... neuere Einträge
Was ich nicht haben kann...
Es sind immer die kleinen Dinge, die ich vermisse, die Alltäglichkeiten. Manchmal springen mich einzelne Bilder geradezu an, völlig unvermittelt, während ich im Taxi sitze und nach Hause fahre: plötzlich sehe ich vor mir, wie ich irgendwann vor einem Kleiderschrank stehe (gleich, was für einem) mit all meinen Sachen drin. Ich habe wieder freie Auswahl, die roten Schuhe oder doch neutrale schwarze? Die weiße Bluse mit den Schluppen – vielleicht ein Schal dazu? Jackett oder Strickjacke? Noch im Bett liegend ärgere ich mich morgens das erste Mal, wenn ich an die erbärmliche, klägliche, begrenzte Auswahl im Kleiderschrank hier denke, die mir durch die Gepäckbegrenzung der Fluggesellschaften aufgezwungen wurde. Jedes Teil schon unzählige Male getragen, zunehmend jede mögliche Kombination probiert. Mein Widerwillen geht so weit, daß ich nicht mehr sicher sagen kann: bilde ich mir die Fussel und Verschleißerscheinungen ein, oder ist der gesamte Kofferinhalt inzwischen ein Fall für die Diakonie?
Ich träume auch vom Winter, von Kälte, von trockener Luft. Von Schals und Mützen, dem Kratzen am Hals wenn man sich den ersten Wollschal des Jahres umlegt, und dem molligen Gefühl, sich auf dem Sofa in Decken einzuwickeln. Von Eisblumen am Fenster und raschelndem Herbstlaub. Kastanientierchen. Grünkohl. Hier ist sowas wie Winter – jedenfalls die kühle und trockene Jahreszeit, trotzdem feuchter und wärmer, als mir lieb ist.
Zu anderen Zeit denke ich ganz unvermittelt an bestimmte Bücher, die ich jetzt gerne in Händen hielte. Um etwas nachzulesen. Oder eines meiner Lieblingsbücher zum zehnten Mal zu lesen. An denselben Stellen wie immer zu lachen. Ich weiß, hier handelt es sich um einen klassischen Fall des „auf der anderen Seite vom Zaun ist das Gras immer grüner“-Syndroms – hätte ich das Buch jetzt und hier verfügbar, würde ich es vermutlich gar nicht mehr lesen wollen. Trotzdem. Das ist es ja gerade.
Gestern stand ich mit einer Zigarette auf dem Dach, nachmittags, in der Hand einen Becher viel zu starken Filterkaffee mit Milchpulver und schaute dem Fluß zu. Kleine Grasinseln trieben Richtung Atlantik, während sich der Strom grau-braun dahinwälzte, in der diesigen Ferne sieht man schemenhaft die Hochhäuser von Brazzaville. Jetzt einfach aus der Tür unten gehen, die Straße hinunter, ins Café. Eine Freundin treffen. Plaudern. Milchkaffee trinken. Ein bißchen überlegen: Waffel, oder lieber nicht? Sich dann doch hinreißen lassen, eine Waffel mit Kirschen und Sahne genießen. Das wäre fein. Leider so völlig ausgeschlossen.

Ich träume auch vom Winter, von Kälte, von trockener Luft. Von Schals und Mützen, dem Kratzen am Hals wenn man sich den ersten Wollschal des Jahres umlegt, und dem molligen Gefühl, sich auf dem Sofa in Decken einzuwickeln. Von Eisblumen am Fenster und raschelndem Herbstlaub. Kastanientierchen. Grünkohl. Hier ist sowas wie Winter – jedenfalls die kühle und trockene Jahreszeit, trotzdem feuchter und wärmer, als mir lieb ist.
Zu anderen Zeit denke ich ganz unvermittelt an bestimmte Bücher, die ich jetzt gerne in Händen hielte. Um etwas nachzulesen. Oder eines meiner Lieblingsbücher zum zehnten Mal zu lesen. An denselben Stellen wie immer zu lachen. Ich weiß, hier handelt es sich um einen klassischen Fall des „auf der anderen Seite vom Zaun ist das Gras immer grüner“-Syndroms – hätte ich das Buch jetzt und hier verfügbar, würde ich es vermutlich gar nicht mehr lesen wollen. Trotzdem. Das ist es ja gerade.
Gestern stand ich mit einer Zigarette auf dem Dach, nachmittags, in der Hand einen Becher viel zu starken Filterkaffee mit Milchpulver und schaute dem Fluß zu. Kleine Grasinseln trieben Richtung Atlantik, während sich der Strom grau-braun dahinwälzte, in der diesigen Ferne sieht man schemenhaft die Hochhäuser von Brazzaville. Jetzt einfach aus der Tür unten gehen, die Straße hinunter, ins Café. Eine Freundin treffen. Plaudern. Milchkaffee trinken. Ein bißchen überlegen: Waffel, oder lieber nicht? Sich dann doch hinreißen lassen, eine Waffel mit Kirschen und Sahne genießen. Das wäre fein. Leider so völlig ausgeschlossen.

