Der Lappi und die Post
Schon als ich diesen meinen wunderbaren Rechner gekauft habe, wollte ich eigentlich einen anderen, kleineren, leichteren. Ich bin ja in - für den globaliisierten Arbeitsmarkt - vorbildlicher Art und Weise mobil, selbst in meiner neuen Schweizer Seßhaftigkeit verbringe ich manches Wochenende in der Bahn auf dem Weg zu Freunden, Familie oder dem Liebsten, und mein heißgeliebtes Thinkpad ist ohne Zweifel ein ziemliches Trumm in der Reisetasche. Nicht daß ich die Entscheidung bereuen würde, die kleineren Modelle bei gleicher Rechnerkapazität hätten mein Budget gesprengt, und die Entscheidung war vernünftig. Trotzdem war ein kleines Thinkpad gewissermaßen ein Herzenswunsch, den zu erfüllen mir letzte Woche endlich ein Grund geliefert wurde.

Meine Arbeit bringt es mit sich, daß ich den Rechner auch mal mehr als fünf Stunden am Stück rechnen lassen muß, und damit ich nicht zu Hause arbeiten oder im Büro schlafen muß, schien ein Zweitrechner gerechtfertigt. Im Prinzip. Mit diesem tollen Kaufgrund, allerdings mehr aus Arbeitsaufschieberitis und Langeweile, guckte ich ein bißchen bei eb*y und erhielt, ehe ich noch so recht drüber nachgedacht hatte, den Zuschlag für einen X31 für weniger als hundert Euro.

Noch ganz überrascht von meinem Neuerwerb kontaktierte ich den Händler, nahm 30 Euro Versandkosten in Kauf - wollte ich mein Schmuckstück doch schnell haben - und da der gute Mann einen nicht besonders wendigen Eindruck machte, übernahm ich auch die Vorbereitung der Zollunterlagen. Was man so tut, wenn man es eilig hat, hoffte ich doch auf Zustellung noch in derselben Woche. Das wurde allerdings nix. Der Händler hielt seine Zusage, um 15 Uhr am selben Tag verzeichnete das Tracking von DHL die Annahme der Sendung und am selben Abend die Bearbeitung im Postzentrum in Hintertupfingen im Niemandsland. Zwei Tag brauchte es von da an ins Auslands-Paketzentrum von Speyer. Dies nicht gerade ein grenznaher Ort, aber gut. Um fünf Uhr morgens verließ mein neuer Lappi dieses zweite Paketzentrum gen Schweiz.

Jetzt kann es ja nicht mehr lange dauern, dachte ich mir, die Unterlagen ordnungsgemäß beigelegt, die Verzollung sollte kein Problem sein und wie lange kann das schon dauern? Lange, wie ich jetzt weiß. Am Montag, Dienstag und Mittwoch hatte ich zunehmend die Zöllner in Verdacht, die sich vielleicht mit meinem Schätzchen und Solitär vergnügen in der faden Sommerzeit, oder gar WoW spielen. Eine am selben Tag ergangene Büchersendung erreichte mich am Montag, auch das später als erwartet, und nicht zu meiner Beruhigung beitragend.

Heute nun hatte das Paket Tracking endlich Neuigkeiten für mich: nach nur fünf Werk(!)tagen ist die Sendung im Zielland eingetroffen. Im Zielland. Als wäre die Schweiz am Ende des Planeten, gleich neben Mosambik oder Nepal, oder so. Die Zöllner jedenfalls sind nachweislich nicht schuld, das Schweizer Tracking nämlich ist noch schlauer als das Deutsche und weiß, daß die Verzollung am heutigen Tag von 14h46 bis 15h27 dauerte. Nix WoW oder Solitär.

Ich frage mich allerdings: was zum Teufel haben die Idioten von DHL zwischendurch gemacht? Mit dem Fahrrad das Päckchen von Speyer nach Basel spediert? Per Flaschenpost den Rhein raufgeschickt und vergessen, daß der abwärts fließt? Ich gestehe: ich begreife es nicht. Jetzt bin ich wirklich neugierig, ob wir für die Strecke von Basel zu mir genauso lange brauchen, oder es vielleicht doch noch vorm Wochenende schaffen – Samstags wird hier nämlich keine Post zugestellt.
Ich hatte damals - damals nämlich, beim Kauf, vor gefühlten Ewigkeiten - ernsthaft überlegt, das Päckchen an Bekannte jenseits der Grenze schicken zu lassen oder postlagernd an die Filiale und dort persönlich hinzufahren – das wäre sooooo viel schneller gewesen. Und billiger. Schien aber irgendwie - im Vorhinein - unmäßig aufwendig. Nun gut, jetzt ich habe meine Lektion gelernt.

[Update: Das Päckchen benötigte exakt 18 Stunden für die läppische Entfernung von Basel nach Zürich (Fahrtzeit Bahn: 1h). Dort wird gerade sortiert, seit 8h morgens. Das Wort Schneckenpost bekommt eine ganz neue Bedeutung. Ich bin inzwischen offen für Verschwörungstheorien: die CIA? Der KGB? Aliens? Eine höhere Macht verhindert mein Unterfangen, ganz klar.]

