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Krieg und Frieden
Ich bin natürlich nicht unparteiisch. Sondern indoktriniert. Durch mein Elternhaus, meine Studienwahl, meine Ausbildung, meine Arbeitgeber. Ich glaube an Märkte, freien Kapitalverkehr und die Segnungen von Welthandel, Liberalisierung und Globalisierung. Irgendwie jedenfalls.
Hätte man mich vor einer Woche gefragt, ich hätte selbstverständlich gesagt, daß Welthandel und Frieden in Deutschland untrennbar miteinander verbunden sind. Unser Frieden hat nämlich viel mit Konsum zu tun, Konsum für alle, und möglichst viel. Bananen aus Lateinamerika und Kaffee aus Afrika für jedermann, T-Shirts für die H&M Teenager aus Bangladesh, wenn ich meine Computer-Hotline anrufe melden sich Damen, die irgendwo in Osteuropa sitzen und riefe ich von Amerika aus an, säßen sie in Indien. Wollte man all die Einzelteile zurückverfolgen, würde es richtig kompliziert, das Öl für meinen Joghurtbecher und meine Plastiktüten kommt vielleicht vom kaspischen Meer, oder aus Iran, die Metalle fürs Deckelchen aus Afrika oder Lateinamerika, die Milch kommt von subventionierten Landwirten in Deutschland, die künstlichen Aromen und Zusatzstoffe aus der Rest-EU und die Arbeitskräfte, die alles zusammensetzen, die sind natürlich deutsch. Oder haben zumindest ihren Wohnsitz in Deutschland, vielleicht irgendwo in der baden-württembergischen oder bayerischen Provinz. Ich weiß das, Sie wissen das, und die meisten Deutschen wissen es auch irgendwie. Eine andere Sache ist natürlich, darüber nachzudenken jenseits des eigenen Konsumhorizonts. Zum Glück für uns – und für die Weltwirtschaft – müssen wir darüber meistens nicht nachdenken, das tun hunderttausende Volkswirte, unter anderem beim IMF in Washington.
Die Frage, ob Wohlstand und Frieden zusammenhängen, muß man dort aber nicht mehr stellen, das ist längst beantwortet. Die Frage lautet viel mehr: wie sehr beeinflussen Konflikte das Wirtschaftswachstum? Besonders interessant ist das im Zusammenhang mit dem ewigen Sorgenkind Afrika, das neben vielen traurigen Rekorden auch mehr ethnische Gruppen und bürgerkriegsähnliche Konflikte verzeichnen kann, als die meisten anderen Regionen dieser Welt. Da für die koloniale und postkoloniale Grenzziehung Fragen der Stammes- oder Volkszugehörigkeit nicht übermäßig relevant waren, springen ethnische Konflikte in Afrika schnell auf Nachbarländer über. Der Bürgerkrieg im Kongo, in Rwanda, Uganda und in Burundi hat über die Jahre geschätzte 5 Millionen Opfer gefordert, und wird völlig zurecht manchmal als „afrikanischer Weltkrieg“ bezeichnet. Unter solchen Bedingungen kann Wirtschaft natürlich nicht wachsen.
Bürgerkriege untergraben die Fundamente von Recht und Gesetz, mindern Produktionskapazitäten, sowohl menschliche wie auch maschinelle, und blockieren Handelswege. Ohne Lieferung und ohne Verkauf keine Wirtschaft. Nicht zu reden von den Auswirkungen auf den Staatshaushalt, Militärausgaben und den materiellen Kosten zerstörter Infrastruktur.
Wissenschaftler haben versucht, die Kosten für Konflikte zu schätzen und haben festgestellt, daß ein Bürgerkrieg – basierend auf einem größeren cross-country sample – geschätzte 2 % Wachstum pro Jahr kostet. Dies nur für das bürgerkriegsführende Land, ohne Berücksichtigung von indirekt betroffenen Nachbarstaaten oder regionalen Auswirkungen.
