Samstag, 22. August 2009
Biggest thing ever
Vorgestern Abend war ich mit meinem Mitbewohner D. unterwegs, der für eine UN Organisation arbeitet. Es war schon spät, seine Kollegen hatten fast fertig gegessen als wir in der Pizzeria Piccolo eintrafen. Dort waren mehrere seiner UN-Kollegen, die ich alle nicht kannte, zu sechst um einen genau passenden Tisch versammelt. Wir bauten einen Tisch an und ich kam ungünstig vor dem neuen Kopfende zu sitzen. Da D. sich nicht die Mühe machte, mich dem entfernten Tischende vorzustellen, ich auch meine direkte Nachbarin nur ganz flüchtig kenne und diese sich wiederum nur mit ihrem Nachbarn zur anderen Seite unterhielt, beschied ich mich den Rest des Abends mit der Beobachterposition. Zu fortgeschrittener Stunde erhielt meine Nachbarin eine SMS und fing an, hysterisch zu lachen. Sie zeigte die SMS ihrem Sitznachbarn, reichte das Telefon ans andere Tischende weiter.
T.: Oh my god, a friend just texted me that they caught Josef Kony. Oh my god. That is amazing!
A: Really, no, how do you know? Are you sure?
T.: Yes, you know how I worked two years in Uganda and a friend there just sent the message.
D.: That is unbelievable, are you sure they are right? Is there someone else we can ask?
T.: I know, that would be the biggest thing ever! I’ll try to find someone to confirm that…We have been working for that for years, that would be so awesome if it were true!
C: Yeah, I know. I will try and call X, maybe he knows….
Mehrere Personen standen auf, alle waren schrecklich aufgeregt , fingen an, hektisch SMS zu tippen und zu telefonieren. Der französische Kollege G. kehrte von seinem Telefonat draußen zurück und hatte nichts in Erfahrung bringen können. Mein Gegenüber am andere Kopfende des Tisches versuchte es gleichfalls, telefonierte draußen und berichtete:
M.: I just talked to someone in DPKO*, they say it may have been a mistake, allegedly two persons high up in the LRA** defected but it is not confirmed that they caught Kony.
T.: Oh, I wish…. It would have been just to great had it been true. What a disappointment.
D.: Yes, that would have been the biggest thing this year. I mean, who else did they get in the last years or who died? Nkunda, Michael Jackson, Bemba…. What a pity… .
T.: When I was in Uganda… [...]. That was exactly what we were all hoping for.
D.: Well, if Assasins sans Frontières would start collecting donations, would you actually give something?
Allgemeines Gelächter. Ende des weltpolitischen Intermezzo, zurück zu Rucola, Pizza und Bier.

Das sind die Momente, in denen ich zufrieden bin, mich zurückzulehnen und festzustellen: ich bin ganz weit weg von zu Hause. Vor einigen Wochen schickte eine Freundin mir eine Spaßseite im Internet, kurz nachdem einer unserer Politiker Ouagadougou in eine Reihe mit den Steuerparadiesen Liechtenstein und der Schweiz gestellt hatte. Eine Zeitung hatte sich die Mühe gemacht, auf der Straße Erkundigungen einzuziehen, was der deutsche Bürger mit diesem Namen verbindet. Die Vielfalt der Antworten war erstaunlich, Hauptstadt von Burkina Faso jedoch beklagenswert selten vertreten. Und hier sitze ich abends in einer Pizzeria in Kinshasa mit lauter Leuten, für die die Festnahme eines ugandischen Rebellenführers the biggest thing ever ist.

*UN Department of Peacekeeping Operations
** Lord's Resistance Army

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Donnerstag, 20. August 2009
Sprachen
Ich muß immer noch arbeiten. Statt spaßiger Anekdoten von Alice im Wunderland daher heute Bildungsbesserwissertum. Es gibt Lusophone Länder. Derer fünf in Afrika. Sagt mein angolanisch-kongolesischer Französischlehrer.

