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Neuigkeiten
Ich könnte von den ganzen unerfreulichen Neuigkeiten berichten, die das Schicksal in den letzten vierundzwanzig Stunden über mir ausgekippt hat, aber das wäre wenig unterhaltsam. Also reden wir lieber über die Neuigkeiten in meiner Lieblingskatastrophenmetropole.
Ich bin ja nun zum ersten Mal in einem der zwei besten Hotels am Platze und auch das ist eine interessante Erfahrung. Die Aussicht ist weniger malerisch und ich vermisse den Blick auf den Fluß enorm, aber das Zimmer ist nicht schlecht und der Service geradezu rührend bemüht – im Gegensatz zur Kaltschnäuzigkeit des Rezeptionspersonals. Komme ich abends in mein Zimmer, so hat jemand die Vorhänge zugezogen, den Fernseher angemacht (!?) und zwei kleine Schokobonbons mit dem Zimmerfrühstücksbestellformular dekorativ auf dem Bett platziert. Da ich die nie esse, sondern auf den Nachttisch beiseite lege, werden es immer mehr. Bis ich hier fertig bin, habe ich vermutlich eine ganze Tüte beisammen. Bedauerlicherweise wurde im Übereifer der Putzaktion (täglich neue Handtücher, täglich neue Bettwäsche) auch meine halbvolle Saftdose heute entsorgt bei der Zimmerreinigung und da die Minibar aus unerfindlichen Gründen abgeschlossen ist, kann ich nicht mal mehr eine Zigarette mit Getränk genießen. Sehr ärgerlich, das.
Das Frühstück hingegen ist ganz nach meinen Wünschen und ich begreife kaum die Beschwerden der Kollegen. Schön, für Obstsalat, Joghurt, verschiedene Müslis, Toast & Brot mit Aufschnitt plus Marmelade und Kleingebäck (Eierspeisen aller Art extra zu bezahlen) sind die 25 USD, die man dafür früher zusätzlich zur Übernachtung investieren mußte, recht viel, aber frische Ananas und Papaya plus ein Schokocroissant am Morgen machen mich zu einem glücklichen Menschen. Zumal inzwischen das Frühstück im Preis inbegriffen ist. Dafür ist der Zimmerpreis um 30 USD gestiegen. Ungeachtet solcher Petitessen ist dieses Hotel immer noch eine der angenehmsten Adressen vor Ort, bald allerdings könnte sich das ändern.
Eine große Baufirma hat nämlich inzwischen den wunderbaren Marché desVoleurs Valeurs dem Erdboden gleichgemacht, die dahinterliegende Baustelle für eines der zwei oder drei neuen Nobelhotelprojekte hat sich dafür geschwürartig ausgebreitet, und zwar in alle Richtungen. Der Souvenir-Markt (wo man sogar Leopardenfelle kaufen konnte) ist weg, der Rondpoint davor ebenfalls, der alte Busbahnhof Gare Centrale gleichermaßen, alles ist jetzt Baustelle und Wellblechzäune. Auch nach oben ist das Projekt gewachsen, seit Dezember sind fünf Etagen in die Höhe geschossen, der Anbau im Bungalowstil hingegen, der eines schönen Tages ein Helikopterlandeplatz werden soll, ist noch unsichtbar. Unter dem Fortschritt dieses Megaprojektes gelitten haben weiterhin die Straßen drumherum – das kann aber auch der Regen gewesen sein. Die Schlaglöcher sind so tief, daß man kaum noch vorwärts kommt, kleine Autos hoppeln geradezu über Schotterstrecken mit tennisballgroßen Steinen und selbst der geduldigste Kollege findet keine Worte, seiner Frustration Ausdruck zu verleihen. Eine Strecke von kaum fünf Minuten dauert inzwischen mindestens fünfzehn – nur wegen der Straßenqualität. Und auf der schlimmsten Straße, die ich überhaupt kenne, ist der Asphalt an einigen Stellen tunnelartig über einen Meter tief eingebrochen.
