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Mademoiselle Damenwahl plant ihr Wochenende:
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Eigenlob und ein Zug
Ich befürchte leider, daß meine Kollegen – alle doppelt so alt wie ich und semi-Rentner, die sich nach erfolgreicher Karriere noch ein bißchen die Zeit vertreiben – keine sehr hohe Meinung von mir haben. Da ich an meinem ersten Arbeitstag vor einer Woche völlig unvorbereitet war (ich hatte ja erst 12 Stunden vorher nach 12 Stunden Reise erfahren, daß mein Einsatz in endlosen Gesprächen gefordert sein würde) und ich außerdem bei hochspezialisierten Fachthemen gelegentlich mit dem Vokabular kämpfe (wußten Sie, daß Mercuriale eine staatlich gesetzte Preisgrenze ist? Nein? Tröstlich, ich nämlich auch nicht.), habe ich die ersten Tage vermutlich multi-inkompetent gewirkt. Ganz nebenbei betrete ich gerade inhaltliches Neuland, indem ich zum ersten Mal erlebe, wie sich die Themen meiner Diplomarbeit in der Praxis gestalten. Gestern jedoch konnte ich Boden gutmachen und da sei es mir gestattet, hier eine Runde anzugeben.
Erstens habe ich angeboten, einen Termin mit einer wichtigen Firma zu vereinbaren. Die lieben Kollegen beklagten nämlich, ihnen fehle die Zeit zum rumtelefonieren und der gewünschte Gesprächspartner gehe nie an sein Handy. Keine große Überraschung, die Nummer ist ja auch abgemeldet, aber mit etwas Internet-Recherche konnte ich die Firmenzentrale erreichen und dort nannte mir die Nummer des Geschäftsführers, der sich wiederum bereit erklärte, uns morgen früh um 7h30 (!) zu empfangen. In seinem Büro, etwas außerhalb der Stadt.
Zweitens konnte ich gestern Abend zu fortgeschrittener Stunde ein logistisches Problem grandios lösen. Einer unserer zwei Fahrer hat ein krankes Kind und daher gebeten, heute Vormittag später anfangen zu dürfen. Das wurde gerne bewilligt, allerdings stellte sich später heraus, daß wir morgens mit vier Personen drei unterschiedliche Termine wahrnehmen sollten und dafür nurmehr einen Fahrer haben würden. Meine vielfältigen Taxifahrer Erfahrungen machten sich jetzt nützlich, innerhalb von dreißig Minuten konnte ich mir einen anderen Fahrer organisieren und meinen den lieben Kollegen überlassen. Das hatte außerdem den Vorteil, daß ich nicht mit meinem eigenen Fahrer – seines Zeichens völlig orientierungslos in der Stadt – aufbrechen mußte, sondern jemanden an meiner Seite hatte, der sich gut auskennt.
Auf dem Weg kamen wir an jenen Quartiers populaires vorbei, die mich schon auf dem Weg zum Flughafen mit Entsetzen erfüllt haben. Kinder in Schuluniformen, ein Vater mit seinem kleinen Sohn an der Hand, Marktfrauen in klapprigen Holzbüdchen, und viel zu viele Kinder ohne Schuluniform. Auf dem Rückweg außerdem ein Zug. Die Gleise waren mir schon auf dem Hinweg aufgefallen, allerdings wäre ich nie darauf gekommen, daß die noch benutzt werden. Personenverkehr auf der Schiene gibt es im Kongo praktisch nicht, außer diesem einen Zug aus den 60er Jahren in Kinshasa, der den Flughafen mit der Innenstadt – genauer: dem Expat Viertel Gombe – verbindet. Ich mußte beim Anblick des Zuges an die alten Flugzeuge denken, die man gelegentlich als Denkmäler auf Flughäfen bewundern kann und bei denen man sich unwillkürlich wundert, wie Reisen wohl früher war und ob die Maschine noch funktionstauglich ist. Der Zug war so alt, daß vermutlich selbst der Schrottwert in Deutschland keine zweistellige Summe ergeben hätte, aber er fuhr. Und wie. Vollbeladen mit Menschen, sie hingen in Trauben aus den Fenstern, tanzten in Gruppen auf dem ersten und letzten Wagen und dazwischen spielten junge Männer fangen –auf dem Dach. Einer sprang auf und ab, über Minuten, und freute sich, daß er immer etwas weiter hinten landete, während der Zug unter ihm durchfuhr. Bis er ans Ende des Waggons kam. Der Zug hielt immer wieder an, fuhr ein Stück, hielt wieder an und braucht sicherlich zwei Stunden für die gesamte Strecke bei dem Tempo. Immerhin ist er umsonst, erklärte mein Fahrer, ein Service der Hafenbehörde – was immer die mit Schienen zu tun haben mag – für die Armen, um sie den Geschäftsmöglichkeiten der Innenstadt näherzubringen. Mein Fahrer hingegen: Alles Diebe! Schlecht für uns, die sollen lieber draußen bleiben!
