Totale Freiheit
6h09 – der Wecker klingelt, ich bleibe liegen.
6h15 – der mechanische Schepperwecke klingelt, ich bleibe liegen.
6h20 – eigentllich wollte ich schon unter der Dusche sein... ich stehe auf.
6h45 – mit einem Kaffee in der einen Hand und den Klausurunterlagen in der anderen überlege ich, was es mit dem „critical μ“ auf sich hat
7h00 – vielleicht bekomme ich das mithilfe der Unterlagen in der Uni raus? Ich gehe los.
7h35 – es scheint mehr als nur ein „critical μ“ zu geben – noch 45 Minuten Zeit, das Rätsel zu lösen.
7h55 – ich begreife das nicht. Höchste Zeit, die Nash-Gleichgewichte zu jedem μ einfach stumpf auswendig zu lernen.
8h12 – eine Zigarette geht noch, wird mich inspirieren.
8h15 – der Professor freut sich über meine Ankunft.
8h16 – die Aufgaben sind doof. Gut, daß ich das Modell, von dem ich annahm, es käme eh nicht dran, trotzdem gelernt habe. Es ist Frage 1.
9h13 – ich schreibe den letzten Satz.
9h14 – ich habe über dem letzten Satz noch Platz gelassen, kluge Sache das, kann noch einen weiteren Satz hineinquetschen.
9h15 – Krampf in der Hand. Meine guten Vorsätzen, nicht alles aufs Papier zu schmieren, was ich weiß, habe ich vergessen vor lauter Strebsamkeit.
9h20 – jetzt erst mal 'ne Zigarette, zur Belohnung.
9h30 – Mails gecheckt, jetzt sollte ich anfangen, die Literaturübersicht für das morgige Seminar zu schreiben.
9h40 – man soll ja systematisch vorgehen, ich überführe das alles erst mal von MS Word in LaTeX.
9h45 – ich habe vergessen, wie das in LaTeX ging. Nachschlagen.
10h30 – vielleicht war ich bei der Recherche etwas abgelenkt – aber dafür bin ich jetzt voll im Bilde was das Tagesgeschehen betrifft.
10h45 – 40 Aufsätze aus Google-Scholar raussuchen und Bibtex-Einträge kopieren. Das kann dauern.
11h20 – Ende in Sicht. Hunger.
11h21 – großer Hunger. Wann gehen wir essen?
11h25 – hoffentlich kommen die anderen bald.
11h31 – Schritte im Treppenhaus, ich raffe Geld und Schlüssel zusammen und sprinte zur Tür, man könnte mich ja nach mehrwöchiger Abwesenheit vergessen.
11h32 – falsche Kollegentruppe, egal, Hauptsache Essen.
12h05 – Kaffee mit richtiger Kollegentruppe. Man muß ja soziale Kontakte pflegen, unbedingt.
12h20 – jetzt aber, Literature Review schreiben. Im Ernst.
12h22 – einige Einträge sehen komisch aus. Ich muß noch mal schauen wie das mit der Formatierung war. Ohnehin gefällt mir der „plainnat“ style nicht – vielleicht probiere ich mal Harvard Style?
12h35 – ich fange an, ernsthaft über den Inhalt meiner Literature Review nachzudenken.
12h36 – eine Mail! Studentin, hat eine Frage. Wird sofort beantwortet, ich trage schließlich Verantwortung.
12h39 – Literature Review. Auf ein Neues.
13h00 – meine Finger fliegen über die Tasten – außer, wenn ich gerade etwas nachschlagen muss in den Aufsätzen.
14h00 – eine Seite, für den Anfang gar nicht schlecht.
14h15 – wie beschreibt man den eigenen Forschungsbeitrag, wenn man noch gar nicht weiß, was am Ende rauskommt? Schwierig.
14h25 – immer noch keine Eingebung. Schwachsinnig, jetzt Ergebnisse zu beschreiben, die ich gar nicht finden werde. Darauf einen Kaffee, vielleicht hilft das.
15h20 – so mag es angehen, das bleibt jetzt so. Layout aufhübschen, dann abschicken.
15h35 – ... oder auch nicht. Eigentlich, wenn ich so drüber nachdenke... geht das irgendwie am Ziel und Zweck des Seminars vorbei. Wenn, sollte ich so schreiben, wie es auch später im Paper stehen soll. Ob ich das jetzt noch mal neu abfasse?
