Fünf Stunden für ein Komma
Ich bin nicht ganz zu Unrecht die familiäre IT-Hotline für alle Computer-Belange: ich spiele gerne mit Technik rum. Wenig Ahnung, aber so weit es geht, helfe ich mir gerne selber.

Nach Linux ist Latec die neueste Entdeckung - fantastische Sache. Sieht man davon ab, daß ich drei Stunden brauchte um zu merken, daß bei der Einbindung von Graphen die Graphik im selben Verzeichnis liegen muß - es sei denn, man gibt den gesamten Pfad an.

Gestern dann: fünf Stunden an Bibtex gebastelt und einfach nicht begriffen, warum trotz korrekter Befehle (in 100 Kombinationen) beim Kompilieren gar keine Referenzliste entsteht. Ich habe Bibtex und Biblatec probiert, habe die Kommandos quer durchs Dokument geschoben, immer wieder F2 und F11 gedrückt. Nichts. Habe das Text-File variiert, umbenannt, alle möglichen packages geladen. Nichts. Um 0.22h dann die Entdeckung: im Text-File ein einziges, dämliches Komma hinter der Kurzreferenz vergessen. Wie konnte ich so dämlich sein, das die ganze Zeit zu übersehen?

Tröstlich ist nur, daß mir das nie wieder passieren wird und ich nebenbei die Option gefunden habe, Bibtex-Referenzen aus Google zu exportieren.

[Continued:
Ich bin zwar bodenlos faul und durchaus in der Lage, den ganzen Tage im Internet zu surfen und mir abends selbst weiszumachen, das habe der Allgemeinbildung gedient und sei produktiv gewesen. Wenn ich jedoch erst mal genug Druck habe (in der Art von: noch fünf Tage bis zur Abgabe von 15 Seiten über ein kniffeliges Thema, bei dem ich niemals die Absicht Chance hatte, die gesamte umfangreiche Literatur zu erkunden), dann kann ich auch richtig produktiv sein. Nachdem ich also gestern endlich die Regeln der Kommasetzung in Bibtex kapiert hatte, waren das Literaturverzeichnis und das Deckblatt ruckzuck fertig, und es blieb noch genug Zeit, ganze 2000 Wörter zu schreiben. Wenn ich so weitermache, werde ich doch noch pünktlich fertig. Da konnte ich es mir durchaus erlauben, abends über die Grenze zu fahren um meine neueste Neuerwerbung abzuholen: schwarze Stiefel von Hugo Boss. Die waren ohnehin schon recht günstig und der Händler hatte sogar einer Steuererstattung zugestimmt. Im flirten mit verhandeln mit Zöllnern konnte ich ja schon beim letzten Mal erste Erfahrungen machen, diesmal wieder keine Rechnung, aber ich hatte einen Mail-Ausdruck der Transaktion dabei.

Vor der Zollstation also Lipgloss aufgetragen, Haare verwuscheln, gut gelaunt lächeln. Zum Schalter, Bauch rein, Brust raus und freundlich meinen Mail-Ausdruck vorzeigen: "Gilt das hier vielleicht auch noch als Rechnung? Der Händler hat es nämlich vergessen... ?" Augenaufschlag. Zöllner guckt. Ich, übereifrig: "Meinen Ausländerausweis habe ich auch dabei!" Zöllner guckt schon milder - "haben sie die Stiefel dabei?". Natürlich hatte ich. Hat funktioniert.

Das nenne ich mal einen wirklich, wirklich produktiven Tag. 2.000 Wörter und 35 Euro Zollerstattung. Mehr kann man nicht erwarten.]

Kommentieren




cgabbert, Freitag, 7. Januar 2011, 11:13
Hallo Frau Damenwahl, da stimme ich zu: LaTeX und BibTeX sind wirklich super. Bei umfangreichen Dokumenten (Kapitelverwaltung, Indizes erstellen etc.) ist es mir noch nie passiert, dass das System einknickt. Auch vom Schriftbild sprechen mich die Dokumente viel mehr an als bei allen anderen Textverarbeitungen. Der Überblick und das schnelle Bearbeiten der Fußnoten ist leider eine Schwachstelle, wie ich finde.

damenwahl, Freitag, 7. Januar 2011, 12:08
Ja, die Schönheit! Und nie wieder fragen, ob man auch wirklich alle Quellen in der Liste hat, oder etwas Artikel in der Liste, die man gar nicht zitiert.

mmmb, Freitag, 7. Januar 2011, 21:39
Waren fehlende oder überflüssige Quellen vorher ein Problem? EndNote, Citavi und ähnliche Programme bieten diese Funktionalität bei direkter Einbindung in Word oder Writer doch seit Jahren. Nur mein Professor, der nutzt weiterhin Karteikästen zur Literaturverwaltung...