Permalink (4 Kommentare) Kommentieren
Expat Alltag: Haussuche
Letzte Woche war ich mit einem Kollegen house hunting. Er wird im September anfangen, hier zu arbeiten, und war zehn Tage zur Vorbereitung hier: Einweisung in die Arbeit, Wohnungssuche und Orientierung. Praktischerweise hatte er für die gesamte Woche ein Auto mit Fahrer. Dieser wartet brav den ganzen Tag, egal wo es hingeht. Zwischendurch, wenn wir im Büro sind, geht er vielleicht mal um die Ecke ein Sandwich essen oder plaudert mit den Wachen, ist aber stets über Handy erreichbar und hält sich tatsächlich den ganzen Tag zur Verfügung. Im Zweifel findet man ihn dösend mit dem Kopf auf dem Lenkrad. Wenn es abends spät wird – also nach neunzehn Uhr oder so – bekommt der Fahrer zehn Dollar Trinkgeld, was in etwa seinem täglichen Einkommen entsprechen dürfte. Wenn dumme Europäer das noch nicht wissen oder vergessen, erklärt er in klagendem Ton, daß er den ganzen Tag noch nichts gegessen habe und jetzt sehr müde sei. Diesen Hinweis muß man als dummer Europäer natürlich zu interpretieren wissen – ich habe inzwischen dazugelernt. Und konnte glücklicherweise letzte Woche meinen anfänglichen Lapsus wiedergutmachen, indem ich mit einem Mittel gegen Kopfschmerzen aushalf.
Zurück zur Wohnungssuche. Wohnen in Kinshasa ist teuer. Die Stadt ist riesig, vor allem aber mehr breit als hoch. Mehrstöckige Bauten gibt es vorwiegend im Stadtzentrum – drumherum kann man kilometerweit durch endlose Flächen mit Hütten und Slums fahren. Der Stadtteil, in welchem die meisten Botschaften, Banken, Unternehmen sitzen – Gombe – ist auch jener, wo man als Expatriat wohnen möchte. Freistehende Häuser gibt es wohl, sind allerdings ausgesprochen teuer und für die meisten meiner Kollegen überflüssig – Kinshasa ist kein family posting. Kollegin G. zum Beispiel ist ohnehin unbemannt, Kollege S. wiederum hat seine Familie in den Staaten und plant, seine Wochenenden eher in Brüssel oder Paris zu verbringen – auch wenn mir das eine sehr sonderbare Lebensplanung zu sein scheint. Kollege S. sucht daher eher nach einem Apartment. Eine Option wäre natürlich, den Bungalow von Kollegin G. zu übernehmen, wenn diese demnächst den Dienstort wechselt. Der Bungalow liegt in einer concession, ist also ummauert, mit großem Tor und Stacheldraht, Wachpersonal und eigenem Generator. Innerhalb des Grundstücks befinden sich drei Bungalows – selbstverständlich alle von Expats bewohnt – sowie fast außer Sicht einige Baracken der Wachleute. Außerdem Parkplätze, ein unbenutzter und verkommener Tennisplatz mit Betonboden und ein bißchen Grün vor den Häusern. Vom Hintereingang sieht man den ebenfalls verstacheldrahteten Eingang zu einer der unzähligen UN-Niederlassungen in der Stadt. Der Bungalow hat ein Wohn-Eß-Küchenzimmer, zwei kleine Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad und eine wirklich hübsche Terrasse, alles möbliert, – zum Preis von 3.500 Dollar, wenn ich mich recht erinnere. Häuser sind, wie gesagt, noch deutlich teurer.

Mit Kollege S. hatte ich Gelegenheit, mir weitere mögliche Unterkünfte anzuschauen, interessant, vor allem da meine Kollegen sich redlich bemühen, meinen Lebenslauf in Kinshasa herumzureichen und mir zur Weiterbeschäftigung zu verhelfen - auch wenn ich gar nicht weiß, ob ich das will.
S. hatte zu diesem Zweck Kontakt mit einem Immobilienmakler aufgenommen, der hier eine Provision von einer Monatsmiete bekommt – was aber, wie Sie selber ausrechnen können, mehr ist als die meisten deutschen Makler für eine normale Wohnung jemals erhoffen könnten. Die erste Adresse war ein recht ordentliches Appartement Haus um einen kahlen Innenhof. Alles wirkte sehr neu (außer der Küche), die Möbel scheußlich, die Wohnung zu dunkel. Auch hier ein Wohn-Eßzimmer und zwei Schlafzimmer. Der Vermieter glänzte durch ausgesprochene Dienstbeflissenheit – auch wenn er auf mich etwas fischig wirkte – und versicherte, sämtliche Reparaturen würden immer umgehend vorgenommen, man habe dafür spezielles Personal. Dies eine nützliche Zusagen, in diesem Land mit seinen vielen chinesischen Schrott-Importen, wenn es denn der Wahrheit entsprach. Außerdem Internet in der Wohnung, in der Tat echter Luxus. Kostenpunkt: Schnäppchenpreis von 2.500 Dollar. Günstiger findet man in Kinshasa kaum etwas, das auch nur annähernd europäischen Standards genügt. Selbst in Frankfurt oder München würde man für diese Größe in guter Lage – und Gombe ist unzweifelhaft dieeinzige bevorzugte Wohnlage hier, nicht mehr als 1.500 Euro zahlen für die geschätzten achtzig Quadratmeter.
