Donnerstag, 6. August 2009
Finanzkrise- hier nicht
In Washington gehörte die Finanzkrise gewissermaßen zu meinem beruflichen Wirkungskreis, hier hingegen scheinen diese Probleme so unendlich weit weg. Und: behandelbar, verglichen mit den strukturellen Defiziten in diesem Land.

Nachdem Don Alphonso sich des Themas wie auch der britischen Silberkannen mal wieder angenommen hat*, dachte ich: "ja, da war doch was". Dann verbringe ich einen halben Vormittag damit, ein bißchen zu gucken, hier und da. Und lese mich jedes Mal hier fest. Klug, beschreibt es in einem Wort. Den verlinkten Beitrag To catch a thief - wenngleich schon etwas älter - mag ich besonders gern.

Hiermit habe ich meine Pflicht für heute getan, Sommerloch mit dünnem Brett überbrückt. Oder?

*Ich will endlich auch welche kaufen können.

Permalink (6 Kommentare)   Kommentieren





Montag, 30. März 2009
Nachwuchsbanker
Ich würde gerne noch etwas hübsches schreiben, jetzt wo sich das Wochenende dem Ende nähert - aber es ist einfach nix passiert.

Da aber vermutlich spätestens morgen früh neue Gründe bekannt werden, die gesamte Banker-Kaste gründlich zu verabscheuen, hier eine Stück Realsatire aus der Welt der kleinen Nachwuchsbanker.
Schon etwas älter, zweifellos trotzdem noch aktuell. Und ich kann persönlich bestätigen, daß der ursprüngliche Mail Verkehr seinerzeit SEHR weite Kreise zog - als sie bei mir ankam, standen bereits Adressaten aus dem gesamten Dax im Verteiler. Auch Foto und voller Name des jungen Mannes waren kein Geheimnis - beinahe hatte ich schon wieder Mitleid.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Mittwoch, 18. Februar 2009
Finanzkrisen sind schwarze Schwäne
Ich bin im Moment in der luxuriösen Situation, von Berufs wegen den ganzen Tag anspruchsvolle Blogs zur Krise lesen zu dürfen, und lerne dabei mancherlei nützliches und überflüssiges Zeug. Für nützliches Wissen empfehle ich den Economist oder andere eingschlägige Medien, aber die unterhaltsamen Aspekte will ich niemandem vorenthalten.
In Deutschland werden Wirtschaftsprüfer ja auch etwas abfällig „Häkchenmacher“ genannt, weil sie die ersten Jahre der Berufspraxis regelmäßig damit verbringen, Zahlenkolonnen zu kontrollieren – sagt das Gerücht. Der Berufsstand scheint auch in den USA einen zweifelhaften Ruf zu genießen, denn hier heißt es offenbar „sharp pencilholders“. So gelesen bei nakedcapitalism.com. Die USA planen nämlich, die notleidenden Banken erst mal einer Reihe von Streß-Tests zu unterziehen, bevor staatliche Geldgeschenke verteilt werden und hat laut NY Times auch schon die ersten Geschwader an Prüfern auf die ohnehin schon gebeutelten Banken losgelassen. Ich kann den Kommentatoren da leider nur zustimmen, 100 Prüfer in einer größeren Bank für ein paar Wochen sind ein schöner Ansatz, aber auch nicht viel mehr. Mein liebster Kommentar ist dieser hier von alexblack: „In my fantasy, the 100 federal banking regulators descending upon Ci*ti are actually a larger version of "Ocean's Eleven". Ci*ti is giggling as they hide all their toxic assets from these "bureaucratic rubes", as the "regulators" are actually stuffing everything they can find that has value into duffel bags and disappearing into the night.” Ich habe schon von Prüfern gehört, die sich im Winter immer zu den Mandanten mit der besten Keksauswahl haben versetzen lassen… .