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Mittwoch, 19. August 2009
Arbeit
Ich muß arbeiten. Ich muß sogar zur Abwechslung mal richtig viel arbeiten: erstens habe ich heute Abend Französisch und noch keinen Zeitungsartikel zusammengefaßt. Zweitens habe ich morgen einen Termin mit bedeutenden Personen, auf Französisch natürlich, und muß mir meine Worte noch zurechtlegen. Drittens hat mein zukünftiger Vorgesetzter (falls ich hier verlängere) mir eine Aufgabe übertragen, die sich im Moment wie ein endloser Urwald voller Verstrickungen und Schwierigkeiten vor mir dehnt.
Da mein abgereister Chef mir gleichzeitig mit Bergen von Arbeit seinen Fahrer überlassen hat, war ich eben nicht nur bei der Bank Geld abheben, sondern habe den vermutlich bestsortierten Supermarkt in Kin, Hasson et Frères besichtigt. Eine simple kleine Kasserolle kostet 28 USD. Ein 10er Set Töpfe über 100 USD. Weingummi nur 4. Die goldenen Kugeln aus dem Hause F (Promotion Chocolat!!!) sind in der 200 g Packung für 7 Dollar zu haben. Hier gibt es alles, nur teilweise zu horrenden Preisen. Cornflakes mit Geschmack und Chichi: bis zu 20 USD. Als Hintergrundmusik: Mozart Klavierkonzert. Skurril.

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Montag, 17. August 2009
Mißverständnis
Eine Kollegin von mir hat sich ganz unfrewillig und unabsichtlich in kriminellen Tätigkeiten versucht. Eine der Annehmlichkeiten des Expat Lebens ist es, daß man sich um allerlei Dinge nicht selbst zu kümmern braucht. Telefonminuten für die Handykarte? – besorgen die Reinigungskräfte im Büro auf Anfrage. Wasser kaufen – erledigt unser homme de ménage. Und wenn man ein T-Shirt der lokalen Fußballmannschaft, der Léopards, haben möchte, kann man seinen Fahrer fragen. Der verkündete heute Mittag, als wir zum Essen ausfahren wollten in verschwörerischer Stimme, er habe das Gewünschte besorgen können, es sei aber sehr teuer. Wie teuer? Nun, achthundert Dollar, wir könnten uns das Objekt ja anschauen. Meine Kollegin war etwas erschrocken und wollte gerne sehen, warum das so teuer ist. Doch nicht hier auf der Straße, das sei schließlich illegal! -wehrte der Fahrer erschrocken ab, fuhr das Auto in die nächste Einfahrt und holte einen verschnürten Sack aus dem Kofferraum. Zwei weitere Händler leisteten ihm dabei Gesellschaft, erwartungsfrohes Glitzern in den Augen. Der Fahrer kämpfte mit dem Knoten, mit Händen und Zähnen öffnete er schließlich den Sack. Leicht konsterniert schauten meine Kollegin und hinein – und sahen Flecken. Viele Flecken. Ein Leopardenfell.
Nachdem wir das Mißverständnis aufgeklärt und die beiden Händler wieder zu ihrem Stand auf dem Marché des Voleurs (oder auch Valeurs, je nachdem, wen man fragt) gebracht hatten, konnten wir immerhin erfahren: ein Leopardenfell mit Kopf und allem kostet achthundert Dollar, für fünfhundert bekommt man hingegen immerhin eine reduzierte Variante, ohne Kopf. Soso.

In den seltenen Fällen, in denen ich von unlauteren Dingen berichte, ist alles ausgedacht. Nicht wirklich passiert. Künstlerische Freiheit, und so.

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Samstag, 15. August 2009
Sortir à la Congolaise
Ich wünschte, ich würde über die lebhafte, bildliche, poetische Eloquenz von Madame Modeste oder Andrea Diener verfügen, denn dann würden mir nicht dauernd die Worte fehlen, um meine Eindrücke und Erlebnisse zu beschreiben. Fotos machen darf ich leider nicht und so bleiben mir nur meine eigenen, dürren, meist völlig unzulänglichen Worte.