Unser zweites Ziel war leider ein Fehlschlag, der Vermieter nicht anwesend. Folglich fuhren wir weiter zu einem Gebäude das an einer der vielen Schotterpisten lag, die Straße wirkte auf den ersten Blick belebt aber nicht ganz so bevorzugt wie die vorigen beiden Adressen, das Tor zur Straße war klein und unauffällig, die Anlage selbst jedoch eine angenehme Überraschung. Ein Bungalow und vier Appartements oberhalb von offenen Garagenstellplätzen um einen Innenhof gruppiert, in der Mitte ein kleiner Swimmingpool und eine hübsche, begrünte Terrasse zur allgemeinen Nutzung. Der Eingang zum Bungalow war ebenfalls hübsch begrünt, durch einen wintergarten-ähnlichen Raum betraten wir eine kleine, aber sehr gut ausgestattete Küche. Dahinter ein Wohn-Esszimmer und wie üblich zwei Schlafzimmer, diesmal mit nur einem Bad. Die Wohnung war ähnlich dunkel wie die vorherigen, dafür aber vergleichsweise geschmackvoll eingerichtet. Nicht so, daß ich mir die Möbel selbst ausgesucht hätte, aber doch so, daß ich michunter diesen Umständen nicht schämen würden, mit ihnen identifiziert zu werden. Schwarze Sitzecke aus Leder in Stahlrohren eingefaßt, die Eßzimmermöbel in rot und schwarz, die Betten unauffällig schlicht. Und der Pool natürlich, ein echter Vorteil. Im Vergleich zu der ungleich besseren Ausstattung war der Preis mit 2.800 Dollar immer noch eine deutliche Besserung zum vorigen Appartement.
Danach hatte sich der Makler tatsächlich die Mühe gemacht, auch für mich noch einige Objekte rauszusuchen. Zu dem Zeitpunkt war ich noch auf der Suche und angesichts meines begrenzten Budgets und der kurzen Verweildauer hier auf erhebliche Schwierigkeiten gefaßt. Die erste Adresse führte uns über 100 Meter Schlaglochpiste und nicht einmal zum Erfolg, erneut war der verantwortliche Vermieter nicht da. Das nächste Haus war ein schäbiges, schmutziges Appartement Gebäude, im Hof herumlungernde Menschen, kein Sicherheitspersonal. Zuerst wurden wir zwecks Ablenkung und Unterhaltung in eine riesige Wohnung in der ersten Etage gebeten. Neben etlichen leeren, verkommenen, unsagbar dumpfen Räumen gab es ein feudales Wohnzimmer mit Stuck und eingelassenen Halogenstrahlern unter der Decke, den bislang häßlichsten Möbeln unserer Besichtigungstour, das alles in krassem Kontrast zu den unrenovierten Räumen nebenan. Ikea Blümchenbettwäsche. Nachdem wir schon die Hoffnung aufgegeben hatten, daß dieser Vermieter wenigstens auftauchen würde und wieder auf dem Weg in die Stadt waren, erreichte uns ein Anruf: jetzt doch. Die Wohnung, als wir sie endlich sahen, war ein Albtraum. Die Küche Schrott. Der Wasserhahn verplombt. Das Schlafzimmer entsetzlich dreckig, die Möbel im Wohnzimmer verkommen. Schmutzig, schäbig, trostlos – alles. Natürlich keine Waschmaschine, ich hätte also für sechs Wochen selbst in der Dusche Hand an meine Textilien legen müssen. Für 1.300 Dollar. Optimistin, die ich bin – manchmal – versuchte ich mich damit zu trösten, daß dies immerhin eine Notfalloption sei, ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
Abends erwartete mich dann die letzte Besichtigung des Tages, diesmal in einer Wohngemeinschaft. Schon vor meiner Ankunft hatte die Kollegin mich mit einigen UN Mitarbeitern in Kontakt gebracht (tendenziell offenbar schlechter bezahlt, daher eher wohnungsteilend) und nach langem hin und her und den ganzen Verzögerungen um meinen Vertrag war diese Option immer noch offen. Diesmal ein achtstöckiges Appartement House am Boulevard du 30 Juin, der Hauptverkehrsstraße in Gombe. Von außen nicht sehr hübsch, ein klapprigerLastenAufzug in die siebte Etage, es roch überall durchdringend nach Öl und fast hätte ich mir vorstellen können, mich auf einer Bohrplattform zu befinden, als ich die schmale Stiege zum Dach hochkletterte. Die Wohnung hat drei kleine Schlafzimmer, zwei Bäder, ein hübsch eingerichtetes Wohnzimmer – ich war geradezu glücklich, ein einziges Mal ein Wohnzimmer zu sehen, das ich wirklich wohnlich und geschmackvoll fand – eine Küche mit Waschmaschine – und eine umlaufende Terrasse mit fantastischer Aussicht! Von der Sitzecke auf der Terrasse auf den Fluß bis nach Brazzaville, von den Schlafzimmern aus über die gesamte Stadt bis ins Hinterland. Nur aus Lichtern in der Dunkelheit bestehend, ist sogar Kinshasa nicht ganz reizlos. Die beiden Bewohner, zwei sehr nette Briten, waren sich anfangs nicht ganz schlüssig, ob sie die Beteiligung an der Miete (Gesamtkosten der Wohnung 2.500 Dollar) so notwendig brauchen, daß sie dafür ihre gemütliche Zweisamkeit aufgeben würden. Offenbar waren sie bislang immer meist zu zweit, der Hauptmieter ist seit zwei Jahren hier, der andere wiederum ein Freund und derzeit als Berater/Praktikant für einige NGOs tätig und beteiligt sicher daher – sagen, wir, in geringerem Umfang an der Miete. Dennoch habe ich mit 1.000 USD ein definitives Schnäppchen gefunden. Einen Nachteil hat die Angelegenheit: Kehrseite der fantastischen Aussicht vom Wohnzimmer ist die Aussicht auf die Straße vom Schlafzimmer nächtens, wenn die LKWs unter enormer Lärmentwicklung über die mäßig gut geteerte Hauptstraße holpern. Kollateralinvestment: 8 USD für Ohrstöpsel.
