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Busbegegnung II
damenwahl | 05. März 09 | Topic 'Washington'
Heute morgen hatte ich noch eine vergleichbar interessante Begegnung in meinem Circulator Bus. Ich saß – wie üblich – in meiner Vierergruppe hinten rechts und auf der Chaotenbank ganz hinten thronten eine Mama und ihre Tochter. Mami war eher unauffällig, ein bißchen brav vielleicht in der gesamten Optik. Goldtöchterchen war geschätzte acht Jahre alt, trug rosa gesteppte Winterstiefel, rosa Leggings, eine rosa Jacke und - einmal raten, bitte – eine rosa Pudelmütze auf dem blonden Schopf. Besonders putzig war jedoch, daß die beiden jeweils einen Kopfhörer-Stecker eines iPod Shuffle ins Ohr gestöpselt hatten. Mama hatte die Oberhoheit über die Titelauswahl (ein zaghafter Griff der Tochter nach dem Gerät wurde energisch abgewehrt). Während die Tochter mit gedämpfter Begeisterung vor allem mit den Beinen wippte, hatte die Mutter richtig großen Spaß. Sie schüttelte die Schultern in der Art, wie das üblicherweise Latino-Tänzerinnen mit üppiger Oberweite tun (allerdings kam das in der dicken Winterkleidung nicht recht zur Geltung), sie schunkelte hin und her, sprach die Texte halblaut mit und bewegte den Kopf im Takt. Für alle, denen es bis dahin noch entgangen war, erklärte sie der Kleinen betont laut :“I just love this music“. Zwischendurch betätigte sie die Knöpfe des Geräts, mutmaßlich um den nächsten großartigen Song anzuwählen. Den Höhepunkt erreichte die Darbietung, als offenbar gerade ein neues Lied begann, sie ihre motorischen Bemühungen im Ausdruckstanz noch einmal intensivierte und dabei erklärte „That’s a real shoulder shaker, right?“ während ihre Tochter wirklich nur halbherzig bei der Sache war.
Ich möchte eigentlich gerne ein toleranter Mensch sein und möglichst nicht über andere urteilen, aber heute Morgen hatte ich einen akuten Anfall von Fremdschämen! Und Mitleid mit dem Mädel, die sich mit so einer Mutter in ihrem Umfeld sicherlich völlig unmöglich macht.
Ich möchte eigentlich gerne ein toleranter Mensch sein und möglichst nicht über andere urteilen, aber heute Morgen hatte ich einen akuten Anfall von Fremdschämen! Und Mitleid mit dem Mädel, die sich mit so einer Mutter in ihrem Umfeld sicherlich völlig unmöglich macht.
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Busbegegnung
damenwahl | 04. März 09 | Topic 'Washington'
Ich nehme relativ oft den gleichen Bus morgens oder abends, und nun hat es sich zugetragen, daß ich schon mindestens zwei Mal die Vierergruppe hinten rechts mit einer Mutter und ihren zwei Sprößlingen geteilt habe. Die Mutter schätze ich auf Mitte dreißig, ihre Kinder sind wohl sechs und acht, alle sprechen dieses etwas breite Black English, von dem ich nur die Hälfte verstehe. Vor allem die Kinder sind lustig anzuschauen: die Kleine ist regelmäßig mit einer baggy Jeans unter (!) grauem Faltenrock angetan, der etwas ältere Bengel hat eine passende graue Hose an – vermutlich geschuldet dem in Deutschland verpönten Zwang zur Schuluniform. Dazu silberne Turnschuhe und eine leuchtend pinkfarbene Mütze bei ihr – das nenne ich modisch mutig. Der Junge ist regelmäßig ein bißchen verrotzt und hat meistens Proviant in der Hand, dessen Verzehr ihn keineswegs vom reden abhält. Die Mutter ist optisch eher unauffällig, scheint aber ein bißchen launisch zu sein. Vielleicht hatte sie letzte Woche aber auch nur einen schlechten Tag, um den schroffen und ungeduldigen Umgang mit ihren zwei Kindern zu erklären. Ich dachte spontan an emotionale Verwahrlosung, und war danach ein bißchen traurig, weil die Kinder trotz Rotznase und modischer Fragwürdigkeiten reizend sind – die beiden Kleinen gehen nämlich sehr lieb miteinander um.