Gestern Abend war ich mit meinen beiden Mitbewohnern und zwei kongolesischen Kollegen des einen Mitbewohners aus. Kapuscinski schreibt in einem seiner Bücher ausführlich über die afrikanische Kultur des Gebens und Nehmens, wobei die Geschenke weder gleichartig noch nach europäischen Maßstäben gleichwertig sein müssen - genauso war es gestern Abend. Mitbewohner N. hatte seinen Kollegen angekündigt, wir drei Europäer würden sie einladen, im Gegenzug hatten wir das Vergnügen ihrer Gesellschaft und erhielten Einblicke in eine andere Welt. Kinshasa hat zwei Zentren, je nachdem wen man fragt: für Expats ist Gombe mit seinen schäbigen Hochhäusern und leidlich instandgehaltenen Botschaftsvillen rechts und links des notdürftig geteerten Boulevards der Dreh- und Angelpunkt des sozialen Lebens. Kongolesen hingegen betrachten den Stadtteil Victoire als Zentrum und suchen abends in Matonge Le Bloc auf für ein Feierabendbier. Nach einem schnellen Bier zum Aufwärmen auf unserer Terrasse bestand Madame - stets hungrige Bloggerin – zuerst auf einem vernünftigen Abendessen und nach kurzer Diskussion brachen wir auf. Eine Institution des kulinarischen Gesellschaftslebens ist Maman Colonnel, wo man für knappe zwanzig Dollar pro Person Hühnchen, Fisch, Frites und Plantains bekommt, begleitet von reichlich kaltem Skol oder Primus. Lokal gebrautes Bier gehört zu den wenigen bezahlbaren Lebensmitteln und schmeckt tatsächlich sehr gut – etwas dünner und milder als normales deutsches Bier, etwa so wie Kölsch. Selbst diese – für Expat Verhältnisse bescheidene – Adresse wäre jedoch ohne kollegiale Entwicklungshilfe jenseits der Möglichkeiten der kongolesischen Kollegen, die als Verwaltungsmitarbeiter in einer NGO vielleicht vierhundert Dollar verdienen, so daß wir zuerst versehentlich im tristeren und völlig menschenleeren Espace Colonnel landeten und unser Ziel erst im zweiten Anlauf fanden. Bis unser Essen kam war es nach zehn Uhr, Plantains waren schon aus, Hühnchen und Frites hingegen rustikal aber sehr gut. Die übrigen Gäste waren vorwiegend wohlhabendere kongolesische Mittelschicht, ein einzelner Mann, einige Pärchen, einige Grüppchen, sowie eine weitere schwarz-weiß gemischte Gruppe. An solchen Abenden werde ich rasch ungewöhnlich schweigsam, weniger weil mich die französische Konversation noch immer anstrengt, sondern weil ich so beschäftigt bin, alle Eindrücke aufzunehmen, zu verarbeiten und abzuspeichern.

In Matonge – wie überhaupt in Kinshasa – sind allenfalls die Hauptverkehrsstraßen geteert, Markierungen oder Laternen gibt es nicht, dafür aber so viele tiefe Schlaglöcher und Unebenheiten, daß der Verkehr immer wieder stockt und sich in sonderbaren Schlangenlinien bewegt. Rechts und links der Straße sind staubige Seitenstreifen und Nebenstraßen aus festgetretener Erde, meist scheckig mit schwarz-weiß-grauen Plastikfetzen und Müll. Häuser in diesen Vierteln sind allenfalls zweistöckig, haben flache Dächer, im Erdgeschoß sind entweder vergitterte Lädchen oder aber stacheldrahtbewehrte Tore versperren selbst zu diesen bescheidenen Unterkünften den Zutritt – warum, weiß ich nicht, dort scheint es nicht viel zu holen zu geben. Die Tore sind undurchsichtig, wenn auch nicht direkt massiv, sondern aus einem Stück Metall, in Gemeinschaft mit den oftmals vergitterten Fenstern oder Läden zwischendurch wirken viele Häuser wie unzureichende, klägliche, nicht ganz gelungene Festungen. Auf freien Plätzen zwischendurch und an den Rändern tummelt sich auch nachts noch unglaublich viel Leben. Frauen sitzen den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinter behelfsmäßigen kleinen Verkaufsständen, auf einem umgedrehten Eimer vielleicht, vor sich ihr Handelsgut aufgebockt oder auch nur auf einer Plane ausgebreitet: frisches Obst und Gemüse, geschmuggelte Toilettenartikel, vielleicht auch gegrillte Fleischspieße, falls nebenan ein Grill vor sich hin qualmt. Diese Stände werden im Dunkeln von flackernden Öllampen erleuchtet, eine pro Stand, die in der weitgehenden Dunkelheit der afrikanischen Nacht wie fehlplazierte Friedhofslichter wirken. Der Kontrast zu den wuselnden Menschen, spielenden Kindern und der lauten kongolesischen Musik, die zu jeder Zeit und überall aus mehreren Lautsprechern dröhnt, könnte größer nicht sein. Diese Stände mit den Öllampen stellen gewissermaßen die Mittelschicht des informellen Wirtschaftssektors auf der Straße dar, besser situierte Händler verkaufen dazwischen an solideren Ständen auch Zigaretten und Telefonkarten und haben häufig einen bunten Sonnenschirm aufgespannt. Tagsüber könnte man meinen, jemand hätte unzählige Eisbecherschirmchen in eine desolate Spielzeuglandschaft gestellt, abends hingegen werden die Schirme von einer einzelnen Glühbirne erleuchtet und wirken wie ein Meer von bunten Lampions. Zwischen Lampions und Friedhofslichtern wandern fliegende Händler herum, die Unterschicht der Verkäufer. Es sind – soweit ich bisher gesehen habe – immer Männer, auf dem Kopf ein Polster oder eine Mütze und darauf thront ihr Handelsgut: eine Kiste mit Gemischtwaren. Zigaretten, Taschentücher, Pfefferminz und Bonbons, kleine Bündel Holzstöckchen und Kugelschreiber. Manche Kisten sind aus Holz und beinahe so groß wie die Auslagen des Kaufmannsladens meiner Kindheit, andere haben kaum das Format einer Kiste Wein und werden nur noch von unendlichen Ringen Kabelbinder zusammengehalten. Noch ärmer als diese Gruppe sind allenfalls die Erdnußverkäufer: unter dem rechten und linken Arm jeweils eine Plastikschüssel mit gerösteten und frischen Erdnüssen, schaufeln sie einem für fünfhundert kongolesische Francs (Gegenwert eines halben Dollar aber die größte Banknote hier) mit einer ausgewaschenen Dose Tomatenmark Unmengen Nüsse auf den Tisch.

