Sortir
On va sortir – heißt nicht nur rausgehen, sondern auch ausgehen. Das habe ich nicht von meinem Französisch Lehrer gelernt, mit dem ich nur über Wirtschaft und Politik rede, sondern von Freunden und Kollegen. Die Präsenz der MONUC (United Nations Mission in DRC) garantiert, daß es in Kinshasa nie langweilig wird und reichlich Parties gibt – meist Abschiedsparties. Am Freitag also ein hübsches großes Haus mit überdachter Grillecke und Bar draußen am Swimming Pool in Kitambo, dem Stadtteil der an Gombe grenzt. Ich habe lange mit einer jungen Frau aus Zimbabwe geplaudert, die den Mitarbeitern einer Bank Englisch beibringt, einem Ägypter in Diensten eines Telekomunternehmens, einem Deutschen, der seit fünf Jahren für UNDP im Bereich Demokratisierung arbeitet und einem pakistanischen UN-Offizier. Der Pakistani und M. aus Zimbabwe haben sich über Cricket unterhalten, der Pakistani breitete sämtliche Details der letzten Truppenbewegungen aus, bis mir die Ohren klingelten und um Mitternacht war ich so voll mit neuen Eindrücken, Namen und Alkohol, daß mein Sortir-Bedürfnis für dieses Wochenende eigentlich gedeckt war.
Am Samstag Abend war allerdings Dinner-Party bei meiner Chefin zu Hause und auch wenn man mich dort – kleines Licht, das ich bin – kaum vermißt hätte, habe ich mich von dem schönen Franzosen J. mitschleppen lassen (keine Hintergedanken, bitte, bezüglich meiner Motivation). Nach dem hochnotpeinlichen Zwischenfall mit dem Fahrer am Freitag hatte ich das dringende Bedürfnis, meine sozialen Aktien wieder aufzuwerten, war angemessen aufgerüscht für alle Eventualitäten und die Wartezeit für einen Plausch mit den Wachen vor der Tür genutzt:
Kalt sei Ihnen, sehr kalt, sie benötigten dringend einen Kaffee (Aufforderung, die beiden Herren einzuladen).
– Gar nicht kalt, das hier seien doch sommerliche Temperaturen, entgegnete ich.
– Doch, doch, sehr kalt.... sie seien schließlich Kongolesen, dies sei Winter. Und ich sei Ihnen aufgefallen, schon oft.
– Aha. (Keine große Überraschung, bin ich doch die einzige weiße Frau zu Fuß in weitem Umkreis.)
– Wenn sie könnten, sie würden sich sofort eine Brieffreundin in Europa suchen und diese baldmöglichst besuchen... nach einem Jahr Arbeit in Europa finde man hier nämlich auch schnell Arbeit. Nachdem ich mich für derlei Angebote wenig empfänglich zeigte, streifte das Gespräch die Reichtümer des Kongo, Arbeitslosigkeit, die Regierung und die Gier – interessant, aber ich war zugegebenermaßen froh, als J. endlich kam. Meine Bemühungen zeitigten umgehenden Erfolg: Fein sehe ich aus, Herzen würde ich brechen heute abend, bekundete er. An der nächsten Ecke sammelten wir unseren kongolesischen Freund F. ein, die Herren deponierten Mückenrepellent, Telefone und Schlüssel in meinem beinahe zu kleinen Täschchen und kurz darauf standen wir auf dem grünen Rasen in Chefins Garten: bemüht, dem scheußlichen weißen Flutlicht auszuweichen, den Duft des Barbecue in der Nase, Gläser in Händen. Tonic für Madame, Gin Tonic für Messieurs.* Nach einem durchaus netten Abend hielten wir um elf wieder vorm Hotel, der schöne J. zog sich zurück – Bisous für Madame, und nur für Madame, weiterer Erfolgsausweis meiner Bemühungen um Wohlverhalten – aber für F. und Kollege B. war der Abend noch nicht beendet. Für mich ebensowenig.
Zur Erläuterung: B. ist Franzose, geschieden trotz Kindern, seit fünf Jahren regelmäßig für längere Dienstreisen in Zentralafrika, und ausgewiesener Kenner der hiesigen Partyszene. F. ist Kongolese, hat mit seiner Freundin eine kleine Tochter, in Belgien studiert und ist ohne Frage ein gutaussehender Mann. Recht groß, wohlgenährt, doch noch nicht massig, immer geschmackvoll gekleidet und über vollendete Manieren verfügend. An liierten Männern habe ich keinerlei Interesse, mögen sie noch so attraktiv und höflich sein, aber ich kann mich dennoch ganz harmlos an der Eleganz erfreuen, mit der er den Damen seiner Begleitung stets den Vortritt läßt, wie auch der Fürsorglichkeit, mit der er sie vor Gefahren bewahrt. Seine Höflichkeiten erstrecken sich gleichmäßig auf alle anwesenden Damen, seine ausnehmend schöne Frau, meine Kollegin G. und wer immer sonst noch dabei ist. An diesem Abend waren wir allerdings nur zu dritt und ziemlich schnell de facto nur noch zu zweit, weil Kollege B. sich umgehend nach der Ankunft im 'Black and White' auf die Suche nach der femme da sa vie machte, nur noch sporadisch auftauchte oder uns über die Schultern irgendwelcher Damen hinweg zuwinkte. Das 'Black und White' muß den Vergleich mit europäischen Clubs nicht scheuen, schick-modernes Interieur, gepflegte Menschen in erstaunlicher Vielfalt – allenfalls die Musik tendiert mehr zu Mainstream und klassischen Partyhits als ein Londoner oder Frankfurter Club der Coolness zuträglich fände. Die Klientel ist so bunt wie die Vereinten Nationen, die amerikanischen und südasiatischen Militärs erkennt man sofort, die europäisch-amerikanischen UN-Administrationsmädels ebenfalls, außerdem viel kongolesische Oberschicht und einige bunt gemischte Angestellte der großen westlichen Unternehmen. Inklusive der morbiden, ältlichen weißen Herren mit Anbandelungsbedürfnis gegenüber aufgeschärften kongolesischen Damen, versteht sich.
In meinen wilden Jahren habe ich auf reichlich vielen Parties reichlich viel Alkohol ohne Spaß gehabt, mit zunehmendem Alter jedoch bin ich am konversationslosen Rumstehen und Zappeln in Clubs nicht mehr interessiert und vermeide wenigstens den unmäßigen Alkoholgenuß und anschließenden Kater am nächsten Morgen. Am Samstag hingegen hatte ich sehr viel Spaß – ganz ohne Alkohol. Während F. in schneller Folge etliche Whiskey-Cola leerte, nippte ich an meinem Tonic und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Über die frappierenden Gegensätze, die mich nach wie vor konfus machen, den außerhalb des Büros gänzlich verwandelten Kollegen B. auf Damenjagd, die Menschen um mich herum. Schon auf der Dinnerparty hatte F. mich zum Tanzen aufgefordert, wobei mir etwas unbehaglich war, weil auf der sich auflösenden Party sonst niemand tanzte, aber auf der überfüllten Tanzfläche des Clubs sah die Sache ganz anders aus. Ich kann dem einsamen Zappeln auf dem Parkett der modernen Gesellschaft wenig abgewinnen, in den Armen eines versierten Tänzers hingegen schmelze ich dahin und bin umgehend bereit, sämtlichen anderen Wunscheigenschaften bei Männern (Intelligenz, Humor, Bildung und dergleichen) über Bord zu werfen. Wenn Männer gut tanzen, ist mir alles andere egal.** Nun gibt es einige Herren in meinem Bekanntenkreis, die sehr ordentliche Tänzer sind, solange sie eine Dame halten, alleine auf der Tanzfläche jedoch eine eher lächerliche Figur abgeben, was der Clubtauglichkeit sehr abträglich ist. Noch weniger Herren der tanzenden Minderheit nehmen die leicht antiquierte Courtoisie der Tanzfläche mit ins reale Leben. F. hingegen – tut all das, mit selbstverständlicher Unaufdringlichkeit. Beim Drängeln über die Tanzfläche oder zur Bar führte er mich immer an der Hand. In Gegenwart schubsender Partygänger zog er mich fürsorglich beiseite. Außerdem: ein fantastischer Tänzer, alleine wie zu zweit. Nun ist die Tanzfläche eines Clubs nicht der Ort für Wiener Walzer sondern eher für loses, mal-zusammen-mal-allein, mal-enger-mal-mit-Abstand tanzen und allenfalls gelegentliche Drehungen. Aber oh!.... das konnte er hervorragend. Führen. So richtig. Wie es sich gehört. Vor Drehungen und Richtungswechseln zupacken, die Partnerin heranziehen, den Schwerpunkt verlagern. Die Schritte umeinander herum koordinieren, so ausgreifend wie nötig, um einmal herumzukommen. Den begrenzten Platz optimal ausnutzen. Ich schwöre: der Mann ist ganz sicher ein fantastischer Partner, auch beim Walzer. Wir haben den größeren Teilder Nacht des Abends getanzt, gelegentlich gemeinschaftlich laut gelacht, wenn Kollege B. auf der anderen Seite der Tanzfläche die nächste Attacke ritt und uns blendend amüsiert. Wie schon gesagt, habe ich keinerlei Ambitionen bei liierten Männern, dennoch war es sicherlich weise von mir, den ganzen Abend beim Tonic Water ohne Gin zu bleiben. Auch wenn F. – wovon ich überzeugt bin – zumindest in nüchternem Zustand keinerlei Absichten hegt und ich noch viel weniger, wäre Tanzen ohne erotische Spannung ja eine völlig belanglose Angelegenheit und so war es kein Schaden, daß ich meine Sinne alle noch nüchtern beieinander hatte.
Womit wir mal wieder bei den Skurrilitäten des Lebens wären: ich war in Berlin, Wien und Washington, habe getanzt, gefeiert und geflirtet, aber den perfekten Gesellschafter, den besten Party-Abend – verlebe ich in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo. Ich hatte Spaß. Aber so was von.
* Ja, hier trinken tatsächlich alle dauernd Tonic Water, wie zu Kolonialzeiten.
**Nebenbei bemerkt: ich selbst bin sicherlich keine sensationell gute Tänzerin, tanzen ist eines der sehr wenigen Dinge, die ich rasend gerne mache obwohl ich es nicht gut kann.
Am Samstag Abend war allerdings Dinner-Party bei meiner Chefin zu Hause und auch wenn man mich dort – kleines Licht, das ich bin – kaum vermißt hätte, habe ich mich von dem schönen Franzosen J. mitschleppen lassen (keine Hintergedanken, bitte, bezüglich meiner Motivation). Nach dem hochnotpeinlichen Zwischenfall mit dem Fahrer am Freitag hatte ich das dringende Bedürfnis, meine sozialen Aktien wieder aufzuwerten, war angemessen aufgerüscht für alle Eventualitäten und die Wartezeit für einen Plausch mit den Wachen vor der Tür genutzt:
Kalt sei Ihnen, sehr kalt, sie benötigten dringend einen Kaffee (Aufforderung, die beiden Herren einzuladen).
– Gar nicht kalt, das hier seien doch sommerliche Temperaturen, entgegnete ich.
– Doch, doch, sehr kalt.... sie seien schließlich Kongolesen, dies sei Winter. Und ich sei Ihnen aufgefallen, schon oft.
– Aha. (Keine große Überraschung, bin ich doch die einzige weiße Frau zu Fuß in weitem Umkreis.)
