Sittenverfall
Meine Eltern werfen meiner Generation oft den allgemeinen Verfall der Sitten vor. Keine Manieren, kein Anstand, keine Werte. Wenn ich mir allerdings die Diskussionen in diversen Blogs anschaue, bei denen ich vermute, daß das Durchschnittsalter etwa zehn Jahre über meinem liegt, kann ich nicht umhin, mich zu fragen, wem es hier an guten Sitten mangelt.

Über die Berechtigung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan kann man geteilter Meinung sein. Über die Auflösung des Bundestags 2005 ebenso wie über allerlei von Köhler unterzeichnete Gesetze. Ich persönlich würde ihm allerdings schon zutrauen, daß er gerade Afghanistan nicht für einen Präzedenzfall des Typus Handelskriegs hält. Deutschland hat in 2009 Güter im Wert von über 800 Milliarden Euro in alle Welt exportiert, davon gingen weniger als 223 Millionen (!) nach Afghanistan – unser Hauptabsatzland scheint das nicht zu sein. Die Importe sind übrigens nicht mal erwähnenswert. Als Handelskorridor für Öl aus dem Kaukasus ist es sicherlich wichtig, aber nachdem Deutschland seine Unabhängigkeit von Rußland auf einzigartige Weise durch die Ostseepipeline untergräbt, kann das wohl auch kein Argument gewesen sein, damals. Und wer, wenn nicht Köhler als IMF Präsident sollte solche Zusammenhänge verstehen? Man kann ihm vieles vorwerfen, aber nicht mangelnde Intelligenz oder die Abwesenheit wirtschaftlichen Sachverstands. Die Rohstoffe, die Afghanistan hat, werden sicherlich noch auf etliche Jahre unter der Erde bleiben, andererseits können sich die Chinesen allerorten auch ohne militärische Beteiligung durchsetzen – kurz: ich glaube Köhler in diesem Fall, daß er andere Fälle im Hinterkopf hatte. Über die Berechtigung dieser anderen Fälle, niedergelegt ( via Che) in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, kann man ebenfalls streiten, wie auch über Pragmatismus und Idealismus in der Außenpolitik ganz allgemein.

Ganz unabhängig vom Sachverhalt jedoch finde ich den Ton der Debatte unerträglich, widerlich, populistisch, hämisch, und weit jenseits aller guten Sitten.
Nicht zum ersten Mal, übrigens.

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mark793, Dienstag, 1. Juni 2010, 21:05
Ihr Link zu dem Präzedenzfall führt nicht zu einer älteren Story, sondern nur zu dieser hier. War das so konzipiert?

Was nun die Tonalität angeht, tja, da wohnen zwei Seelen, ach, in meiner Brust. Mir gellt auch manche Wortmeldung unangenehm in den Ohren, aber es ist nun mal ungefiltert und echt, und dafür schätze ich das Medium Internet/Blog dann doch irgendwie. Ich meine, wenn ich staatstragende und wohlabgewogene Einlassungen lesen will, dann weiß ich ja, zu welchem toten Holz ich am Kiosk greifen muss.

damenwahl, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:09
Dank für den Hinweis - jetzt mit Link.
Ungefiltert und echt ist eine Sache - wenn sich aber Personen, die ich sonst als klug, eloquent und überlegt erlebe plötzlich vor Verachtung und Hohn geifern, bin ich erschüttert.
Und von den Medien und gewissen Journalisten hätte ich auch ein bißchen mehr Contenance und Sachlichkeit erwartet. Solches Verhalten finde ich unwürdig und ekelhaft.
Anders gesagt: meine Erwartungen an Personen eines gewissen Bildungsniveaus werden in solchen Debatten auf frustrierendste enttäuscht. Was vermutlich meinen naiv übersteigerten Erwartungen liegt.

mark793, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:39
Vielleicht erschüttert und enttäuscht mich das weitaus weniger, weil ich diese Erwartung (auch an mich selbst übrigens) gar nicht habe. Wenn es um die Frage geht, ob ein gewisses Bildungsniveau mit kulturell, öhm, hochmögenderer Sozialisation für irgendetwas garantiert, bleibe ich extrem skeptisch. Auch Doktor Mengele liebte Mozart, wie ich an dieser Stelle gerne zu sagen pflegte.