Le Bloc ist das staubige, bescheidene Pendant zu einer europäischen Ausgehgasse wie der Frankfurter Berger Straße: eine schäbige Bar reiht sich an die nächste, drinnen sitzt niemand, draußen hingegen kämpfen die Menschen um jeden Tisch. Die Straße ist gewissermaßen möbliert mit billigen Plastikmöbeln, wie man sie in provinziellen deutschen Eiscafés und in jedem Baumarkt für die heimische Terrasse findet, hier allerdings immer in gelb und blau. Gelb und blau sind die Nationalfarben der Flagge post-Mobutu und auch die Farben der beiden häufigsten Biersorten, Skol und Primus. Meinem europäisch-betriebswirtschaftlich indoktrinierten Denken scheint es widersinnig, daß beide Firmen sich mit denselben Farben schmücken, aber möglicherweise hat es den Vorteil, daß sich Kneipen nicht entscheiden müssen, in welcher Farbe sie ihre Einrichtung kaufen und die Bar streichen: mit blau und gelb liegt man immer richtig. Und ja, die gesamte Kneipe ist von außen oftmals leuchtend gelb oder blau angestrichen. Alle Welt drängelt sich an den Tischen, trinkt Bier, die fliegenden Händler schieben sich zwischen den Gruppen hindurch. Aufgrund der eigenwilligen Mützen kann ich feststellen, daß es immer wieder dieselben sind, vielleicht folgen sie einem Muster, das nur sie kennen oder haben Reviere abgeteilt, ich weiß es nicht. Die Menschen machen sich fein zum Ausgehen, die hübsche junge Bedienung trägt ein hautenges, schulterfreies, pinkfarbenes Oberteil, Unterwäsche mit durchsichten Plastikträgern um den Eindruck nicht zu zerstören, außerdem Kreolenohrringe aus pinkfarbenem Kunststoff und eine neckisch schief sitzende Mütze auf dem Kopf – ebenfalls pink. Die jungen Männer tragen oft T-Shirts mit Kragen und wer etwas neues gekauft hat, läßt das Schildchen demonstrativ hinten aus dem Ausschnitt baumeln. Auf der Hauptstraße, über den Dunst einiger Grillstände hinweg, kann man einen Lastzug sehen, der vorbeirumpelt. Beladen mit Baumstämmen unter einer Plane, fällt die Ladung zur Hinterachse hin unregelmäßig ab und dort sitzen zehn, zwölf Menschen. Selbst in komfortablen Geländewagen muß ich mich oft genug festhalten, um bei der schaukelnden Fahrt durch Straßenlöcher und grabenartige Spurrinnen nicht das Gleichgewicht zu verlieren: mir ist daher völlig rätselhaft, wie diese Menschen völlig ungesichert auf der Ladefläche die Fahrt lebendig überstehen.
Gestern Abend war offenbar ungewöhnlich viel los, nicht nur weil Freitag und Samstag auch hier die Wochentage zum Ausgehen sind, sondern weil im Moment viele Schüler und Studenten ihre staatlichen Abschlußprüfungen bestehen. Damit das niemandem entgeht, sprühen sie sich weiße Farbe – oder weißen Puder? – auf die Haare, was über den tiefschwarzen Körpern reichlich sonderbar aussieht. Eine Gruppe derartig geschmückter junger Leute passiert unsere Kneipe in einem roten Kombi: drinnen sicherlich sieben Personen, aus jedem Fenster (außer auf der Fahrerseite vorne) hängen weitere Mitfahrer heraus und auf dem Dach sitzen ebenfalls zwei. Ich kann wieder nur staunen, wie so etwas geht und bekomme daher von den sicherlich spannenden Gesprächen mit den kongolesischen Kollegen wenig mit. Darauf werde ich dann beim nächsten Mal achten.