– Wenn sie könnten, sie würden sich sofort eine Brieffreundin in Europa suchen und diese baldmöglichst besuchen... nach einem Jahr Arbeit in Europa finde man hier nämlich auch schnell Arbeit. Nachdem ich mich für derlei Angebote wenig empfänglich zeigte, streifte das Gespräch die Reichtümer des Kongo, Arbeitslosigkeit, die Regierung und die Gier – interessant, aber ich war zugegebenermaßen froh, als J. endlich kam. Meine Bemühungen zeitigten umgehenden Erfolg: Fein sehe ich aus, Herzen würde ich brechen heute abend, bekundete er. An der nächsten Ecke sammelten wir unseren kongolesischen Freund F. ein, die Herren deponierten Mückenrepellent, Telefone und Schlüssel in meinem beinahe zu kleinen Täschchen und kurz darauf standen wir auf dem grünen Rasen in Chefins Garten: bemüht, dem scheußlichen weißen Flutlicht auszuweichen, den Duft des Barbecue in der Nase, Gläser in Händen. Tonic für Madame, Gin Tonic für Messieurs.* Nach einem durchaus netten Abend hielten wir um elf wieder vorm Hotel, der schöne J. zog sich zurück – Bisous für Madame, und nur für Madame, weiterer Erfolgsausweis meiner Bemühungen um Wohlverhalten – aber für F. und Kollege B. war der Abend noch nicht beendet. Für mich ebensowenig.
Zur Erläuterung: B. ist Franzose, geschieden trotz Kindern, seit fünf Jahren regelmäßig für längere Dienstreisen in Zentralafrika, und ausgewiesener Kenner der hiesigen Partyszene. F. ist Kongolese, hat mit seiner Freundin eine kleine Tochter, in Belgien studiert und ist ohne Frage ein gutaussehender Mann. Recht groß, wohlgenährt, doch noch nicht massig, immer geschmackvoll gekleidet und über vollendete Manieren verfügend. An liierten Männern habe ich keinerlei Interesse, mögen sie noch so attraktiv und höflich sein, aber ich kann mich dennoch ganz harmlos an der Eleganz erfreuen, mit der er den Damen seiner Begleitung stets den Vortritt läßt, wie auch der Fürsorglichkeit, mit der er sie vor Gefahren bewahrt. Seine Höflichkeiten erstrecken sich gleichmäßig auf alle anwesenden Damen, seine ausnehmend schöne Frau, meine Kollegin G. und wer immer sonst noch dabei ist. An diesem Abend waren wir allerdings nur zu dritt und ziemlich schnell de facto nur noch zu zweit, weil Kollege B. sich umgehend nach der Ankunft im 'Black and White' auf die Suche nach der femme da sa vie machte, nur noch sporadisch auftauchte oder uns über die Schultern irgendwelcher Damen hinweg zuwinkte. Das 'Black und White' muß den Vergleich mit europäischen Clubs nicht scheuen, schick-modernes Interieur, gepflegte Menschen in erstaunlicher Vielfalt – allenfalls die Musik tendiert mehr zu Mainstream und klassischen Partyhits als ein Londoner oder Frankfurter Club der Coolness zuträglich fände. Die Klientel ist so bunt wie die Vereinten Nationen, die amerikanischen und südasiatischen Militärs erkennt man sofort, die europäisch-amerikanischen UN-Administrationsmädels ebenfalls, außerdem viel kongolesische Oberschicht und einige bunt gemischte Angestellte der großen westlichen Unternehmen. Inklusive der morbiden, ältlichen weißen Herren mit Anbandelungsbedürfnis gegenüber aufgeschärften kongolesischen Damen, versteht sich.
In meinen wilden Jahren habe ich auf reichlich vielen Parties reichlich viel Alkohol ohne Spaß gehabt, mit zunehmendem Alter jedoch bin ich am konversationslosen Rumstehen und Zappeln in Clubs nicht mehr interessiert und vermeide wenigstens den unmäßigen Alkoholgenuß und anschließenden Kater am nächsten Morgen. Am Samstag hingegen hatte ich sehr viel Spaß – ganz ohne Alkohol. Während F. in schneller Folge etliche Whiskey-Cola leerte, nippte ich an meinem Tonic und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Über die frappierenden Gegensätze, die mich nach wie vor konfus machen, den außerhalb des Büros gänzlich verwandelten Kollegen B. auf Damenjagd, die Menschen um mich herum. Schon auf der Dinnerparty hatte F. mich zum Tanzen aufgefordert, wobei mir etwas unbehaglich war, weil auf der sich auflösenden Party sonst niemand tanzte, aber auf der überfüllten Tanzfläche des Clubs sah die Sache ganz anders aus. Ich kann dem einsamen Zappeln auf dem Parkett der modernen Gesellschaft wenig abgewinnen, in den Armen eines versierten Tänzers hingegen schmelze ich dahin und bin umgehend bereit, sämtlichen anderen Wunscheigenschaften bei Männern (Intelligenz, Humor, Bildung und dergleichen) über Bord zu werfen. Wenn Männer gut tanzen, ist mir alles andere egal.** Nun gibt es einige Herren in meinem Bekanntenkreis, die sehr ordentliche Tänzer sind, solange sie eine Dame halten, alleine auf der Tanzfläche jedoch eine eher lächerliche Figur abgeben, was der Clubtauglichkeit sehr abträglich ist. Noch weniger Herren der tanzenden Minderheit nehmen die leicht antiquierte Courtoisie der Tanzfläche mit ins reale Leben. F. hingegen – tut all das, mit selbstverständlicher Unaufdringlichkeit. Beim Drängeln über die Tanzfläche oder zur Bar führte er mich immer an der Hand. In Gegenwart schubsender Partygänger zog er mich fürsorglich beiseite. Außerdem: ein fantastischer Tänzer, alleine wie zu zweit. Nun ist die Tanzfläche eines Clubs nicht der Ort für Wiener Walzer sondern eher für loses, mal-zusammen-mal-allein, mal-enger-mal-mit-Abstand tanzen und allenfalls gelegentliche Drehungen. Aber oh!.... das konnte er hervorragend. Führen. So richtig. Wie es sich gehört. Vor Drehungen und Richtungswechseln zupacken, die Partnerin heranziehen, den Schwerpunkt verlagern. Die Schritte umeinander herum koordinieren, so ausgreifend wie nötig, um einmal herumzukommen. Den begrenzten Platz optimal ausnutzen. Ich schwöre: der Mann ist ganz sicher ein fantastischer Partner, auch beim Walzer. Wir haben den größeren Teil
Womit wir mal wieder bei den Skurrilitäten des Lebens wären: ich war in Berlin, Wien und Washington, habe getanzt, gefeiert und geflirtet, aber den perfekten Gesellschafter, den besten Party-Abend – verlebe ich in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo. Ich hatte Spaß. Aber so was von.
* Ja, hier trinken tatsächlich alle dauernd Tonic Water, wie zu Kolonialzeiten.
**Nebenbei bemerkt: ich selbst bin sicherlich keine sensationell gute Tänzerin, tanzen ist eines der sehr wenigen Dinge, die ich rasend gerne mache obwohl ich es nicht gut kann.
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Peinlich
... nein oberpeinlich. Sie sehen mich gerade leuchtendrot und schamerfüllt vorm Rechner sitzen. Drüber reden hilft mir, damit ich mich weniger geniere, also, bitte: Mittags fahren wir immer in die Bäckerei um die Ecke, ein Sandwich holen. Wenn keiner der Kollegen fährt, leiht mir meistens einer von ihnen seinen Fahrer - so auch heute. Es gibt namentlich zwei Kollegen, die so freundlich sind und ich versuche, gelegentlich zu wechseln, gewissermaßen die Last zu verteilen.
Der Fahrer bringt uns hin, läßt uns raus und parkt dann, möglichst direkt vorm Eingang. So auch heute - dachte ich. Jetzt stellt sich gerade heraus, daß ich offenbar die Fahrer verwechselt habe - die Autos sehen halt leider alle gleich aus. Jener Fahrer, der mich hingebracht hat, steht offenbar seit dreizehn Uhr vor der Bäckerei und wartet geduldig auf mich. Während ich mit irgendwem anders wieder ins Büro gefahren bin. Ich habe aber nicht die leiseste Ahnung mit wem. Warum hat der nix gesagt, der falsche Fahrer, bei dem ich mutmaßlich eingestiegen bin? Da es obendrein auch noch der Fahrer vom schönen J. war und nicht vom seniorenhaften G., wünsche ich mich gerade zehn Klafter unter die Erde. Oder nach Hause. Jedenfalls weit weg von hier.
Der Fahrer bringt uns hin, läßt uns raus und parkt dann, möglichst direkt vorm Eingang. So auch heute - dachte ich. Jetzt stellt sich gerade heraus, daß ich offenbar die Fahrer verwechselt habe - die Autos sehen halt leider alle gleich aus. Jener Fahrer, der mich hingebracht hat, steht offenbar seit dreizehn Uhr vor der Bäckerei und wartet geduldig auf mich. Während ich mit irgendwem anders wieder ins Büro gefahren bin. Ich habe aber nicht die leiseste Ahnung mit wem. Warum hat der nix gesagt, der falsche Fahrer, bei dem ich mutmaßlich eingestiegen bin? Da es obendrein auch noch der Fahrer vom schönen J. war und nicht vom seniorenhaften G., wünsche ich mich gerade zehn Klafter unter die Erde. Oder nach Hause. Jedenfalls weit weg von hier.
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Abenteuer und Tischsitten
Don Alphonso regt sich über den Verlust des Gesellschaftsfingers auf und mich dazu an, von Tischsitten zu berichten. Zu erzählen gäbe es genug: nach amerikanischer Unkultur kämpfe ich jetzt in Afrika gegen mich selbst und ermahne mich zur Toleranz, wenn meine Tischnachbarn mit einer Geräuschkulisse, die man vermutlich noch in Deutschland hören könnte, ihrem Behagen Ausdruck geben. Wenn es aber doch ein kulturell anerkannter Indikator dafür ist, daß das Essen schmeckt, kann ich mich schlecht aufregen, auch wenn es mir gelegentlich den Appetit verschlägt. Ich habe mir im Ausland zunehmend angewöhnt, Absonderlichkeiten und Härten, die mich in zu Hause in Tobsucht oder Depression versetzen würden, mit stoischem Gleichmut zu ertragen und als Abenteuer zu betrachten. Anders geht es nicht.
Meine äthiopische Mitbewohnerin in Tunis hat selbstverständlich Reis mit den Fingern gegessen. Hühnchen kommt hier häufiger am Knochen als filetiert und der Verzehr ist folglich regelmäßig eine eher unappetitlich anzuschauende Angelegenheit. Die aufrechte Haltung mit dem Prinzip: Gabel zum Mund und nicht Mund zum Teller ist fernab europäischer Tische unhaltbar, aber offenbar auch unter europäischen Kollegen nicht mehr sehr populär. Spaghetti sind immer beliebt und überall erhältlich, aber wer macht sich schon noch die Mühe und nimmt sich die Zeit, diese sorgfältig aufzuwickeln, sodaß einem nicht dauernd die Sauce am Kinn hängt? Das ist nämlich ein weitere Nebeneffekt. Die Kolonialzeiten mit ihrer Feudalherrlichkeit sind lange vorbei und so sind es nicht mehr unbedingt höhere Söhne und Töchter, die sich zum Leben in den – aus eurozentristischer Perspektive – entlegeneren Winkeln der Welt berufen fühlen. Jene einzigartige Mischung aus Neugier, hedonistischer Abenteuerlust, naivem Weltverbesserungsbedürfnis und ernsthafter Betroffenheit, die ich in vielen meiner Kollegen schätze, findet man vermutlich eher in Menschen, die nicht seit Generationen auf seidenen Kissen ruhen und teure Privatschulen besucht haben.
Natürlich vermisse ich manchmal die klar geregelten Umgangsformen, die ich im Laufe der Jahre zu schätzen gelernt habe. Ich mag es, wenn mir die Tür aufgehalten wird, ich habe ein Faible für die etwas antiquierten Rituale der Tanzfläche, ich erlebe akute Anfälle von Fremdschämen gepaart mit Widerwillen, wenn meinem Gegenüber die Spaghettisauce erst aufs Kinn und dann auf die Krawatte tropft. Kein noch so spannendes Gesprächsthema könnte mich für den Ekel bei der Aussicht auf den halbverdauten Inhalt des geöffneten Mundes meines Tischnachbarn entschädigen, bei so was vergeht mir der Appetit.