Ich bin andererseits auch weit entfernt davon, Anstand, gute Sitten und Höflichkeit als unnütze Heuchelei abzutun. Aber es ist halt Hochglanzlack, der über das Darunter nicht viel aussagt. Und so gesehen finde ich es manchmal erfrischend ehrlich oder zumindest unterhaltsam mitzuerleben, was passiert, wenn sich mancher auch mal den sprichwörtlichen Stock aus dem Hintern zieht und damit ein bisschen gegen die brennende Mülltone dengelt. ;-)

damenwahl, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:41
Die Journaille, meinetwegen. Irgendwelche Prolo-Blogs. Auch meinetwegen. Aber gerade die Klientel beim Don, die sich soviel auf Sitten und Manieren und Bildung einbildet?
Wenn man so verächtlich über andere Menschen spricht und schreibt - was geht dann in deren Köpfen vor?

mark793, Dienstag, 1. Juni 2010, 23:28
Zu Don und der Rebellmarkt-Klientel müsste ich etwas länger ausholen und dabei auch die Tradition des Dotcomtod-Projekts würdigen. Das schreibt sich nicht so einfach runter während die Kleine noch keine Ruhe gibt, ich darf Sie daher noch ein wenig vertrösten auf den späteren Abend...

damenwahl, Dienstag, 1. Juni 2010, 23:39
Das war ja vor meiner Zeit - wobei ich schon mitbekommen habe, daß der Ton damals auch nicht kinderkrippenmäßig war. Dann aber erst mal viel Spaß mit dem Töchterlein!

arboretum, Dienstag, 1. Juni 2010, 23:53
Aber gerade die Klientel beim Don, die sich soviel auf Sitten und Manieren und Bildung einbildet?

So manchem dort, der wunders wie tut, nehme ich das, ehrlich gesagt, auch nicht ab.

mark793, Mittwoch, 2. Juni 2010, 00:41
So, die Geschichte fürs Töchterlein ist gelesen, kommen wir also zur Rebellmarkt-Historie. Das Wesentliche zum Vorgängerprojekt dct haben Sie ja schon selber gesagt, Frau Damenwahl. Ehrlich gesagt war mir die Häme, der Hass und die Schadenfreude, die damals das Ableben aller möglichen Dotcoms auf dct begleiteten, seinerzeit auch oft too much. Und natürlich hat dieser style die Diskussionskultur des Rebellmarktes die ersten Jahre noch sehr geprägt. Ich bin in dieser Frage, ob das in der Form und Intensität Not tat und tut, übrigens mit dem einen oder anderen Protagagonisten dieser Szene auch mal aneinandergeraten. Aber jetzt, wo ich ein paar Biographien ein bisschen besser kenne, sehe ich dieses Dampfablassen in einem etwas milderen Licht.

Vielleicht haben Sie zu einem Zeitpunkt angefangen, dort zu lesen, als Dons FAZ-Blog andere Kommentatoren mit völlig anderen (sprich: distinguierteren) Duftmarken zum Rebellmarkt spülten. Ich hab die Entwicklung schon vor dieser neuerlichen Erschließung neuer Leserschichten verglichen mit einem Punkerschuppen, der mit der Zeit zu einer Großraumdisko geworden ist - mit allen Spannungen und Identitätskrisen, die so eine Expansion halt mir sich bringt. Aber im Kern ist der Rebellmarkt für mich immer eine Adresse geblieben, wo zumindest die Chance besteht, ein paar verbale Bierflaschen durch die Luft fliegen zu sehen (und auch mal eine abzukriegen, wenns dumm läuft). Aber das macht halt für mich einen Teil des Kicks aus. Ebenso wie die ganzen anderen Facetten, die Liebe zu den schönen und alten Dingen, die Einblicke in eine Schicht und eine Region, die nicht die meine ist. Kurzum: Die Vielschichtigkeit ist es, die das Gesamtkunstwerk Rebellmarkt konstituiert.