Wenn ich schon bei Straßen bin: die Chinesen im Flugzeug waren vielleicht dafür da, damit es beim Boulevard endlich vorwärts geht. Hoffe ich wenigstens. Der Boulevard ist ja als Hauptverkehrsstraße des Business-Stadtteils ziemlich breit, und am Tag meiner Ankunft wurde die Hälfte der Fahrbahn – Breite wie etwa dreispurig – neu geteert. Den gaffenden Menschenaufläufen am Straßenrand nach hätte man meinen sollen, hier würde ein Volksfest gefeiert, es war aber wirklich nur die Walzmaschine. Jetzt muß die neue Asphaltierung natürlich härten, oder so, und deswegen wurden sämtliche Einfahrten und die Mittelspur mit Felsbrocken in der Größe eines kleinen Fernsehers abgesperrt. Alle Meter liegt einer, man kann nirgendwo mehr abbiegen, alle Fahrzeuge drängen sich auf der verbliebenen Fahrbahnbreite und die Staus sind schlimmer denn je. Immerhin: praktisch ist es, daß Fahrbahnmarkierungen nie vorhanden waren, so muß man jetzt auch nichts ändern (die gelben Markierungen auf deutschen Straßen werden ganz sicher völlig überschätzt – die weißen auch, wenn ich so überlege). Trotzdem äußerten alle drei Fahrer der letzten zwei Tage die schönsten Hoffnungen, daß es nun bald sehr viel besser würde mit dem Verkehr und Kinshasas Straßen überhaupt auf einem guten Weg seien. Das wiederum halte ich für eine maßlose Fehleinschätzung, aber bitte.
Überhaupt, der Regen. Nicht nur hat er viele neue Schlaglöcher in die Straßen gespült, er macht auch das Klima ungewohnt unangenehm. Es ist heißer als zuvor, schlimmer noch: es ist feuchter. Meine Haare ringeln sich leicht von der Luftfeuchtigkeit und schon nach zwei Minuten im klimatisierten Auto beschlagen meine Brillengläser bis zur Undurchsichtigkeit, wenn ich nach draußen komme. In Deutschland hat man das im Winter, wenn man sehr feuchte Räume betritt (Turnhallen, Schwimmbäder) – hier habe ich das tagtäglich, nur umgekehrt und dadurch immer wieder Anlaß zur Verwunderung über die Fremdartigkeit dieses Landes, die mir in solchen Details manchmal am meisten bewußt wird.
Nicht fremd hingegen war mir der Fahrer D., dem ich gleich am ersten Tag vorm Hotel begegnete und der meine Hand mit der Leidenschaft eines werbenden Politikers schüttelte und über das ganze Gesicht strahlte. Nicht fremd war mir auch der andere Fahrer, der mir auf dem Hotelparkplatz aus dem Auto heraus zuwinkte, ebenfalls sichtlich erfreut. Das immerhin sind die kleinen Lichtblicke und die Gründe, warum ich dieses Land und vor allem seine Menschen so mag.
Ich bin ja nun zum ersten Mal in einem der zwei besten Hotels am Platze und auch das ist eine interessante Erfahrung. Die Aussicht ist weniger malerisch und ich vermisse den Blick auf den Fluß enorm, aber das Zimmer ist nicht schlecht und der Service geradezu rührend bemüht – im Gegensatz zur Kaltschnäuzigkeit des Rezeptionspersonals. Komme ich abends in mein Zimmer, so hat jemand die Vorhänge zugezogen, den Fernseher angemacht (!?) und zwei kleine Schokobonbons mit dem Zimmerfrühstücksbestellformular dekorativ auf dem Bett platziert. Da ich die nie esse, sondern auf den Nachttisch beiseite lege, werden es immer mehr. Bis ich hier fertig bin, habe ich vermutlich eine ganze Tüte beisammen. Bedauerlicherweise wurde im Übereifer der Putzaktion (täglich neue Handtücher, täglich neue Bettwäsche) auch meine halbvolle Saftdose heute entsorgt bei der Zimmerreinigung und da die Minibar aus unerfindlichen Gründen abgeschlossen ist, kann ich nicht mal mehr eine Zigarette mit Getränk genießen. Sehr ärgerlich, das.