damenwahl, Freitag, 7. Januar 2011, 23:00
Die letzte Arbeit dieser Art liegt schon einige Jahre zurück - da hatten Computer noch Lochkarten.

mmmb, Samstag, 8. Januar 2011, 11:37
Lochkarten? Madame, das kann ich nicht glauben. Um Ihre letzte Arbeit mit entsprechendem Literaturumfang wirklich auf einem Computer mit Lochkarten geschrieben zu haben, müssten sie einer Altersklasse angehören, zu der Ihnen - soweit ich das nach dem Inhalt dieses Blogs beurteilen kann - bestimmt 20 Jahre fehlen dürften.

damenwahl, Samstag, 8. Januar 2011, 12:46
Möglicherweise habe ich etwas übertrieben. Aber nur ein bißchen.

mmmb, Samstag, 8. Januar 2011, 21:04
Gut, die "leichte" Übertreibung lassen wir gelten. Ich kann mich an Lochkarten- bzw. -streifen wirklich noch erinnern - nicht als Nutzer, aber daran, dass meine Schwester und ich es im Kindergartenalter wahnsinnig lustig fanden, das "Konfetti" aus dem Auffangbehälter der Lochstreifenstanzmaschine im Büro unseres Onkels zu verteilen.

damenwahl, Samstag, 8. Januar 2011, 23:51
Kann sein, daß meine Erfahrungen mit Lochkarten sogar insgesamt nur aus zweiter Hand stammen. Ähem.

mmmb, Sonntag, 9. Januar 2011, 14:06
:-)

energist, Freitag, 7. Januar 2011, 11:47
Frau Damenwahl, sie bekommen hiermit die platinenfarbene Nerdmedallie am Datenkabel überreicht :)

Aber bitte bitte setzen Sie niemals [!h] hinter figures oder benutzen float, sonst bekommen Sie die sofort wieder aberkannt ;)

damenwahl, Freitag, 7. Januar 2011, 12:13
\** errötet zart vor Freude
Ich habe eine Liste böser Anfängerfehler auf meinem Rechner, sowas wie niemals \sloppy pauschal nutzen. Werde doch meine Medaille nicht riskieren!

energist, Freitag, 7. Januar 2011, 12:41
Ah, die gute Todsünden-Datei :)
Achten Sie darauf, die neuste Version davon zu haben, da ändert sich manchmal etwas, zum Beispiel natdin <-> dinat.

damenwahl, Freitag, 7. Januar 2011, 23:02
Gut zu wissen, vielen Dank. War gestern schon verwirrt. Kann ich Sie zukünftig als meine persönliche Hotline buchen?

damenwahl, Samstag, 8. Januar 2011, 16:51
Wo zum Teufel verstecken Sie eigentlich Ihr virtuelles Wohnzimmer? Sind Sie in den Untergrund gegangen?

terra40, Freitag, 7. Januar 2011, 22:18
Liebe Frau Damenwahl, Sie beschreiben ein mir bekanntes Problem. So habe ich stundenlang vergebens versucht herauszufinden warum eine Firma meine Kreditkarte nicht akzeptierte (ich hatte irgendwo bei der Bezahlung zu unrecht einmal die Leertaste bedient ..)
Wenn mein Sohn mir nicht geholfen hätte, wäre ich heute noch suchend durch die digitale Welt gegangen. Und das schlimmste ist wohl, daß es sich meistens um alberne Fehler oder Irrtümer handelt.
Gruß, T.

damenwahl, Freitag, 7. Januar 2011, 23:04
Mein Vater vorhin am Telefon, als ich von meinen Kommata berichtete: "DAS Problem kenne ich auch, habe heute jemandem im PC gesucht und nicht gewußt, daß man einen Buchstaben groß schreiben muß!"
So ist das mit der Technik.

muerps, Samstag, 8. Januar 2011, 12:56
Man muss übrigens auch bei Grafiken, die im anderen Verzeichnis liegen, nicht den kompletten Pfad eingeben. Bei Unterordnern muss man nur den Ordnernamen vor den Dateinamen schreiben und selbst "parallele" Ordner gehen mit relativer Pfadangabe.

damenwahl, Samstag, 8. Januar 2011, 12:57
Aha... man lernt nie aus. Aber sowas muß man natürlich erst mal wissen. Danke!