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 00:46
Ich will gar nicht ausschließlich den Rebellmarkt kritisieren, keineswegs, ich lese da ja selbst sehr gerne. Gerade weil die Diskussion manchmal lebhafter ist. Es ist aber eine Sache, wenn sich der Don und seine Leser gegenseitig Flaschen an den Kopp werfen, wie Sie so schön sagen. Eine andere hingegen, übermäßig niedermachend zu werden, vor allem, wenn der Betroffene nicht anwesend ist. Das empfinde ich einfach als unfein.

dergeschichtenerzaehler, Dienstag, 1. Juni 2010, 21:59
Danke für den interessanten Beitrag!

Nur zählt nicht auch Loyalität als wirtschaftliches Interesse? Was passiert wenn Deutschland den USA die militärische Gefolgschaft verweigert? Könnte das nicht zu einer Verringerung der deutschen Exporte in die USA führen?

damenwahl, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:13
Das sind die Fragen, die man stellen müßte, wollte man über die Sache diskutieren, über "die anderen Fälle". Bei Köhlers Wort von der "regionalen Stabilität" war meine erste Assoziation auch nicht unbedingt der Kriegseinsatz in Afghanistan, sondern zum Beispiel das erhebliche finanzielle Engagement diverser Geberländer im Kongo - das ohne Frage auch zum Zweck hat, die Region Zentralafrika/Große Seen zu stabilisieren. Ganz nebenbei gesagt unter Beteiligung von EuPol. Und deutschen Soldaten.

dergeschichtenerzaehler, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:24
Na ja er hat diese Worte direkt nach seinem Besuch in Afghanistan verwendet. Könnte also gut möglich sein, dass er Afghanistan meinte. Besonders weil man bei der Bundeswehr die selbe Meinung besitzt. Die benutzen das Wort Stabilität im Zusammenhang mit Afghanistan und sind auch der Meinung, dass man dort wirtschaftliche Interessen verteidigt und nicht vorrangig unsere Sicherheit. Nur wird das in der Politik und in den Medien geradezu tabuisiert.

damenwahl, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:33
Ich sehe keine wirtschaftlichen Interessen - jedenfalls keine, die Konflikte mit der Bevölkerung wert wären. Strategische aber schon. Andererseits hat die BRD um die 100 Mio. in die Entwicklungszusammenarbeit gesteckt - der zivile Teil, wohlgemerkt. Und Köhler kam gerade aus China. Ich glaube eher, daß er generelle Überlegungen im Kopf hatte, wie man den deutschen das verstärkte militärische Engagement in der Welt erklären kann. Aber das ist meine sehr persönliche Meinung.

nnier, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:27
Das ist ein interessantes Thema, liebe Frau Damenwahl. Ich mag manche Witzchen, auch wenn sie grob daherkommen: Den "Joffe" z.B. in der titanic, der auch beim Don in einem Kommentar verlinkt war. Humor hat ja verschiedene Ebenen, und eine davon ist die, einem, der gerne mal frei drauflosassoziiert nicht gerade stringent argumentiert, aber im feinen Hanseatenblatt natürlich die Etikette zu wahren weiß, solche Derbheiten unterzujubeln. Minkmars Artikel wiederum ist für mich einer der lesenswerteren zum Thema und behandelt die wichtige Frage, wer eigentlich dem Amt gegenüber Respekt vermissen lässt.

Ich stimme Ihnen zu, dass der Ton "im Internet" oft unter aller Sau ist; die Kommentare beim Rebellmarkt und Minkmars Beitrag allerdings gehören sicher nicht dazu. Richtig schlimm finde ich dagegen solches.

damenwahl, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:37
Das ist genauso widerlich. Oder widerlicher.