Ein anderes Beispiel: eine empirisch basierte Schätzung der Transitionskonflikte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in verschiedenen osteuropäischen Ländern kam zu dem Ergebnis, daß die Konflikte das Wachstum der Region zwischen 1984 und 1994 um etwa 9% gemindert haben. Wenn man bedenkt, daß wir heute schon über 2 % Wachstum froh wären, sind 9 % wirklich eine ganze Menge – für vergleichsweise harmlose Konflikte.
Etwas detaillierter und in Richtung soziologische Voraussetzungen für Bürgerkriege, kann man auch schauen, wozu ethnische Fragmentation innerhalb von Ländern führt. Ohne die verschiedenen verwendeten Maße für ethnische Diversität zu erläutern, kann man zusammenfassend sagen:
The data indicate that high levels of ethnic diversity are strongly linked to high black market premiums, poor financial development, low provision of infrastructure, and low levels of education. Although ethnic diversity is not significantly correlated with every economic indicator, the evidence is consistent with the hypothesis that ethnic diversity adversely affects many public policies associated with economic growth.
Nun kann man als hartherziger Kapitalist natürlich sagen: was scheren mich die Konflikte in Afrika, das bißchen Kobalt aus dem Kongo und Kaffee aus den Nachbarländern ist nicht von weltmarktbestimmender Bedeutung, aber man kann diese Zahlen als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen nehmen.
Man kann sich auch die Konsequenzen der Piraten vor Somalia anschauen, um ein Gefühl für die endlose Ketten von Verbindungen im Welthandel zu bekommen. In 2008 wurden im Golf von Aden 115 Schiffe gekapert, für etwa die Hälfte wurden Lösegelder von 1 bis 1,5 Mio. USD gezahlt. Das kann man wirklich verschmerzen, das können wir uns locker leisten, und die paar philippinischen Matrosen, die einige ungemütliche Monate verbringen müssen, haben eben Pech gehabt. Zumal umgelegt auf die 20.000 Schiffe, die jedes Jahr durch den Golf von Aden fahren, ist die Piraterie kein Drama. Damit hört das Problem aber nicht auf: die Versicherungen für Schiffe auf dieser Passage vervielfachten sich, von 500 USD in 2008 auf 20.000 USD in 2009. (Daten von hier). Angesichts dieser Kosten – und des bleibenden Risikos – erwägt man als Reeder andere Routen, aber 3.500 Meilen Umweg sind nicht zu verachten. Das dürfte ungefähr zehn Tage Zeit kosten, pro Passage, macht 200.000 Schiffstage mehr im Jahr, wenn alle Schiffe umgeleitet würden. Das ist auch eine Menge. Schiffe liegen nicht einfach untätig auf Reserve in Häfen, Schiffe fallen auch nicht einfach vom Himmel, und wollte man so etwas stringent durchziehen, müssten die 200.000 Tage eingespart werden – bei steigenden Frachtpreisen, denn gestiegene Nachfrage wirkt auf den Preis. Nicht zu reden von dem Kraftstoff, der durch den Umweg verbraucht würde, den Personalkosten, den Umweltfolgen. Mit Sicherheit würden die I-Phones aus China und T-Shirts aus Bangladesh teurer werden, vielleicht müssten wir auch auf ein paar Kisten Bananen aus Lateinamerika verzichten bzw. uns zwischen Bananen oder I-Phones entscheiden. Oder uns würden Container für den Abtransport unserer Exportautos und Exportmaschinen fehlen – auch das wäre weniger gut. Was genau passieren würde, höhere Preise, Containerknappheit, Güterknappheit oder Güterabwägung, kann niemand sagen – aber es würde nicht ohne Konsequenzen bleiben. Weniger vielleicht für Menschen, die ihr Obst nach Saison kaufen, Fleisch vom Bauern ihres Vertrauens und mehr Geld für Bücher als für Technikspielereien ausgeben. Mehr für jene Menschen, denen das I-Phone als Statussymbol wichtig ist, der Fernseher die beste Form der Unterhaltung, und der Einkauf von unverarbeiteten Lebensmitteln ein Abenteuer. Weniger für Ärzte und Buchhändler, mehr für Industriearbeiter und Autofirmen-Manager. Das wäre wirklich nicht schön, und da kann man doch froh sein, daß die internationale Staatengemeinschaft sich entschlossen hat, dieser Piraten-Bedrohung des Welthandels durch militärische Mittel zu begegnen. Es gibt übrigens auch eine Schätzung, was ein Pirat so verdient, dafür daß er seinen Kopf so weit aus dem Fenster streckt: Der Chef Pirat am Schreibtisch mit der Finanzierung im Hintergrund verdient etwa 120.000 USD pro Jahr, die verzweifelten armen Schweine an Bord 15.000 USD pro Jahr. Wobei das in Afrika natürlich viel Geld ist. Trotzdem: für einen reichlich riskanten Job, ohne Sozialversicherung.