Trotzdem bin ich hier und nehme derlei Nebenwirkungen in Kauf. Auf das Risiko hin, entsetzlich borniert und versnobt zu wirken: nur eine Handvoll der neuen Bekanntschaften im vergangenen Jahr verfügten über solche Umgangsformen, die man vor einigen Jahrzehnten in der besseren Gesellschaft als tadellos bezeichnet hätte – aber die habe ich selbst auch nicht. Dafür habe ich hier im letzten Jahr Menschen von so außerordentlicher Großzügigkeit und Warmherzigkeit kennengelernt wie seit Jahren nicht mehr. Meine Kollegen hier überschütten mich mit Anregungen, wie im Herbst ein Anschlußvertrag zu bekommen sein könnte. Nehmen mich wie selbstverständlich mit zu allen Veranstaltungen und berücksichtigen bei der Aufteilung der Rechnung in den teuren Restaurants unsere unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten. Sie machen sich Gedanken über die Probleme dieses Landes, sind auch nach Jahren immer wieder betroffen von Mißständen, nehmen Anteil als wären sie selbst verantwortlich. Darin finde ich mich selbst wieder und genieße die Gespräche und Diskussionen so sehr, daß es mich für den Mangel an gesellschaftlicher Verfeinerung entschädigt. Das kann ich auch in zehn Jahren noch in Deutschland genießen, ebenso wie silberne Teekannen, ausladende Bücherregale mit all meinen Schätzen – und gediegene Tischsitten.
Meine äthiopische Mitbewohnerin in Tunis hat selbstverständlich Reis mit den Fingern gegessen. Hühnchen kommt hier häufiger am Knochen als filetiert und der Verzehr ist folglich regelmäßig eine eher unappetitlich anzuschauende Angelegenheit. Die aufrechte Haltung mit dem Prinzip: Gabel zum Mund und nicht Mund zum Teller ist fernab europäischer Tische unhaltbar, aber offenbar auch unter europäischen Kollegen nicht mehr sehr populär. Spaghetti sind immer beliebt und überall erhältlich, aber wer macht sich schon noch die Mühe und nimmt sich die Zeit, diese sorgfältig aufzuwickeln, sodaß einem nicht dauernd die Sauce am Kinn hängt? Das ist nämlich ein weitere Nebeneffekt. Die Kolonialzeiten mit ihrer Feudalherrlichkeit sind lange vorbei und so sind es nicht mehr unbedingt höhere Söhne und Töchter, die sich zum Leben in den – aus eurozentristischer Perspektive – entlegeneren Winkeln der Welt berufen fühlen. Jene einzigartige Mischung aus Neugier, hedonistischer Abenteuerlust, naivem Weltverbesserungsbedürfnis und ernsthafter Betroffenheit, die ich in vielen meiner Kollegen schätze, findet man vermutlich eher in Menschen, die nicht seit Generationen auf seidenen Kissen ruhen und teure Privatschulen besucht haben.
Natürlich vermisse ich manchmal die klar geregelten Umgangsformen, die ich im Laufe der Jahre zu schätzen gelernt habe. Ich mag es, wenn mir die Tür aufgehalten wird, ich habe ein Faible für die etwas antiquierten Rituale der Tanzfläche, ich erlebe akute Anfälle von Fremdschämen gepaart mit Widerwillen, wenn meinem Gegenüber die Spaghettisauce erst aufs Kinn und dann auf die Krawatte tropft. Kein noch so spannendes Gesprächsthema könnte mich für den Ekel bei der Aussicht auf den halbverdauten Inhalt des geöffneten Mundes meines Tischnachbarn entschädigen, bei so was vergeht mir der Appetit.
Trotzdem bin ich hier und nehme derlei Nebenwirkungen in Kauf. Auf das Risiko hin, entsetzlich borniert und versnobt zu wirken: nur eine Handvoll der neuen Bekanntschaften im vergangenen Jahr verfügten über solche Umgangsformen, die man vor einigen Jahrzehnten in der besseren Gesellschaft als tadellos bezeichnet hätte – aber die habe ich selbst auch nicht. Dafür habe ich hier im letzten Jahr Menschen von so außerordentlicher Großzügigkeit und Warmherzigkeit kennengelernt wie seit Jahren nicht mehr. Meine Kollegen hier überschütten mich mit Anregungen, wie im Herbst ein Anschlußvertrag zu bekommen sein könnte. Nehmen mich wie selbstverständlich mit zu allen Veranstaltungen und berücksichtigen bei der Aufteilung der Rechnung in den teuren Restaurants unsere unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten. Sie machen sich Gedanken über die Probleme dieses Landes, sind auch nach Jahren immer wieder betroffen von Mißständen, nehmen Anteil als wären sie selbst verantwortlich. Darin finde ich mich selbst wieder und genieße die Gespräche und Diskussionen so sehr, daß es mich für den Mangel an gesellschaftlicher Verfeinerung entschädigt. Das kann ich auch in zehn Jahren noch in Deutschland genießen, ebenso wie silberne Teekannen, ausladende Bücherregale mit all meinen Schätzen – und gediegene Tischsitten.
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Kuriositäten
Man muß sich wundern, wie ein weitgehend dysfunktionaler Staat dazu kommt, mehr Autokennzeichen zu administrieren als die meisten europäischen Länder. Diese Erfahrung habe ich schon in Tunis gemacht, wo ich gleich am ersten Tag vier verschiedenen Kennzeichentypen begegnet bin: zum Beispiel tragen die Privatfahrzeuge der Mitarbeiter der größten internationalen Organisation vor Ort eigene Kennzeichen mit der Kennung P.A.T. – Personnel Administratif et Technique, oder so ähnlich.
Die Vielfalt hier ist jedoch bedeutend größer. Am häufigsten sind blaue Kennzeichen mit gelben Buchstaben, wobei die ersten beiden Buchstaben – genau wie in daheim in Deutschland – die Zugehörigkeit zur Region anzeigen, zum Beispiel KN für Kinshasa, EQ für die Provinz Equateur. Als Geldbeschaffungsmaßnahme für den chronisch klammen Staat gibt es seit einiger Zeit neue Kennzeichen für alle Normalbürger, schwarze Buchstaben auf weißem Grund mit kongolesischer Flagge verziert, die ganz rechts – gewissermaßen von hinten – die Zugehörigkeit zur Region anzeigen, nunmehr 01 für Kinshasa. Die kongolesischen Kennzeichen, die man auf der Straßen sehen kann, sind so unglaublich vielfältig, dass man sich wundern müsste, was Autos aus den entferntesten Winkeln dieses riesigen Landes in der Metropole zu suchen haben, wenn nicht allgemein bekannt wäre, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Plaketten schlicht gefälscht ist. Der Staat hat also gar nicht so viel zu administrieren, wie ich anfangs dachte – andererseits fehlt es an den entsprechenden Einnahmen, was wiederum zur Unfähigkeit der Administration beitragt. Ein kleines, alltägliches Beispiel dafür, wie schwierig es ist, funktionierende Strukturen aufzubauen, wenn sich die Probleme immer wieder gegenseitig verschärfen.
Die Armee hat selbstverständlich eigene Kennzeichen mit FARDC plus Nummer – Forces Armées Republique Democratique du Congo – , ebenso wie manche Regierungsorgane.
UN Fahrzeuge tragen Schilder der Form UN-1980 (im übrigen sind die Autos tatsächlich weiß mit schwarzen Buchstaben auf der Seite), die Kennzeichen sind schwarz weiß. Internationale Organisationen und diplomatische Missionen haben natürlich CD Kennzeichen – hier in gelb-rot – es gibt aber auch noch ein CMD Kennzeichen, das für Chef de Mission Diplomatique steht. Privatfahrzeuge von Ausländern wiederum erhalten Kennzeichen in blau mit weißen Buchstaben der Art 123 I.T. 456. Sinn und Zweck der bunten Mischung ist, die Polizei wissen zu lassen, mit wem sie es zu tun haben, was hier allerdings – so habe ich mir sagen lassen, mangels eigener Anschauung – eher kontraproduktiv ist. Die Polizei hält nämlich bevorzugt Ausländer an – zum Wohle privater Geldbeschaffungsmaßnahmen – und erfindet Vergehen oder administrative Probleme, die sich mit einer kleinen Spenden regeln lassen. Offizielle Anweisung ist, die Fenster niemals mehr als einen Zentimeter hinunterzulassen – so können die Polizisten nicht die Hand hineinstecken und man kann sich notfalls davon machen. Niemals die eigenen Papiere aus der Hand zu geben, sondern selbige nur vorzuzeigen – andernfalls müsste man sicherlich bezahlen, um sie zurückzuerhalten. Inoffizieller Ratschlag der Kollegen ist, Polizisten einfach zu ignorieren und schnellstmöglich nach Hause zu fahren. Bei Militärposten ist jedoch unbedingt anzuhalten, diese setzen nämlich im Zweifel ihre Amtsgewalt mithilfe von Schusswaffen durch.
Ach ja: in Kinshasa herrscht unbedingte Anschallpflicht, zumindest auf den vorderen Sitzplätzen. Bei Nichtbeachten wird man von der Polizei angehalten. Immer. Wer allerdings am Ende die Strafgebühr erhält beziehungsweise behält, ist weniger klar.
Die Vielfalt hier ist jedoch bedeutend größer. Am häufigsten sind blaue Kennzeichen mit gelben Buchstaben, wobei die ersten beiden Buchstaben – genau wie in daheim in Deutschland – die Zugehörigkeit zur Region anzeigen, zum Beispiel KN für Kinshasa, EQ für die Provinz Equateur. Als Geldbeschaffungsmaßnahme für den chronisch klammen Staat gibt es seit einiger Zeit neue Kennzeichen für alle Normalbürger, schwarze Buchstaben auf weißem Grund mit kongolesischer Flagge verziert, die ganz rechts – gewissermaßen von hinten – die Zugehörigkeit zur Region anzeigen, nunmehr 01 für Kinshasa. Die kongolesischen Kennzeichen, die man auf der Straßen sehen kann, sind so unglaublich vielfältig, dass man sich wundern müsste, was Autos aus den entferntesten Winkeln dieses riesigen Landes in der Metropole zu suchen haben, wenn nicht allgemein bekannt wäre, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Plaketten schlicht gefälscht ist. Der Staat hat also gar nicht so viel zu administrieren, wie ich anfangs dachte – andererseits fehlt es an den entsprechenden Einnahmen, was wiederum zur Unfähigkeit der Administration beitragt. Ein kleines, alltägliches Beispiel dafür, wie schwierig es ist, funktionierende Strukturen aufzubauen, wenn sich die Probleme immer wieder gegenseitig verschärfen.
Die Armee hat selbstverständlich eigene Kennzeichen mit FARDC plus Nummer – Forces Armées Republique Democratique du Congo – , ebenso wie manche Regierungsorgane.
UN Fahrzeuge tragen Schilder der Form UN-1980 (im übrigen sind die Autos tatsächlich weiß mit schwarzen Buchstaben auf der Seite), die Kennzeichen sind schwarz weiß. Internationale Organisationen und diplomatische Missionen haben natürlich CD Kennzeichen – hier in gelb-rot – es gibt aber auch noch ein CMD Kennzeichen, das für Chef de Mission Diplomatique steht. Privatfahrzeuge von Ausländern wiederum erhalten Kennzeichen in blau mit weißen Buchstaben der Art 123 I.T. 456. Sinn und Zweck der bunten Mischung ist, die Polizei wissen zu lassen, mit wem sie es zu tun haben, was hier allerdings – so habe ich mir sagen lassen, mangels eigener Anschauung – eher kontraproduktiv ist. Die Polizei hält nämlich bevorzugt Ausländer an – zum Wohle privater Geldbeschaffungsmaßnahmen – und erfindet Vergehen oder administrative Probleme, die sich mit einer kleinen Spenden regeln lassen. Offizielle Anweisung ist, die Fenster niemals mehr als einen Zentimeter hinunterzulassen – so können die Polizisten nicht die Hand hineinstecken und man kann sich notfalls davon machen. Niemals die eigenen Papiere aus der Hand zu geben, sondern selbige nur vorzuzeigen – andernfalls müsste man sicherlich bezahlen, um sie zurückzuerhalten. Inoffizieller Ratschlag der Kollegen ist, Polizisten einfach zu ignorieren und schnellstmöglich nach Hause zu fahren. Bei Militärposten ist jedoch unbedingt anzuhalten, diese setzen nämlich im Zweifel ihre Amtsgewalt mithilfe von Schusswaffen durch.