muerps, Samstag, 8. Januar 2011, 14:05
Ich hab dafür ein ganz dickes Buch, den Latex-Begleiter. Da ich immer wieder einige Spezialitäten brauche - Formeln, Tabellen über mehrere Seiten... - ist das ne lohnende Invesition. Bringt aber erst was, wenn man schon ein bisschen Grundwissen hat. Es gibt noch das Latex-Handbuch von Leslie Lamport höchstpersönlich, aber zumindest auf Deutsch gibts das nur noch gebraucht (in der englischen Version wird halt naturgemäß nicht auf ein paar deutsche Eigenheiten eingegangen). Das ist auch eher für geringeres Vorwissen geeignet und bietet mehr Grund- als Spezialwissen.

damenwahl, Samstag, 8. Januar 2011, 14:32
Den Latex-Companion habe ich schon auf meiner Wunschliste.

muerps, Samstag, 8. Januar 2011, 22:45
Auch da muss ich nachdrücklich die deutsche Variante empfehlen, der Behandlung der Sprachvarianten wegen.

PS: Kennen Sie schon dinbrief und die Briefklasse von Komascript? Macht sich richtig toll für Briefe. Muss man sich nie wieder sorgen machen, dass was aus dem Brieffenster rausrutscht. Die Beamerklasse ist dagegen etwas mühselig, andererseits ist Powerpoint auch doof. Für die Literatur gibts seit einiger Zeit Biblatex – da hab ich mich noch nicht reingearbeitet, aber es sieht sehr gut aus. Und die Comprehensive Latex Symbol List ist was feines zum Nachschlagen.

damenwahl, Samstag, 8. Januar 2011, 23:54
Ohohoh! Information overload. Ich muß mir die mal in Ruhe in der Bib anschauen, bevor ich entscheiden kann. CTAN kannte ich schon, dank meiner vorgestrigen ausgedehnten Bibtex-Recherchen. In jedem Fall vielen Dank!

muerps, Sonntag, 9. Januar 2011, 23:36
Dadurch, dass da jeder ein Paket schreiben kann und sich die guten Pakete im freien Wettbewerb durchsetzen, ist Latex so umfangreich, dass man ohne mündlich tradiertes Wissen gegenseitigen Austausch gar nicht zu Rande kommt. Von daher: Keine Ursache!

alterbolschewik, Montag, 10. Januar 2011, 23:38
Nur so als Tip am Rande: Statt direkt LaTeX zu verwenden, kann man auch den LyX-Editor einsetzen - dann hat man die Vorteile einer quasi WYSIWYG-Textverarbeitung mit allen Vorteilen von LaTeX. Damit arbeitet selbst meine fast siebzigjährige Mutter, da normale Textverarbeitungen mit den ganzen diakritischen Zeichen nicht zurechtkommen, die sie als Yogalehrerin für Sanskrit-Ausdrücke braucht.

strike, Dienstag, 11. Januar 2011, 00:48
+1 für LyX. Und nicht falschverstehen, LyX ist nicht (nur) ein Tipp für fast siebzigjährige Mütter. Obwohl vom (EDV-)Fach und auch schon so das ein oder andere verlorene Komma erlegt, habe ich meine Diplomarbeit in LyX geschrieben.
Die direkte, gut lesbare Darstellung des Geschriebenen statt Umweg über Texteditor und Preview ist halt ein Hindernis weniger auf dem Weg zwischen Lesen, Denken und Schreiben.
Und das ganz ohne die reine Lehre (WYGIWYM) zu verlassen oder auf das tolle Schriftbild und den Formelsatz zu verzichten.

texas-jim, Dienstag, 11. Januar 2011, 09:18
Ich mag TeXWorks ja sehr.

texas-jim, Dienstag, 11. Januar 2011, 09:26
(Und eine kleine Batchdatei für das Abkürzungs- und Literaturverzeichnis unter Windows habe ich auch geschrieben, falls Sie die haben wollen.)

damenwahl, Mittwoch, 12. Januar 2011, 14:08
Ich habe Lyx auch installiert und probiert, werde damit aber nicht warm. Bei Tex begreife ich langsam das Prinzip dahinter und kann meine eigenen Vorstellungen umsetzen.

Texas-jim, Windows kommt mir nicht mehr auf den Rechner. Trotzdem danke!

conma, Mittwoch, 12. Januar 2011, 13:54
Wenn ich das lese, bin ich froh, dass ich keine umfangreichen Textdokumente mehr erstellen muss.
Bei großen Datenmengen sieht das schon anders aus, aber da gibt es nette Experten, die feine MatLab-Scripts geschrieben haben ...

damenwahl, Mittwoch, 12. Januar 2011, 14:09
MatLab ist das nächste Projekt, oder eher R. Wobei ich Tex schon grandios find - die Einarbeitungskosten sind es 100 Mal wert!