Die zwei Prozent Wachstum, die die Wirtschaftskrise gerade gefressen hat, sind ja schon hart und das spüren wir allenthalben, Zeitarbeit, Kurzarbeit, defizitärer Staatshaushalt und so. Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, daß wir bei der nächsten Anfrage der NATO um ein paar Überwachungsflugzeuge „nein“ sagen, wir sagen überhaupt „nein“ zu allem, was die Amerikaner von uns wollen, weil wir ein souveräner Staat sind. Der Rest der Welt sieht das anders und betreibt weiterhin strategische, pragmatische Außenpolitik, zieht sogar im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an einem Strang, aber wir sagen „nein“. Moralisch wäre das vermutlich in vielen Fällen durchaus richtig, aber wenn die Amerikaner eine Angelegenheit zum nationalen Heiligtum erküren und sich nicht darauf beschränken, Volkswagen in Peoplecar umzubenennen (wie seinerzeit die Freedom Fries), sondern Millionen US-Bürger statt Audi, BMW und Volkswagen nun Toyota und Chevrolet kaufen, dann ist es mit der Gemütlichkeit und den Opernhäusern in dummen, kleinen Provinzstädten möglicherweise schnell vorbei.
Niemand weiß, ob, wann und wo die nächste große Krise stattfinden wird. Bestenfalls gar nicht oder wenigstens weit weg von Ölpipelines und Handelswegen, aber selbst dann ist es in einer komplexen Wirtschaftswelt nicht leicht, die Konsequenzen einzuschätzen. Einer unserer großen Politiker würden sagen: We are all sitting in one boat. Meines Wissens hat sich noch niemand die Mühe gemacht, in einem Modell zu simulieren, welche Auswirkungen ein größerer regionaler Konflikt auf den Welthandel und auf einzelne Länder hätte. Aus gutem Grund: die Weltwirtschaft würde in ihrer Komplexität jedes noch so raffinierte Modell und jede noch so umfangreiche Rechnerkapazität sprengen. Und deswegen weiß niemand, was passiert, sollte es unwahrscheinlicherweise irgendwo richtig krachen.
Rationalerweise kann es in niemandes Interesse sein, der Weltwirtschaft zu schaden, aber niemand garantiert, daß nicht irgendein fehlgeleiteter Politiker oder irrer Militärputschist noch rational handeln wird, wenn er am Drücker sitzt.
Ich bin nicht für Wirtschaftskriege. Die amerikanische Strategie, wichtige und unterlegene Ölländer zu besetzen, andere Staaten als Erfüllungsgehilfen ihrer Interessen zu mißbrauchen und dabei gleichzeitig ihrer Souveränität zu berauben ist verachtenswert und schändlich. Umso mehr, wenn sie mit dem Mäntelchen der Demokratisierung behängt wird. Unsere Autos und unser Wohlstand sind auch keine Menschenleben wert, nicht Soldatenleben und nicht Opferleben an irgendeinem gottverlassenen Fleck dieser Erde. Aber zu behaupten, daß internationale Wirtschafts- und Handelspolitik nicht ein Kernbestandteil der deutschen Außenpolitik sind, halte ich für naiv. Das kann nur sagen, wer die Konsequenzen nicht bis zum Schluß durchdacht hat. Denn sollte es irgendwann irgendwo zu einem gravierenden Konflikt kommen, was passiert mit uns in Deutschland, wenn das Öl unbezahlbar wird, wenn wir keine Rohstoffe für all die technischen Spielzeuge mehr bekommen, die wir so schätzen, keine Materialien für die Autos, die wir bauen und in alle Welt verkaufen, und im Winter über jede Vierteldrehung am Heizkörper fünf Mal nachdenken müssen? Wenn sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland verdoppelt, gleichzeitig die Staatseinnahmen einbrechen (ohne Unternehmensgewinne keine Staatseinnahmen), und wir ganz nebenbei, sozusagen als Collateral Damage, mehr Asylanträge als jemals zuvor erhalten von alle den verzweifelten Flüchtlingen aus einer zusammenbrechenden Region?