Ach ja: in Kinshasa herrscht unbedingte Anschallpflicht, zumindest auf den vorderen Sitzplätzen. Bei Nichtbeachten wird man von der Polizei angehalten. Immer. Wer allerdings am Ende die Strafgebühr erhält beziehungsweise behält, ist weniger klar.
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Heimweh
Meine Kollegen sagen „this country really gets to your heart, over time“. G., die schon vor zehn Jahren vorübergehend hier gearbeitet hat, bedauert ihren Abschied aufrichtig. J., seit einiger Zeit regelmäßig auf Dienstreise hier, hat soeben seinen Vertrag für Herbst unterschrieben. V. hat einen kongolesischen Freund und kann sich vorstellen, für immer zu bleiben.
Ich hingegen – merke nichts davon. Dieses Land berührt nicht mein Herz, sondern bislang nur meine Haut und meine Stimmung. Zum ersten Mal im Leben habe ich Neurodermitis, und mag mich selbst nicht mehr leiden. Möglicherweise ist es eine Reaktion auf die Malaria Prophylaxe, das Essen oder das Wasser, aber mir wird mindestens einmal täglich flau und zittrig zu Mute, und es vergeht kein Tag an dem ich nicht denke: Wie gerne wäre ich jetzt daheim, oder irgendwo anders, nur nicht hier.
Ich verabscheue den ewig grauen Himmel, vermisse die Sonne – ein einziges Mal richtiges Licht, das wäre wunderbar. Gerade lag momentelang Sonnenlicht über der Stadt, ich bin gelaufen, meine Kamera zu holen, den Moment festzuhalten – da war er schon vorbei. Es ist angenehm warm, aber zu schwül, in G.s Bungalow hatte ich zuweilen das Gefühl, in der feuchten Luft kaum noch atmen zu können, an Luftfeuchtigkeit zu ertrinken. Dazu der Schmutz in allen Ecken, Handtücher stets leicht klamm, Kleidung braucht ewig zum trocknen und irgendwie kommen mir sämtliche Textilien immer muffig vor – aber vielleicht bilde ich mir das in meinem Widerwillen auch nur ein. Der Muff überträgt sich auf meine Haare, meine Haut, ich nehme ihn mit ins Bett und zur Arbeit, er begleitet mich immer. Pfui.
Ich kann endlos auf den Fluß starren, wie er sich träge dahinwälzt. Das ist ein Satz, den man oft in Büchern liest – jetzt habe ich das Bild dazu im Kopf und oftmals vor Augen. Der Rhein und die Elbe wälzen sich nicht, der Kongo schon.* Diese Formulierung scheint wie gemacht für diesen Fluß. Doch so sehr ich die Aussicht schätze: das Gras auf der kleinen Insel gleich gegenüber kommt mir geradezu giftig grün vor, aggressiv und aufdringlich, so scharf ist der Kontrast zum dreckig-grauen Fluß, verwaschen-grauen Himmel, zur staubig-grauen Stadt.
Nein, ich mag dieses Land nicht. Überhaupt nicht. Ich zähle die Tage bis zu meiner Abreise, stelle mir schon lebhaft den Moment vor, in dem die Räder des Flugzeugs kongolesischen Boden verlassen. Ich werde französische Erdnüsse bekommen und mir eine ausnahmsweise eine Cola light bestellen (sonst trinke ich Wasser auf Flügen, wie ein Kamel in der Wüste), ohne dafür ein Vermögen bezahlen zu müssen, werde die ganzen abgetragenen Kleidungsstücke meinem Taxiste Albert geschenkt haben oder unserem homme de ménage, Jean-Paul, und statt dessen hölzerne Statuetten im Gepäck haben. Memorabilia eines Abenteuers, Erinnerungen für den Rest meines Lebens, um eine einzigartige Erfahrung reicher. Das alles ist gut so, aber dennoch: Ich lebe von Vorfreude, im Moment, jawohl.
*Und das, obwohl der Kongo eine deutlich stärkere Strömung hat und tatsächlich sehr schnell fließt, schneller als die deutschen Bächlein.
Ich hingegen – merke nichts davon. Dieses Land berührt nicht mein Herz, sondern bislang nur meine Haut und meine Stimmung. Zum ersten Mal im Leben habe ich Neurodermitis, und mag mich selbst nicht mehr leiden. Möglicherweise ist es eine Reaktion auf die Malaria Prophylaxe, das Essen oder das Wasser, aber mir wird mindestens einmal täglich flau und zittrig zu Mute, und es vergeht kein Tag an dem ich nicht denke: Wie gerne wäre ich jetzt daheim, oder irgendwo anders, nur nicht hier.
Ich verabscheue den ewig grauen Himmel, vermisse die Sonne – ein einziges Mal richtiges Licht, das wäre wunderbar. Gerade lag momentelang Sonnenlicht über der Stadt, ich bin gelaufen, meine Kamera zu holen, den Moment festzuhalten – da war er schon vorbei. Es ist angenehm warm, aber zu schwül, in G.s Bungalow hatte ich zuweilen das Gefühl, in der feuchten Luft kaum noch atmen zu können, an Luftfeuchtigkeit zu ertrinken. Dazu der Schmutz in allen Ecken, Handtücher stets leicht klamm, Kleidung braucht ewig zum trocknen und irgendwie kommen mir sämtliche Textilien immer muffig vor – aber vielleicht bilde ich mir das in meinem Widerwillen auch nur ein. Der Muff überträgt sich auf meine Haare, meine Haut, ich nehme ihn mit ins Bett und zur Arbeit, er begleitet mich immer. Pfui.
Ich kann endlos auf den Fluß starren, wie er sich träge dahinwälzt. Das ist ein Satz, den man oft in Büchern liest – jetzt habe ich das Bild dazu im Kopf und oftmals vor Augen. Der Rhein und die Elbe wälzen sich nicht, der Kongo schon.* Diese Formulierung scheint wie gemacht für diesen Fluß. Doch so sehr ich die Aussicht schätze: das Gras auf der kleinen Insel gleich gegenüber kommt mir geradezu giftig grün vor, aggressiv und aufdringlich, so scharf ist der Kontrast zum dreckig-grauen Fluß, verwaschen-grauen Himmel, zur staubig-grauen Stadt.
Nein, ich mag dieses Land nicht. Überhaupt nicht. Ich zähle die Tage bis zu meiner Abreise, stelle mir schon lebhaft den Moment vor, in dem die Räder des Flugzeugs kongolesischen Boden verlassen. Ich werde französische Erdnüsse bekommen und mir eine ausnahmsweise eine Cola light bestellen (sonst trinke ich Wasser auf Flügen, wie ein Kamel in der Wüste), ohne dafür ein Vermögen bezahlen zu müssen, werde die ganzen abgetragenen Kleidungsstücke meinem Taxiste Albert geschenkt haben oder unserem homme de ménage, Jean-Paul, und statt dessen hölzerne Statuetten im Gepäck haben. Memorabilia eines Abenteuers, Erinnerungen für den Rest meines Lebens, um eine einzigartige Erfahrung reicher. Das alles ist gut so, aber dennoch: Ich lebe von Vorfreude, im Moment, jawohl.
*Und das, obwohl der Kongo eine deutlich stärkere Strömung hat und tatsächlich sehr schnell fließt, schneller als die deutschen Bächlein.
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Was ich nicht haben kann...
Es sind immer die kleinen Dinge, die ich vermisse, die Alltäglichkeiten. Manchmal springen mich einzelne Bilder geradezu an, völlig unvermittelt, während ich im Taxi sitze und nach Hause fahre: plötzlich sehe ich vor mir, wie ich irgendwann vor einem Kleiderschrank stehe (gleich, was für einem) mit all meinen Sachen drin. Ich habe wieder freie Auswahl, die roten Schuhe oder doch neutrale schwarze? Die weiße Bluse mit den Schluppen – vielleicht ein Schal dazu? Jackett oder Strickjacke? Noch im Bett liegend ärgere ich mich morgens das erste Mal, wenn ich an die erbärmliche, klägliche, begrenzte Auswahl im Kleiderschrank hier denke, die mir durch die Gepäckbegrenzung der Fluggesellschaften aufgezwungen wurde. Jedes Teil schon unzählige Male getragen, zunehmend jede mögliche Kombination probiert. Mein Widerwillen geht so weit, daß ich nicht mehr sicher sagen kann: bilde ich mir die Fussel und Verschleißerscheinungen ein, oder ist der gesamte Kofferinhalt inzwischen ein Fall für die Diakonie?
Ich träume auch vom Winter, von Kälte, von trockener Luft. Von Schals und Mützen, dem Kratzen am Hals wenn man sich den ersten Wollschal des Jahres umlegt, und dem molligen Gefühl, sich auf dem Sofa in Decken einzuwickeln. Von Eisblumen am Fenster und raschelndem Herbstlaub. Kastanientierchen. Grünkohl. Hier ist sowas wie Winter – jedenfalls die kühle und trockene Jahreszeit, trotzdem feuchter und wärmer, als mir lieb ist.
Zu anderen Zeit denke ich ganz unvermittelt an bestimmte Bücher, die ich jetzt gerne in Händen hielte. Um etwas nachzulesen. Oder eines meiner Lieblingsbücher zum zehnten Mal zu lesen. An denselben Stellen wie immer zu lachen. Ich weiß, hier handelt es sich um einen klassischen Fall des „auf der anderen Seite vom Zaun ist das Gras immer grüner“-Syndroms – hätte ich das Buch jetzt und hier verfügbar, würde ich es vermutlich gar nicht mehr lesen wollen. Trotzdem. Das ist es ja gerade.
Gestern stand ich mit einer Zigarette auf dem Dach, nachmittags, in der Hand einen Becher viel zu starken Filterkaffee mit Milchpulver und schaute dem Fluß zu. Kleine Grasinseln trieben Richtung Atlantik, während sich der Strom grau-braun dahinwälzte, in der diesigen Ferne sieht man schemenhaft die Hochhäuser von Brazzaville. Jetzt einfach aus der Tür unten gehen, die Straße hinunter, ins Café. Eine Freundin treffen. Plaudern. Milchkaffee trinken. Ein bißchen überlegen: Waffel, oder lieber nicht? Sich dann doch hinreißen lassen, eine Waffel mit Kirschen und Sahne genießen. Das wäre fein. Leider so völlig ausgeschlossen.
Ich träume auch vom Winter, von Kälte, von trockener Luft. Von Schals und Mützen, dem Kratzen am Hals wenn man sich den ersten Wollschal des Jahres umlegt, und dem molligen Gefühl, sich auf dem Sofa in Decken einzuwickeln. Von Eisblumen am Fenster und raschelndem Herbstlaub. Kastanientierchen. Grünkohl. Hier ist sowas wie Winter – jedenfalls die kühle und trockene Jahreszeit, trotzdem feuchter und wärmer, als mir lieb ist.