15h40 – aber das ist so viel Arbeit. Hausegehen will.
16h00 – aber ich sollte das wirklich noch fertig machen. Oder reicht auch morgen früh?
16h03 – ... und in die Stadt muß ich auch noch. Bevor hier alle Läden schließen.
16h05 – eine Zigarette wird mir bei der Entscheidung helfen.
16h06 – ich könnte den Rechner anlassen, in die Stadt gehen, und nachher wiederkommen.
16h07 – ich könnte den Rechner aber auch ausmachen.
16h09 – ... dann kommt ich aber ganz sicher nicht wieder.
16h10 – auf dem Weg in die Stadt. Der Rechner wartet auf mich.
16h45 – ging schneller als erwartet. Noch schnell ein Stück Kuchen mitnehmen, wo ich schon mal unterwegs bin.
17h00 – frisch ans Werk, jetzt wird eine supertolle Literature Review geschrieben.
17h30 – der erste Teil war leicht, aber mein Forschungsbeitrag hat sich in den vergangenen drei Stunden leider nicht weiterentwickelt. Was schreib ich bloß?
18h00 – nix. Ich schreibe nichts und erklär's dem Prof in einer Mail.
18h10 – drei Sätze mit Mühe abgerungen.
18h20 – mal gucken was im Fernsehen kommt. Tatort! Die, die ich gerne gucke (und das ist nur ein Stadt-Serie). Jawoll! Jetzt schnell fertig werden.
18h30 – eine Stunde noch, da kann ich das Layout noch fertig machen.
18h40 – oder das Layout macht mich fertig.
19h00 – endlich fertig. Obwohl: ich sollte vielleicht noch die Arbeiten meines Professors der Literaturliste anfügen – macht sich besser.
19h05 – wo ich schon dabei: auch gleich ausdrucken, und endlich mal lesen. Die Sachen meines Profs.
19h20 – Heimweg.
19h30 – Risotto kochen. Mehr als zwölf Stunden produktiv gewesen (nominal, nicht real). Wenn das kein erfolgreicher Tag war.
6h15 – der mechanische Schepperwecke klingelt, ich bleibe liegen.
6h20 – eigentllich wollte ich schon unter der Dusche sein... ich stehe auf.
6h45 – mit einem Kaffee in der einen Hand und den Klausurunterlagen in der anderen überlege ich, was es mit dem „critical μ“ auf sich hat
7h00 – vielleicht bekomme ich das mithilfe der Unterlagen in der Uni raus? Ich gehe los.
7h35 – es scheint mehr als nur ein „critical μ“ zu geben – noch 45 Minuten Zeit, das Rätsel zu lösen.
7h55 – ich begreife das nicht. Höchste Zeit, die Nash-Gleichgewichte zu jedem μ einfach stumpf auswendig zu lernen.
8h12 – eine Zigarette geht noch, wird mich inspirieren.
8h15 – der Professor freut sich über meine Ankunft.
8h16 – die Aufgaben sind doof. Gut, daß ich das Modell, von dem ich annahm, es käme eh nicht dran, trotzdem gelernt habe. Es ist Frage 1.
9h13 – ich schreibe den letzten Satz.
9h14 – ich habe über dem letzten Satz noch Platz gelassen, kluge Sache das, kann noch einen weiteren Satz hineinquetschen.
9h15 – Krampf in der Hand. Meine guten Vorsätzen, nicht alles aufs Papier zu schmieren, was ich weiß, habe ich vergessen vor lauter Strebsamkeit.
9h20 – jetzt erst mal 'ne Zigarette, zur Belohnung.
9h30 – Mails gecheckt, jetzt sollte ich anfangen, die Literaturübersicht für das morgige Seminar zu schreiben.
9h40 – man soll ja systematisch vorgehen, ich überführe das alles erst mal von MS Word in LaTeX.
9h45 – ich habe vergessen, wie das in LaTeX ging. Nachschlagen.
10h30 – vielleicht war ich bei der Recherche etwas abgelenkt – aber dafür bin ich jetzt voll im Bilde was das Tagesgeschehen betrifft.