Das Frühstück hingegen ist ganz nach meinen Wünschen und ich begreife kaum die Beschwerden der Kollegen. Schön, für Obstsalat, Joghurt, verschiedene Müslis, Toast & Brot mit Aufschnitt plus Marmelade und Kleingebäck (Eierspeisen aller Art extra zu bezahlen) sind die 25 USD, die man dafür früher zusätzlich zur Übernachtung investieren mußte, recht viel, aber frische Ananas und Papaya plus ein Schokocroissant am Morgen machen mich zu einem glücklichen Menschen. Zumal inzwischen das Frühstück im Preis inbegriffen ist. Dafür ist der Zimmerpreis um 30 USD gestiegen. Ungeachtet solcher Petitessen ist dieses Hotel immer noch eine der angenehmsten Adressen vor Ort, bald allerdings könnte sich das ändern.
Eine große Baufirma hat nämlich inzwischen den wunderbaren Marché des
Wenn ich schon bei Straßen bin: die Chinesen im Flugzeug waren vielleicht dafür da, damit es beim Boulevard endlich vorwärts geht. Hoffe ich wenigstens. Der Boulevard ist ja als Hauptverkehrsstraße des Business-Stadtteils ziemlich breit, und am Tag meiner Ankunft wurde die Hälfte der Fahrbahn – Breite wie etwa dreispurig – neu geteert. Den gaffenden Menschenaufläufen am Straßenrand nach hätte man meinen sollen, hier würde ein Volksfest gefeiert, es war aber wirklich nur die Walzmaschine. Jetzt muß die neue Asphaltierung natürlich härten, oder so, und deswegen wurden sämtliche Einfahrten und die Mittelspur mit Felsbrocken in der Größe eines kleinen Fernsehers abgesperrt. Alle Meter liegt einer, man kann nirgendwo mehr abbiegen, alle Fahrzeuge drängen sich auf der verbliebenen Fahrbahnbreite und die Staus sind schlimmer denn je. Immerhin: praktisch ist es, daß Fahrbahnmarkierungen nie vorhanden waren, so muß man jetzt auch nichts ändern (die gelben Markierungen auf deutschen Straßen werden ganz sicher völlig überschätzt – die weißen auch, wenn ich so überlege). Trotzdem äußerten alle drei Fahrer der letzten zwei Tage die schönsten Hoffnungen, daß es nun bald sehr viel besser würde mit dem Verkehr und Kinshasas Straßen überhaupt auf einem guten Weg seien. Das wiederum halte ich für eine maßlose Fehleinschätzung, aber bitte.
Überhaupt, der Regen. Nicht nur hat er viele neue Schlaglöcher in die Straßen gespült, er macht auch das Klima ungewohnt unangenehm. Es ist heißer als zuvor, schlimmer noch: es ist feuchter. Meine Haare ringeln sich leicht von der Luftfeuchtigkeit und schon nach zwei Minuten im klimatisierten Auto beschlagen meine Brillengläser bis zur Undurchsichtigkeit, wenn ich nach draußen komme. In Deutschland hat man das im Winter, wenn man sehr feuchte Räume betritt (Turnhallen, Schwimmbäder) – hier habe ich das tagtäglich, nur umgekehrt und dadurch immer wieder Anlaß zur Verwunderung über die Fremdartigkeit dieses Landes, die mir in solchen Details manchmal am meisten bewußt wird.