Erstens habe ich angeboten, einen Termin mit einer wichtigen Firma zu vereinbaren. Die lieben Kollegen beklagten nämlich, ihnen fehle die Zeit zum rumtelefonieren und der gewünschte Gesprächspartner gehe nie an sein Handy. Keine große Überraschung, die Nummer ist ja auch abgemeldet, aber mit etwas Internet-Recherche konnte ich die Firmenzentrale erreichen und dort nannte mir die Nummer des Geschäftsführers, der sich wiederum bereit erklärte, uns morgen früh um 7h30 (!) zu empfangen. In seinem Büro, etwas außerhalb der Stadt.
Zweitens konnte ich gestern Abend zu fortgeschrittener Stunde ein logistisches Problem grandios lösen. Einer unserer zwei Fahrer hat ein krankes Kind und daher gebeten, heute Vormittag später anfangen zu dürfen. Das wurde gerne bewilligt, allerdings stellte sich später heraus, daß wir morgens mit vier Personen drei unterschiedliche Termine wahrnehmen sollten und dafür nurmehr einen Fahrer haben würden. Meine vielfältigen Taxifahrer Erfahrungen machten sich jetzt nützlich, innerhalb von dreißig Minuten konnte ich mir einen anderen Fahrer organisieren und meinen den lieben Kollegen überlassen. Das hatte außerdem den Vorteil, daß ich nicht mit meinem eigenen Fahrer – seines Zeichens völlig orientierungslos in der Stadt – aufbrechen mußte, sondern jemanden an meiner Seite hatte, der sich gut auskennt.
Auf dem Weg kamen wir an jenen Quartiers populaires vorbei, die mich schon auf dem Weg zum Flughafen mit Entsetzen erfüllt haben. Kinder in Schuluniformen, ein Vater mit seinem kleinen Sohn an der Hand, Marktfrauen in klapprigen Holzbüdchen, und viel zu viele Kinder ohne Schuluniform. Auf dem Rückweg außerdem ein Zug. Die Gleise waren mir schon auf dem Hinweg aufgefallen, allerdings wäre ich nie darauf gekommen, daß die noch benutzt werden. Personenverkehr auf der Schiene gibt es im Kongo praktisch nicht, außer diesem einen Zug aus den 60er Jahren in Kinshasa, der den Flughafen mit der Innenstadt – genauer: dem Expat Viertel Gombe – verbindet. Ich mußte beim Anblick des Zuges an die alten Flugzeuge denken, die man gelegentlich als Denkmäler auf Flughäfen bewundern kann und bei denen man sich unwillkürlich wundert, wie Reisen wohl früher war und ob die Maschine noch funktionstauglich ist. Der Zug war so alt, daß vermutlich selbst der Schrottwert in Deutschland keine zweistellige Summe ergeben hätte, aber er fuhr. Und wie. Vollbeladen mit Menschen, sie hingen in Trauben aus den Fenstern, tanzten in Gruppen auf dem ersten und letzten Wagen und dazwischen spielten junge Männer fangen –auf dem Dach. Einer sprang auf und ab, über Minuten, und freute sich, daß er immer etwas weiter hinten landete, während der Zug unter ihm durchfuhr. Bis er ans Ende des Waggons kam. Der Zug hielt immer wieder an, fuhr ein Stück, hielt wieder an und braucht sicherlich zwei Stunden für die gesamte Strecke bei dem Tempo. Immerhin ist er umsonst, erklärte mein Fahrer, ein Service der Hafenbehörde – was immer die mit Schienen zu tun haben mag – für die Armen, um sie den Geschäftsmöglichkeiten der Innenstadt näherzubringen. Mein Fahrer hingegen: Alles Diebe! Schlecht für uns, die sollen lieber draußen bleiben!
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Petitessen
Ich darf noch einmal zu der Firma mit den Booten gehen und weitere dumme Fragen zum Exportgeschäft stellen. Das eröffnet zumindest theoretisch die Möglichkeit, sich noch mal ausführlich über les transports fluviales auszutauschen -- ob das allerdings zu einer Einladung zu zwei Wochen Kongo-Kreuzfahrt führt, wage ich zu bezweifeln.