Ich habe nichts gegen Überspitzung und verbale Attacken - aber ich finde den Ton, sowohl bei Minkmar als auch in der Titanic als auch in diversen Blogs so unglaublich verächtlich und niedermachend.
Zum Beispiel: Köhler, daß also selbst ein debil vor sich hinlallender Vollkretin mit leerem Blick und Mongo-Frisur, das ist so sehr gegen die Person, ich vermag da keine Ironie und keine Überspitzung mehr zu erkennen. Aber vielleicht mangelt es mir an Feinsinn für sowas.

damals, Dienstag, 1. Juni 2010, 22:57
Sie haben Recht! Bei Rebellmarkt, Minkmar und Titanic. (Vielleicht macht Unverständliches - und das ist ja das Besondere an diesem Rücktirtt - politische Besserwisser eben einfach aggressiv: Auch ich habe bei Don Alphonso erst spontan unflätig kommentiert und sah mich später gezwungen, meinen Kommentar zu ändern.)

arboretum, Mittwoch, 2. Juni 2010, 00:04
Minkmars Ton fand ich nun nicht verächtlich. Er geht mit ihm hart ins Gericht, aber er ist nicht verächtlich.

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 00:27
Minkmar weniger, wohl wahr. Aber gerade jenen Beitrag finde ich auf subtile Art polemisch, ohne daß ich den Finger drauflegen könnte.

thermoskanne2, Mittwoch, 2. Juni 2010, 01:22
Von Außen gesehen wirken die polemischen Autoren wie Personen, die fast so wütend sind wie Ira Ringold in "I married a Communist" von Philip Roth. Wobei man die Wut von Hans Meier und Minkmar über die neuen Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsverhältnisse, die Köhler als Wirtschaftsexperte zumindest Rhetorisch begleitet hat, schon nachvollziehen kann. Ich habe das Buch leider nicht hier. Aber am Anfang geht es bei einem Gespräch des jugendlichen Erzählers Nathan mit seinem Lehrer Murray Ringold um einen freigeistigen Amerikanischen Schriftsteller aus dem 18. Jahrhundert, der das Wort "Hure" für seine Gegner benutzt hat. Und der Lehrer fragt den Schüler, wieso der Schriftsteller das Wort Hure benutzt hat, und der Schüler Antwort aus Wut . Und der Lehrer hakt nach, und der Schüler sagt dann um das Unrecht deutlich zu machen.
Soweit ich mich an das Buch erinnern kann. Ich hoffe meine Erinnerung an das Buch stimmt ungefähr.
http://en.wikipedia.org/wiki/I_Married_a_Communist

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 01:28
Ich hätte mir auch gewünscht, daß unser Bundespräsident mehr Ausdauer hat, und bei den unbequemen Wahrheiten hätte er auch noch nachlegen können, während der gesamten Amtszeit.
Aber ich kann in ihn nicht reinschauen, ich weiß nicht, welche möglicherweise sehr persönlichen Gründe ihn motiviert haben, und ich finde grundsätzlich, keine Enttäuschung und keine Wut dieser Welt (jedenfalls nicht in unseren weitgehend von existentiellen Sorgen befreiten Region) rechtfertigen solche Herablassung. Und soviel Bereitschaft, andere Menschen einfach aufgrund von Halbwissen, Gerüchten und Schlagzeilen zu werten, und zu verurteilen. Kritik kann man unter zivilisierten Menschen auch anders äußern.

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 01:31
Zumal mir das Gerede vom verfassungswidrigen Wirtschaftskrieg langsam auf den Geist geht. Wenn ich mir manche Diskutanten so anschaue, dann wird der Zusammenhang zwischen Frieden, Stabilität, Wirtschaft und Wohlstand komplett ausgeblendet. Ich kann es besser am Beispiel Afrika erklären: solange sich das Dreiländereck Rwanda, Burundi, Kongo weiter in ethnischen Konflikten zerfleischt, wird es nie was mit der Wirtschaft. Folglich schicken wir deutsche Soldaten und Polizisten hin, damit sie stabilisieren. Damit wirtschaftliche Entwicklung eine Chance hat. Damit irgendwann die Ungleichheit zwischen Afrika und Europa nicht mehr so groß ist. Damit die Afrikaner nicht mehr in Massen unter Einsatz ihres Lebens in Nußschalen übers Mittelmeer gondeln und an unsere Haustür klopfen. Oder uns irgendwann voller Wut und Frustration zur Brust nehmen. Diese Gedankenkette läßt zwei Verkürzungen zu:
Deutsche Soldaten kämpfen für deutsche Industrieunternehmen im Kongo.)
Deutsche Soldaten kämpfen für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt.
Als Volkswirt und IMF-Chef ist Köhler ganz sicher von solchen Gedankengängen geprägt, das war nämlich sein täglich Brot. Die Mehrheit der Deutschen jedoch ganz offensichtlich nicht. Es muß ja nicht so gewesen sein, aber es könnte.

thermoskanne2, Mittwoch, 2. Juni 2010, 02:48
Soweit ich die Wut von Minkmar und Hans Meier verstanden habe ging es bei Ihrer Wut nur über die Entwicklungen in der Wirtschaft der westlichen Industrieländer(hauptsächlich Deutschland und Europa+USA). Der Zusammenhang zu Afghanistan und Afrika war wohl eher indirekt. Ich habe die beiden so verstanden, dass sie sich daran stören, dass Herr Köhler nicht versucht hat, die Irritationen durch sein missverständliches Interview, aufgrund von Übermüdung usw., gerade zu biegen. Während andere Menschen in Deutschland beruflich viel schlimmeres durchmachen müssen.

Wobei Herr Köhler schon 67 ist.
Außerdem besteht natürlich die Gefahr, dass Herr Köhler als Voodo Puppe für alles benutzt wird, was man als neoliberal bezeichnet. Nur weil sich Frau Merkel und Herrn Westerwelle letztlich auf ihn geeignet haben.
Ich selber könnte jetzt auch nicht genau auf den Punkt bringen was Herrn Köhler binnenwirtschaftlich von Herrn Schröder, Herrn Fischer oder Wolfgang Clement unterscheidet.

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 13:03
Was da betrieben wird ist nachtreten bei einem, der sowieso schon am Ende ist. Das ist so unfein, da fehlen mir die Worte.
Ich würde immer annehmen, daß jemand mit seiner Karriere (und er hat ja wirklich als MD des IMF reichlich einstecken müssen und hat so gesehen Erfahrung) Gründe haben wird, die er nicht mit der Öffentlichkeit teilen möchte. Das hätte er besser sagen sollen, natürlich, aber ich verstehe nicht, warum landauf landab alle das Schlimmste annehmen: Mimose, Feigling, Drückeberger... . Statt anzunehmen, daß er ein verantwortungs- und pflichtbewußter Mann ist, der einfach aus uns unbekannten Gründen nicht mehr kann. Rechtfertigungspflicht als Politiker hin oder her, auch er hat ein Recht auf Privates.

damals, Mittwoch, 2. Juni 2010, 18:08
"Minkmar weniger, wohl wahr. Aber gerade jenen Beitrag finde ich auf subtile Art polemisch, ohne daß ich den Finger drauflegen könnte." So ging mirs auch, deshalb habe ich einen Urlaubsmittag verschnuddelt, um den Text mal besser zu verstehen. Nachzulesen in meinem Blog.

arboretum, Mittwoch, 2. Juni 2010, 18:09
Im "Tagesspiegel" sieht Rüdiger Schaper das mit dem Nachtreten gerade umgekehrt.