Nicht fremd hingegen war mir der Fahrer D., dem ich gleich am ersten Tag vorm Hotel begegnete und der meine Hand mit der Leidenschaft eines werbenden Politikers schüttelte und über das ganze Gesicht strahlte. Nicht fremd war mir auch der andere Fahrer, der mir auf dem Hotelparkplatz aus dem Auto heraus zuwinkte, ebenfalls sichtlich erfreut. Das immerhin sind die kleinen Lichtblicke und die Gründe, warum ich dieses Land und vor allem seine Menschen so mag.
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Tapetenwechsel
Die Bahnfahrt ist deutsch. Sehr deutsch sogar: fest hatte ich damit gerechnet, daß es der Bahn gelingen würde, das Sicherheitsfenster von vier Stunden auf der Fahrt nach Frankfurt Flughafen auszuschöpfen. Im InterCity sitzen vor mir zwei kleine Mädchen in Begleitung ihrer Großeltern, die einen Vertrag in ordentlicher Mädchenschrift aufgemalt haben: „Hiermit bestätigen Katharina und ich, daß wir uns nicht mehr um alles streiten wollen und dem anderen auch was gönnen. Wenn es doch zum Streit kommt... .“ ausgestattet mit Gültigkeitsdauer (befristet, natürlich) und Herzchen und rosa Unterstreichungen.
Als ich fast pünktlich am Flughafen stehe, saubere, ordentliche, neue und heile Dollarscheine eingetauscht habe und zum Check-in trabe, kann ich es kaum glauben. Es ist wichtig, ich hatte mit wenig Sicherheitspuffer geplant und bin mehr als rechtzeitig. Trotz Bahnfahrt.
Afrika beginnt umgehend, am Flughafen. Das äthiopische Bodenpersonal freut sich aufrichtig, daß ich tatsächlich nach Afrika fliege und nicht nur zum Vorabend-Check-in von Condor möchte. Den Hinweis auf die richtige Schlange zum Anstellen hätte ich allerdings nicht gebraucht: es gibt nur eine, und die vielen schwarzen Gesichter der Mitreisenden sprechen für sich. Hinter mir zwei sehr junge Äthiopierinnen mit kleinem Kind und fünf Gepäckstücken. Während wir uns langsam, etappenweise vorwärts bewegen, spricht mich die eine an: Ob ich nach Addis reise? Ich bejahe, aber nur als Layover. Sie denkt nach, fragt weiter: Ob ich nur das eine Gepäckstück habe? Ich ahne, worauf die Konversation hinausläuft und bejahe erneut, füge aber hinzu, daß mein Gepäck wohl bis Kinshasa durchgecheckt wird und ich folglich nicht zu Diensten sein kann. Enttäuscht wendet sie sich ab, diskutiert mit ihrer Begleiterin, beginnt dann, die für dieses zierliche Persönchen viel zu schweren Koffer von der Karre zu heben und einzeln nacheinander zu den Waagen gegenüber zu zerren.
An den Schaltern vor mir geht es ebenfalls kurios zu: vor allem afrikanische Passagiere stellen sich mit ihren unzähligen Koffern vor, heben sie auf das Gepäckband und treten dann unverrichteter Dinge den Rückzug an, um abseits der Schalter in großem Stil aus- und umzupacken. Strategisches Management von Stückzahl- und Gewichtsgrenzen. Das scheint die jungen Damen hinter mir zu inspirieren: während die Schlange weiter vorrückt, beginnen die beiden, Babywäsche von dem kleinsten (kabinentauglichen, aber mutmaßlich zu schweren) Trolley umzuladen in einen großen Koffer, der sich beim Schließen kugelförmig zu wölben beginnt.