Das ist übrigens ganz grundsätzlich ein Rätsel für mich: es gibt hier wunderbare, ausgesprochen schöne, handgearbeitete Möbel aus afrikanischem Holz von Kunsthandwerkern zu kaufen, schlicht, geschmackvoll, geradezu edel. Und mit 100 Dollar für ein Sideboard, oder 300 bis 400 Dollar für Regale oder Tische auch nicht unmäßig teuer – dies übrigens Preise in einem der besseren Kunsthandwerksläden. Ich verstehe gut, daß man sich in einem Krisenland nicht mit sperrigen Besitztümern einschränken will. Andererseits: drei Jahre in chinesischem Schrott zu leben fände ich noch schlimmer als den eventuellen Verlust im Vergleich zu der Lebensqualität, die einem ein schönes Zuhause bietet. Nun ja, nicht mein Problem, vorerst.
Zurück zur Wohnungssuche. Wohnen in Kinshasa ist teuer. Die Stadt ist riesig, vor allem aber mehr breit als hoch. Mehrstöckige Bauten gibt es vorwiegend im Stadtzentrum – drumherum kann man kilometerweit durch endlose Flächen mit Hütten und Slums fahren. Der Stadtteil, in welchem die meisten Botschaften, Banken, Unternehmen sitzen – Gombe – ist auch jener, wo man als Expatriat wohnen möchte. Freistehende Häuser gibt es wohl, sind allerdings ausgesprochen teuer und für die meisten meiner Kollegen überflüssig – Kinshasa ist kein family posting. Kollegin G. zum Beispiel ist ohnehin unbemannt, Kollege S. wiederum hat seine Familie in den Staaten und plant, seine Wochenenden eher in Brüssel oder Paris zu verbringen – auch wenn mir das eine sehr sonderbare Lebensplanung zu sein scheint. Kollege S. sucht daher eher nach einem Apartment. Eine Option wäre natürlich, den Bungalow von Kollegin G. zu übernehmen, wenn diese demnächst den Dienstort wechselt. Der Bungalow liegt in einer concession, ist also ummauert, mit großem Tor und Stacheldraht, Wachpersonal und eigenem Generator. Innerhalb des Grundstücks befinden sich drei Bungalows – selbstverständlich alle von Expats bewohnt – sowie fast außer Sicht einige Baracken der Wachleute. Außerdem Parkplätze, ein unbenutzter und verkommener Tennisplatz mit Betonboden und ein bißchen Grün vor den Häusern. Vom Hintereingang sieht man den ebenfalls verstacheldrahteten Eingang zu einer der unzähligen UN-Niederlassungen in der Stadt. Der Bungalow hat ein Wohn-Eß-Küchenzimmer, zwei kleine Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad und eine wirklich hübsche Terrasse, alles möbliert, – zum Preis von 3.500 Dollar, wenn ich mich recht erinnere. Häuser sind, wie gesagt, noch deutlich teurer.

Mit Kollege S. hatte ich Gelegenheit, mir weitere mögliche Unterkünfte anzuschauen, interessant, vor allem da meine Kollegen sich redlich bemühen, meinen Lebenslauf in Kinshasa herumzureichen und mir zur Weiterbeschäftigung zu verhelfen - auch wenn ich gar nicht weiß, ob ich das will.
S. hatte zu diesem Zweck Kontakt mit einem Immobilienmakler aufgenommen, der hier eine Provision von einer Monatsmiete bekommt – was aber, wie Sie selber ausrechnen können, mehr ist als die meisten deutschen Makler für eine normale Wohnung jemals erhoffen könnten. Die erste Adresse war ein recht ordentliches Appartement Haus um einen kahlen Innenhof. Alles wirkte sehr neu (außer der Küche), die Möbel scheußlich, die Wohnung zu dunkel. Auch hier ein Wohn-Eßzimmer und zwei Schlafzimmer. Der Vermieter glänzte durch ausgesprochene Dienstbeflissenheit – auch wenn er auf mich etwas fischig wirkte – und versicherte, sämtliche Reparaturen würden immer umgehend vorgenommen, man habe dafür spezielles Personal. Dies eine nützliche Zusagen, in diesem Land mit seinen vielen chinesischen Schrott-Importen, wenn es denn der Wahrheit entsprach. Außerdem Internet in der Wohnung, in der Tat echter Luxus. Kostenpunkt: Schnäppchenpreis von 2.500 Dollar. Günstiger findet man in Kinshasa kaum etwas, das auch nur annähernd europäischen Standards genügt. Selbst in Frankfurt oder München würde man für diese Größe in guter Lage – und Gombe ist unzweifelhaft die