Zu anderen Zeit denke ich ganz unvermittelt an bestimmte Bücher, die ich jetzt gerne in Händen hielte. Um etwas nachzulesen. Oder eines meiner Lieblingsbücher zum zehnten Mal zu lesen. An denselben Stellen wie immer zu lachen. Ich weiß, hier handelt es sich um einen klassischen Fall des „auf der anderen Seite vom Zaun ist das Gras immer grüner“-Syndroms – hätte ich das Buch jetzt und hier verfügbar, würde ich es vermutlich gar nicht mehr lesen wollen. Trotzdem. Das ist es ja gerade.
Gestern stand ich mit einer Zigarette auf dem Dach, nachmittags, in der Hand einen Becher viel zu starken Filterkaffee mit Milchpulver und schaute dem Fluß zu. Kleine Grasinseln trieben Richtung Atlantik, während sich der Strom grau-braun dahinwälzte, in der diesigen Ferne sieht man schemenhaft die Hochhäuser von Brazzaville. Jetzt einfach aus der Tür unten gehen, die Straße hinunter, ins Café. Eine Freundin treffen. Plaudern. Milchkaffee trinken. Ein bißchen überlegen: Waffel, oder lieber nicht? Sich dann doch hinreißen lassen, eine Waffel mit Kirschen und Sahne genießen. Das wäre fein. Leider so völlig ausgeschlossen.
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Expat Alltag: Haussuche
Letzte Woche war ich mit einem Kollegen house hunting. Er wird im September anfangen, hier zu arbeiten, und war zehn Tage zur Vorbereitung hier: Einweisung in die Arbeit, Wohnungssuche und Orientierung. Praktischerweise hatte er für die gesamte Woche ein Auto mit Fahrer. Dieser wartet brav den ganzen Tag, egal wo es hingeht. Zwischendurch, wenn wir im Büro sind, geht er vielleicht mal um die Ecke ein Sandwich essen oder plaudert mit den Wachen, ist aber stets über Handy erreichbar und hält sich tatsächlich den ganzen Tag zur Verfügung. Im Zweifel findet man ihn dösend mit dem Kopf auf dem Lenkrad. Wenn es abends spät wird – also nach neunzehn Uhr oder so – bekommt der Fahrer zehn Dollar Trinkgeld, was in etwa seinem täglichen Einkommen entsprechen dürfte. Wenn dumme Europäer das noch nicht wissen oder vergessen, erklärt er in klagendem Ton, daß er den ganzen Tag noch nichts gegessen habe und jetzt sehr müde sei. Diesen Hinweis muß man als dummer Europäer natürlich zu interpretieren wissen – ich habe inzwischen dazugelernt. Und konnte glücklicherweise letzte Woche meinen anfänglichen Lapsus wiedergutmachen, indem ich mit einem Mittel gegen Kopfschmerzen aushalf.
Zurück zur Wohnungssuche. Wohnen in Kinshasa ist teuer. Die Stadt ist riesig, vor allem aber mehr breit als hoch. Mehrstöckige Bauten gibt es vorwiegend im Stadtzentrum – drumherum kann man kilometerweit durch endlose Flächen mit Hütten und Slums fahren. Der Stadtteil, in welchem die meisten Botschaften, Banken, Unternehmen sitzen – Gombe – ist auch jener, wo man als Expatriat wohnen möchte. Freistehende Häuser gibt es wohl, sind allerdings ausgesprochen teuer und für die meisten meiner Kollegen überflüssig – Kinshasa ist kein family posting. Kollegin G. zum Beispiel ist ohnehin unbemannt, Kollege S. wiederum hat seine Familie in den Staaten und plant, seine Wochenenden eher in Brüssel oder Paris zu verbringen – auch wenn mir das eine sehr sonderbare Lebensplanung zu sein scheint. Kollege S. sucht daher eher nach einem Apartment. Eine Option wäre natürlich, den Bungalow von Kollegin G. zu übernehmen, wenn diese demnächst den Dienstort wechselt. Der Bungalow liegt in einer concession, ist also ummauert, mit großem Tor und Stacheldraht, Wachpersonal und eigenem Generator. Innerhalb des Grundstücks befinden sich drei Bungalows – selbstverständlich alle von Expats bewohnt – sowie fast außer Sicht einige Baracken der Wachleute. Außerdem Parkplätze, ein unbenutzter und verkommener Tennisplatz mit Betonboden und ein bißchen Grün vor den Häusern. Vom Hintereingang sieht man den ebenfalls verstacheldrahteten Eingang zu einer der unzähligen UN-Niederlassungen in der Stadt. Der Bungalow hat ein Wohn-Eß-Küchenzimmer, zwei kleine Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad und eine wirklich hübsche Terrasse, alles möbliert, – zum Preis von 3.500 Dollar, wenn ich mich recht erinnere. Häuser sind, wie gesagt, noch deutlich teurer.
Mit Kollege S. hatte ich Gelegenheit, mir weitere mögliche Unterkünfte anzuschauen, interessant, vor allem da meine Kollegen sich redlich bemühen, meinen Lebenslauf in Kinshasa herumzureichen und mir zur Weiterbeschäftigung zu verhelfen - auch wenn ich gar nicht weiß, ob ich das will.
S. hatte zu diesem Zweck Kontakt mit einem Immobilienmakler aufgenommen, der hier eine Provision von einer Monatsmiete bekommt – was aber, wie Sie selber ausrechnen können, mehr ist als die meisten deutschen Makler für eine normale Wohnung jemals erhoffen könnten. Die erste Adresse war ein recht ordentliches Appartement Haus um einen kahlen Innenhof. Alles wirkte sehr neu (außer der Küche), die Möbel scheußlich, die Wohnung zu dunkel. Auch hier ein Wohn-Eßzimmer und zwei Schlafzimmer. Der Vermieter glänzte durch ausgesprochene Dienstbeflissenheit – auch wenn er auf mich etwas fischig wirkte – und versicherte, sämtliche Reparaturen würden immer umgehend vorgenommen, man habe dafür spezielles Personal. Dies eine nützliche Zusagen, in diesem Land mit seinen vielen chinesischen Schrott-Importen, wenn es denn der Wahrheit entsprach. Außerdem Internet in der Wohnung, in der Tat echter Luxus. Kostenpunkt: Schnäppchenpreis von 2.500 Dollar. Günstiger findet man in Kinshasa kaum etwas, das auch nur annähernd europäischen Standards genügt. Selbst in Frankfurt oder München würde man für diese Größe in guter Lage – und Gombe ist unzweifelhaft dieeinzige bevorzugte Wohnlage hier, nicht mehr als 1.500 Euro zahlen für die geschätzten achtzig Quadratmeter.
Unser zweites Ziel war leider ein Fehlschlag, der Vermieter nicht anwesend. Folglich fuhren wir weiter zu einem Gebäude das an einer der vielen Schotterpisten lag, die Straße wirkte auf den ersten Blick belebt aber nicht ganz so bevorzugt wie die vorigen beiden Adressen, das Tor zur Straße war klein und unauffällig, die Anlage selbst jedoch eine angenehme Überraschung. Ein Bungalow und vier Appartements oberhalb von offenen Garagenstellplätzen um einen Innenhof gruppiert, in der Mitte ein kleiner Swimmingpool und eine hübsche, begrünte Terrasse zur allgemeinen Nutzung. Der Eingang zum Bungalow war ebenfalls hübsch begrünt, durch einen wintergarten-ähnlichen Raum betraten wir eine kleine, aber sehr gut ausgestattete Küche. Dahinter ein Wohn-Esszimmer und wie üblich zwei Schlafzimmer, diesmal mit nur einem Bad. Die Wohnung war ähnlich dunkel wie die vorherigen, dafür aber vergleichsweise geschmackvoll eingerichtet. Nicht so, daß ich mir die Möbel selbst ausgesucht hätte, aber doch so, daß ich michunter diesen Umständen nicht schämen würden, mit ihnen identifiziert zu werden. Schwarze Sitzecke aus Leder in Stahlrohren eingefaßt, die Eßzimmermöbel in rot und schwarz, die Betten unauffällig schlicht. Und der Pool natürlich, ein echter Vorteil. Im Vergleich zu der ungleich besseren Ausstattung war der Preis mit 2.800 Dollar immer noch eine deutliche Besserung zum vorigen Appartement.
Danach hatte sich der Makler tatsächlich die Mühe gemacht, auch für mich noch einige Objekte rauszusuchen. Zu dem Zeitpunkt war ich noch auf der Suche und angesichts meines begrenzten Budgets und der kurzen Verweildauer hier auf erhebliche Schwierigkeiten gefaßt. Die erste Adresse führte uns über 100 Meter Schlaglochpiste und nicht einmal zum Erfolg, erneut war der verantwortliche Vermieter nicht da. Das nächste Haus war ein schäbiges, schmutziges Appartement Gebäude, im Hof herumlungernde Menschen, kein Sicherheitspersonal. Zuerst wurden wir zwecks Ablenkung und Unterhaltung in eine riesige Wohnung in der ersten Etage gebeten. Neben etlichen leeren, verkommenen, unsagbar dumpfen Räumen gab es ein feudales Wohnzimmer mit Stuck und eingelassenen Halogenstrahlern unter der Decke, den bislang häßlichsten Möbeln unserer Besichtigungstour, das alles in krassem Kontrast zu den unrenovierten Räumen nebenan. Ikea Blümchenbettwäsche. Nachdem wir schon die Hoffnung aufgegeben hatten, daß dieser Vermieter wenigstens auftauchen würde und wieder auf dem Weg in die Stadt waren, erreichte uns ein Anruf: jetzt doch. Die Wohnung, als wir sie endlich sahen, war ein Albtraum. Die Küche Schrott. Der Wasserhahn verplombt. Das Schlafzimmer entsetzlich dreckig, die Möbel im Wohnzimmer verkommen. Schmutzig, schäbig, trostlos – alles. Natürlich keine Waschmaschine, ich hätte also für sechs Wochen selbst in der Dusche Hand an meine Textilien legen müssen. Für 1.300 Dollar. Optimistin, die ich bin – manchmal – versuchte ich mich damit zu trösten, daß dies immerhin eine Notfalloption sei, ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
Abends erwartete mich dann die letzte Besichtigung des Tages, diesmal in einer Wohngemeinschaft. Schon vor meiner Ankunft hatte die Kollegin mich mit einigen UN Mitarbeitern in Kontakt gebracht (tendenziell offenbar schlechter bezahlt, daher eher wohnungsteilend) und nach langem hin und her und den ganzen Verzögerungen um meinen Vertrag war diese Option immer noch offen. Diesmal ein achtstöckiges Appartement House am Boulevard du 30 Juin, der Hauptverkehrsstraße in Gombe. Von außen nicht sehr hübsch, ein klapprigerLastenAufzug in die siebte Etage, es roch überall durchdringend nach Öl und fast hätte ich mir vorstellen können, mich auf einer Bohrplattform zu befinden, als ich die schmale Stiege zum Dach hochkletterte. Die Wohnung hat drei kleine Schlafzimmer, zwei Bäder, ein hübsch eingerichtetes Wohnzimmer – ich war geradezu glücklich, ein einziges Mal ein Wohnzimmer zu sehen, das ich wirklich wohnlich und geschmackvoll fand – eine Küche mit Waschmaschine – und eine umlaufende Terrasse mit fantastischer Aussicht! Von der Sitzecke auf der Terrasse auf den Fluß bis nach Brazzaville, von den Schlafzimmern aus über die gesamte Stadt bis ins Hinterland. Nur aus Lichtern in der Dunkelheit bestehend, ist sogar Kinshasa nicht ganz reizlos. Die beiden Bewohner, zwei sehr nette Briten, waren sich anfangs nicht ganz schlüssig, ob sie die Beteiligung an der Miete (Gesamtkosten der Wohnung 2.500 Dollar) so notwendig brauchen, daß sie dafür ihre gemütliche Zweisamkeit aufgeben würden. Offenbar waren sie bislang immer meist zu zweit, der Hauptmieter ist seit zwei Jahren hier, der andere wiederum ein Freund und derzeit als Berater/Praktikant für einige NGOs tätig und beteiligt sicher daher – sagen, wir, in geringerem Umfang an der Miete. Dennoch habe ich mit 1.000 USD ein definitives Schnäppchen gefunden. Einen Nachteil hat die Angelegenheit: Kehrseite der fantastischen Aussicht vom Wohnzimmer ist die Aussicht auf die Straße vom Schlafzimmer nächtens, wenn die LKWs unter enormer Lärmentwicklung über die mäßig gut geteerte Hauptstraße holpern. Kollateralinvestment: 8 USD für Ohrstöpsel.
