Montag, 15. Juni 2009
Männercontent II
Fortsetzung des Männercontent, geht in Verlängerung wegen der vielen Kommentare.

Natürlich kann ich mir Gründe vorstellen, warum die Herren in diesen Ländern so hartnäckig sind. Deshalb finde ich es auch meistens eigentlich nicht wirklich schlimm. Es macht mich neugierig, nachdenklich, manchmal traurig, verwundert mich – aber ich kann mit einem Lächeln über die Sprüche hinweggehen, ohne ernsthaft in meinem Wohlbefinden beeinträchtigt zu sein. Nur ganz selten – an wirklich miesen Tagen – packt mich die Wut, bin ich versucht, ihnen meine Meinung zu sagen. Meistens kann ich mich allerdings beherrschen, wohlwissend, daß es hier um fundamentale kulturellen Unterschieden geht. Hieran lassen sich für mich Toleranz und interkulturelles Verständnis tatsächlich messen: das Verhalten des anderen respektieren (gerade als Gast im Land), auch wenn’s manchmal schwerfällt. Wenn mich jedoch die Wut packt, dann vor allem, weil alle diese Annäherungsversuche so beliebig sind: es geht nicht um mich, mein Aussehen, meine Ausstrahlung – es ist die implizierte Austauschbarkeit, die mich manchmal wütend macht, weil ich mich zum Objekt degradiert fühle. Soviel zur Selbstkritik. Gewissermaßen.

Dennoch finde ich die Beharrlichkeit und Verbreitung dieses Verhaltens bemerkenswert. Es mag Teil der Erklärung sein, daß junge Männer in arabischen Ländern häufig - zumindest an der Oberfläche – mit einem anderen Selbstverständnis und Selbstbewußtsein ausgestattet ins Leben gehen. Weniger Karrierefrauen, weniger offensichtliche Emanzipation*, mehr demonstrative Zelebrierung der Männlichkeit, mehr Enklaven für männliche Gemeinsamkeit und Selbstdarstellung – allein schon die Haltung, wie sie schlaksig schmal und lässig an Hauswänden lehnen oder die Straße herunterstolzieren, die Arme leicht vom Körper abgespreizt, als hätten sie Ping-Pong Bälle dazwischengeklemmt, spricht Bände. Bedauerlich nur, daß mich diese Posen kein bißchen ansprechen oder beeindrucken.
Bei europäischen (oder deutschen?) Männern würde ich mich fragen, wie sie die andauernde Zurückweisung ertragen. Die Herren sprechen ja nicht nur mich an, sondern jede Touristin mit europäischer Optik – und die große Mehrheit wird wohl nicht darauf eingehen. Also fängt sich so ein junger Hengst vermutlich an einem Tag etliche Körbe ein. Interessiert ihn das nicht? Ist es ihm eigentlich doch recht egal? Zählt ein Korb von Touristinnen nicht? Oder ist die minimale Chance auf Erfolg es wert, so viele Kröten zu küssen, die sich nicht in Prinzessinnen verwandeln?

Womit wir bei der Frage der tieferen Absicht sind. Die Medien transportieren natürlich auf mehr oder weniger subtile Weise das Bild der zu jeder Schandtat gewillten Europäerin mit entschieden libertären Ansichten – was wiederum Möglichkeiten eröffnet, die ein junger Tunesier mit der Tochter von Freunden des Hauses sicher nicht hat.** Also geht er anderswo auf die Jagd – kann ich mir vorstellen. Und wenn dabei noch die Chance winkt, den Absprung ins wirtschaftliche Mekka, Ziel aller Wünsche, zu vollziehen – umso besser. Vielleicht ist also die winkende, lockende Belohnung die vielen vergeblichen Anläufe wert?

Anderereseits: Am Samstag war ich aus und habe einen durchaus gebildeten, auch gut ausgebildeten und vermutlich gut verdienenden jungen Mann getroffen. Und muß sagen: ich habe seit Jahren keinen so ungeschickten, tapsigen, und unbeholfenen Annäherungsversuch mehr erlebt. Schob sich umgehend nach der Vorstellung durch eine Freundin beim Tanzen an mich ran und erklärte nach drei Sätzen Konversation: „You are so beautiful“. Das war übrigens kein Ausbund strotzender Männlichkeit, sondern ein eher zurückhaltender Typ. Er machte den Eindruck, als könne er auch ohne deutsche Freundin Wege übers Mittelmeer finden, wenn er denn wollte. Also warum? Wenn es ihm nicht um strategische Wege nach Europa geht, aber auch nicht um mich (dafür war seine Attacke zu unengagiert und beliebig) – worum dann? Ich weiß es nicht. Manchmal juckt es mich in den Fingern zu fragen. Aus Neugier. Weil ich gerne verstehe, wie Menschen denken, was in ihnen vorgeht. Vielleicht sollte ich das irgendwann mal machen – die Antwort könnte erhellend sein.


