Freitag, 25. November 2011
Mein Begleiter
Seit zwölf Jahren sind wir ein Paar. Er ist ein dunkler Typ mit kantigem Profil, seine zuverlässige Unverbrüchlichkeit wußte ich stets zu schätzen und wir haben viel zusammen erlebt. Oft habe ich befürchtet, er könne mich verlassen - auf Flügen ganz besonders, auch in Zügen hatte ich immer ein Auge auf ihn, damit ihn mir keine andere Frau wegschnappt. Jede Beziehung jedoch erfordert Investitionen, auch monetäre, und so ziehe ich gerade Erkundigungen ein, wie ich ihm zu Weihnachten eine Freude machen kann.

Kennengelernt haben wir uns 1999. Ich war eigentlich mehr an seinem kleinen Bruder interessiert, denn alle Damen meines Bekanntenkreises hatten so einen, und ich wollte mitstinken. Groß die Enttäuschung, als dem Auto meiner Eltern statt des erwarteten kleinen Modells ein Riesentrumm entstieg. Noch größer dann die Freude bei der Entdeckung, daß ich beide würde haben können, den großen und den kleinen.

Die ersten Jahre waren wir viel unterwegs, vom Westfälischen ins Hessische, auch mal nach München oder Hamburg. Der erste große Test für unsere Beziehung waren 3 Wochen USA, später dann 3 Monate Marokko, aber bei einem so verläßlichen Partner - was hätte da schiefgehen sollen? Unsere erste große Beziehungskrise erlebten wir dann während eines gemeinsamen Urlaubs an der Nordsee. Ich hatte mein Schätzchen fahrlässig überbelastet, ihm mehr aufgebürdet als er ertragen konnte und in einem zweistöckigen Regionalexpress, am oberen Ende der Treppe, riß die Beherrschung, im Sturz die Treppe runter brach er sich auch noch ein Füßchen. Großer Kummer, aber Pedantin, die ich bin, hatte ich unseren Ehevertrag ordentlich abgeheftet, und es stellte sich heraus: mit professioneller Hilfe war unsere gemeinsame Zukunft noch zu retten. Seither markiert ein roter Punkt diese Narbe, Mahnmal an meine Selbstdisziplin, sodaß ich ihn seither noch leichter erkenne. Dazu trugen auch andere Andenken bei, gesammelt während vieler Kilometer. Düsseldorf-Washington, Düsseldorf-Rio, Frankfurt-Tunis und Frankfurt-Kinshasa, letzteres mehr als einmal.

Gemeinsam sind wir erst erwachsen geworden, gemeinsam werden wir in den nächsten Jahren altern und zeigen erste Verschleißerscheinungen (meine Knie, seine... nunja, auch). Nie ließ er mich im Stich, klaglos ertrug er alle Härten, zuverlässig wußte ich - wie das bei eingespielten Teams so ist: wenn der Deckel bei leichtem Drücken schließt, bin ich bei 21 kg, also noch unter der erlaubten Gepäckgrenze für auch die kleinlichsten Fluggesellschaften.

Alte Liebe rostet nicht und daher gebe ich ihn in die besten und erfahrensten Hände (Manufaktur in Köln) und spendiere meinem Rimowa-Schätzchen zu Weihnachten ein paar neue Rollen. Das ist er mir wert.

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Donnerstag, 3. November 2011
Diese Woche
Einen Doktortitel in einer Publikation angedichtet bekommen, den ich noch gar nicht besitze. Die Richtigstellung gestaltet sich schwierig, denn gedruckt ist gedruckt.

Eine Briefsendung wurde vom freundlichen Postboten – statt sie in den Briefkastenschlitz zu stecken – wieder mit in die sichere Filiale genommen, wo ich sie zwischen 9 und 18 Uhr abholen darf, also zu Zeiten, zu denen ich üblicherweise hinter meinem Schreibtisch sitze. Strategisch jenen Abend fürs früher gehen gewählt, an dem der Chef aushäusig ist, beim Verlassen des Büros angerufen worden, mußte doch Farbe bekennen, sonst wäre meine Post wieder zurück zum Absender gegangen.

Daß ich morgen früh um 8 Uhr den ersten Termin habe, wird natürlich niemand bemerken.

Der Sonderverkauf bei Talbot und Runhof ist an genau dem Wochenende, an dem ich keinesfalls nach München fahren kann, um endlich mal ein wirklich tolles Ballkleid schnappen zu können.

Die Organisation eines Hotels für eine größere Gruppe kann keinesfalls an den Vorjahreskonditionen orientiert werden, statt dessen sollen wir jetzt 80 % anzahlen und dafür lieber nicht mehr stornieren – Telefonate nonstop, Emails ohne Ende, außer vom Entscheider - der glänzt durch Unerreichbarkeit.

Außerdem: versetzt, am Telefon abgewürgt („Wir müssen jetzt einen Film schauen“), und ein Büro, in dem um meinetwillen noch ein paar Fettnäpfe extra aufgestellt wurden.

Um all diesen Widrigkeiten erhobenen Hauptes und geraden Rückgrats begegnen zu können, heute zum ersten Mal im Leben Plateaupumps getragen (elegante, nicht prollige). Gummiknopf unterm Absatz fiel schon vor Erreichen der Bürotür dem Pflaster zum Opfer, so daß ich den Rest des Tages nicht mit Grandezza über die Flure schwebte, sondern geräuschvoll wie Kapitän Ahab auf seinem Deck unterwegs war: links lautlos, rechts Stahlnagel auf Steinboden.

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Samstag, 29. Oktober 2011
Fortsetzung
Irgendwann kommt der Punkt, wo man über all den Ärger nur noch lachen kann. Wenn einem die Dienstmailadresse einfach mal so gesperrt wird, ohne daß man irgendwas falsch gemacht hätte (It-Tante so: "dies kann auch ohne Ihr Zutun passieren..."), wenn man an Tag 3 im Seminar die Frage nach der Pflichtlektüre nicht beantworten kann (weil vergessen), bei der nächsten Sitzung top vorbereitet ist, aber nicht gefragt wird, bei der darauf nächsten Sitzung hingegen wieder die Hose runterlassen muß (weil unvorbereitet), wen man im Fitti stundenlang auf jedes Gerät wartet, die neue Küchenmaschine untauglich ist, wenn man für 14 Personen einen Tisch reserviert und kurzfristig noch ein paar Leute mehr kommen, wenn man mit der eigenen Forschung nicht vorankommt, auf noch mehr Mails noch weniger Antworten bekommt, wenn "Kaffee"verabredungen erst um 18h auftauchen, Karten plötzlich ausverkauft sind, man fast eine Stunde däumchendrehend auf den Chef wartet und die Zeit mit Kaffee trinken totschlägt und den Sorgen der Kollegen lauscht (während die Diss auf dem Schreibtisch einen Dornröschenschlafe schläft), wenn man seine Küche in kürzester Zeit komplett zugesaut hat, weil die Fähigkeit, einen Löffel FESTzuhalten plötzlich weg ist, wenn man - kaum daß sich eine Baustelle beruhigt die nächste auftut- , wenn man außerdem am Samstag morgen ohne Zigaretten im Büro steht, was nicht schlimm ist, weil man im Laufe der Woche andauernd viel wichtigere Dinge vergessen hat, aber doch ärgerlich, weil man noch ein bißchen was arbeiten wollte ...

.... dann ist es Zeit für einen Prosecco um drei Uhr nachmittags, und dafür, über all das Elend eine Runde zu lachen. Das Gute an 30+ ist: man weiß, es wird auch wieder besser. Vielleicht schon heute.

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