Das Wort Finanzkrise ist auch gar nicht mehr angesagt, es gibt eine viel schönere Wortkreation dafür: „Black Swan“. In der deutschen Wiki*pedia hat es noch nicht für einen eigenständigen Artikel gereicht, wohl aber in der englischen Fassung. Der – ehemalige – Börsenhändler N.N. Ta*leb mißtraute nämlich schon vor Jahren mathemtischen und statistischen Modellen zur Risikomessung (schon wieder eine Gemeinsamkeit zwischen geistigen Größen und mir) und diagnostizierte schon 2007 massive Risiken für amerikanische Immobilienfinanzierer.
Bis in 17. Jahrhundert hinein glaubte die Welt nämlich, es gebe keine schwarzen Schwäne – bis selbige in Australien entdeckt wurden. In Anlehnung an die früher für unumstößlich gehaltene Wahrheit, es gebe keine schwarzen Schwäne und deren Falsifizierung bezeichnet Ta*leb völlig überraschende und unerwartete Ereignisse von historischer Bedeutung und Konsequenz als „black swan events“. Daß der Mensch im Nachhinein dann doch versucht, sie als vorhersehbar oder erwartbar zu klassifizieren, ist sozusagen konstituierendes Merkmal solcher Ereignisse. Paßt wunderbar zur aktuellen Situation und ist so viel schöner als das nüchterne „Finanzkrise“ oder „Credit Crunch“ (da muß ich sowieso immer an Müsli denken und bekomme Hunger).
Meiner Bucherwerbsliste habe ich jedenfalls heute einen neuen Titel hinzugefügt.

P.S. Weitere Schimpfwörter für finanz-affine Berufe? Ich bitte um Kommentare!

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Dienstag, 17. Februar 2009
Stress und Tests in den USA
Grundsätzlich möchte man ja im Moment wirklich nicht in den oberen Etagen der Banken oder finanzverantwortlichen Regierungsorgane der USA ein Büro haben, denn es herrschen ungemütliche Zeiten. Nicht genug, daß die Ergebnisse von inoffiziellen Stress-Tests nicht gerade Anlaß zu schönen Hoffnungen geben, nein, demnächst wird es vielleicht auch ganz offizielle Stress-Tests des amerikanischen Finanzsystems geben. In 2007 stimmten die USA nämlich gemäß dem Article IV Consultation Report einem Financial Sector Assessment Program (FSAP) durch den IMF zu, geplant für 2009. Wenn das kein günstiges Timing ist! Dabei wird das gesamte Finanzsystem auf Stärken und Schwächen, das regulatorische Umfeld wie auch makroökonomische Risiken genau analysiert. Auch wenn die Ergebnisse wohl noch auf sich warten lassen werden, darf man gespannt sein, denke ich.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Donnerstag, 12. Februar 2009
Geldwert
Eigentlich ist Geld nichts wert, äußerstenfalls das Papier, auf dem es gedruckt wurde – und was ist das schon? Geld ist papiergewordenes Vertrauen, sublimierter Glaube an ein System, spätestens seit dem Ende des Goldstandards. Und wie steht es dann erst mit dem Giralgeld, das man nicht einmal in Händen halten kann?
Die wirtschaftliche Entwicklung der Neuzeit wäre ohne Geld nicht denkbar, dennoch sollte man nicht vergessen, daß seine offene Flanke die Abhängigkeit vom kollektiven Konsens ist, daß Geld etwas wert sei.
In den letzten Jahren gab es zuviel Geld in der Welt, nicht nur in den westlichen Industrieländern, sondern auch in vielen Entwicklungsländern – schön wiedergespiegelt durch enorme Außenbilanzdefizite in der ersten Kategorie und galoppierende Inflation in der zweiten. Jetzt ist das Geld plötzlich weg, und man fragt sich „wohin?, wie konnte es einfach verschwinden?“ während sich alle fassungslos die Augen reiben und normal desinteressierte Bürger mehr über Kapitalmärkte erfahren, als sie je wissen wollten.

Vor einigen Jahren, als viele meiner ehemaligen Kommilitonen ins Investmentbanking strömten wie die Lemminge, von sagenhaften Gehältern angezogen wie die Motten vom Licht, habe ich mir nicht viel dabei gedacht. Ich fand es zweifelhaft, jungen Menschen in Angestelltenverhältnissen Gehälter zu zahlen, die meine Vorstellungskraft fast sprengten; nach meinem Dafürhalten ohne nachvollziehbares Verhältnis von Leistung und Vergütung. Und habe mich heimlich und verschämt gefragt, ob ich vielleicht neidisch auf die Glückskinder meiner Generation sei – die Porsche fuhren und Stiefel kauften, von deren Gegenwert man als Student einen Monat hätte leben können.

