Schicksals mehr gewünscht, und nie war sie willkommener. Und nun, endlich, schaut die Stewardess fragend: Ihr Koffer? Noch nicht umgeroutet? Ich werde mich erkundigen und falls wir hin noch finden, gebe ich ihnen später den Gepäckschein, vielleicht möchten sie hier warten? Ja, ähem. Falls sie meinen Koffer finden, das klingt leider wenig zuversichtlich, aber ich warte brav und freue mich über mein Upgrade. Im Gespräch mit anderen Passagieren stellt sich heraus, daß sich Ethiopian von der Kombination aus Überbuchung im Vorfeld und zusätzlicher Passagiere durch andere Flüge genötigt sah, eine größere Maschine einzusetzen, was wiederum mir und den vier anderen Kinshasa-geschädigten Passagieren die Freuden der Business Class beschert. Ich gehöre zu den allerletzen, die die Maschine betreten, aber immerhin glücklich mit meinem neuen Gepäckschein in der Hand, doch, man sei ganz sicher, daß der Koffer sich unter mir im Bauch der Maschine befände, und lasse mich auf meinen Platz fallen. Seit nunmehr 40 Stunden schleppe ich ein schmuddeliges, kleines Kissen und die Ethiopian Decke aus dem allerersten Flugzeug mit mir herum, bestmöglich vorbereitet für die Wartezeiten, aber hier erwarten mich ganz neue Dimensionen: das Kissen ist schicker, der Sitz ist riesig, Stoffservietten, eine Menukarte mit Speiseauswahl und darunter: äthiopisches Essen. In Washington war ich einige Male mit Freunden äthiopisch essen und bin seither ein großer Freund dieser Küche, bei der auf einem feuchten, crêpe-ähnlichen Teigfladen verschiedene Saucen mit Fleisch und Gemüse verteilt und mit zusätzlichem Brot aufgenommen werden. Ich liebe die Mischung, die Abwechslung, die scharfen, fremdartigen Gewürze – und hier äthiopisches Essen auf der Speisekarte zu sehen, erfreut mich sehr. Normalerweise bin ich auf Flügen damit beschäftigt, Wasser wie ein Kamel in der Wüste in mich hineinzukippen und frage das Bordpersonal lieber um das dritte und vierte Glas Wasser, sogar noch eines der kleinen Fläschchen, statt mich mit Alkohol aufzuhalten, aber hier und jetzt, mit etlichen Stewardessen, die Galley gleich vor mir und reichlich Wasser aus Glasgläsern (!) verfügbar, erbitte ich ausnahmsweise ein Glas Weisswein. Ansonsten untersuche ich mit kindlicher Neugier das Necessaire mit ET Logo, plaudere mit meinem Sitznachbarn (britischer Mitarbeiter einer NGO in Malawi auf Heimaturlaub) und genieße die Aussicht auf die endlose sudanesische Wüste (auch so ein Land, wo ich unbedingt, unbedingt! irgendwann hinmöchte). Und ich schlafe. Das ist das Beste überhaupt. Wohlwissend, daß bei der Landung in Frankfurt sämtliche Züge gen Heimat schon weg sein werden, habe ich die Wahl zwischen noch einer Nacht im Hotel (niemals!) oder einem Mietwagen, und von den sieben Stunden Flug verschlafe ich fast alle fünf, die ich nicht mit Essen beschäftigt bin. Und zwar ganz ohne eingeschlafene Gliedmaßen, schmerzenden Rücken oder blauen Flecken.
Der Aufenthalt in Rom ist nur ein Zwischenstopp, aber gerade lang genug für zwei wesentliche Feststellungen. Erstens finde ich auch nach langem Suchen und Irren keine Lufthansa Mitarbeiter und sonst mag mir niemand helfen, eine Bordkarte zu bekommen – LH, so wird mir beschieden, tauche eine Stunde vor Abflug auf, bis dahin müsse ich mich gedulden. Inzwischen bin ich so müde und abgekämpft, daß ich es tatsächlich aufgebe, einfach hoffe, daß es sich später schon regeln wird und lieber einen Kaffee trinken gehe. Wobei ich, zweitens, Gelegenheit habe, festzustellen, daß Italiener rasend unfreundlich sind. Der Barista, die Bedienung, das Reinigungspersonal, das Bodenpersonal – einer kotziger als der nächste. Und ohnehin ist Fiumicino wirklich keine Zierde und ich bin froh, als ich in der Maschine nach Frankfurt sitze. Nach der Landung warte ich gespannt auf meinen Koffer und kann es kaum glauben, als er als einer der ersten aus der Luke ausgespuckt wird. Dem Arbeitgeber zuliebe vergleiche ich noch schnell die Mietwagenpreise, entscheide mich für einen günstigen kleinen Peugeot, brauche dann aber noch mal zehn Minuten, das Auto auch zu finden. Die ersten Meter, muß ich zugeben, bin ich unsicher. Ich habe kein eigenes Auto, ich fahre selten und dann meist innerkleinstädtisch oder Landstraße und die Frankfurter Flughafenperipherie strengt mich an, aber so nach und nach finde ich mich wieder zurecht. Immerhin habe ich hier zwei Jahre gewohnt und die Strecke heim erinnere ich auch wieder zunehmend – die Notizen in der Mietwagenagentur wären überflüssig gewesen.
