Franzosendinner
Gestern Abend mit zwei Kollegen Essen gewesen. Oder besser: gekocht. Nämlich mit dem schönen Franzosen, den gibt es natürlich immer noch, schön wie eh und je. Er und ein anderer Kollege (wir drei sind ein eingespieltes Dinner-Team, bisher aber immer auswärts) haben offenbar nachmittags ausführlich diskutiert, was man für mich kochen würde und sich zielsicher für das einzige von mir gehaßte Gemüse: Salatgurke entschieden. Aber der gute Wille zählt, und diesen Fall hätte auch Kant ganz sicher anerkannt, zumal ich mit Risotto und Merguez danach durchaus einverstanden war. Und es schmeckte tatsächlich gar nicht schlecht, zumal verglichen mit meinen Kochbemühungen vor einigen Monaten (auch wenn die natürlich durch meine klammen Finanzen eingeschränkt waren).
Ich habe also als guter Gast einen Abstecher zu Kinshasas zweiter (und erster richtiger) Eisdiele gemacht N'Ice Cream, die dort abhängende Jeunesse Dorée bewundert, zehn Dollar für einen wirklich sehr, sehr kleinen Halbliterkasten ausgegeben und war franzosenpünktlich um kurz nach acht vor der Tür (er ist immer zu spät und mit Eiscreme in Händen wollte ich nicht warten).
Der schöne Franzose wohnt in einem sehr großen, sehr neuen, sehr feudalen Appartement Haus, wo die Mieten deutlich höher als das deutsche Durchschnittseinkommen sind. Dafür ist die Wohnung von der Art, daß man alles drumherum vergessen kann. Wenn man möchte. Die Anlage hat einen eigenen Fitneßraum, ein Schwimmbecken mit Terrasse, eine Poolbar. Die Wohnung hat eine Küche, wie ich sie hier noch nicht gesehen habe, alles neu, alles sauber, alles funktioniert. Mit Eiswürfelautomat. Überraschend geschmackvoll eingerichtet, dunkles Holz für die Eßzimmermöbel, helleres Korbgeflecht fürs Wohnzimmer, durchaus liebevoll dekoriert. Blumen. Zwei Bücher. (Ähem.) Die aber kein Schund.
Überhaupt war es ein netter Abend, wir haben uns wie immer wunderbar unterhalten, auch wenn wir in manchen Punkten völlig unterschiedlicher Meinung sind. Ich würde nie und nimmer in einer Seifenblasenwohnung wie seiner wohnen. Er würde nie und nimmer in einer Bruchbude wohnen, nur der Aussicht halber. Ich finde Economy Class zu fliegen völlig in Ordnung. Er steigt unter Business Class nicht mal in den Flughafenzubringer. Ich finde Rolex scheußlich. Er hat mindestens zwei.
Am nettesten aber war: Du fehlst uns hier. Wir müssen wirklich sehen, wie wir Dich dauerhaft herbekommen. Das wäre schön, denn auch wenn ich heute Vorhänge für meine Schweizer Wohnung in Auftrag gegeben habe, wird mir das Abenteuer fehlen.

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mmmb, Donnerstag, 15. April 2010, 22:53
Vorhänge in Auftrag gegeben? Sind maßgefertigte Fensterbehänge nicht etwas arg domestic? :-)

damenwahl, Donnerstag, 15. April 2010, 23:14
Das, lieber mmmb, kommt auf den Stoff an. Wenn es gut wird, gucke ich jeden Morgen vom Bett aus auf chinesischen kongolesischen pagne (=Stoff).



Wenn nicht, kann ich die zwanzig Euro verschmerzen. Inklusive nähen, versteht sich.

nnier, Donnerstag, 15. April 2010, 23:39
Da haben Sie sich aber was Schönes ausgesucht. Und die Maße Ihrer Fenster, die haben Sie immer im Kopf? Oder war das von Anfang an geplant?

mmmb, Freitag, 16. April 2010, 01:06
Ah, mea culpa! Ich hatte das Bild meiner Mutter und meiner verstorbenen Großmutter vor Augen. Wenn die mal neue Vorhänge geordert haben, sah das ganz anders aus. ;-) Würde in meiner Wohnung nicht passen, aber durchaus hübsch anzuschauen.

Ich kann den vorherigen Post übrigens gut nachvollziehen. Genau diese Gedankengänge kamen mir vor zwei Wochen in Indien auch...

conma, Freitag, 16. April 2010, 10:40
Mich würden ja noch ein paar Informationen zum Personal des schönen Franzosen interessieren ;-)

damenwahl, Freitag, 16. April 2010, 12:22
Die Herren nnier und mmmb, die Maße habe ich auf dem Rechner, ungefähr - und in meine Wohnung werden sie gut passen, hoffe ich. In dem Fall folgen irgendwann in ein paar Wochen vielleicht Bilder vom Endergebnis.
Ich glaube, wer solche Gedanken bei Reisen in Afrika oder Asien nicht hat, der geht mit geschlossenen Augen durchs Leben.

damenwahl, Freitag, 16. April 2010, 12:32
Liebe Frau Conma: Sehr gutaussehend, der Typ, daher der Name. Hier ein bißchen was dazu, und das hier war wohl der erste Beitrag.