* Wobei ich immer wieder feststelle, daß die Frauen im Orient keineswegs unterdrückt sind, sondern auf ihre eigene Art Einfluß ausüben und gerade in der gebildeten Oberschicht auch Karriere machen.
** Ganz ähnlich in Deutschland: bei uns zu Hause in der Provinz glaubt mancher, daß unter jedem Turban eine Bombe und unter jedem Kopftuch ein unterdrücktes Weibchen stecken muß – Vorurteile und Clichés gibt es überall.

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Freitag, 12. Juni 2009
Männercontent
Ich befinde mich inzwischen geradezu auf der Flucht vor arabischen Männern. Als offensichtlich europäische Frau hat man auf der Straße nie wirklich seine Ruhe. „Bonjour la gazelle“, „Salut mademoiselle“, „Comment allez-vous, welcome!„ - Blicke folgen einem auf Schritt und Tritt, in Cafés und Restaurants wird man von der Seite oder gleich direkt von vorne beäugt. Dafür setzt Madame ihre Sonnenbrille auf, vermeidet jeglichen Blickkontakt und geht einfach weiter. Souverän.

Manchmal funktioniert das allerdings nicht: im Schatten sitzend, ein Buch lesend, ist die Sonnenbrille eher hinderlich. Neben mir am Tisch sitzen zwei Herren, einer sehr jugendlich, der andere ergraut aber dennoch jugendlich – die Haarfarbe wirkt ganz fremd an ihm. Mit großem Feingefühl für den rechten Moment sprechen sie mich an, als gerade meine Crèpe gebracht wird. Ob ich mich mit ihnen unterhalten wolle? Nun, gerade jetzt ist etwas ungünstig. Aber danach? Peut-être... . Als ich später versuche, unauffällig zu verschwinden, leihen sie sich meinen Kugelschreiber aus, reißen den Kopf von einer Arztrechnung (!) ab und geben mir ihre Nummer.

Dann ist da der Syrer, der mich inzwischen geradezu hartnäckig verfolgt. Ich war abends eine letzte Zigarette auf dem Balkon rauchen, abends im Hotel, er saß im angrenzenden Frühstücksraum. Folgte mir nach draußen. Suchte nach englischen Wörtern. Linste verstohlen auf meinen Zimmerschlüssel. Und klopfte zehn Minuten später zaghaft an meine Zimmertür – ob ich eine Zigarette habe – ob wir nicht zusammen... die Zigarette... meine Gesellschaft. Alles ein bißchen verdruckst und verlegen. Eine Zigarette konnte er gerne haben, meine Gesellschaft ganz sicher nicht. Am nächsten Abend saß er schon bereit, als ich ins Hotel kam, erwartungsvoll im Frühstücksraum – und ich bin unten vor die Tür geflüchtet. Ich genieße die gelegentlichen fünf Minuten geistiger Einkehr, lasse meine Gedanken schweifen, träume von der Zukunft, wie sie sein sollte – und mag Gesellschaft dabei überhaupt nicht. Also Flucht.
Kaum hatte ich den ersten Zug eingeatmet, schon sprach mich ein Passant an: Er sei Tunesier... sein Leben lang in Paris gelebt... Deutschland so schön... so ordentlich..... so effektiv und gründlich, wie sich im 2. Weltkrieg gezeigt habe... ich sei merveilleuse, ... schön, klug, und so einige andere schmeichelhafte Adjektive. Ganz offensichtlich ein Mann rascher Entschlüsse – oder zumindest rascher Beurteilung, nicht wahr?

Zu meiner großen Erleichterung scheint der verdächtig anhängliche Syrer inzwischen abgereist – nicht ohne zuvor noch einige Male an meine Tür geklopft zu haben – dafür wurde ich gestern im fraglichen Frühstücksraum von einem anderen Hotelgast um Rat gefragt: er studiere in Tunesien Geographie und wolle diese seine Studien nun in Deutschland oder Frankreich fortsetzen, aber ach!, die bürokratischen Hürden.... ob ich nicht helfen und beraten könne? Konnte ich nicht. Kenne mich weder mit Geographie noch mit Uni Bewerbungen aus. Nein, wirklich nicht.

Mal ehrlich? Was denken sich die Herren dabei? Bin ich ein Reisepaß auf zwei Beinen? Die wandelnde Eintrittskarte ins gelobte Land Europa? Glauben sie ehrlich, ich sei hier auf Männersuche? Oder würde mich auf der Straße so einfach aufreißen lassen, mit einigen lumpigen (und, nebenbei bemerkt, unglaubwürdigen) Komlimenten? Ich weiß, es gibt europäische Damen, die mit anderen Absichten in Afrika auf Reisen gehen, und dennoch – ich stehe dem völlig ratlos und verständnislos gegenüber.

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Müllcontent
Die Müllabfuhr war da! Bitte beachten: die Tonne steht doch mitten auf der Straße gerade richtig, oder?

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Donnerstag, 11. Juni 2009
Heute bin ich schlecht gelaunt. Aber zum Wochenende gibt es hier Männer- und Müllcontent. In Wort und Bild. Raten Sie mal, welches welches wird... .

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