Das ist übrigens ganz grundsätzlich ein Rätsel für mich: es gibt hier wunderbare, ausgesprochen schöne, handgearbeitete Möbel aus afrikanischem Holz von Kunsthandwerkern zu kaufen, schlicht, geschmackvoll, geradezu edel. Und mit 100 Dollar für ein Sideboard, oder 300 bis 400 Dollar für Regale oder Tische auch nicht unmäßig teuer – dies übrigens Preise in einem der besseren Kunsthandwerksläden. Ich verstehe gut, daß man sich in einem Krisenland nicht mit sperrigen Besitztümern einschränken will. Andererseits: drei Jahre in chinesischem Schrott zu leben fände ich noch schlimmer als den eventuellen Verlust im Vergleich zu der Lebensqualität, die einem ein schönes Zuhause bietet. Nun ja, nicht mein Problem, vorerst.
Zurück zur Wohnungssuche. Wohnen in Kinshasa ist teuer. Die Stadt ist riesig, vor allem aber mehr breit als hoch. Mehrstöckige Bauten gibt es vorwiegend im Stadtzentrum – drumherum kann man kilometerweit durch endlose Flächen mit Hütten und Slums fahren. Der Stadtteil, in welchem die meisten Botschaften, Banken, Unternehmen sitzen – Gombe – ist auch jener, wo man als Expatriat wohnen möchte. Freistehende Häuser gibt es wohl, sind allerdings ausgesprochen teuer und für die meisten meiner Kollegen überflüssig – Kinshasa ist kein family posting. Kollegin G. zum Beispiel ist ohnehin unbemannt, Kollege S. wiederum hat seine Familie in den Staaten und plant, seine Wochenenden eher in Brüssel oder Paris zu verbringen – auch wenn mir das eine sehr sonderbare Lebensplanung zu sein scheint. Kollege S. sucht daher eher nach einem Apartment. Eine Option wäre natürlich, den Bungalow von Kollegin G. zu übernehmen, wenn diese demnächst den Dienstort wechselt. Der Bungalow liegt in einer concession, ist also ummauert, mit großem Tor und Stacheldraht, Wachpersonal und eigenem Generator. Innerhalb des Grundstücks befinden sich drei Bungalows – selbstverständlich alle von Expats bewohnt – sowie fast außer Sicht einige Baracken der Wachleute. Außerdem Parkplätze, ein unbenutzter und verkommener Tennisplatz mit Betonboden und ein bißchen Grün vor den Häusern. Vom Hintereingang sieht man den ebenfalls verstacheldrahteten Eingang zu einer der unzähligen UN-Niederlassungen in der Stadt. Der Bungalow hat ein Wohn-Eß-Küchenzimmer, zwei kleine Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad und eine wirklich hübsche Terrasse, alles möbliert, – zum Preis von 3.500 Dollar, wenn ich mich recht erinnere. Häuser sind, wie gesagt, noch deutlich teurer.
Mit Kollege S. hatte ich Gelegenheit, mir weitere mögliche Unterkünfte anzuschauen, interessant, vor allem da meine Kollegen sich redlich bemühen, meinen Lebenslauf in Kinshasa herumzureichen und mir zur Weiterbeschäftigung zu verhelfen - auch wenn ich gar nicht weiß, ob ich das will.
S. hatte zu diesem Zweck Kontakt mit einem Immobilienmakler aufgenommen, der hier eine Provision von einer Monatsmiete bekommt – was aber, wie Sie selber ausrechnen können, mehr ist als die meisten deutschen Makler für eine normale Wohnung jemals erhoffen könnten. Die erste Adresse war ein recht ordentliches Appartement Haus um einen kahlen Innenhof. Alles wirkte sehr neu (außer der Küche), die Möbel scheußlich, die Wohnung zu dunkel. Auch hier ein Wohn-Eßzimmer und zwei Schlafzimmer. Der Vermieter glänzte durch ausgesprochene Dienstbeflissenheit – auch wenn er auf mich etwas fischig wirkte – und versicherte, sämtliche Reparaturen würden immer umgehend vorgenommen, man habe dafür spezielles Personal. Dies eine nützliche Zusagen, in diesem Land mit seinen vielen chinesischen Schrott-Importen, wenn es denn der Wahrheit entsprach. Außerdem Internet in der Wohnung, in der Tat echter Luxus. Kostenpunkt: Schnäppchenpreis von 2.500 Dollar. Günstiger findet man in Kinshasa kaum etwas, das auch nur annähernd europäischen Standards genügt. Selbst in Frankfurt oder München würde man für diese Größe in guter Lage – und Gombe ist unzweifelhaft die
Unser zweites Ziel war leider ein Fehlschlag, der Vermieter nicht anwesend. Folglich fuhren wir weiter zu einem Gebäude das an einer der vielen Schotterpisten lag, die Straße wirkte auf den ersten Blick belebt aber nicht ganz so bevorzugt wie die vorigen beiden Adressen, das Tor zur Straße war klein und unauffällig, die Anlage selbst jedoch eine angenehme Überraschung. Ein Bungalow und vier Appartements oberhalb von offenen Garagenstellplätzen um einen Innenhof gruppiert, in der Mitte ein kleiner Swimmingpool und eine hübsche, begrünte Terrasse zur allgemeinen Nutzung. Der Eingang zum Bungalow war ebenfalls hübsch begrünt, durch einen wintergarten-ähnlichen Raum betraten wir eine kleine, aber sehr gut ausgestattete Küche. Dahinter ein Wohn-Esszimmer und wie üblich zwei Schlafzimmer, diesmal mit nur einem Bad. Die Wohnung war ähnlich dunkel wie die vorherigen, dafür aber vergleichsweise geschmackvoll eingerichtet. Nicht so, daß ich mir die Möbel selbst ausgesucht hätte, aber doch so, daß ich mich
Danach hatte sich der Makler tatsächlich die Mühe gemacht, auch für mich noch einige Objekte rauszusuchen. Zu dem Zeitpunkt war ich noch auf der Suche und angesichts meines begrenzten Budgets und der kurzen Verweildauer hier auf erhebliche Schwierigkeiten gefaßt. Die erste Adresse führte uns über 100 Meter Schlaglochpiste und nicht einmal zum Erfolg, erneut war der verantwortliche Vermieter nicht da. Das nächste Haus war ein schäbiges, schmutziges Appartement Gebäude, im Hof herumlungernde Menschen, kein Sicherheitspersonal. Zuerst wurden wir zwecks Ablenkung und Unterhaltung in eine riesige Wohnung in der ersten Etage gebeten. Neben etlichen leeren, verkommenen, unsagbar dumpfen Räumen gab es ein feudales Wohnzimmer mit Stuck und eingelassenen Halogenstrahlern unter der Decke, den bislang häßlichsten Möbeln unserer Besichtigungstour, das alles in krassem Kontrast zu den unrenovierten Räumen nebenan. Ikea Blümchenbettwäsche. Nachdem wir schon die Hoffnung aufgegeben hatten, daß dieser Vermieter wenigstens auftauchen würde und wieder auf dem Weg in die Stadt waren, erreichte uns ein Anruf: jetzt doch. Die Wohnung, als wir sie endlich sahen, war ein Albtraum. Die Küche Schrott. Der Wasserhahn verplombt. Das Schlafzimmer entsetzlich dreckig, die Möbel im Wohnzimmer verkommen. Schmutzig, schäbig, trostlos – alles. Natürlich keine Waschmaschine, ich hätte also für sechs Wochen selbst in der Dusche Hand an meine Textilien legen müssen. Für 1.300 Dollar. Optimistin, die ich bin – manchmal – versuchte ich mich damit zu trösten, daß dies immerhin eine Notfalloption sei, ein bezahlbares Dach über dem Kopf.
Abends erwartete mich dann die letzte Besichtigung des Tages, diesmal in einer Wohngemeinschaft. Schon vor meiner Ankunft hatte die Kollegin mich mit einigen UN Mitarbeitern in Kontakt gebracht (tendenziell offenbar schlechter bezahlt, daher eher wohnungsteilend) und nach langem hin und her und den ganzen Verzögerungen um meinen Vertrag war diese Option immer noch offen. Diesmal ein achtstöckiges Appartement House am Boulevard du 30 Juin, der Hauptverkehrsstraße in Gombe. Von außen nicht sehr hübsch, ein klappriger
Das ist übrigens ganz grundsätzlich ein Rätsel für mich: es gibt hier wunderbare, ausgesprochen schöne, handgearbeitete Möbel aus afrikanischem Holz von Kunsthandwerkern zu kaufen, schlicht, geschmackvoll, geradezu edel. Und mit 100 Dollar für ein Sideboard, oder 300 bis 400 Dollar für Regale oder Tische auch nicht unmäßig teuer – dies übrigens Preise in einem der besseren Kunsthandwerksläden. Ich verstehe gut, daß man sich in einem Krisenland nicht mit sperrigen Besitztümern einschränken will. Andererseits: drei Jahre in chinesischem Schrott zu leben fände ich noch schlimmer als den eventuellen Verlust im Vergleich zu der Lebensqualität, die einem ein schönes Zuhause bietet. Nun ja, nicht mein Problem, vorerst.
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Nebenwirkungen
Eigentlich wollte ich das Wochenende nutzen, um meinen Kollegen, der im September hier anfängt zu arbeiten, bei seinen Erkundigungen in Sachen Haus, Auto, Möbel zu begleiten. Vielleicht auch versuchen, wenigstens ein einziges Mal alleine zu Fuß auf die Straße zu gehen. Nach Postkarten für den Holzkopf in Tunis, Sunny und meine Großtanten im Altenheim suchen – vermutlich ein aussichtsloses Unterfangen, aber ich bemühe mich immer gerne.