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nnier, Donnerstag, 29. Juli 2010, 22:01
Auch auf meinem Schoß befindet sich in diesem Moment ein solches "Trumm" - nicht mein privater Rechner, nebenbei - und scheint das exakte Gegenteil von all dem modernen Apfelzeug darzustellen: Statt flach, weiß, glänzend und an den Kanten abgerundet ist das Ding dick, schwarz, matt und einfach nur eckig. Aber ich schätze diese Eigenschaften, denn der Apparat wirkt sehr solide, die Scharniere am Monitor flößen Vertrauen ein und der Akku scheint eine vernünftige Lebensdauer zu haben. Ich verstehe jedenfalls, dass Sie diesem Hersteller die Treue halten wollen und wünsche Ihnen, dass der günstige Kauf sich am Ende als Treffer erweist. ("Waaah! Gebrauchte Laptops!", schreien bestimmt schon einige Leser ...)

damenwahl, Freitag, 30. Juli 2010, 12:48
Eben. Solide und zuverlässig. Darum mag ich ihn. Davon abgesehen: bei gebrauchten Sachen verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl und das hat bisher prima funktioniert. Wir werden sehen.

muerps, Donnerstag, 29. Juli 2010, 22:47
Ich hab mit der DHL sonst die entgegengesetzte Erfahrung gemacht. Wenn ich nämlich was in GB bestelle, dass per DHL versandt wird, kann ich sicher sein, dass das Päckchen verfrüht ankommt. Bei der Royal Mail kanns dagegen dauern, und man kann einfach nicht abschätzen, wie lange (bei den Karten ausm letzten Urlaub lag die benötigte Zeit zwischen einer halben und ich glaube knapp drei Wochen).

damenwahl, Freitag, 30. Juli 2010, 12:50
Tja, Post aus UK ging beinahe schneller als Post aus Deutschland, habe ich festgestellt. Aber das war ja auch ohne DHL. Lustigerweise dauern Karten aus der Schweiz nach Hause maximal 48 Stunden, Karten aus Deutschland hierher jedoch 3-4 Tage. Soviel zum Vergleich.

anregend-bunt, Donnerstag, 29. Juli 2010, 23:24
ich wünsche mir eine woche ,nur eine woche ,also sieben tage und nächte ohne strom ohne wireles ohne blogger
ohne chat ohne dhl ohne ohne ohne
danach sollte jeder seine erfahrung schreibn
kopfschüttel ;-))

g., Freitag, 30. Juli 2010, 08:21
„Sach mal, Schorsch, du hast doch da unten Verwandtschaft, in Schopfheim ganz in der Nähe?“ werden sich die DHL-Leute gedacht haben, „da brauchen wir das Paket doch nicht extra in einen LKW verladen bei der Hitze. Wenn du das nächste Mal deine Cousine besucht, nimmst du es einfach mit und wenn es am Zoll Schwierigkeiten gibt, kannst du das gleich beheben, da wird die Frau Damenwahl noch dankbar dafür sein, dass sie nicht extra zum Hauptzollamt muss, um das Paket auszulösen. Und wenn du sowieso da unten bist, kannst du mir auch noch einige Flaschen Roten mitbringen?“

damenwahl, Freitag, 30. Juli 2010, 12:47
Sehr lustig. Die Idioten hätten sich mal besser erkundigt, nix Hauptzollamt, Postverzollung ist völlig problemlos. Ich verlange Schmerzensgeld in Form von zweir Flaschen Rotem.

energist, Freitag, 30. Juli 2010, 14:28
Glückwunsch zu Ihrem neuen „kleinen Schwarzen“ :-)

Ich trage den Wunsch zu einem kleineren und mobileren Thinkpad auch schon eine mit mir herum, konnte mich aber noch nicht aufraffen – auch, weil ich mir einen zweiten Rechner gar nicht organisieren könnte und daher ein Gerät mit ein bisschen mehr Dampf brauche. Und leider ist bei diesen kleinen Dinger die Proportionalität von Leistung und Kosten sehr ausgeprägt…

damenwahl, Freitag, 30. Juli 2010, 14:36
Hach, wem sagen Sie das. Der T400s wäre der perfekte Kompromiß, aber zu teuer. Die neue X Serie ist grandios, aber auch zu teuer.
Meine Neuerwerbung scheint eine gute Lösung zu sein, und bei der Leistung denke ich: mein erster Laptop hatte einen Centrino Prozessor mit 1,2 GH, 256er RAM und 20 GB Festplatte. Und der hat damals auch gereicht. V*ista kommt mir ohnehin nicht ins Haus, also passt das. Hoffe ich.

pastiz, Freitag, 30. Juli 2010, 15:56
Liebe Frau Damenwahl,
Sie sind mir mit Ihrem Update einige Minuten zuvorgekommen, aber ich möchte Ihnen meinen Kommentar doch nicht vorenthalten:
Als ich die Überschrift zu Ihrem Eintrag gelesen habe, dachte ich, Sie hätten die Erforschung sprachlicher Eigenheiten Ihrer temporären Wahlheimat zu Ihrem neuen Steckenpferd erwählt. Der weitere Verlauf der Lektüre brachte mich dann immer mehr zum Schmunzeln. Soviel zur Aufklärung: Sollten Sie wider Erwarten doch nach Basel fahren, um nach dem Verbleib Ihres Rechners zu forschen, fragen Sie nicht nach Ihrem „Lappi“, man könnte Sie missverstehen, denn in der Sprache der dortigen Eingeborenen bedeutet dieses Wort soviel wie „Dummkopf“. Obwohl es hier wie dort und überall deren viele gibt, die armen Zollbeamten wüssten vermutlich nicht, welchen Sie haben wollen, bei der Beschreibung „schwarz“, eckig“, „flach“ und „zum Aufklappen“. Im Übrigen wünsche ich Ihnen viel Vergnügen mit Ihrem neuen „Läppi“ (der Umlaut macht’s aus!), so Sie ihn denn endlich in Händen halten.

damenwahl, Freitag, 30. Juli 2010, 16:18
Vielen Dank, Herr Pastiz, das mit dem Lappi und Läppi ist mir neu. Ich kenne aber schon Wägeli und Peterli und Lättli... . Bildung des passiven Wortschatzes ist ja so wichtig, fürs Verständnis.