Anstandslos bekomme ich meinen Sitzplatz, Maschine komplett ausgebucht, noch ein Kaffee, dann auf zum Gate. Afrika scheint inzwischen auch in meinem Kopf zu sein, jedenfalls verwechsele ich Platznummer und Gatenummer und werde von der Dame im A-Bereich zurück in den C-Bereich verwiesen. Immerhin läßt mir der längere Spaziergang hin und zurück Zeit für eine letzte geistige Gepäck-Kontrolle und mir fällt mit Entsetzen ein: ich habe die Schokolade für die Kollegen vergessen. Irgendwann in der letzten Woche streifte mich zum unpassenden Zeitpunkt (im Bett? Im Auto unterwegs?) der Gedanke an diese unabdingbare kollegiale Pflicht, jetzt erst fällt es mir wieder ein. Im nächsten Duty Free Shop kaufe ich ein Kilogramm Schokolade; Weingummi wäre besser (wegen der Temperaturen), aber da kann ich jetzt nicht mehr wählerisch sein. Die Wartehalle ist am Ende der Welt, möglicherweise schon außerhalb der Stadtgrenzen Frankfurts. Als Beinahe-Vielflieger habe ich inzwischen fast nie Probleme bei der Sicherheitskontrolle (außer mit den Christmas Crackers in Heathrow, vor Weihnachten), aber hinter mir sorgt jemand für Lacher:
Typ am Monitor: Da ist eine Weinflasche im Handgepäck. (wendet den Bildschirm)
Kontrollkollegin: Und was soll ich jetzt machen? Austrinken?
Typ am Monitor: Schön wär's..
Es gibt keine Läden, der Kiosk ist geschlossen und der Getränkeautomat zeigt angeberisch fünf Reihen mit Wasserflaschen, will aber keine herausgeben: ausverkauft. Nebenan am Gate von El Al werde ich fündig, Not macht erfinderisch und ich komme mental schon in Afrika Stimmung.
Beim Boarding scheint die Maschine jedenfalls vorerst – im Gegensatz zur Auskunft beim Check-in – keineswegs ausgebucht, aber vielleicht steigen ja noch hunderte Italiener in Rom zu. Neben mir jedenfalls sitzt ein junger Mann, Afrikaner und während ich mich noch frage, wie man es fertigbringt, bei mildem Frühlingswetter und bekleidet nur mit einem Kurzarmhemd trotzdem leicht verschwitzt zu riechen, erzählt er mir, daß sein Vater gestorben ist und er deshalb am Vortag schon in Montréal losgeflogen ist, den ganzen Tag am Frankfurter Flughafen verbracht hat, jetzt also weiter nach Addis reist und von dort nach Bujumbura. Jetzt bringe ich mehr Verständnis für den unangenehmen Geruch auf, setze mich aber trotzdem weg, als in Rom tatsächlich die Maschine halb leer bleibt. Ausgestreckt über drei Sitze gelingt es mir sogar, drei Stunden zu schlafen ohne vor Schmerzen aufzuwachen, bis morgens um fünf eine junge Frau im Gang neben mir kollabiert und ich den Platz für sie frei mache.