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 18:25
Das kommt wohl darauf an, wie man Respekt versteht. Ich meine ja nicht sklavischen Respekt vor Autoritätspersonen, auch nicht Beeindruckt-sein von materieller Übermacht oder Protzerei, sondern Respekt vor jedem Individuum, in einem eher humanistischen Sinn.
Köhlers Forderung, Respekt vor dem Amt des BP zu haben, finde ich auch wenig gelungen - und Demissionierung aus mangelndem Respekt vor dem Amt ist blödsinnig. Die Rücktrittserklärung im Wortlaut ist natürlich ein totales Eigentor.

Nun habe ich die Debatte nicht von Beginn an verfolgt, aber ich sehe - ganz subjektiv - schon eine Tendenz, Köhler seine Worte zum Einsatz militärischer Mittel im negativsten, schlimmsten Sinne auszulegen, um nicht zu sagen: zu verdrehen. Vielleicht um der Schlagzeile und der Agitation willen? Ich bin absolut gegen Wirtschaftskriege im Sinne der USA Einsätze im Irak, aber ich denke, daß Köhler etwas anderes gemeint hat. Und das so undifferenziert auszulegen, in populistischer und polemischer Art und Absicht, ist ein Grund, den Kampf aufzugeben, den ich zumindest nachvollziehen kann. Von möglichen politischen Konflikten im Berliner Hintergrund ganz abgesehen.

conma, Mittwoch, 2. Juni 2010, 10:54
Ich bin ja aufgrund Ihrer Einstellung fast geneigt zu sagen: "Damenwahl for President".
Doch vermutlich würden Sie das gar nicht wollen und auch nicht mit dem rauhen Klima klarkommen. Hierzu auch ein interessantes Interview von heute früh (mit einem FDP-Politiker):

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1194721/

damenwahl, Mittwoch, 2. Juni 2010, 12:59
Ich bin geschmeichelt, aber das ist keine Option. Ich plane lieber die Rettung der Welt in der Schweiz. Für die Politik, egal welches Niveau, bin ich nicht dickfellig genug.

bellusci, Sonntag, 6. Juni 2010, 17:05
Ja, liebe Frau Damenwahl, da kann ich nur zustimmen. Politik machen und Politiker sein, ist nicht ganz ohne. Man muss da ein ganz besonderer Schlag an Mensch sein.

Mein gestriger Artikel hat eine Diskussion angeregt zu kritisch denkenden Personen, Buergerrechtlern, etc. und deren Chancen auf eine erfolgreiche Karriere. Aber leider sind es nicht diese Personen, die uns regieren; nicht in Deutschland und wahrscheinlich auch nicht in der Schweiz.

Was mich wirklich bedenklich stimmt, dass letztendlich immer die Menschen an die Macht kommen, die selten oder nie ihre wirkliche Meinung aeussern; und in allen Systemen zurechtkommen.

che2001, Mittwoch, 9. Juni 2010, 21:46
Ich weiß gar nicht, was an der Debatte auf meinem Blog so respektlos, verächtlich oder bösartig sein soll. Schon gar nicht Köhler gegenüber, von dem habe ich ja geschrieben, dass er wenigstens Klartext redet, was ich zu schätzen weiß. Und hohe Bildung, die ich selber habe, hat aus meiner Sicht auch nichts mit "guten Manieren" im Sinne des Bildungsbürgertums zu tun. Da, wo ich herkomme, herrscht eine Mischung aus Ironie und Sarkasmus einerseits und gnadenlosem Klartext nach dem Motto "Frapper les Bourgeois", und das ist gut so.

damenwahl, Mittwoch, 9. Juni 2010, 22:02
Herr Che, Sie meinte ich nicht. Kein bißchen - ich dachte, das hätte ich auch durch meinen Kommentar zum Ausdruck gebracht. Im Gegenteil, Ihre Meinung war erfrischend anders... so sachlich. Bedauere das Mißverständnis.

che2001, Donnerstag, 10. Juni 2010, 00:18
Alles klar;-)