Sonntag, 5. Juli 2009
Apotheke und Pharmacie
Heute die erste Malaria Tablette genommen. Wenn ich in der nächsten Woche von meinen Hochzeitsplänen mit Prinz William von England berichte oder Ambitionen entwickele, die Nachfolge von Idi Amin anzutreten, wissen Sie, woran es liegt.

In Deutschland ist aufwendig, eine Reise in tropische Gebiete vorzubereiten. Man geht zum Tropenarzt, benötigt Impfungen und Rezepte, muß im Zweifel bestimmte Medikamente in der Apotheke bestellen, dann werden vielleicht noch Eintragungen im Impfausweis vorgenommen (Gelbfieber, zum Beispiel) und auf jeden Fall ist man am Ende finanziell deutlich ärmer als vorher. Das weiß ich so genau, weil ich mich schon in Deutschland über eine eventuelle Malaria Prophylaxe gekümmert hatte, aufgrund der horrenden Preise allerdings nur zwei Packungen von dem sündhaft teuren Medikament erstanden habe – genug für den zweiwöchigen Aufenthalt, der für meinen noch-Arbeitgeber in Subsahara Afrika geplant war.

Jetzt werden es aber nahezu drei Monate und nach allgemeiner Empfehlung und eindringlichem Rat von Personen, die eine Woche mit Malaria in der afrikanischen Provinz darnieder lagen, ist Komplett-Prophylaxe bei diesem Zeitraum durchaus noch ratsam. Ich habe also schon vor einer Woche angefangen, mich in einer Pharmacie zu erkundigen, ob mein Medikament (ich benötige weitere fünf Schachteln) erhältlich oder bestellbar sei. Malaria? Ich ernte verwirrte Blicke – nein, so etwas führe man nicht, könne man auch nicht bestellen, wird umgehend verkündet. In der nächsten Apotheke habe ich mehr Glück, der Apotheker ist willens, sich den Wirkstoff zu notieren und Nachforschungen zu betreiben. „Malariamittel“ notierte er sorgsam auf seinem Zettel, bevor ich ihn darauf hinweise, daß die Wirkstoffe Atovaquon und Proguanil heißen. Ach so. Nun, ich möge am Montag anrufen, dann könne er weitere Auskünfte erteilen. Die Auskunft, als sie schließlich kam: nicht erhältlich. Aber die Apotheke am Flughafen sei bekannt für ihre besonders gute Sortierung, die möge ich probieren. Was ich tat, nur um mir dort den nächsten Korb zu holen. Diesmal von einer mißmutigen Frau mittleren Alters, die sich nicht einmal die Mühe machte, irgendwas zu kontrollieren oder nachzuschauen, dafür aber erklärte, bei der Contrôle Sanitaire im Erdgeschoß gebe es Malariaprophylaxe umsonst. Auf meine Frage, ob sie denn wenigstens ein vernünftiges Mückenrepellent habe, wurde mir das hier allgegenwärtige Citronella Spray angedient. Organischer Herkunft, taugt es keineswegs zur ernsthaften Mückenabwehr. Die insistierende Nachfrage nach stärkeren, chemischen Mitteln hätte ich besser gelassen, ich wurde geradezu vor die Tür gesetzt. Im übrigen war die Apotheke am Flughafen eher provinzieller in der Ausstattung als jene vor meiner Haustür. Fest steht: ich weiß nicht, über welche Fähigkeiten tunesische Apotheker verfügen, aber Fachkompetenz ist nicht ihre ausgeprägteste Stärke – schließe ich aus meinen Erfahrungen mit vier Repräsentanten dieser Berufsgruppe hier.

Am folgenden Tag habe ich in meiner Verzweiflung das Medical Center meines Arbeitgebers aufgesucht als letzte Hoffnung, eine qualifizierte Aussage zur Verfügbarkeit von Malaria Medikamenten zu erhalten. Im Gespräch wurde im Subtext deutlich, daß man mir notfalls auch dort aushelfen könne (obwohl ich technisch gesehen nur Praktikantin bin und nicht auf dienstlich veranlaßte Reisen gehe), ich möge es aber doch noch einmal am Flughafen in der Contrôle Sanitaire versuchen, das sei nämlich ganz offiziell die einzige Ausgabestelle für Malaria Medikamente in Tunesien. Keine Pharmacie könne oder dürfe die Präparate bestellen oder aushändigen. Da muß man sich doch fragen: hätte mir einer der pharmazeutischen Helden das nicht gleich sagen können? Abends also erneut zum Flughafen, sehr zögerlich in das völlig kahle, kleine Büro getreten, wo ein relativ junger Mann Wache hielt. Ich trug mein Anliegen vor, verwendete reichlich „désesperé“ und „je ne sais pas“ – und siehe da: anstandslos wurden mir zwei Packungen Mefloquine ausgehändigt, genug für drei Monate, mit vielen freundlichen Ermahnungen und Ratschlägen versehen. Er kopierte meine Adresse und Paßnummer, schob die Packungen über den Tisch. Fertig.