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Mangels Postkarten
... hier einige Fotos, alle von unserer Terrasse aufgenommen - meine Kamera würde auf der Straße vermutlich schneller konfisziert, als ich den Auslöser drücken kann.

Aussicht auf mein Planschbecken, rechts hinten ein Appartementhaus, im Hintergrund die Hafenkräne.


Aussicht auf den Boulevard du 30 Juin, gelegentlich auch Boulevard des Chinois, seit diese sämtliche Bäume rechts und links der Straße abrasiert haben.


Feuerwerk in Brazzaville, auf der anderen Seite.

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Donnerstag, 13. August 2009
Wenn...
... ich fünf Monate jünger wäre, hätte ich jetzt einen Arbeitsvertrag. In Washington, mit Reisetätigkeit nach Afrika. Mit großartigen Kollegen. In genau dem Bereich, der mich interessiert.

Ich könnte gerade vor Wut in die Tischkante beißen oder in Tränen zerfließen. Das Leben ist so ungerecht.

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Mittwoch, 12. August 2009
Spocht
Nur weil ich am Samstag unverschämte, ruinöse, nachgerade sittenwidrige 230 Dollar (ja, Sie lesen richtig, zweihundertdreißig amerikanische Dollar) für eine einmonatige Mitgliedschaft im Cercle Elais bezahlt habe und nun bis zum 8. September das Schwimmbecken nutzen kann, wäre ich heute morgen vielleicht nicht aufgestanden. Soviel Geld ist natürlich ein guter Grund, jetzt auch die Möglichkeit zu nutzen, aber nach mehrmonatiger Sportpause mangels Gelegenheit fällt mir das Aufstehen zugegebenermaßen schwer. Andererseits kommt in vier Wochen hoffentlich der schöne Franzose wieder – und das hat mich dann tatsächlich hochgebracht. Auf dem Weg runter um die Ecke folgen mir sämtliche Blicke auf der Straße, ich bin stets die einzige Weiße die hier zu Fuß geht und seien es nur die hundert Meter um die Ecke. Am Hintereingang kommen mir zwei dicke Jeeps mit UN-Personal in Tarnfleck entgegen, Laissez-Passer ins Fenster geklebt. Das Becken ist völlig leer und das Wasser wäre unberührt, ohne die beiden sprudelnden Fontänen am anderen Ende. Von der Terrasse aus gesehen glitzert es verführerisch, wenn ich am Rand stehe reizt es mich immer noch, danach ist es nur noch kalt - und später langweilig. Da ich morgens um sechs stets völlig alleine bin, kann ich in Ruhe üben, nicht länger wie ein alterndes Mädchen über die Leiter hineinzusteigen, sondern beim Köpper bella figura zu machen.
Zum duschen gehe ich inzwischen lieber nach Hause, das Rinnsal aus dem Duschkopf im Schwimmbad ist so dünn und kläglich, daß nicht einmal ich – und ich habe bedauerlicherweise nicht die füllige Pracht meiner Großmutter geerbt – meine Haare hier vernünftig waschen kann, ein bißchen Schmier bleibt immer zurück. Kalt, versteht sich. In den letzten zwanzig Tagen gab es genau einmal warmes Wasser. Jetzt bin ich für den Rest des Tages fertig mit der Welt – an morgendlichen Sport muß ich mich erst wieder gewöhnen. Immerhin weiß ich, wofür ich mich mühe.