10h45 – 40 Aufsätze aus Google-Scholar raussuchen und Bibtex-Einträge kopieren. Das kann dauern.
11h20 – Ende in Sicht. Hunger.
11h21 – großer Hunger. Wann gehen wir essen?
11h25 – hoffentlich kommen die anderen bald.
11h31 – Schritte im Treppenhaus, ich raffe Geld und Schlüssel zusammen und sprinte zur Tür, man könnte mich ja nach mehrwöchiger Abwesenheit vergessen.
11h32 – falsche Kollegentruppe, egal, Hauptsache Essen.
12h05 – Kaffee mit richtiger Kollegentruppe. Man muß ja soziale Kontakte pflegen, unbedingt.
12h20 – jetzt aber, Literature Review schreiben. Im Ernst.
12h22 – einige Einträge sehen komisch aus. Ich muß noch mal schauen wie das mit der Formatierung war. Ohnehin gefällt mir der „plainnat“ style nicht – vielleicht probiere ich mal Harvard Style?
12h35 – ich fange an, ernsthaft über den Inhalt meiner Literature Review nachzudenken.
12h36 – eine Mail! Studentin, hat eine Frage. Wird sofort beantwortet, ich trage schließlich Verantwortung.
12h39 – Literature Review. Auf ein Neues.
13h00 – meine Finger fliegen über die Tasten – außer, wenn ich gerade etwas nachschlagen muss in den Aufsätzen.
14h00 – eine Seite, für den Anfang gar nicht schlecht.
14h15 – wie beschreibt man den eigenen Forschungsbeitrag, wenn man noch gar nicht weiß, was am Ende rauskommt? Schwierig.
14h25 – immer noch keine Eingebung. Schwachsinnig, jetzt Ergebnisse zu beschreiben, die ich gar nicht finden werde. Darauf einen Kaffee, vielleicht hilft das.
15h20 – so mag es angehen, das bleibt jetzt so. Layout aufhübschen, dann abschicken.
15h35 – ... oder auch nicht. Eigentlich, wenn ich so drüber nachdenke... geht das irgendwie am Ziel und Zweck des Seminars vorbei. Wenn, sollte ich so schreiben, wie es auch später im Paper stehen soll. Ob ich das jetzt noch mal neu abfasse?
15h40 – aber das ist so viel Arbeit. Hausegehen will.
16h00 – aber ich sollte das wirklich noch fertig machen. Oder reicht auch morgen früh?
16h03 – ... und in die Stadt muß ich auch noch. Bevor hier alle Läden schließen.
16h05 – eine Zigarette wird mir bei der Entscheidung helfen.
16h06 – ich könnte den Rechner anlassen, in die Stadt gehen, und nachher wiederkommen.
16h07 – ich könnte den Rechner aber auch ausmachen.
16h09 – ... dann kommt ich aber ganz sicher nicht wieder.
16h10 – auf dem Weg in die Stadt. Der Rechner wartet auf mich.
16h45 – ging schneller als erwartet. Noch schnell ein Stück Kuchen mitnehmen, wo ich schon mal unterwegs bin.
17h00 – frisch ans Werk, jetzt wird eine supertolle Literature Review geschrieben.
17h30 – der erste Teil war leicht, aber mein Forschungsbeitrag hat sich in den vergangenen drei Stunden leider nicht weiterentwickelt. Was schreib ich bloß?
18h00 – nix. Ich schreibe nichts und erklär's dem Prof in einer Mail.
18h10 – drei Sätze mit Mühe abgerungen.
18h20 – mal gucken was im Fernsehen kommt. Tatort! Die, die ich gerne gucke (und das ist nur ein Stadt-Serie). Jawoll! Jetzt schnell fertig werden.
18h30 – eine Stunde noch, da kann ich das Layout noch fertig machen.
18h40 – oder das Layout macht mich fertig.
19h00 – endlich fertig. Obwohl: ich sollte vielleicht noch die Arbeiten meines Professors der Literaturliste anfügen – macht sich besser.
19h05 – wo ich schon dabei: auch gleich ausdrucken, und endlich mal lesen. Die Sachen meines Profs.
19h20 – Heimweg.