Unser zweites Ziel war leider ein Fehlschlag, der Vermieter nicht anwesend. Folglich fuhren wir weiter zu einem Gebäude das an einer der vielen Schotterpisten lag, die Straße wirkte auf den ersten Blick belebt aber nicht ganz so bevorzugt wie die vorigen beiden Adressen, das Tor zur Straße war klein und unauffällig, die Anlage selbst jedoch eine angenehme Überraschung. Ein Bungalow und vier Appartements oberhalb von offenen Garagenstellplätzen um einen Innenhof gruppiert, in der Mitte ein kleiner Swimmingpool und eine hübsche, begrünte Terrasse zur allgemeinen Nutzung. Der Eingang zum Bungalow war ebenfalls hübsch begrünt, durch einen wintergarten-ähnlichen Raum betraten wir eine kleine, aber sehr gut ausgestattete Küche. Dahinter ein Wohn-Esszimmer und wie üblich zwei Schlafzimmer, diesmal mit nur einem Bad. Die Wohnung war ähnlich dunkel wie die vorherigen, dafür aber vergleichsweise geschmackvoll eingerichtet. Nicht so, daß ich mir die Möbel selbst ausgesucht hätte, aber doch so, daß ich mich
Danach hatte sich der Makler tatsächlich die Mühe gemacht, auch für mich noch einige Objekte rauszusuchen. Zu dem Zeitpunkt war ich noch auf der Suche und angesichts meines begrenzten Budgets und der kurzen Verweildauer hier auf erhebliche Schwierigkeiten gefaßt. Die erste Adresse führte uns über 100 Meter Schlaglochpiste und nicht einmal zum Erfolg, erneut war der verantwortliche Vermieter nicht da. Das nächste Haus war ein schäbiges, schmutziges Appartement Gebäude, im Hof herumlungernde Menschen, kein Sicherheitspersonal. Zuerst wurden wir zwecks Ablenkung und Unterhaltung in eine riesige Wohnung in der ersten Etage gebeten. Neben etlichen leeren, verkommenen, unsagbar dumpfen Räumen gab es ein feudales Wohnzimmer mit Stuck und eingelassenen Halogenstrahlern unter der Decke, den bislang häßlichsten Möbeln unserer Besichtigungstour, das alles in krassem Kontrast zu den unrenovierten Räumen nebenan. Ikea Blümchenbettwäsche. Nachdem wir schon die Hoffnung aufgegeben hatten, daß dieser Vermieter wenigstens auftauchen würde und wieder auf dem Weg in die Stadt waren, erreichte uns ein Anruf: jetzt doch. Die Wohnung, als wir sie endlich sahen, war ein Albtraum. Die Küche Schrott. Der Wasserhahn verplombt. Das Schlafzimmer entsetzlich dreckig, die Möbel im Wohnzimmer verkommen. Schmutzig, schäbig, trostlos – alles. Natürlich keine Waschmaschine, ich hätte also für sechs Wochen selbst in der Dusche Hand an meine Textilien legen müssen. Für 1.300 Dollar. Optimistin, die ich bin – manchmal – versuchte ich mich damit zu trösten, daß dies immerhin eine Notfalloption sei, ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
Abends erwartete mich dann die letzte Besichtigung des Tages, diesmal in einer Wohngemeinschaft. Schon vor meiner Ankunft hatte die Kollegin mich mit einigen UN Mitarbeitern in Kontakt gebracht (tendenziell offenbar schlechter bezahlt, daher eher wohnungsteilend) und nach langem hin und her und den ganzen Verzögerungen um meinen Vertrag war diese Option immer noch offen. Diesmal ein achtstöckiges Appartement House am Boulevard du 30 Juin, der Hauptverkehrsstraße in Gombe. Von außen nicht sehr hübsch, ein klappriger
Das ist übrigens ganz grundsätzlich ein Rätsel für mich: es gibt hier wunderbare, ausgesprochen schöne, handgearbeitete Möbel aus afrikanischem Holz von Kunsthandwerkern zu kaufen, schlicht, geschmackvoll, geradezu edel. Und mit 100 Dollar für ein Sideboard, oder 300 bis 400 Dollar für Regale oder Tische auch nicht unmäßig teuer – dies übrigens Preise in einem der besseren Kunsthandwerksläden. Ich verstehe gut, daß man sich in einem Krisenland nicht mit sperrigen Besitztümern einschränken will. Andererseits: drei Jahre in chinesischem Schrott zu leben fände ich noch schlimmer als den eventuellen Verlust im Vergleich zu der Lebensqualität, die einem ein schönes Zuhause bietet. Nun ja, nicht mein Problem, vorerst.
Permalink (2 Kommentare) Kommentieren
Nebenwirkungen
Eigentlich wollte ich das Wochenende nutzen, um meinen Kollegen, der im September hier anfängt zu arbeiten, bei seinen Erkundigungen in Sachen Haus, Auto, Möbel zu begleiten. Vielleicht auch versuchen, wenigstens ein einziges Mal alleine zu Fuß auf die Straße zu gehen. Nach Postkarten für den Holzkopf in Tunis, Sunny und meine Großtanten im Altenheim suchen – vermutlich ein aussichtsloses Unterfangen, aber ich bemühe mich immer gerne.