Das isthoffentlich natürlich ein völlig unrealisitsches Alptraumszenario, aber nach reiflicher Überlegung und Abwägung, scheint es durchaus in unserem Interesse, internationale Krisenherde im Auge zu behalten und uns notfalls auch um Stabilität in entlegenen Regionen zu kümmern. Oder aber wir werden wirklich konsequent, ändern unser Konsumverhalten, hören auf, Billiggüter aus aller Welt über die Meere zu schiffen, reduzieren den Ölverbrauch und werden ein weitgehend export- und importunabhängiges Land. Dann könnte uns die internationale Weltwirtschaft vielleicht egal sein und wir können die Pazifisten werden, die wir gerne wären. Aber beides: den Kuchen essen und gleichzeitig behalten, wird möglicherweise schwierig.
Es gibt aber noch eine andere Perspektive, die ich noch wichtiger finde: nicht nur im eigenen Interesse sollten wir an anderen Regionen in der Welt Anteil nehmen. Sondern vor allem aus Humanismus und Gerechtigkeit und menschlichem Mitleid mit den Schwächeren dieser Welt. Wir schicken deutsche Polizisten und Soldaten zur Stabilisierung in den Kongo, um weitere Kriege zu verhindern – nur kommt da niemand auf die Idee, von Wirtschaftskrieg zu sprechen, weil es keine offensichtlichen wirtschaftlichen Interessen und keine Toten gibt. Davon abgesehen bekommt allein die Demokratische Republik Kongo von uns 12-14 m Euro jährlich. Und Afghanistan 80 m Euro pro Jahr (zwischen 2005 und 2008). Man kann aber nicht alles mit Geld kaufen. Frieden zum Beispiel.
Hätte man mich vor einer Woche gefragt, ich hätte selbstverständlich gesagt, daß Welthandel und Frieden in Deutschland untrennbar miteinander verbunden sind. Unser Frieden hat nämlich viel mit Konsum zu tun, Konsum für alle, und möglichst viel. Bananen aus Lateinamerika und Kaffee aus Afrika für jedermann, T-Shirts für die H&M Teenager aus Bangladesh, wenn ich meine Computer-Hotline anrufe melden sich Damen, die irgendwo in Osteuropa sitzen und riefe ich von Amerika aus an, säßen sie in Indien. Wollte man all die Einzelteile zurückverfolgen, würde es richtig kompliziert, das Öl für meinen Joghurtbecher und meine Plastiktüten kommt vielleicht vom kaspischen Meer, oder aus Iran, die Metalle fürs Deckelchen aus Afrika oder Lateinamerika, die Milch kommt von subventionierten Landwirten in Deutschland, die künstlichen Aromen und Zusatzstoffe aus der Rest-EU und die Arbeitskräfte, die alles zusammensetzen, die sind natürlich deutsch. Oder haben zumindest ihren Wohnsitz in Deutschland, vielleicht irgendwo in der baden-württembergischen oder bayerischen Provinz. Ich weiß das, Sie wissen das, und die meisten Deutschen wissen es auch irgendwie. Eine andere Sache ist natürlich, darüber nachzudenken jenseits des eigenen Konsumhorizonts. Zum Glück für uns – und für die Weltwirtschaft – müssen wir darüber meistens nicht nachdenken, das tun hunderttausende Volkswirte, unter anderem beim IMF in Washington.