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Sonntag, 5. Juli 2009
Umziehen!
Ich finde es wirklich ganz reizend von Ihnen, daß Sie mich alle (drei) im langweiligen Tunis lieber sehen. Setze mich aber dennoch über den Wunsch meiner vielzähligen Leserschaft hinweg: Der Flug ist gebucht! Das Visum bekomme ich Montag, inscha’allah. Und am Samstag werde ich mir beim Layover in Frankfurt noch „Heart of Darkness“ besorgen – in Kinshasa gibt es nämlich nach Aussage von Freunden keine Buchläden. Auch keine Post.
Das Land ist so fast so groß wie ganz Westeuropa (Spanien, Frankreich, Deutschland, Schweden und Norwegen zusammen) und hat über 60 Millionen Einwohner. Aber nur 100.000 Bankkonten. 60 Bankfilialen im ganzen Land, davon die Mehrheit in der Hauptstadt. Wo wiederum vor zwei Jahren noch gekämpft und geschossen wurde. Gut, daß meine Mama nicht mitliest. Als lokale Spezialität wurde mir von Kollegen Affenhirn empfohlen. Sollte ich mich dazu durchringen, werde ich berichten, versteht sich.

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Freitag, 3. Juli 2009
Katzencontent




Wenn es hier Youtube gäbe, würde ich verlinken.
Statt dessen:
Verdi, Don Carlos, Toi qui sus le neant des grandeurs de ce monde

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Mondpreise
Gestern mußte ich nach der Arbeit für einen kurzen Abstecher zum Flughafen. Ein netter Taxiste sammelte mich auf dem Hinweg ein, obwohl er schon einen Gast hatte, was aber kein Problem war, denn:
1) der andere Fahrgast verstand offenbar nur die Hälfte
2) der Flughafen lag auf dem Weg des anderen Fahrgasts
3) die Sitte, mehrere Passagiere mitzunehmen, und alle voll bezahlen zu lassen, ist durchaus üblich in Nordafrika. Ich war in Eile und froh, so schnell Transport gefunden zu haben, also habe ich großzügig aufgerundet beim Aussteigen.

Auf der Rückfahrt am Flughafen-Taxistand begaben sich jedoch unerfreuliche Dinge. Obwohl ich ja offensichtlich kein neu eingetroffenes Touristenfrischfleisch war (nur Handtasche überm Arm), stürzten sich etliche Taxifahrer auf mich. Ich folgte dem zuvorderst stehenden, während er mir versicherte: "prix correcte...."
Beim einsteigen erklärte ich, ich wolle nach Berges du Lac, zum Monoprix (Supermarkt, Nähe Wohnung). Der Fahrer schaute verwirrt, Monoprix? Il n y a pas du Monoprix! Nun weiß ich ganz genau, daß es da einen Monoprix gibt, war ja oft genug drinnen. Bin also wieder ausgestiegen, habe noch gesagt "prix correcte, hein?" weil er mich ganz offensichtlich für dumm verkaufen wollte - jeder, wirklich jeder kennt den Monoprix in Berges du Lac.
Kaum ausgestiegen wurde ich schon wieder umschwärmt, erklärte entschlossen meine Zielwünsche, verwundertes Kopfschütteln, Gruppendummheit, meine Frage, wer denn hier wohl ortsfremd und ortsunkundig sei - sie oder ich - erntete Protest. Am Ende bin ich außerhalb der langen Schlange in ein Taxi eingestiegen, das gerade jemanden abgesetzt hatte. Die Strecke nach Hause war wirklicht nicht weit, 2,5 Dinar, ich habe einen Fünfer rnach vorne gereicht und bekam nur einen Einer zurück.
Ich habe mich beschwert und mein Rückgeld verlangt. Taxiste nuschelte "pour-boire....", ich erklärte, das pour-boire würde ich immer noch selbst bestimmen und ich wolle noch einen Dinar zurück haben... andere Taxis, schimpfte er, hätten mir zehn Dinar abverlangt.... ich sei aber keine blöde Touristin und wollle jetzt mein Geld haben.... er schmiß mir das gesamte 5-Dinar Stück vor die Füße.... ich gab es ihm zurück und forderte erneute mein Wechselgeld.... er wurde grob, schimpfte unverständliches Zeug, durchsetzt mit arabischen Schimpfwörtern,.... ich erhielt schlußendlich mein Geld und stieg aus.

Nun bin ich wirklich nicht kleinlich: ich runde immer auf, im Taxi wie im Café. Ich gebe Zakat, wenn mich die Armen auf der Straße anhalten, und auch nicht wenig. Und zwar wirklich immer. Aber ich mag mich nicht mit Mondpreisen über den Tisch ziehen lassen. Aus Prinzip.*

* Zumal ich später gelernt habe, daß die in der offiziellen Schlange wartenden Taxis tatsächlich eine Sondersteuer von 2 Dinar bezahlen müssen für diesen bevorzugten Warteplatz - mein Taxifahrer jedoch nicht, da er ja nicht in der Schlange gewartet hatte, sondern gerade erst einen Fahrgast abgesetzt hatte.

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