Man hätte – noch vor einem Jahr – die Gehaltsspanne zwischen Bankangestellten und Aufsichtsangestellten reflektieren können und erkennen, daß die Aufsicht mit den Finessen der Banken nicht mithalten kann. Man hätte darüber nachdenken können, daß die Unterlegung von Risiken mit Eigenkapital einem guten Zweck dient und es nicht klug war, diese Anforderungen mit Zweckgesellschaften zu unterlaufen. Man hätte darauf kommen können, daß die Realität der wirtschaftlichen Risiken nicht mit mathematischen Modellen abzubilden ist. Alles simple Gedankengänge –
eigentlich. Trotzdem ist keiner drauf gekommen.

Für derartige Feststellungen hätte man vermutlich sehr, sehr gute Kenntnis der Märkte und Mechanismen im Derivatehandel gebraucht, ohne dabei den Blick für das große Ganze zu verlieren. Vielleicht ist das eine unmögliche Kombination – vielleicht waren aber auch die wenigen, die das hätten leisten können, vom Markt korrumpiert. Weiß ich nicht. Will ich eigentlich auch nicht wissen, denn es würde mich die Reste von Glauben an die Funktionalität der Wirtschaft kosten. Und daran möchte ich gerne noch eine Weile glauben.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Mittwoch, 11. Februar 2009
Beziehungen als Investment
Interessante Neuigkeiten mit aktuellem Bezug zur Wirtschaftskrise und Konsumverhalten hatte heute ein englisches Blatt zu berichten:

“You'd think all you need to find Mr Right is a keen eye and a bit of patience... That certainly helps, but it will also cost you £3,630, take up 11 years of your life and 39 dates.
Researchers found women fork out £1,233 on clothes, make-up and hairdos during their hunt for the perfect partner. And after trying out 15 different men on their 39 dates, they'll be out of pocket to the tune of £2,397.”

Und bitte, wir reden hier von britischen Pfund – auch wenn der Unterschied angesichts der galoppierenden Entwertung nicht mehr gravierend ist. Immerhin haben die Damen jetzt einen guten Grund, zukünftig unbedingt darauf zu bestehen, bei den ersten Dates eingeladen zu werden – schließlich sind wir ja schon in Vorleistung getreten. Jedenfalls darf man hoffen, daß dieser mutige Aufruf zum Konsum der leidenden Insel-Wirtschaft etwas helfen wird, gerade im gebeutelten London.
Andererseits: 39 Treffen mit 15 Männern macht statistisch 2,6 Treffen pro Frosch. Heißt also, jedes dritte Date wird auf der Hälfte abgebrochen? Und wäre es nicht intuitiv nachvollziehbar, daß dem glücklichen Prinzen mehr als nur drei Dates zuteil werden? Aber woher weiß man, wann ein Frosch sich zum Prinzen wandelt?

Überhaupt finde ich es sonderbar, Beziehungen mit den Mitteln der Investitionsrechnung anzugehen. Andererseits bin ich da vielleicht eine Minderheit, jedenfalls gemessen am folgenden Post, der schon etwas älter, aber aufgrund der geänderten Marktsituation wieder brandaktuell ist. Eine junge Dame war bei craigslist auf der Suche nach einem Ehemann mit - uh, ausgeprägten Versorgerqualitäten, und wurde von einem der potentiell anvisierten Investmentbanker folgendermaßen bewertet:

“So, in economic terms you are a depreciating asset and I am an earning asset. Not only are you a depreciating asset, your depreciation accelerates! Let me explain, you're 25 now and will likely stay pretty hot for the next 5 years, but less so each year. Then the fade begins in earnest. So in Wall Street terms, we would call you a trading position, not a buy and hold.”

Die Zeiten ändern sich, und die Aussage, es handele sich bei Investmentbankern (wie dem eben zitierten Exemplar) wohl doch eher um inflation-indexed junk bonds - könnte angesichts der aktuellen Verwerfungen im Markt durchaus eine korrekte Bewertung des Assets sein - finanziell zumindest.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren