Studentensorgen
"The labor market equilibrium condition implies that the relative price of food adjusts, so that farmers and manufacturers earn the same income,
i.e. wt = ptY (At )/LAt = Y Mt /LMt."
Denken Sie sich die ts klein als Subskripten. Jetzt alles klar? Nein? Mir auch nicht. Und wenn mein Professor das morgen merkt, habe ich ein Problem. In meiner Not habe ich die eklige Arbeit den ganzen Tag aufgeschoben, und zwischendurch Unmengen Sachen gegessen, aber nichts Richtiges. Ich bin nacheinander über die Tüte mit Crackern, die Tüte mit Schokonüssen, die Tüte mit Schoko-Ostereiern und die Zigarettenschachtel hergefallen, aber geholfen hat es alles nichts.

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Am späten Nachmittag ins Computerzentrum gestürzt, die Folien auf dem Stick. Auch wenn ein mir entfernt bekannter Rhetoriker mal fragte: Nutzen Sie Power Point oder haben Sie etwas zu sagen?, wird mir diese Argumentation wohl im Seminar nichts helfen. Nun nutze ich seit einiger Zeit OpenOffice, die Uni hingegen Office 2007. Ohne irgendwelche Kompatibilitätspakete, wie es scheint. Jedenfalls konnte ich nicht drucken. Zwar weist die Uni offiziell darauf hin, daß ein eigener Rechner respektive Laptop für das Studium sehr nützlich sei, den Erwerb adäquater Software hingegen setzt sie offenbar voraus. Glück im Unglück: die Computerhelfer waren noch vor Ort. Zögernd klopfte ich an die Tür, zögernd steckte ich meinen Kopf in das Kabuff und trug mein Anliegen vor. Zwei bärtige Köpfe hoben sich von ihren Monitorn, starrten mich an (warum tragen junge Männer eigentlich Vollbart?), schauten sich gegenseitig an, schauten wieder mich an und schüttelten unisono die Köpfe. Ich erklärte, natürlich könne ich das Dokument am heimischen Rechner in ein pdf umwandeln, aber ob es nicht auch einfacher ginge? Nein? Allgemeine Ratlosigkeit, Abgang Fräulein Damenwahl. Würde ich nicht gleich um die Ecke wohnen, sondern am anderen Ende der Stadt, hätte mich der Spaß richtig Zeit gekostet.

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Das Schicksal bescherte mir freundlicherweise einen Geburtstag, an dem ich immer feiern kann - denn der folgende Tag ist ein Feiertag. Ich könnte es also alljährlich richtig krachen lassen. Ich wiederum und die Jahresplanung deutscher Bildungsinstitutionen bescherten mir häufig in der ersten Jahreshälfte einen Umzug, so daß ich in der neuen Heimat allzuoft alleine war und es allenfalls mit mir selbst habe krachen lassen. Das war nicht immer schön, und dankenswerterweise wird mir dieses Jahr die Frage völlig aus der Hand genommen. Am Tag nach meinem Geburtstag werde ich ganztags, von morgens bis abends, ununterbrochen, in einem Pflichtseminar sitzen. Am Feiertag. Der Professor hat nämlich auf der ganzen Länge des Semesters nur noch zwei freie Tage für exakt zwei Pflichtveranstaltungen - da war die Auswahl beschränkt. Und mir ist die Geburtstagsplanung abgenommen. Wunderbar.

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zonebattler, Mittwoch, 3. März 2010, 07:30
Ich neige unter Streß ja auch zu ungesunden Übersprungshandlungen und allerlei Ersatzbefriedigungen, aber eine Zigarettenschachtel habe ich noch nie vertilgt. Bäh. Pfui Deibel!

damenwahl, Mittwoch, 3. März 2010, 08:30
Prust! Lieber Zonebattler, vielen Dank. Das war der erste Lacher heute morgen!

zonebattler, Mittwoch, 3. März 2010, 22:49
Bitte, gerne. Make them laugh... ;-)

energist, Mittwoch, 3. März 2010, 13:17
Ich habe es ja nie verstanden, wenn hinter der im Fließtext klar aufgestellten Erkenntnis („Terms of Trade ist der Index der Preise für eigene Exporte im Verhältnis zu Importen.“) noch eine Formel folgt („T=P_(Exp)/P_(Imp)“) die keinerlei neue Erkenntnis bringt – oft sogar durch die Verkürzung relevante Informationen nicht enthält– und auch nicht weiterverwendet wird. Ein wenig schwanke ich noch, ob ich mich freuen soll, daß versucht wird, Anwendern die Theorie gleich fertig zum Gebrauch aufzubereiten oder wundern, weil doch ein wenig das Gefühl bleibt, daß sich da jemand seine Thesen mit Wissenschaftlichkeit™ aufhübschen will.

Das erwähnte Zitat über Powerpoint indes sollte per Dekret über jeder Tür jedes Hörsaals jeder deutschen Hochschule prangen. Wieviel Leid würde dem durchschnittlichen Studenten so erspart bleiben?

damenwahl, Mittwoch, 3. März 2010, 14:57
Viel Leid, lieber Herr Energist. Andererseits hat sich der Aufwand gelohnt, sogar der, heute morgen noch für alle anderen meine Folien auszudrucken (da ich inhaltlich nix zu bieten hatte, mußte wenigstens die Form stimmen). Eine Kommilitonin mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund erklärte gestern sogar das Vermögen, alles (verstanden oder nicht, Müll oder wertvoll) in PowerPoint darstellen zu können zur erstrebenswerten Fähigkeit.

energist, Donnerstag, 4. März 2010, 12:37
Oh, werte Frau Damenwahl, verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist sogar eine sehr anspruchsvolle Kunst, komplexe Zusammenhänge so aufzubereiten, daß man sie einfach verstehen kann. Umso mehr schmerzt es, daß sie kaum noch Verwendung findet.

Statt jedoch diesen durchaus krafkostenden Prozeß zu durchlaufen wird im Regelfall der Inhalt des Papers schnell in Powerpoint zusammengeklickt. Das ist mein Kritikpunkt, wohlwissend, daß das Werkzeug selbst an dieser Entwicklung nur durch seine einfache Bedienung und verlockenden Möglichkeiten Schuld hat. Selbst bin ich jedenfalls heilfroh, daß mein derzeitiges Umfeld mir problemlos gestattet meine Folien in mehr auf den Inhalt fokussierten (und besser in meinen Arbeitsfluß eingebundenen) Wekzeugen zu erstellen. Und ab und an wache ich nachts schweißgebadet auf mit der Gewißheit, daß das eines Tages anders sein wird.

conma, Donnerstag, 4. März 2010, 09:11
Powerpoint Engineering gibt's auch in der Industrie.
Wenn bei uns was mit den Rechnern nicht klappt, raten die Experten zum Neustart. Das hilft zwar nichts, die sind den Quälgeist dann aber los. Irgendwann hat man sein Problem dann doch in einen Auftrag an die EDV-Abteilung umgewandelt. Nach einiger Zeit kommt dann ein Anruf aus der Slowakei in einem Englisch mit indischem Akzent, wo man das Problem erklären soll. Da kann man dann einfach nur sagen, dass der freunliche Kollege vom Nachbarschreibtisch schon Abhilfe geschafft hat ...