Montag, 21. Juni 2010
Elitessenwatch
Heute Unmengen riesiger Stellwände mit Matrikelnummer und Prüfungseinteilungen gesehen, für all die armen Elitessen und hauptberuflichen Söhne, die hier zur zukünftigen Wirtschaftselite ausgebildet werden. Die Doktoranden klagen über zeitraubende Aufsichten und sind der Meinung, daß schleunigst Multiple-Choice-Prüfungen besonders in Mathefächern eingeführt werden sollten, damit man nicht mehr stundenlang nach Folgefehlern durch falsch angewendete Punkt-vor-Strich-Regeln suchen muß.
Im Supermarkt vor mir: zwei Elitessen beim Einkauf. Nun gebe ich durchaus zu, daß es auch in meinem Leben Zeiten gab, wo ich mich innerhalb einer Woche durch das komplette Fertigpizzen-Programm der Fa. Oetker durchgearbeitet habe, allenfalls unterbrochen von Miracoli-Nudeln (mit Frischkäse! für die extravagante Note). Beschämt gestehe ich weiterhin, daß meine liebste Lernfreundin Cha und ich uns in der härtesten aller Klausurenphasen zwei Wochen lang praktisch nur von zwei Tafeln Milka Joghurt Schokolade, zwei Dosen Red Bull und zwei Schachteln Kippen pro Abend ernährt haben. Am Wochenende gab es dann Kaiserschmarrn aus der Tüte, im Bett, und schöne Männer im Fernsehen.

Jetzt aber bin ich älter, weiser und sorge mich um Figur und Falten ernährungsbewußter und kaufte daher Bananen fürs Müsli, Frühlingszwiebeln, frisches Brot, Mozarella und ein ordentliche Flasche Wein. Den Schokoladenvorrat für drei Wochen habe ich beim letzten Deutschlandurlaub kalorienverbrennend heimimportiert, den unterschlagen wir hier aber der guten Wirkung halber.. So kann ich jetzt also von der Höhe meiner ausgewogenen und gesunden Ernährung herab berichten: die Jugend heutzutage, sehr ungesund! Die beiden Elitessen osteuropäischer Provenienz (davon gibt es hier einige) teilten sich auf zwei Kassen auf, und während die vor mir Stehende nach Kleingeld suchte, konnte ich feststellen: aufs feinste gewandet. Graue Leggings, eine sichtlich teure, schick geschnittene Strickjacke, Gummistiefel in Lackoptik mit Schnalle und Leoprint-Fellschaft. Das Portemonnaie von Gucci, die Handtasche sicher auch nicht günstig, nebenan Luis Vuitton am Arm, lange, perfekt geschnittene Haare, schmal gezupfte Augenbrauen, und als sie das Ärmchen hob, blendete mich ein Gefunkel sondergleichen.

Auf dem Kassenband: zwei Flaschen Evian, eine Packung Weintrauben (so weit, so gut), dann aber:
eine Packung Kinder Choco Fresh (Schoko Nilpferde mit Milchcreme Füllung),
eine Packung Mikado (Knabberstangen mit Schoko dran),
eine Wochenpackung Schokocroissants,
eine Familienpackung Schokokekse,
eine grosse Tüte Weingummi,
eine Dose Ovomaltine,

und ein Dreierpack Pfefferminzkaugummis. Die sind für vermutlich für danach, wenn dem Porzellanpapst gehuldigt wurde. Fast können sie mir leid tun, die Damen und in jedem Fall beneide ich sie nicht um diesen Lebenswandel.

Ich hingegen mache gleich Tomaten mit Mozzarella, Olivenöl aus Italien, und schaue, ob ich nicht im Internet auch ein paar schicke Gummistiefelchen finde. Da zumindest sind sie auf der Höhe der Zeit, die Elitessen, bei diesem Schietwetter.

Permalink (7 Kommentare)   Kommentieren