Das Umsteigen in Addis ist auch typisch Afrika. In Paris ist Umsteigen jedes Mal ein Drama. Schon die Passkontrolle beim Verlassen des Ankunftsbereichs kann dauern, und ohnehin ist man komplett auf sich gestellt. Alles ist automatisiert und ausgeschildert: beim Check-in wird in dem kleinen Heftchen für die Bordkarten angekreuzt, welches Terminal für den Weiterflug aufzusuchen ist, Flughafenplan liegt bei und wer sich verirrt, ist selber schuld. Personal bleibt unsichtbar oder kann nicht weiterhelfen, kilometerweit marschiert man Flure hinunter, Rolltreppen rauf, Gänge hinunter, immer den Schildern nach. Ein zweites Mal die Sicherheitsschleusen und Passkontrollen zu passieren kostet noch mehr Zeit und die Erfahrung hat gezeigt, daß weniger als eineinhalb Stunden definitiv zu kurz sind. In Addis hingegen gibt es ein Schild „Transfer Passengers“ aber noch bevor man daran vorbei ist, wird man schon vom Bodenpersonal mit Funkgeräten abgefangen, in Gruppen für die anstehenden Weiterflüge sortiert und dann wird gewartet. Anzeigetafeln gibt es keine, Gate-Schilder gibt es keine und das Sortiersystem der Mitarbeiter ist undurchsichtig. Erst bin ich alleine, dann bekomme ich Gesellschaft von zwei Kongolesen, dann eine vielköpfige Gruppe Chinesen, die intensiv nach Plastik riecht (aber vielleicht bilde ich mir das auch ein). Als ich es schon lange leid bin, hilflos im Gang zu warten, tut sich etwas, ein Stewardess bringt uns den Gang runter zum Gate (auch ohne Nummer) und schon dürfen wir einsteigen. Meine Gebete werden erhört, von den plastikduftumwehten Chinesen sitzt keiner neben mir und irgendwann sind wir dann auch endlich angekommen. Wenn man die Immigrationskontrolle in Kinshasa passiert hat, ist es jedes Mal ein Segen, den Herrschaften der Reiseagentur den Kofferschnipsel in die Hand drücken zu können und die Wartezeit aufs Gepäck in der klimatisierten Lounge zu verbringen. Ich bin, wie bisher immer, die einzige im Bus, die Fahrt dauert kaum eine Stunde und im Hotel erwartet mich schon die nächste Herausforderung: eine Reservierung für mich gibt es nicht. Die ist, wie ich bei genauem Hinschauen feststelle, nämlich für Mai gebucht. Während ich schon im Geiste alle meine Bekannten durchtelefoniere auf der Suche nach einem Nachtlager kommt eine Kollegin in die Lobby, der Empfangschef findet doch noch ein Zimmer und ich muß glücklicherweise nur die ersten sechs Nächte im Voraus bezahlen (bis auf weiteres), mehr hätte meine Kreditkarte auf einmal auch kaum hergegeben. Das Zimmer ist mittelmäßig (für soviel Geld hätte man an jedem anderem Ort der Welt einen anderen Standard erwartet), aber Wasser und Strom funktionieren, auf die abgeschlossene Minibar kann ich verzichten und das Bett ist schön groß. Angekommen, endlich.
Als ich fast pünktlich am Flughafen stehe, saubere, ordentliche, neue und heile Dollarscheine eingetauscht habe und zum Check-in trabe, kann ich es kaum glauben. Es ist wichtig, ich hatte mit wenig Sicherheitspuffer geplant und bin mehr als rechtzeitig. Trotz Bahnfahrt.
Afrika beginnt umgehend, am Flughafen. Das äthiopische Bodenpersonal freut sich aufrichtig, daß ich tatsächlich nach Afrika fliege und nicht nur zum Vorabend-Check-in von Condor möchte. Den Hinweis auf die richtige Schlange zum Anstellen hätte ich allerdings nicht gebraucht: es gibt nur eine, und die vielen schwarzen Gesichter der Mitreisenden sprechen für sich. Hinter mir zwei sehr junge Äthiopierinnen mit kleinem Kind und fünf Gepäckstücken. Während wir uns langsam, etappenweise vorwärts bewegen, spricht mich die eine an: Ob ich nach Addis reise? Ich bejahe, aber nur als Layover. Sie denkt nach, fragt weiter: Ob ich nur das eine Gepäckstück habe? Ich ahne, worauf die Konversation hinausläuft und bejahe erneut, füge aber hinzu, daß mein Gepäck wohl bis Kinshasa durchgecheckt wird und ich folglich nicht zu Diensten sein kann. Enttäuscht wendet sie sich ab, diskutiert mit ihrer Begleiterin, beginnt dann, die für dieses zierliche Persönchen viel zu schweren Koffer von der Karre zu heben und einzeln nacheinander zu den Waagen gegenüber zu zerren.