Alle meine Pläne wurden jedoch am Freitag Abend durchkreuzt. Beim Abendessen am Hotelpool mit dem Kollegen führte ich die Hitze im Gesicht noch auf das Bier zurück. Beim Zubettgehen fand ich die leichte Frösteligkeit ganz angenehm, die mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft überkam in der schwülen Hitze dessen, was hier als kalten Jahreszeit gilt. Um zwei Uhr nachts mußte ich einsehen, daß es wohl doch eher Fieber und Schüttelfrost waren, zudem rasende Kopfschmerzen, bei jeder Bewegung glaubt ich schier, mein Kopf müsse explodieren. Und sorgte mich den Rest der Nacht rastlos, ob wohl eine Mücke im Herzen Afrikas vor einer Woche mir ein Souvenir mitgegeben haben könne – waren wir dort doch ganze Tage draußen und schliefen in Betten ohne Moskitonetz. Nach Konsultation mit meiner Kollegin am nächsten morgen schien ein Malaria Test angebracht. Obwohl das Centre Medical de Kinshasa gleich um die Ecke ist, war ich heilfroh um ihre Begleitung. Die Salle d’urgences war spartanisch eingerichtet mit Holzbänken und ohne jede Dekoration außer einem Flachbildschirm an der Wand mit Tierfilmen, aber sauber und ordentlich. Vom Emfpang wurden wir an den Herren verwiesen, der rechter Hand an einem Tisch vor dem Eingang zum Labor saß. Dazwischen führte eine Rampe hinunter zu Untersuchungsräumen im Untergeschoß. Der Herr dort schickte uns zu den Ärzten ins erste Obergeschoß. Ausserhalb des Gebäudes führte eine weitere Rampe hoch zu einem weiteren Warteraum. Am ersten Tresen wurde einem eine Wartenummer zugeteilt, wie es sie in deutschen Behörden oft gibt (warum werden hier ausgerechnet die schlechten europäischen Sitten übernommen?). Nach erfreulich kurzer Wartezeit durften wir unser Anliegen am zweiten Tresen vorbringen, eine Quittung wurde ausgestellt und ich durfte fünfzehn Dollar an der Kasse - sozusagen dritter Tresen - in der gegenüberliegenden Ecke bezahlen. Von dort ging es ins dritte Obergeschoß, Gynäkologie (!?). Erneutes Warten, dann wurde ich in einen Raum gewiesen, der jedes Klischee, das einem zu afrikanischen Krankenhäusern vorstellt, erfüllte. Eine klapperige, schäbige Liege an der Wand, ein alter Schreibtisch, auf einem Rollwägelchen immerhin Gummihandschuhe und andere Utensilien – aber doch alles sehr rudimentär und bescheiden. Der Arzt war jung, ein paar Fragen nach den Symptomen, dann verordnete er eine Blutuntersuchung und erklärte, das Ergebnis könne ich Montag erfragen. Nun weiß man über Malaria nicht viel mit Sicherheit, zweierlei aber steht fest: rechtzeitig behandelt stirbt man nicht daran. Verspätet behandelt an der in Zentralafrika verbreiteten Variante hingegen schon. Der ganze Sinn und Zweck des Tests bestand ja darin, möglichst sicher zu wissen, ob Behandlung angezeigt ist oder nicht – ein Testergebnis am Montag wäre also wenig zweckdienlich gewesen. Der Arzt stimmte zu, schickte mich ohne große Umschweife wieder hinunter. Auf dem Weg dorthin erklärte meine Kollegin, ich soll bei der Blutabnahme darauf achten, daß die Nadel steril sei und mich andernfalls weigern. Üblicherweise wird für einen Malariatest nur ein Tropfen aus der Fingerkuppe benötigt, es blieb unklar, warum man mir gleich richtig Blut abnehmen wollte. Bei dem Mann vorm Labor sammelten wir einen neuen Beleg ein, trabten wieder hoch zum Hauptempfang, erhielten eine neue Quittung, ich bezahlte weitere siebzehn Dollar. Wir gingen wieder hinunter und wurden ins Labor geschickt. Ein kleiner, dusterer Raum, mit schmuddeligen Vorhängen unterteilt, hinter dem offenbar gerade noch jemand anderes behandelt wurde. Wir warteten ungemütlich und verlegen vor dem Vorhang, meine Kollegin musterte ebenso interessiert wie ich die in einem Pappkarton lagernden leeren Blutröhrchen wie auch die zur Mikroskopie vorbereiteten Blutproben, zwischen Glasplättchen in einem abgestoßenen Holzrahmen, die auf einem Rollwagen lagen. Mit Filzstift nummeriert. Gruselig. Der Kittel der Schwester war nicht so sauber, wie ich mir gewünscht hätte, zum Abbinden des Arms ein zerfleddertes Band mit Tierchenmuster, das ohne weitere Umstände um meinen Oberarm geknotet (!) wurde. Die Schwester wechselte die Gummihandschuhe (beruhigend), ein Spritzer Alkohol, die Nadel war zwar nicht eingeschweißt – was ich am liebsten gesehen hätte – war aber doch offensichtlich frisch, jedenfalls zog die Schwester eine Plastikkappe ab und entsorgte sie danach in den Müll. Ein Stück Watte aus einem großen Bausch gezupft – ich mußte irrationalerweise an Zuckerwatte auf der Kirmes denken – und dann wurde ich entlassen. Eine Stunde später teilte mir ein namenloser junger Mann undefinierbaren Ranges mit, der Test sei negativ, aber ich solle trotzdem lieber Medikamente nehmen. Angesichts der Tatsache, daß ich ohnehin schon Prophylaxe betreibe sei es durchaus möglich, daß der Test fälschlich negativ sei und aufgrund der offensichtlich passenden Symptome... . Mit dem Rezept in der Hand fuhren wir als nächstes in die Apotheke. Vor uns ein dicker, sonderbarer Amerikaner ohne jede Französischkenntnisse, der verzweifelt versuchte, Desinfektionsmittel zu verlangen. Ich nehme an, er suchte das rote Iod-Zeugs – aber irgendwie konnte er sich nicht recht verständlich machen und wurde am Ende an eine andere Apotheke verwiesen. Ich war zu geplättet, um mich einzumischen. Die Paracetam*l, die man mir ungefragt andrehen wollte, gab ich zurück, für mein Malariamedikament bezahlte ich zwölf Dollar und für eine kleine Flasche neues Mückenspray weitere fünfundzwanzig. Fand ich daheim schon zehn Euro zu teuer? Nicht mehr. Den Rest des Wochenendes habe ich mehr oder im minder im Bett verbracht, war über Nacht dankbar für die Fürsorglichkeit meiner Kollegin, die mir ihren Schlafsack als Decke fürs Bett herausgelegt hatte – und das in tropischem Klima.
Inzwischen geht es wieder, immer noch Kopfschmerzen und Schweißausbrüche, aber ich werde Ihnen wohl als Berichterstatterin erhalten bleiben.
Ich hätte ja zu gerne gewußt, ob das jetzt Malaria war oder nicht. Dagegen spricht, daß es schon außergewöhnliches Pech wäre, innerhalb von zwei Wochen im Kongo bei vernünftiger Prophylaxe Bekanntschaft mit einem resistenten Strang zu machen. Dafür spricht, daß ich mein Lebtang lang noch nicht solche rasenden Kopfschmerzen hatte, ganz sicher jedenfalls mit keiner normalen Grippe, und der zeitliche Rahmen perfekt zu meiner Dienstreise letzte Woche paßt. Der Test, wie gesagt, hat de facto keine Aussagekraft, in Afrika sind falsch-positive Tests ungefähr genauso häufig wie falsch-negative, zumal wenn man schon präventiv Medikamente nimmt. Andererseits, so berichtete meine Kollegin, sei es in Europa schon schwierig, von Ärzten überhaupt die Anweisung zum Malariatest und deren schnelle Bearbeitung zu erhalten, weil man dort weniger vertraut damit ist. Unsinnig, aber offenbar Realität. Auf etwas andere Art als erwartet war das also durchaus ein sehr aufregendes und lehrreiches Wochenende, auch wenn ich eigentlich andere Pläne hatte.
Alle meine Pläne wurden jedoch am Freitag Abend durchkreuzt. Beim Abendessen am Hotelpool mit dem Kollegen führte ich die Hitze im Gesicht noch auf das Bier zurück. Beim Zubettgehen fand ich die leichte Frösteligkeit ganz angenehm, die mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft überkam in der schwülen Hitze dessen, was hier als kalten Jahreszeit gilt. Um zwei Uhr nachts mußte ich einsehen, daß es wohl doch eher Fieber und Schüttelfrost waren, zudem rasende Kopfschmerzen, bei jeder Bewegung glaubt ich schier, mein Kopf müsse explodieren. Und sorgte mich den Rest der Nacht rastlos, ob wohl eine Mücke im Herzen Afrikas vor einer Woche mir ein Souvenir mitgegeben haben könne – waren wir dort doch ganze Tage draußen und schliefen in Betten ohne Moskitonetz. Nach Konsultation mit meiner Kollegin am nächsten morgen schien ein Malaria Test angebracht. Obwohl das Centre Medical de Kinshasa gleich um die Ecke ist, war ich heilfroh um ihre Begleitung. Die Salle d’urgences war spartanisch eingerichtet mit Holzbänken und ohne jede Dekoration außer einem Flachbildschirm an der Wand mit Tierfilmen, aber sauber und ordentlich. Vom Emfpang wurden wir an den Herren verwiesen, der rechter Hand an einem Tisch vor dem Eingang zum Labor saß. Dazwischen führte eine Rampe hinunter zu Untersuchungsräumen im Untergeschoß. Der Herr dort schickte uns zu den Ärzten ins erste Obergeschoß. Ausserhalb des Gebäudes führte eine weitere Rampe hoch zu einem weiteren Warteraum. Am ersten Tresen wurde einem eine Wartenummer zugeteilt, wie es sie in deutschen Behörden oft gibt (warum werden hier ausgerechnet die schlechten europäischen Sitten übernommen?). Nach erfreulich kurzer Wartezeit durften wir unser Anliegen am zweiten Tresen vorbringen, eine Quittung wurde ausgestellt und ich durfte fünfzehn Dollar an der Kasse - sozusagen dritter Tresen - in der gegenüberliegenden Ecke bezahlen. Von dort ging es ins dritte Obergeschoß, Gynäkologie (!?). Erneutes Warten, dann wurde ich in einen Raum gewiesen, der jedes Klischee, das einem zu afrikanischen Krankenhäusern vorstellt, erfüllte. Eine klapperige, schäbige Liege an der Wand, ein alter Schreibtisch, auf einem Rollwägelchen immerhin Gummihandschuhe und andere Utensilien – aber doch alles sehr rudimentär und bescheiden. Der Arzt war jung, ein paar Fragen nach den Symptomen, dann verordnete er eine Blutuntersuchung und erklärte, das Ergebnis könne ich Montag erfragen. Nun weiß man über Malaria nicht viel mit Sicherheit, zweierlei aber steht fest: rechtzeitig behandelt stirbt man nicht daran. Verspätet behandelt an der in Zentralafrika verbreiteten Variante hingegen schon. Der ganze Sinn und Zweck des Tests bestand ja darin, möglichst sicher zu wissen, ob Behandlung angezeigt ist oder nicht – ein Testergebnis am Montag wäre also wenig zweckdienlich gewesen. Der Arzt stimmte zu, schickte mich ohne große Umschweife wieder hinunter. Auf dem