Heute hingegen wurde mein Eindruck grundlegend korrigiert. Die Mama war fröhlich, lieb zu den beiden, Späße flogen hin und her. Das Mädel drückte erst ihrem Bruder und dann ihrer Mutter einen spontanen Kuß auf die Wange, der Bruder zog sie zu beiläufig zu sich heran und neckte sie auf diese ganz bestimmte, nur für große Brüder reservierte Art. Am erstaunlichsten aber war die Konversation in den zwanzig Minuten, die wir die Bank teilten, drehte sie sich doch –
um Bücher. Die Mutter zog nacheinander an die zehn Kinderbücher aus ihrer Tasche, präsentierte sie stolz, die Kleine langte danach, Mama vertröstete auf die Lektüre zu Hause. Offensichtlich verbanden sich mit einigen der Bücher Erinnerungen an die eigene Kindheit der Mutter und auch die Absicht, mit ihrer Tochter gemeinsam zu lesen, wurde deutlich. Zum Abendessen wurden Hamburger oder Chicken Fingers festgelegt - mit Pommes, wünschte der Bengel.
Sonderbar, wie zwei verschiedene Gelegenheiten zwei so unterschiedliche, geradezu konträre Eindrücke dieser kleinen Familie abgeben. Bin ich zu neugierig, daß mich derlei zufällig Begegnungen so beschäftigen?
Heute hingegen wurde mein Eindruck grundlegend korrigiert. Die Mama war fröhlich, lieb zu den beiden, Späße flogen hin und her. Das Mädel drückte erst ihrem Bruder und dann ihrer Mutter einen spontanen Kuß auf die Wange, der Bruder zog sie zu beiläufig zu sich heran und neckte sie auf diese ganz bestimmte, nur für große Brüder reservierte Art. Am erstaunlichsten aber war die Konversation in den zwanzig Minuten, die wir die Bank teilten, drehte sie sich doch –
um Bücher. Die Mutter zog nacheinander an die zehn Kinderbücher aus ihrer Tasche, präsentierte sie stolz, die Kleine langte danach, Mama vertröstete auf die Lektüre zu Hause. Offensichtlich verbanden sich mit einigen der Bücher Erinnerungen an die eigene Kindheit der Mutter und auch die Absicht, mit ihrer Tochter gemeinsam zu lesen, wurde deutlich. Zum Abendessen wurden Hamburger oder Chicken Fingers festgelegt - mit Pommes, wünschte der Bengel.
Sonderbar, wie zwei verschiedene Gelegenheiten zwei so unterschiedliche, geradezu konträre Eindrücke dieser kleinen Familie abgeben. Bin ich zu neugierig, daß mich derlei zufällig Begegnungen so beschäftigen?
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Prahl erst...
damenwahl | 03. März 09 | Topic 'Washington'

... wenn Du heim reitest - wußte schon Glatzen Peer aus Ronja Räubertochter. Als meine Lieben zu Hause vor zwei Wochen vom Wintereinbruch in Deutschland berichteten, habe ich schadenfroh Fotos von meiner Wenigkeit im T-Shirt auf der Treppe im Sonnenschein verschickt und froh dem nahenden Frühjahr und den subtropischen Temperaturen entgegengesehen. Da war ich vielleicht etwas voreilig, denn heute morgen: zehn Zentimeter Neuschnee in Washington bei Temperaturen deutlich unter Null und Stillstand des sozialen Lebens. Im Fernsehen kann man sich morgens informieren, welche Schulen und Kindergärten verspätet oder gar nicht öffnen, die Busse waren alle zu spät und auch bei meinem Arbeitgeber war es heute ungewöhnlich leer. Sie hatten sogar die halbe Kantine geschlossen und das Menü gekürzt! Zumutung über Zumutung!
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