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Dienstag, 11. August 2009
Gut und schlecht
Die schlechte Nachricht: der schönste Mann der Welt ist heute abgereist, nach Washington, Johannesburg oder Paris oder was weiß ich. Kam kurz in mein Büro, Bisous rechts, links, rechts, und schon war er wieder weg. Ich konnte gar nicht richtig gucken, geschweige denn kluge Abschiedssätze von mir geben... . Der verrückte Kollege B. ist noch bis morgen hier, aber sonst niemand mehr, den ich näher kenne. Ich fürchte, die nächsten vier Wochen werden ereignislos, arbeitsam und ein wenig trist.
Die gute Nachricht: er kommt im September wieder, nicht erst im Oktober. Hoffentlich Anfang September. Besser noch: Ende August. Mein halbes Leben besteht aus Vorfreude auf Kommendes: die nächste Mahlzeit, das nächste Land, das nächste Buch, oder eben ein Wiedersehen mit jemandem, der so unverschämt gut aussieht, daß ich ihn nur dauernd anschauen möchte.

[Da fällt mir gerade ein: wir waren am Sonntag Abend zusammen essen im La Piscine (heißt so, weil schmieriger Swimming Pool in der Mitte). Eigentlich wollte der schöne Franzose Live-Musik, aber nachdem es die erwiesenermaßen nirgendwo gab, nur Essen. Ich habe Froschschenkel probiert, Inbegriff des deutschen Widerstands gegen die französische Küche. Fritiert. Schmeckt wie Hühnchen. Völlig unspektakulär. Als nächstes muß ich ein kongolesisches Restaurant finden, um endlich Krokodil probieren zu können, das habe ich mir fest vorgenommen. Angeblich gibt es hier Restaurants, wo man nur zum Fleisch essen hingeht: Krokodil, Zebra, Giraffe und was nicht noch. Da will ich hin. Muß nur Mittäter finden.]

Mein drängendstes Problem ist allerdings im Moment die nächste Mahlzeit: ich habe nichts zu Mittag mit ins Büro gebracht, und ohne Auto komme ich auch nirgendwohin. Also muß ich einen Kollegen finden, der mich mitnimmt. Ohne Essen funktioniere ich nicht. Zur Bank muß ich eigentlich auch. Ich habe also noch zwei Stunden, um einen großzügigen Kollegen zu finden, der mir seinen Fahrer leiht, oder notfalls meinen eigenen Taxifahrer anzurufen. Danach bekomme ich wahrscheinlich so schlechte Laune, daß der Tag für mich gelaufen ist.

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Gut und schlecht
Die schlechte Nachricht: der schönste Mann der Welt ist heute abgereist, nach Washington, Johannesburg oder Paris oder was weiß ich. Kam kurz in mein Büro, Bisous rechts, links, rechts, und schon war er wieder weg. Ich konnte gar nicht richtig gucken, geschweige denn kluge Abschiedssätze von mir geben... . Der verrückte Kollege B. ist noch bis morgen hier, aber sonst niemand mehr, den ich näher kenne. Ich fürchte, die nächsten vier Wochen werden ereignislos, arbeitsam und ein wenig trist.
Die gute Nachricht: er kommt im September wieder, nicht erst im Oktober. Hoffentlich Anfang September. Besser noch: Ende August. Mein halbes Leben besteht aus Vorfreude auf Kommendes: die nächste Mahlzeit, das nächste Land, das nächste Buch, oder eben ein Wiedersehen mit jemandem, der so unverschämt gut aussieht, daß ich ihn nur dauernd anschauen möchte. Wobei ich mir nach wie vor darüber klar bin, daß ich vermutlich keine ernsthafte Kandidatin auf seiner Landkarte darstelle. Aber träumen... na, das hatten wir schon.

Mein drängendstes Problem ist allerdings im Moment die nächste Mahlzeit: ich habe nichts zu Mittag mit ins Büro gebracht, und ohne Auto komme ich auch nirgendwohin. Also muß ich einen Kollegen finden, der mich mitnimmt. Ohne Essen funktioniere ich nicht. Zur Bank muß ich eigentlich auch. Ich habe also noch zwei Stunden, um einen großzügigen Kollegen zu finden, der mir seinen Fahrer leiht, oder notfalls meinen eigenen Taxifahrer anzurufen. Danach bekomme ich wahrscheinlich so schlechte Laune, daß der Tag für mich gelaufen ist.

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