Weg dorthin erklärte meine Kollegin, ich soll bei der Blutabnahme darauf achten, daß die Nadel steril sei und mich andernfalls weigern. Üblicherweise wird für einen Malariatest nur ein Tropfen aus der Fingerkuppe benötigt, es blieb unklar, warum man mir gleich richtig Blut abnehmen wollte. Bei dem Mann vorm Labor sammelten wir einen neuen Beleg ein, trabten wieder hoch zum Hauptempfang, erhielten eine neue Quittung, ich bezahlte weitere siebzehn Dollar. Wir gingen wieder hinunter und wurden ins Labor geschickt. Ein kleiner, dusterer Raum, mit schmuddeligen Vorhängen unterteilt, hinter dem offenbar gerade noch jemand anderes behandelt wurde. Wir warteten ungemütlich und verlegen vor dem Vorhang, meine Kollegin musterte ebenso interessiert wie ich die in einem Pappkarton lagernden leeren Blutröhrchen wie auch die zur Mikroskopie vorbereiteten Blutproben, zwischen Glasplättchen in einem abgestoßenen Holzrahmen, die auf einem Rollwagen lagen. Mit Filzstift nummeriert. Gruselig. Der Kittel der Schwester war nicht so sauber, wie ich mir gewünscht hätte, zum Abbinden des Arms ein zerfleddertes Band mit Tierchenmuster, das ohne weitere Umstände um meinen Oberarm geknotet (!) wurde. Die Schwester wechselte die Gummihandschuhe (beruhigend), ein Spritzer Alkohol, die Nadel war zwar nicht eingeschweißt – was ich am liebsten gesehen hätte – war aber doch offensichtlich frisch, jedenfalls zog die Schwester eine Plastikkappe ab und entsorgte sie danach in den Müll. Ein Stück Watte aus einem großen Bausch gezupft – ich mußte irrationalerweise an Zuckerwatte auf der Kirmes denken – und dann wurde ich entlassen. Eine Stunde später teilte mir ein namenloser junger Mann undefinierbaren Ranges mit, der Test sei negativ, aber ich solle trotzdem lieber Medikamente nehmen. Angesichts der Tatsache, daß ich ohnehin schon Prophylaxe betreibe sei es durchaus möglich, daß der Test fälschlich negativ sei und aufgrund der offensichtlich passenden Symptome... . Mit dem Rezept in der Hand fuhren wir als nächstes in die Apotheke. Vor uns ein dicker, sonderbarer Amerikaner ohne jede Französischkenntnisse, der verzweifelt versuchte, Desinfektionsmittel zu verlangen. Ich nehme an, er suchte das rote Iod-Zeugs – aber irgendwie konnte er sich nicht recht verständlich machen und wurde am Ende an eine andere Apotheke verwiesen. Ich war zu geplättet, um mich einzumischen. Die Paracetam*l, die man mir ungefragt andrehen wollte, gab ich zurück, für mein Malariamedikament bezahlte ich zwölf Dollar und für eine kleine Flasche neues Mückenspray weitere fünfundzwanzig. Fand ich daheim schon zehn Euro zu teuer? Nicht mehr. Den Rest des Wochenendes habe ich mehr oder im minder im Bett verbracht, war über Nacht dankbar für die Fürsorglichkeit meiner Kollegin, die mir ihren Schlafsack als Decke fürs Bett herausgelegt hatte – und das in tropischem Klima.
Inzwischen geht es wieder, immer noch Kopfschmerzen und Schweißausbrüche, aber ich werde Ihnen wohl als Berichterstatterin erhalten bleiben.
Ich hätte ja zu gerne gewußt, ob das jetzt Malaria war oder nicht. Dagegen spricht, daß es schon außergewöhnliches Pech wäre, innerhalb von zwei Wochen im Kongo bei vernünftiger Prophylaxe Bekanntschaft mit einem resistenten Strang zu machen. Dafür spricht, daß ich mein Lebtang lang noch nicht solche rasenden Kopfschmerzen hatte, ganz sicher jedenfalls mit keiner normalen Grippe, und der zeitliche Rahmen perfekt zu meiner Dienstreise letzte Woche paßt. Der Test, wie gesagt, hat de facto keine Aussagekraft, in Afrika sind falsch-positive Tests ungefähr genauso häufig wie falsch-negative, zumal wenn man schon präventiv Medikamente nimmt. Andererseits, so berichtete meine Kollegin, sei es in Europa schon schwierig, von Ärzten überhaupt die Anweisung zum Malariatest und deren schnelle Bearbeitung zu erhalten, weil man dort weniger vertraut damit ist. Unsinnig, aber offenbar Realität. Auf etwas andere Art als erwartet war das also durchaus ein sehr aufregendes und lehrreiches Wochenende, auch wenn ich eigentlich andere Pläne hatte.
Permalink (1 Kommentar) Kommentieren
... ältere Einträge