Als ich um kurz nach Mitternacht, also eigentlich doch schon Dienstag Morgen, bei meinen Eltern ankomme, rechne ich aus, bin ich mehr als sechzig Stunden unterwegs gewesen, habe in zwei verschiedenen Hotels geduscht, aber bin kein bißchen sauberer, bin sechs Mal zur Startbahn gerollt, aber nur drei Mal wirklich gestartet, habe das erste Upgrade meines Lebens bekommen, aber bin dennoch wild entschlossen, nie, nie wieder mit Ethiopian zu fliegen. Eher laufe ich das nächste Mal nach Kinshasa oder reite auf Kamelen.
schusch,
Dienstag, 18. Mai 2010, 11:46
Hmmmm,
gut gekontert, Frau Damenwahl.
gut gekontert, Frau Damenwahl.
damenwahl,
Dienstag, 18. Mai 2010, 12:55
Vielleicht sind die nicht immer so, ich habe von vielen Kollegen auch Gutes gehört, aber meine subjektive Erfahrung war... naja. Meine Schwester schwört übrigens auf South African.
schusch,
Dienstag, 18. Mai 2010, 22:09
Na ja, das Trouble Management hat mich jetzt nicht überzeugt. Mit Brussels hatte ich in Bezug "Tücken der Technik" auch ein PillePalle-Erlebnis, habs aber, glaube ich, hier schon geschildert. Falls nicht, es war wirklich PillePalle.
schusch,
Dienstag, 18. Mai 2010, 23:24
OT. Grad gefunden, hat zwar vordergründig mit Fußball zu tun, aber dann doch mehr mit interkulturellem Verständnis.
http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2658473&em_cnt_page=1
http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2658473&em_cnt_page=1
strelnikov,
Dienstag, 18. Mai 2010, 23:37
Hatte überlegt unseren Südafrikaflug Anfang des Jahres um 120€ gegenüber SAA mit einem ET Ticket zu vergünstigen (pro Flug). Mein Frau war aber streng dagegen.
ET und Umstieg in Addis hat sie verweigert. Diese Geschichte gibt ihr irgendwie recht.
ET und Umstieg in Addis hat sie verweigert. Diese Geschichte gibt ihr irgendwie recht.
damenwahl,
Mittwoch, 19. Mai 2010, 12:22
Gute, sehr gute Wahl! Meine Schwester meint sogar, SA sei besser als Lufthansa. Davon abgesehen ist Addis hübsch - also schon eine Reise wert.
strelnikov,
Mittwoch, 19. Mai 2010, 14:53
Ich bin ehrlich gesagt noch nie mit Lufthansa geflogen (Seltenflieger), aber bricht dort auch auf jeden Flug das IFE zusammen? Beim Hinflug wurde es nochmal neu gestartet. Beim Rückflug wurde es dann einfach abgeschaltet, was auf einem Nachtflug nicht weiter schlimm ist.
Aber ansonsten war es ruhig, sauber und pünktlich und hat fast genau die Hälfte eines LH Flug zum gleichen Zeipunkt gekostet.
Bin leider nicht so an Städten interessiert, was gibts denn in Äthopien so auf dem Land zu sehen?
Aber ansonsten war es ruhig, sauber und pünktlich und hat fast genau die Hälfte eines LH Flug zum gleichen Zeipunkt gekostet.
Bin leider nicht so an Städten interessiert, was gibts denn in Äthopien so auf dem Land zu sehen?
damenwahl,
Donnerstag, 20. Mai 2010, 15:19
Ich bin ja auch nur kurz durch die Hauptstadt zum Hotel und zurück gefahren, aber das Land soll wunderschön sein (Hochplateaus und so), die Äthiopier sind wirklich wirklich freundlich und das Essen - ein Traum. Ach ja: Wiege der Christenheit, Felsenkirchen, Amharisch und so... an Sehenswürdigkeiten mangelt es glaube ich nicht, nur halt kein touristisches Reiseland.
egghat,
Donnerstag, 20. Mai 2010, 12:33
Wollte nur mal kurz sagen: Sehr schöner Artikel.
Fängt die Faszination Afrika in den ganzen Abstufungen von Schwarz bis Weiss ein.
Fängt die Faszination Afrika in den ganzen Abstufungen von Schwarz bis Weiss ein.
sable,
Donnerstag, 20. Mai 2010, 21:09
sehr schöner text!
und phasenweise beinahe kafkaesk...
und phasenweise beinahe kafkaesk...
damenwahl,
Freitag, 21. Mai 2010, 00:01
Wenn das ist, was Leute mit "kafkaesk" meinen, dann weiß ich endlich, warum ich mit dem "Prozess" nicht warm geworden bin. Jetzt wo Sie's sagen, sehe ich allerdings auch Parallelen. Irgendwie.
Und natürlich vielen Dank für die Blumen.
Und natürlich vielen Dank für die Blumen.
dergeschichtenerzaehler,
Freitag, 21. Mai 2010, 13:17
Strapaziös ist ja noch deutlich untertrieben!! Da muss man ja Nerven aus Edelstahl besitzen... :)
damenwahl,
Freitag, 21. Mai 2010, 15:14
Die hatte ich definitiv nicht. Ich bin zwei Mal in Tränen ausgebrachen, am ersten Abend im Hotel vor Erschöpfung und Frust, und am nächsten Tag noch mal als Druckmittel vorm Schalter. Hat aber beide Male nix geholfen.
dergeschichtenerzaehler,
Freitag, 21. Mai 2010, 18:12
Achso... na ja ist aber auch verständlich bei so einer beschissenen Situation.
Ich finde es ja schon schlimm wenn mal bei der Deutschen Bahn nicht alles so klappt wie es soll. Aber interessant ist es, wie sich fremde Menschen dann zusammentun und sich gegenseitig helfen.
Ich finde es ja schon schlimm wenn mal bei der Deutschen Bahn nicht alles so klappt wie es soll. Aber interessant ist es, wie sich fremde Menschen dann zusammentun und sich gegenseitig helfen.