Alle meine Pläne wurden jedoch am Freitag Abend durchkreuzt. Beim Abendessen am Hotelpool mit dem Kollegen führte ich die Hitze im Gesicht noch auf das Bier zurück. Beim Zubettgehen fand ich die leichte Frösteligkeit ganz angenehm, die mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft überkam in der schwülen Hitze dessen, was hier als kalten Jahreszeit gilt. Um zwei Uhr nachts mußte ich einsehen, daß es wohl doch eher Fieber und Schüttelfrost waren, zudem rasende Kopfschmerzen, bei jeder Bewegung glaubt ich schier, mein Kopf müsse explodieren. Und sorgte mich den Rest der Nacht rastlos, ob wohl eine Mücke im Herzen Afrikas vor einer Woche mir ein Souvenir mitgegeben haben könne – waren wir dort doch ganze Tage draußen und schliefen in Betten ohne Moskitonetz. Nach Konsultation mit meiner Kollegin am nächsten morgen schien ein Malaria Test angebracht. Obwohl das Centre Medical de Kinshasa gleich um die Ecke ist, war ich heilfroh um ihre Begleitung. Die Salle d’urgences war spartanisch eingerichtet mit Holzbänken und ohne jede Dekoration außer einem Flachbildschirm an der Wand mit Tierfilmen, aber sauber und ordentlich. Vom Emfpang wurden wir an den Herren verwiesen, der rechter Hand an einem Tisch vor dem Eingang zum Labor saß. Dazwischen führte eine Rampe hinunter zu Untersuchungsräumen im Untergeschoß. Der Herr dort schickte uns zu den Ärzten ins erste Obergeschoß. Ausserhalb des Gebäudes führte eine weitere Rampe hoch zu einem weiteren Warteraum. Am ersten Tresen wurde einem eine Wartenummer zugeteilt, wie es sie in deutschen Behörden oft gibt (warum werden hier ausgerechnet die schlechten europäischen Sitten übernommen?). Nach erfreulich kurzer Wartezeit durften wir unser Anliegen am zweiten Tresen vorbringen, eine Quittung wurde ausgestellt und ich durfte fünfzehn Dollar an der Kasse - sozusagen dritter Tresen - in der gegenüberliegenden Ecke bezahlen. Von dort ging es ins dritte Obergeschoß, Gynäkologie (!?). Erneutes Warten, dann wurde ich in einen Raum gewiesen, der jedes Klischee, das einem zu afrikanischen Krankenhäusern vorstellt, erfüllte. Eine klapperige, schäbige Liege an der Wand, ein alter Schreibtisch, auf einem Rollwägelchen immerhin Gummihandschuhe und andere Utensilien – aber doch alles sehr rudimentär und bescheiden. Der Arzt war jung, ein paar Fragen nach den Symptomen, dann verordnete er eine Blutuntersuchung und erklärte, das Ergebnis könne ich Montag erfragen. Nun weiß man über Malaria nicht viel mit Sicherheit, zweierlei aber steht fest: rechtzeitig behandelt stirbt man nicht daran. Verspätet behandelt an der in Zentralafrika verbreiteten Variante hingegen schon. Der ganze Sinn und Zweck des Tests bestand ja darin, möglichst sicher zu wissen, ob Behandlung angezeigt ist oder nicht – ein Testergebnis am Montag wäre also wenig zweckdienlich gewesen. Der Arzt stimmte zu, schickte mich ohne große Umschweife wieder hinunter. Auf dem Weg dorthin erklärte meine Kollegin, ich soll bei der Blutabnahme darauf achten, daß die Nadel steril sei und mich andernfalls weigern. Üblicherweise wird für einen Malariatest nur ein Tropfen aus der Fingerkuppe benötigt, es blieb unklar, warum man mir gleich richtig Blut abnehmen wollte. Bei dem Mann vorm Labor sammelten wir einen neuen Beleg ein, trabten wieder hoch zum Hauptempfang, erhielten eine neue Quittung, ich bezahlte weitere siebzehn Dollar. Wir gingen wieder hinunter und wurden ins Labor geschickt. Ein kleiner, dusterer Raum, mit schmuddeligen Vorhängen unterteilt, hinter dem offenbar gerade noch jemand anderes behandelt wurde. Wir warteten ungemütlich und verlegen vor dem Vorhang, meine Kollegin musterte ebenso interessiert wie ich die in einem Pappkarton lagernden leeren Blutröhrchen wie auch die zur Mikroskopie vorbereiteten Blutproben, zwischen Glasplättchen in einem abgestoßenen Holzrahmen, die auf einem Rollwagen lagen. Mit Filzstift nummeriert. Gruselig. Der Kittel der Schwester war nicht so sauber, wie ich mir gewünscht hätte, zum Abbinden des Arms ein zerfleddertes Band mit Tierchenmuster, das ohne weitere Umstände um meinen Oberarm geknotet (!) wurde. Die Schwester wechselte die Gummihandschuhe (beruhigend), ein Spritzer Alkohol, die Nadel war zwar nicht eingeschweißt – was ich am liebsten gesehen hätte – war aber doch offensichtlich frisch, jedenfalls zog die Schwester eine Plastikkappe ab und entsorgte sie danach in den Müll. Ein Stück Watte aus einem großen Bausch gezupft – ich mußte irrationalerweise an Zuckerwatte auf der Kirmes denken – und dann wurde ich entlassen. Eine Stunde später teilte mir ein namenloser junger Mann undefinierbaren Ranges mit, der Test sei negativ, aber ich solle trotzdem lieber Medikamente nehmen. Angesichts der Tatsache, daß ich ohnehin schon Prophylaxe betreibe sei es durchaus möglich, daß der Test fälschlich negativ sei und aufgrund der offensichtlich passenden Symptome... . Mit dem Rezept in der Hand fuhren wir als nächstes in die Apotheke. Vor uns ein dicker, sonderbarer Amerikaner ohne jede Französischkenntnisse, der verzweifelt versuchte, Desinfektionsmittel zu verlangen. Ich nehme an, er suchte das rote Iod-Zeugs – aber irgendwie konnte er sich nicht recht verständlich machen und wurde am Ende an eine andere Apotheke verwiesen. Ich war zu geplättet, um mich einzumischen. Die Paracetam*l, die man mir ungefragt andrehen wollte, gab ich zurück, für mein Malariamedikament bezahlte ich zwölf Dollar und für eine kleine Flasche neues Mückenspray weitere fünfundzwanzig. Fand ich daheim schon zehn Euro zu teuer? Nicht mehr. Den Rest des Wochenendes habe ich mehr oder im minder im Bett verbracht, war über Nacht dankbar für die Fürsorglichkeit meiner Kollegin, die mir ihren Schlafsack als Decke fürs Bett herausgelegt hatte – und das in tropischem Klima.
Inzwischen geht es wieder, immer noch Kopfschmerzen und Schweißausbrüche, aber ich werde Ihnen wohl als Berichterstatterin erhalten bleiben.
Ich hätte ja zu gerne gewußt, ob das jetzt Malaria war oder nicht. Dagegen spricht, daß es schon außergewöhnliches Pech wäre, innerhalb von zwei Wochen im Kongo bei vernünftiger Prophylaxe Bekanntschaft mit einem resistenten Strang zu machen. Dafür spricht, daß ich mein Lebtang lang noch nicht solche rasenden Kopfschmerzen hatte, ganz sicher jedenfalls mit keiner normalen Grippe, und der zeitliche Rahmen perfekt zu meiner Dienstreise letzte Woche paßt. Der Test, wie gesagt, hat de facto keine Aussagekraft, in Afrika sind falsch-positive Tests ungefähr genauso häufig wie falsch-negative, zumal wenn man schon präventiv Medikamente nimmt. Andererseits, so berichtete meine Kollegin, sei es in Europa schon schwierig, von Ärzten überhaupt die Anweisung zum Malariatest und deren schnelle Bearbeitung zu erhalten, weil man dort weniger vertraut damit ist. Unsinnig, aber offenbar Realität. Auf etwas andere Art als erwartet war das also durchaus ein sehr aufregendes und lehrreiches Wochenende, auch wenn ich eigentlich andere Pläne hatte.
Alle meine Pläne wurden jedoch am Freitag Abend durchkreuzt. Beim Abendessen am Hotelpool mit dem Kollegen führte ich die Hitze im Gesicht noch auf das Bier zurück. Beim Zubettgehen fand ich die leichte Frösteligkeit ganz angenehm, die mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft überkam in der schwülen Hitze dessen, was hier als kalten Jahreszeit gilt. Um zwei Uhr nachts mußte ich einsehen, daß es wohl doch eher Fieber und Schüttelfrost waren, zudem rasende Kopfschmerzen, bei jeder Bewegung glaubt ich schier, mein Kopf müsse explodieren. Und sorgte mich den Rest der Nacht rastlos, ob wohl eine Mücke im Herzen Afrikas vor einer Woche mir ein Souvenir mitgegeben haben könne – waren wir dort doch ganze Tage draußen und schliefen in Betten ohne Moskitonetz. Nach Konsultation mit meiner Kollegin am nächsten morgen schien ein Malaria Test angebracht. Obwohl das Centre Medical de Kinshasa gleich um die Ecke ist, war ich heilfroh um ihre Begleitung. Die Salle d’urgences war spartanisch eingerichtet mit Holzbänken und ohne jede Dekoration außer einem Flachbildschirm an der Wand mit Tierfilmen, aber sauber und ordentlich. Vom Emfpang wurden wir an den Herren verwiesen, der rechter Hand an einem Tisch vor dem Eingang zum Labor saß. Dazwischen führte eine Rampe hinunter zu Untersuchungsräumen im Untergeschoß. Der Herr dort schickte uns zu den Ärzten ins erste Obergeschoß. Ausserhalb des Gebäudes führte eine weitere Rampe hoch zu einem weiteren Warteraum. Am ersten Tresen wurde einem eine Wartenummer zugeteilt, wie es sie in deutschen Behörden oft gibt (warum werden hier ausgerechnet die schlechten europäischen Sitten übernommen?). Nach erfreulich kurzer Wartezeit durften wir unser Anliegen am zweiten Tresen vorbringen, eine Quittung wurde ausgestellt und ich durfte fünfzehn Dollar an der Kasse - sozusagen dritter Tresen - in der gegenüberliegenden Ecke bezahlen. Von dort ging es ins dritte Obergeschoß, Gynäkologie (!?). Erneutes Warten, dann wurde ich in einen Raum gewiesen, der jedes Klischee, das einem zu afrikanischen Krankenhäusern vorstellt, erfüllte. Eine klapperige, schäbige Liege an der Wand, ein alter Schreibtisch, auf einem Rollwägelchen immerhin Gummihandschuhe und andere Utensilien – aber doch alles sehr rudimentär und bescheiden. Der Arzt war jung, ein paar Fragen nach den Symptomen, dann verordnete er eine Blutuntersuchung und erklärte, das Ergebnis könne ich Montag erfragen. Nun weiß man über Malaria nicht viel mit Sicherheit, zweierlei aber steht fest: rechtzeitig behandelt stirbt man nicht daran. Verspätet behandelt an der in Zentralafrika verbreiteten Variante hingegen schon. Der ganze Sinn und Zweck des Tests bestand ja darin, möglichst sicher zu wissen, ob Behandlung angezeigt ist oder nicht – ein Testergebnis am Montag wäre also wenig zweckdienlich gewesen. Der Arzt stimmte zu, schickte mich ohne große Umschweife wieder hinunter. Auf dem Weg dorthin erklärte meine Kollegin, ich soll bei der Blutabnahme darauf achten, daß die Nadel steril sei und mich andernfalls weigern. Üblicherweise wird für einen Malariatest nur ein Tropfen aus der Fingerkuppe benötigt, es blieb unklar, warum man mir gleich richtig Blut abnehmen wollte. Bei dem Mann vorm Labor sammelten wir einen neuen Beleg ein, trabten wieder hoch zum Hauptempfang, erhielten eine neue Quittung, ich bezahlte weitere siebzehn Dollar. Wir gingen wieder hinunter und wurden ins Labor geschickt. Ein kleiner, dusterer Raum, mit schmuddeligen Vorhängen unterteilt, hinter dem offenbar gerade noch jemand anderes behandelt wurde. Wir warteten ungemütlich und verlegen vor dem Vorhang, meine Kollegin musterte ebenso interessiert wie ich die in einem Pappkarton lagernden leeren Blutröhrchen wie auch die zur Mikroskopie vorbereiteten Blutproben, zwischen Glasplättchen in einem abgestoßenen Holzrahmen, die auf einem Rollwagen lagen. Mit Filzstift nummeriert. Gruselig. Der Kittel der Schwester war nicht so sauber, wie ich mir gewünscht hätte, zum Abbinden des Arms ein zerfleddertes Band mit Tierchenmuster, das ohne weitere Umstände um meinen Oberarm geknotet (!) wurde. Die Schwester wechselte die Gummihandschuhe (beruhigend), ein Spritzer Alkohol, die Nadel war zwar nicht eingeschweißt – was ich am liebsten gesehen hätte – war aber doch offensichtlich frisch, jedenfalls zog die Schwester eine Plastikkappe ab und entsorgte sie danach in den Müll. Ein Stück Watte aus einem großen Bausch gezupft – ich mußte irrationalerweise an Zuckerwatte auf der Kirmes denken – und dann wurde ich entlassen. Eine Stunde später teilte mir ein namenloser junger Mann undefinierbaren Ranges mit, der Test sei negativ, aber ich solle trotzdem lieber Medikamente nehmen. Angesichts der Tatsache, daß ich ohnehin schon Prophylaxe betreibe sei es durchaus möglich, daß der Test fälschlich negativ sei und aufgrund der offensichtlich passenden Symptome... . Mit dem Rezept in der Hand fuhren wir als nächstes in die Apotheke. Vor uns ein dicker, sonderbarer Amerikaner ohne jede Französischkenntnisse, der verzweifelt versuchte, Desinfektionsmittel zu verlangen. Ich nehme an, er suchte das rote Iod-Zeugs – aber irgendwie konnte er sich nicht recht verständlich machen und wurde am Ende an eine andere Apotheke verwiesen. Ich war zu geplättet, um mich einzumischen. Die Paracetam*l, die man mir ungefragt andrehen wollte, gab ich zurück, für mein Malariamedikament bezahlte ich zwölf Dollar und für eine kleine Flasche neues Mückenspray weitere fünfundzwanzig. Fand ich daheim schon zehn Euro zu teuer? Nicht mehr. Den Rest des Wochenendes habe ich mehr oder im minder im Bett verbracht, war über Nacht dankbar für die Fürsorglichkeit meiner Kollegin, die mir ihren Schlafsack als Decke fürs Bett herausgelegt hatte – und das in tropischem Klima.