19h30 – Risotto kochen. Mehr als zwölf Stunden produktiv gewesen (nominal, nicht real). Wenn das kein erfolgreicher Tag war.
energist,
Dienstag, 5. April 2011, 03:50
Ich kenn ja diese Probleme („nur mal eben schnell nach dem googlen…“) nur zu gut. An den meisten Tagen muß man sich dann ein bisschen am Wickel packen und konzentrieren. Und an den Tagen, an denen man das nicht hinbekommt – dafür habe ich mir inzwischen ein kleines Skript für den Firefox programmiert, das die Top-20-Zeitkiller zu den Arbeitszeiten verbietet. Das hilft unglaublich, die Effizienz zu erhöhen.
Das andere wären Pausen, aber da haben Sie als Raucher ja weniger Probleme :)
Das andere wären Pausen, aber da haben Sie als Raucher ja weniger Probleme :)
damenwahl,
Dienstag, 5. April 2011, 12:13
Ich arbeite definitiv unter Druck effizienter... leider. Manchmal wäre ich gerne ein anderer Mensch.
ilnonno,
Dienstag, 5. April 2011, 04:02
Wie jetzt? Zum Schluß einfach so Risotto kochen? Ohne Telefon am Ohr und zwischendurch an den Rechner? Glaub ich nicht.
damenwahl,
Dienstag, 5. April 2011, 12:13
Was sonst? Pünktlich zum Tatort um 20h15. Ich kann auch offline sein. Manchmal.
nnier,
Dienstag, 5. April 2011, 11:31
Das würde ich wohl dauerhaft nicht mehr durchstehen. Ich würde nach einigen Tagen undeutlich vor mich hinzumurmeln beginnen und auf Nachfrage mit überlautem "Hausegehen will!" die letzten Sozialkontakte verprellen - allerdings fehlt mir womöglich bloß ein ordentlicher Schepperwecke, der mir den morgendlichen Tritt verpasst.
damenwahl,
Dienstag, 5. April 2011, 12:14
Meistens geht es ganz gut. Und die hiesigen Sozialkontakte habe allesamt Verständnis für sonderbares Gemurmel.
mmmb,
Donnerstag, 7. April 2011, 20:04
Life of a Ph.D. student - kennen doch alle Promovierenden. Ich vermute, die zugehörigen Cartoons sind bekannt (phdcomics.com)? Zweierbüros können da helfen (gegenseitige Disziplinierung) - oder die Sachlage verschlimmern ("Holen wir uns noch nen Kaffee? Und überhaupt, das Wetter schreit nach einem Eis!").
ilnonno,
Donnerstag, 7. April 2011, 20:54
... anschließend Verlegen des Arbeitsplatzes in den Biergarten. Mit besten Vorsätzen, zunächst ...
damenwahl,
Donnerstag, 7. April 2011, 21:13
Ja, und ja. Büropartner habe ich bereits, das hilft aber nur begrenzt. Der eine ist der andere Raucher im Kollegenkreis, der andere nicht immer da - das läßt reichlich Spielraum.
Und dann noch Skype! Ganz fürchterlich...
Und dann noch Skype! Ganz fürchterlich...
mmmb,
Freitag, 8. April 2011, 05:09
Da hilft nur das gemeinsame Setzen von Seitenzielen, die strikt eingehalten werden müssen - mit vorher vereinbarten Sanktionen! Und Skype: Während der Arbeitszeit grundsätzlich "als offline angezeigt" - das ermöglicht weiterhin die Nutzung im Team, sorgt aber auch recht zuverlässig für Ruhe vor den restlichen Kontakten. Aber Prokrastination ist des Doktoranden liebstes Hobby...
c17h19no3,
Samstag, 9. April 2011, 04:10
wunderbar.
ich sollte auch mal einen tag aufschreiben. schon die ganz normalen sind zum schreien komisch. aber schließlich bin ich "interlektuell", wie mir meine chefin mal in einem mail mit auftrag schrieb. war dann froh, dass nicht auch noch ein überflüssiges "c" in dem wort war.
ich sollte auch mal einen tag aufschreiben. schon die ganz normalen sind zum schreien komisch. aber schließlich bin ich "interlektuell", wie mir meine chefin mal in einem mail mit auftrag schrieb. war dann froh, dass nicht auch noch ein überflüssiges "c" in dem wort war.