Ich würde das ja sofort machen, ich würde auch ein Vermögen in UMTS Einheiten investieren, um meine geschätzten Leser über sämtliche Abenteuer zu informieren, aber mal ehrlich: ich kann doch nicht einfach so ein Ansinnen stellen. Nur weil Madame gerne mal zum Privatvergnügen Bötchen fahren möchte? Leider bin ich auch sehr ungeschickt darin, solche Themen diplomatisch einzuleiten und Gespräche in meinem Sinne zu steuern, also machen Sie sich bitte keine Hoffnungen. Als Ersatz: Blood River von Tim Butcher lesen. Hat hier vor Ort Heart of Darkness als Pflichtlektüre aller Expatriates abgelöst.
In der Zwischenzeitlangweile ich mich lerne ich weiter viel in endlosen Meetings. Ein neuer Kollege ist Franzose und spricht in diesem ganz eigenen, leisen Singsang, den ich entsetzlich schlecht verstehe. Der englische Kollege spricht unverdrossen Französisch mit englischem Akzent, "mais" hört sich an wie "may" und geht mir damit fürchterlich auf den Keks. Überhaupt mag ich Menschen nicht, die immer so leise sprechen, daß man sie kaum versteht. Im Gymnasium hatte ich einen Lehrer, der dadurch seine Klassen strategisch disziplinieren wollte und ich fand es damals genauso dämlich wie heute. Vor allem angesichts der allgegenwärtigen Klimaanlagen im Hintergrund eine anstrengende Angewohnheit, die mir lange Termine geradezu zur Qual macht.
Was noch? Gestern hatte ich entschieden, meinen Laptop Akku zu schonen und nicht mit ins Büro zu nehmen, mich folglich aufs Stromnetz zu verlassen. Ganz falsche Entscheidung, sechs Mal gingen im Laufe des Tages die Lichter aus und obendrein scheine ich in einem Büro zweiter Klasse gelandet zu sein: die Lichter gingen bei mir nämlich immer erst zwei Minuten später an als im restlichen Gebäude. Weiß jemand zufällig, ob es dem Rechner schadet, wenn er so oft durch Stromausfall kaltgestellt wird (und nicht ordnungsgemäß heruntergefahren)? Dann müßte ich meine Prioritäten noch mal überdenken.
Ich würde das ja sofort machen, ich würde auch ein Vermögen in UMTS Einheiten investieren, um meine geschätzten Leser über sämtliche Abenteuer zu informieren, aber mal ehrlich: ich kann doch nicht einfach so ein Ansinnen stellen. Nur weil Madame gerne mal zum Privatvergnügen Bötchen fahren möchte? Leider bin ich auch sehr ungeschickt darin, solche Themen diplomatisch einzuleiten und Gespräche in meinem Sinne zu steuern, also machen Sie sich bitte keine Hoffnungen. Als Ersatz: Blood River von Tim Butcher lesen. Hat hier vor Ort Heart of Darkness als Pflichtlektüre aller Expatriates abgelöst.
In der Zwischenzeit
Was noch? Gestern hatte ich entschieden, meinen Laptop Akku zu schonen und nicht mit ins Büro zu nehmen, mich folglich aufs Stromnetz zu verlassen. Ganz falsche Entscheidung, sechs Mal gingen im Laufe des Tages die Lichter aus und obendrein scheine ich in einem Büro zweiter Klasse gelandet zu sein: die Lichter gingen bei mir nämlich immer erst zwei Minuten später an als im restlichen Gebäude. Weiß jemand zufällig, ob es dem Rechner schadet, wenn er so oft durch Stromausfall kaltgestellt wird (und nicht ordnungsgemäß heruntergefahren)? Dann müßte ich meine Prioritäten noch mal überdenken.
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Noch mehr Meetings
Heute habe ich einen Hafen besichtigt. Privat-Hafen. Am Fluß. Davor kamen allerdings drei endlose Stunden Meeting, in dessen Verlauf ich gelernt habe, daß es einfacher sein dürfte, eine Ladung Drogen ins Kanzleramt zu schmuggeln, als einen Sack Kakao aus diesem Land zu exportieren. Der Geschäftsführer und seine Assistenten waren für sich schon eine Attraktion. Anfangs war ich mir nicht einmal sicher, wer in jenem Laden die Hosen anhat. Wir wurden empfangen von einem Mann mit dem Aussehen von Jean Reno und der Stimme eines hysterischen Teenagers im Stimmbruch, in Jeans und Hemd, die feisten Handgelenke in etliche Armbänder gezwängt. Sah schmerzhaft aus. Optisch noch weniger seriös war der Geschäftsführer, der aussah wie ein Europäer mit zuviel Sonnenbankbesuchen, sich allerdings als halber Kongolese herausstellte. Unter dem offenen schwarzen Hemd mit silbernen Applikationen schlängelte sich eine fette Goldkette über die üppig behaarte Brust und seine beiden Söhne orientierten sich modisch ganz deutlich am Vater, hatten allerdings marginal weniger häßliche Hemden an. Während des Gesprächs mit einem der Jungs konnte ich kaum die Augen vom bis zum Bauchnabel offenen Hemdausschnitt lassen und wünschte, ich hätte annähernd ebenso viele Haare auf dem Kopf wie dieser junge Mann auf der Front. Der dritte im Bunde war ein leitender Mitarbeiter, der einzige Kongolese in unserer Runde, der überaus distinguiert und deutlich geschäftsführermäßiger gekleidet war als seine Vorgesetzten. In klassischem Hemd mit Doppelmanschette linste er professoral über seine auf der Nasenspitze balancierende Brille hinweg und überschüttete uns mit Wäschekörben von Unterlagen zu all unseren Fragen. Nett jedoch, waren sie alle. Sehr sogar!
In aller Ausführlichkeit lernten wir sämtliche Schritte des Exportgewerbes kennen. Die Plantagen sind 700 bis 1.000 km flußaufwärts gelegen, allein der Transport nach Kinshasa zur Abfertigung und Prüfung der Ware nimmt schon mindestens zehn Tage in Anspruch. Weiter östlich im Land sind nicht nur die Wege länger, sondern auch noch diverse Zölle der Provinzregierungen einzukalkulieren. Während die Fracht sich auf den Weg macht, muß eine Exportlizenz beantragt werden, in Kinshasa werden die Güter sortiert, verpackt und geprüft. Dafür sind je nach Produkt diverse Behörden verantwortlich, die zwar teilweise seit kurzem keine Behörden mehr sind, was sie aber nicht davon abhält, nach alter Sitte weiter behördliche Anordnungen auszustellen, sehr zum Leidwesen der kläglichen Überreste der Privatwirtschaft. Außerdem müssen der entsprechende Devisenverkehr bei der Zentralbank registriert und Frachtpapiere sowie diverse Zollunterlagen vorbereitet werden. In Kinshasa geht es flußabwärts nicht weiter (Wasserfälle und Stromschnellen), daher kommt alles auf die Schiene zum Hafen in Matadi, weitere vier Tage Transport für etwa dreihundert Kilometer. Während die Container auf ihre Verladung warten, gilt es, Unterlagen von vier Behörden einzusammeln, gegebenenfalls zuzüglich weiterer Qualitätskontrollen die vom importierenden Land oder Kunden gefordert werden. Insgesamt, ich habe es gerade noch mal nachgezählt, fünfzehn Arbeitsschritte, bis die Ladung das Land verläßt, ohne die parallelen Zahlungsvorgänge für die ganzen Formalitäten. Sollte ich jemals den Wunsch äußern, hier im Import-Export-Geschäft aktiv zu werden, halten Sie mich bitte davon ab, gerne auch mit Gewalt.
Zum Abschluß unseres Gesprächs durften wir den Hafen besichtigen, glücklich, wer es zumindest in Kinshasa vermeiden kann, die staatlichen Hafenanlagen zu nutzen, die notorisch unzuverlässig sind und außerdem weder Eile noch Effizienz kennen. Während der Chef sich gleich neben dem Rauchen-Verboten Schild unterhalb der Lagersilos eine Zigarette anzündete, erläuterte er deren Inhalte. Auf dem Gelände standen etliche Zwanzig-Fuß-Container und am Kai lagen mehrere flacheSchrottkähne Frachter nebeneinander (also: Seite an Seite, man hätte von einem zum nächsten klettern können). Der äußerste sah sogar noch leidlich fahrtüchtig aus. Auf einem weniger vertrauenerweckenden Kahn saß eine afrikanische Großfamilie bei der Vorbereitung des Abendessens, direkt davor zwei flache einheimische Baumstamm-Boote mit Fischern, die gerade ihre Netze einholten – wenn so die lokale Fischerei aussieht, werde ich zukünftig keinen Fisch mehr im Restaurant essen. Auf dem Fluß trieben kleine Grasschollen, als hätte jemand einen halben Golfplatz auf Reisen geschickt, während ein Speedboat der Wasserpolizei vorbeischoß.
Der junge Mann mit dem beeindruckenden Brustfell erzählte, daß er nächste Woche mit seinem Vater zu den Plantagen reisen würden und oh!- wie gerne würde ich mitfahren. Ich möchte soviel sehen und für einen Moment habe ich mir vorgestellt, ich könnte den Dezember nutzen um etwas so völlig absurdes zu machen, wie zwei Wochen mit einem Kahn flußaufwärts das Land zu sehen. Mit solchen Hintergedanken habe ich mich bemüht, besonders aufmerksam dem jungen Mann zuzuhören und dabei treuherzig zu schauen, aber ich war wohl nicht genug und die verbleibenden fünf Minuten zu kurz für einen ernsthaften Flirt. Sehr schade, das, aber ich war ja in offizieller Mission dort und konnte mich ihm nicht einfach an den Hals werfen und solche kuriosen Ansinnen äußern.

Hafengelände, das ich bei anderer Gelegenheit fotografiert habe – der gestrige war wesentlich aufgeräumter, die Frachter jedoch in nur unwesentlich besserem Zustand.
In aller Ausführlichkeit lernten wir sämtliche Schritte des Exportgewerbes kennen. Die Plantagen sind 700 bis 1.000 km flußaufwärts gelegen, allein der Transport nach Kinshasa zur Abfertigung und Prüfung der Ware nimmt schon mindestens zehn Tage in Anspruch. Weiter östlich im Land sind nicht nur die Wege länger, sondern auch noch diverse Zölle der Provinzregierungen einzukalkulieren. Während die Fracht sich auf den Weg macht, muß eine Exportlizenz beantragt werden, in Kinshasa werden die Güter sortiert, verpackt und geprüft. Dafür sind je nach Produkt diverse Behörden verantwortlich, die zwar teilweise seit kurzem keine Behörden mehr sind, was sie aber nicht davon abhält, nach alter Sitte weiter behördliche Anordnungen auszustellen, sehr zum Leidwesen der kläglichen Überreste der Privatwirtschaft. Außerdem müssen der entsprechende Devisenverkehr bei der Zentralbank registriert und Frachtpapiere sowie diverse Zollunterlagen vorbereitet werden. In Kinshasa geht es flußabwärts nicht weiter (Wasserfälle und Stromschnellen), daher kommt alles auf die Schiene zum Hafen in Matadi, weitere vier Tage Transport für etwa dreihundert Kilometer. Während die Container auf ihre Verladung warten, gilt es, Unterlagen von vier Behörden einzusammeln, gegebenenfalls zuzüglich weiterer Qualitätskontrollen die vom importierenden Land oder Kunden gefordert werden. Insgesamt, ich habe es gerade noch mal nachgezählt, fünfzehn Arbeitsschritte, bis die Ladung das Land verläßt, ohne die parallelen Zahlungsvorgänge für die ganzen Formalitäten. Sollte ich jemals den Wunsch äußern, hier im Import-Export-Geschäft aktiv zu werden, halten Sie mich bitte davon ab, gerne auch mit Gewalt.
Zum Abschluß unseres Gesprächs durften wir den Hafen besichtigen, glücklich, wer es zumindest in Kinshasa vermeiden kann, die staatlichen Hafenanlagen zu nutzen, die notorisch unzuverlässig sind und außerdem weder Eile noch Effizienz kennen. Während der Chef sich gleich neben dem Rauchen-Verboten Schild unterhalb der Lagersilos eine Zigarette anzündete, erläuterte er deren Inhalte. Auf dem Gelände standen etliche Zwanzig-Fuß-Container und am Kai lagen mehrere flache
Der junge Mann mit dem beeindruckenden Brustfell erzählte, daß er nächste Woche mit seinem Vater zu den Plantagen reisen würden und oh!- wie gerne würde ich mitfahren. Ich möchte soviel sehen und für einen Moment habe ich mir vorgestellt, ich könnte den Dezember nutzen um etwas so völlig absurdes zu machen, wie zwei Wochen mit einem Kahn flußaufwärts das Land zu sehen. Mit solchen Hintergedanken habe ich mich bemüht, besonders aufmerksam dem jungen Mann zuzuhören und dabei treuherzig zu schauen, aber ich war wohl nicht genug und die verbleibenden fünf Minuten zu kurz für einen ernsthaften Flirt. Sehr schade, das, aber ich war ja in offizieller Mission dort und konnte mich ihm nicht einfach an den Hals werfen und solche kuriosen Ansinnen äußern.

Hafengelände, das ich bei anderer Gelegenheit fotografiert habe – der gestrige war wesentlich aufgeräumter, die Frachter jedoch in nur unwesentlich besserem Zustand.
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