Inzwischen geht es wieder, immer noch Kopfschmerzen und Schweißausbrüche, aber ich werde Ihnen wohl als Berichterstatterin erhalten bleiben.
Ich hätte ja zu gerne gewußt, ob das jetzt Malaria war oder nicht. Dagegen spricht, daß es schon außergewöhnliches Pech wäre, innerhalb von zwei Wochen im Kongo bei vernünftiger Prophylaxe Bekanntschaft mit einem resistenten Strang zu machen. Dafür spricht, daß ich mein Lebtang lang noch nicht solche rasenden Kopfschmerzen hatte, ganz sicher jedenfalls mit keiner normalen Grippe, und der zeitliche Rahmen perfekt zu meiner Dienstreise letzte Woche paßt. Der Test, wie gesagt, hat de facto keine Aussagekraft, in Afrika sind falsch-positive Tests ungefähr genauso häufig wie falsch-negative, zumal wenn man schon präventiv Medikamente nimmt. Andererseits, so berichtete meine Kollegin, sei es in Europa schon schwierig, von Ärzten überhaupt die Anweisung zum Malariatest und deren schnelle Bearbeitung zu erhalten, weil man dort weniger vertraut damit ist. Unsinnig, aber offenbar Realität. Auf etwas andere Art als erwartet war das also durchaus ein sehr aufregendes und lehrreiches Wochenende, auch wenn ich eigentlich andere Pläne hatte.
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Kalte Küche
Da ich hoffe, daß es mich am Wochenende nicht ins Büro verschlagen wird, ich folglich kein Internet haben werde, bleibt die Küche hier am Wochenende kalt. Nur metaphorisch, allerdings, denn im wahren Leben verbringe ich meine Zeit seit der Ankunft hier vorwiegend mit Arbeiten und Essen. Die Auswahl an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten ist einerseits eher begrenzt, andererseits gibt es hier viele sehr gute Restaurants (frankophone Länder haben ihre guten Seiten) und die Gesellschaft ist überaus spannend und anregend - kommt ja nicht jeder freiwillig hierher. Folglich muß ich sagen: ich habe in meinem gesamten Leben noch nie so oft so anständig gespeist wie hier.
In meiner ersten Woche waren wir einen Abend in einem feinen Restaurant, da hatte ich Hühnchen in Estragon-Sauce und zum Nachtisch Mousse au Chocolat (sündhaft gut, sündhaft teuer, wie Sie sich vielleicht noch erinnern). Dann waren wir auf Dienstreise und ich kam in den Genuß eines Buffets mit vorwiegend afrikanischen Spezialitäten. Besonders erwähnenswert dabei eine pappige weiße Masse – Fufu – die als Beilage gereicht wird und unter anderem aus Maniok und Mehl besteht. Völlig unspektakulär. Als Dessert gab es übrigens – Bananen, sonst nichts. Affenhirn war nicht dabei, soweit ich mich erinnere.
Letztes Wochenende kam schon morgens zum Frühstück Besuch vorbei, Samstag und Sonntag, nach einem kurzen Abstecher zur Patisserie. Im Gepäck: Pain au Chocolat, Pain à l’amande, und Rosinenschnecken. Am Sonntag plus Tartelettes. Weil Madame la Mitbewohnerin meist au régime ist und ich ein bescheidener Gast bin, verbringe ich den Rest der Woche damit, die Rest zu vernichten. Angenehm. Mittags waren wir dann ausnahmsweise afrikanisch essen, unter anderem gegrillte Ziege (im Hintergrund, Konsistenz wie Schuhsohle) und Hähnchen in Palmöl-Erdnußsauce (im Vordergrund, ausgesprochen gut).
Am Dienstag Abend waren wir alle in einem neuen Restaurant, angeschlossen an einen der lokalen Freizeitvereine für die bessere Gesellschaft (Schwimmbecken olympischer Maße, Gärten, Yogakurse und andere Spielereien - für jene, die es sich leisten können), alles in weiß, sehr hübsch, sehr lecker. Da alle Hauptgerichte gleichermaßen unverschämt teuer sind (jawohl, Einheitspreis), hatte ich vorige Woche Rinderfilet, diese Woche Langustenschwänze in Knoblauchsauce. Nächstes Mal versuche ich die Piccata auf Linguini, denke ich. Madame la Mitbewohnerin als echte Französin kommt natürlich nicht ohne Wein aus, und hat bei der Auswahl ein sehr glückliches Händchen, wie ich finde. Am Mittwoch nun hatten Kollegen auf Dienstreise hier zu Besuch ihr Gruyère, Bresaola und Paté mitgebracht, zum Dank wurde bei ihr gekocht, die Mitbringsel gab es zur Vorspeise. Dazu Wein. Danach Cognac (viel!) und Schokolade und Weintrauben (zu zehn USD das Pfund, aus Belgien importiert). Morgen Abend hat sie wieder Gäste zum Essen eingeladen. Ich freue mich schon.
Zum Mittagessen fahren wir ebenfalls immer in die Bäckerei mit den feinen Tartelettes, es scheint nur diese und eine weitere Option zu geben. Italienische Sandwiches. Im Moment bin ich mit der Auswahl noch sehr zufrieden, verschiedene Brotsorten mit gegrilltem Gemüse, Schafskäse, manchmal Schinken. Und bevor mir das irgendwann in zwei Wochen langweilig werden kann, wird dieser Punkt demnächst aus dem Speiseplan gestrichen, weil ich da alleine nicht mehr hinkomme, wenn meine Kollegin weg ist und ich jede Taxifahrt teuer werde bezahlen müssen. Ich nehme an, daß ich mir dann was von zu Hause mitbringen werde. Als weiterer glücklicher Umstand hat sich heute ergeben, daß ich ab nächster Woche in einem Appartement im achten Obergeschoß residieren werde – und ich habe mich nicht versichert, daß es angesichts der vielen Stromausfälle einen Generator im Haus gibt. Insofern kann ich dieses Wochenende getrost zuschlagen. Sport ist ab nächster Woche garantiert.
In meiner ersten Woche waren wir einen Abend in einem feinen Restaurant, da hatte ich Hühnchen in Estragon-Sauce und zum Nachtisch Mousse au Chocolat (sündhaft gut, sündhaft teuer, wie Sie sich vielleicht noch erinnern). Dann waren wir auf Dienstreise und ich kam in den Genuß eines Buffets mit vorwiegend afrikanischen Spezialitäten. Besonders erwähnenswert dabei eine pappige weiße Masse – Fufu – die als Beilage gereicht wird und unter anderem aus Maniok und Mehl besteht. Völlig unspektakulär. Als Dessert gab es übrigens – Bananen, sonst nichts. Affenhirn war nicht dabei, soweit ich mich erinnere.
Letztes Wochenende kam schon morgens zum Frühstück Besuch vorbei, Samstag und Sonntag, nach einem kurzen Abstecher zur Patisserie. Im Gepäck: Pain au Chocolat, Pain à l’amande, und Rosinenschnecken. Am Sonntag plus Tartelettes. Weil Madame la Mitbewohnerin meist au régime ist und ich ein bescheidener Gast bin, verbringe ich den Rest der Woche damit, die Rest zu vernichten. Angenehm. Mittags waren wir dann ausnahmsweise afrikanisch essen, unter anderem gegrillte Ziege (im Hintergrund, Konsistenz wie Schuhsohle) und Hähnchen in Palmöl-Erdnußsauce (im Vordergrund, ausgesprochen gut).
Am Dienstag Abend waren wir alle in einem neuen Restaurant, angeschlossen an einen der lokalen Freizeitvereine für die bessere Gesellschaft (Schwimmbecken olympischer Maße, Gärten, Yogakurse und andere Spielereien - für jene, die es sich leisten können), alles in weiß, sehr hübsch, sehr lecker. Da alle Hauptgerichte gleichermaßen unverschämt teuer sind (jawohl, Einheitspreis), hatte ich vorige Woche Rinderfilet, diese Woche Langustenschwänze in Knoblauchsauce. Nächstes Mal versuche ich die Piccata auf Linguini, denke ich. Madame la Mitbewohnerin als echte Französin kommt natürlich nicht ohne Wein aus, und hat bei der Auswahl ein sehr glückliches Händchen, wie ich finde. Am Mittwoch nun hatten Kollegen auf Dienstreise hier zu Besuch ihr Gruyère, Bresaola und Paté mitgebracht, zum Dank wurde bei ihr gekocht, die Mitbringsel gab es zur Vorspeise. Dazu Wein. Danach Cognac (viel!) und Schokolade und Weintrauben (zu zehn USD das Pfund, aus Belgien importiert). Morgen Abend hat sie wieder Gäste zum Essen eingeladen. Ich freue mich schon.
Zum Mittagessen fahren wir ebenfalls immer in die Bäckerei mit den feinen Tartelettes, es scheint nur diese und eine weitere Option zu geben. Italienische Sandwiches. Im Moment bin ich mit der Auswahl noch sehr zufrieden, verschiedene Brotsorten mit gegrilltem Gemüse, Schafskäse, manchmal Schinken. Und bevor mir das irgendwann in zwei Wochen langweilig werden kann, wird dieser Punkt demnächst aus dem Speiseplan gestrichen, weil ich da alleine nicht mehr hinkomme, wenn meine Kollegin weg ist und ich jede Taxifahrt teuer werde bezahlen müssen. Ich nehme an, daß ich mir dann was von zu Hause mitbringen werde. Als weiterer glücklicher Umstand hat sich heute ergeben, daß ich ab nächster Woche in einem Appartement im achten Obergeschoß residieren werde – und ich habe mich nicht versichert, daß es angesichts der vielen Stromausfälle einen Generator im Haus gibt. Insofern kann ich dieses Wochenende getrost zuschlagen. Sport ist ab nächster Woche garantiert.
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Vier Stromausfälle innerhalb einer Stunde? Beim nächsten bekommen ich einen hysterischen Lachkrampf. Leider passt mein dicker deutscher Laptopstecker nicht in die klapprigen roten chinesischen Steckdosen hier - folglich ist mein Rechner jedes Mal tot, wenn es hier dunkel wird. Außerdem stellt unser Nachbar abends immer die Wasserpumpe aus (deren Pfeifen ihm angeblich den Schlaf raubt), so daß abends in der gesamten Wohnung kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt. Der kräht dafür morgens früh um vier mit schöner Regelmäßigkeit, irgendwo um die Ecke. Und das in einem der besseren Viertel einer Millionenstadt.
Das hier könnte das Stromproblem lösen, übrigens. Kongo hat nämlich die größten Wasserfälle der Welt - nach Volumen.
Das hier könnte das Stromproblem lösen, übrigens. Kongo hat nämlich die größten Wasserfälle der Welt - nach Volumen.
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