An den Schaltern vor mir geht es ebenfalls kurios zu: vor allem afrikanische Passagiere stellen sich mit ihren unzähligen Koffern vor, heben sie auf das Gepäckband und treten dann unverrichteter Dinge den Rückzug an, um abseits der Schalter in großem Stil aus- und umzupacken. Strategisches Management von Stückzahl- und Gewichtsgrenzen. Das scheint die jungen Damen hinter mir zu inspirieren: während die Schlange weiter vorrückt, beginnen die beiden, Babywäsche von dem kleinsten (kabinentauglichen, aber mutmaßlich zu schweren) Trolley umzuladen in einen großen Koffer, der sich beim Schließen kugelförmig zu wölben beginnt.
Anstandslos bekomme ich meinen Sitzplatz, Maschine komplett ausgebucht, noch ein Kaffee, dann auf zum Gate. Afrika scheint inzwischen auch in meinem Kopf zu sein, jedenfalls verwechsele ich Platznummer und Gatenummer und werde von der Dame im A-Bereich zurück in den C-Bereich verwiesen. Immerhin läßt mir der längere Spaziergang hin und zurück Zeit für eine letzte geistige Gepäck-Kontrolle und mir fällt mit Entsetzen ein: ich habe die Schokolade für die Kollegen vergessen. Irgendwann in der letzten Woche streifte mich zum unpassenden Zeitpunkt (im Bett? Im Auto unterwegs?) der Gedanke an diese unabdingbare kollegiale Pflicht, jetzt erst fällt es mir wieder ein. Im nächsten Duty Free Shop kaufe ich ein Kilogramm Schokolade; Weingummi wäre besser (wegen der Temperaturen), aber da kann ich jetzt nicht mehr wählerisch sein. Die Wartehalle ist am Ende der Welt, möglicherweise schon außerhalb der Stadtgrenzen Frankfurts. Als Beinahe-Vielflieger habe ich inzwischen fast nie Probleme bei der Sicherheitskontrolle (außer mit den Christmas Crackers in Heathrow, vor Weihnachten), aber hinter mir sorgt jemand für Lacher:
Typ am Monitor: Da ist eine Weinflasche im Handgepäck. (wendet den Bildschirm)
Kontrollkollegin: Und was soll ich jetzt machen? Austrinken?
Typ am Monitor: Schön wär's..
Es gibt keine Läden, der Kiosk ist geschlossen und der Getränkeautomat zeigt angeberisch fünf Reihen mit Wasserflaschen, will aber keine herausgeben: ausverkauft. Nebenan am Gate von El Al werde ich fündig, Not macht erfinderisch und ich komme mental schon in Afrika Stimmung.
Beim Boarding scheint die Maschine jedenfalls vorerst – im Gegensatz zur Auskunft beim Check-in – keineswegs ausgebucht, aber vielleicht steigen ja noch hunderte Italiener in Rom zu. Neben mir jedenfalls sitzt ein junger Mann, Afrikaner und während ich mich noch frage, wie man es fertigbringt, bei mildem Frühlingswetter und bekleidet nur mit einem Kurzarmhemd trotzdem leicht verschwitzt zu riechen, erzählt er mir, daß sein Vater gestorben ist und er deshalb am Vortag schon in Montréal losgeflogen ist, den ganzen Tag am Frankfurter Flughafen verbracht hat, jetzt also weiter nach Addis reist und von dort nach Bujumbura. Jetzt bringe ich mehr Verständnis für den unangenehmen Geruch auf, setze mich aber trotzdem weg, als in Rom tatsächlich die Maschine halb leer bleibt. Ausgestreckt über drei Sitze gelingt es mir sogar, drei Stunden zu schlafen ohne vor Schmerzen aufzuwachen, bis morgens um fünf eine junge Frau im Gang neben mir kollabiert und ich den Platz für sie frei mache.
Das Umsteigen in Addis ist auch typisch Afrika. In Paris ist Umsteigen jedes Mal ein Drama. Schon die Passkontrolle beim Verlassen des Ankunftsbereichs kann dauern, und ohnehin ist man komplett auf sich gestellt. Alles ist automatisiert und ausgeschildert: beim Check-in wird in dem kleinen Heftchen für die Bordkarten angekreuzt, welches Terminal für den Weiterflug aufzusuchen ist, Flughafenplan liegt bei und wer sich verirrt, ist selber schuld. Personal bleibt unsichtbar oder kann nicht weiterhelfen, kilometerweit marschiert man Flure hinunter, Rolltreppen rauf, Gänge hinunter, immer den Schildern nach. Ein zweites Mal die Sicherheitsschleusen und Passkontrollen zu passieren kostet noch mehr Zeit und die Erfahrung hat gezeigt, daß weniger als eineinhalb Stunden definitiv zu kurz sind. In Addis hingegen gibt es ein Schild „Transfer Passengers“ aber noch bevor man daran vorbei ist, wird man schon vom Bodenpersonal mit Funkgeräten abgefangen, in Gruppen für die anstehenden Weiterflüge sortiert und dann wird gewartet. Anzeigetafeln gibt es keine, Gate-Schilder gibt es keine und das Sortiersystem der Mitarbeiter ist undurchsichtig. Erst bin ich alleine, dann bekomme ich Gesellschaft von zwei Kongolesen, dann eine vielköpfige Gruppe Chinesen, die intensiv nach Plastik riecht (aber vielleicht bilde ich mir das auch ein). Als ich es schon lange leid bin, hilflos im Gang zu warten, tut sich etwas, ein Stewardess bringt uns den Gang runter zum Gate (auch ohne Nummer) und schon dürfen wir einsteigen. Meine Gebete werden erhört, von den plastikduftumwehten Chinesen sitzt keiner neben mir und irgendwann sind wir dann auch endlich angekommen. Wenn man die Immigrationskontrolle in Kinshasa passiert hat, ist es jedes Mal ein Segen, den Herrschaften der Reiseagentur den Kofferschnipsel in die Hand drücken zu können und die Wartezeit aufs Gepäck in der klimatisierten Lounge zu verbringen. Ich bin, wie bisher immer, die einzige im Bus, die Fahrt dauert kaum eine Stunde und im Hotel erwartet mich schon die nächste Herausforderung: eine Reservierung für mich gibt es nicht. Die ist, wie ich bei genauem Hinschauen feststelle, nämlich für Mai gebucht. Während ich schon im Geiste alle meine Bekannten durchtelefoniere auf der Suche nach einem Nachtlager kommt eine Kollegin in die Lobby, der Empfangschef findet doch noch ein Zimmer und ich muß glücklicherweise nur die ersten sechs Nächte im Voraus bezahlen (bis auf weiteres), mehr hätte meine Kreditkarte auf einmal auch kaum hergegeben. Das Zimmer ist mittelmäßig (für soviel Geld hätte man an jedem anderem Ort der Welt einen anderen Standard erwartet), aber Wasser und Strom funktionieren, auf die abgeschlossene Minibar kann ich verzichten und das Bett ist schön groß. Angekommen, endlich.
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Im Familienkreis
damenwahl | 03. April 10 | Topic 'Liebschaften'
Mama so: Das nächste große Fest, das wir feiern, ist entweder mein sechzigster oder Papas siebzigster.
Schwester so: Oder eine Hochzeit.
Papa so: Also, eigentlich würde ich ja am liebsten eine Hochzeit feiern - aber da bekämen wir dann ja auch einen Schwiegersohn. Hm.
Schwester so: Oder eine Hochzeit.
Papa so: Also, eigentlich würde ich ja am liebsten eine Hochzeit feiern - aber da bekämen wir dann ja auch einen Schwiegersohn. Hm.
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