Die Frage, ob Wohlstand und Frieden zusammenhängen, muß man dort aber nicht mehr stellen, das ist längst beantwortet. Die Frage lautet viel mehr: wie sehr beeinflussen Konflikte das Wirtschaftswachstum? Besonders interessant ist das im Zusammenhang mit dem ewigen Sorgenkind Afrika, das neben vielen traurigen Rekorden auch mehr ethnische Gruppen und bürgerkriegsähnliche Konflikte verzeichnen kann, als die meisten anderen Regionen dieser Welt. Da für die koloniale und postkoloniale Grenzziehung Fragen der Stammes- oder Volkszugehörigkeit nicht übermäßig relevant waren, springen ethnische Konflikte in Afrika schnell auf Nachbarländer über. Der Bürgerkrieg im Kongo, in Rwanda, Uganda und in Burundi hat über die Jahre geschätzte 5 Millionen Opfer gefordert, und wird völlig zurecht manchmal als „afrikanischer Weltkrieg“ bezeichnet. Unter solchen Bedingungen kann Wirtschaft natürlich nicht wachsen.
Bürgerkriege untergraben die Fundamente von Recht und Gesetz, mindern Produktionskapazitäten, sowohl menschliche wie auch maschinelle, und blockieren Handelswege. Ohne Lieferung und ohne Verkauf keine Wirtschaft. Nicht zu reden von den Auswirkungen auf den Staatshaushalt, Militärausgaben und den materiellen Kosten zerstörter Infrastruktur.
Wissenschaftler haben versucht, die Kosten für Konflikte zu schätzen und haben festgestellt, daß ein Bürgerkrieg – basierend auf einem größeren cross-country sample – geschätzte 2 % Wachstum pro Jahr kostet. Dies nur für das bürgerkriegsführende Land, ohne Berücksichtigung von indirekt betroffenen Nachbarstaaten oder regionalen Auswirkungen.
Ein anderes Beispiel: eine empirisch basierte Schätzung der Transitionskonflikte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in verschiedenen osteuropäischen Ländern kam zu dem Ergebnis, daß die Konflikte das Wachstum der Region zwischen 1984 und 1994 um etwa 9% gemindert haben. Wenn man bedenkt, daß wir heute schon über 2 % Wachstum froh wären, sind 9 % wirklich eine ganze Menge – für vergleichsweise harmlose Konflikte.
Etwas detaillierter und in Richtung soziologische Voraussetzungen für Bürgerkriege, kann man auch schauen, wozu ethnische Fragmentation innerhalb von Ländern führt. Ohne die verschiedenen verwendeten Maße für ethnische Diversität zu erläutern, kann man zusammenfassend sagen:
The data indicate that high levels of ethnic diversity are strongly linked to high black market premiums, poor financial development, low provision of infrastructure, and low levels of education. Although ethnic diversity is not significantly correlated with every economic indicator, the evidence is consistent with the hypothesis that ethnic diversity adversely affects many public policies associated with economic growth.
Nun kann man als hartherziger Kapitalist natürlich sagen: was scheren mich die Konflikte in Afrika, das bißchen Kobalt aus dem Kongo und Kaffee aus den Nachbarländern ist nicht von weltmarktbestimmender Bedeutung, aber man kann diese Zahlen als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen nehmen.
Man kann sich auch die Konsequenzen der Piraten vor Somalia anschauen, um ein Gefühl für die endlose Ketten von Verbindungen im Welthandel zu bekommen. In 2008 wurden im Golf von Aden 115 Schiffe gekapert, für etwa die Hälfte wurden Lösegelder von 1 bis 1,5 Mio. USD gezahlt. Das kann man wirklich verschmerzen, das können wir uns locker leisten, und die paar philippinischen Matrosen, die einige ungemütliche Monate verbringen müssen, haben eben Pech gehabt. Zumal umgelegt auf die 20.000 Schiffe, die jedes Jahr durch den Golf von Aden fahren, ist die Piraterie kein Drama. Damit hört das Problem aber nicht auf: die Versicherungen für Schiffe auf dieser Passage vervielfachten sich, von 500 USD in 2008 auf 20.000 USD in 2009. (Daten von hier). Angesichts dieser Kosten – und des bleibenden Risikos – erwägt man als Reeder andere Routen, aber 3.500 Meilen Umweg sind nicht zu verachten. Das dürfte ungefähr zehn Tage Zeit kosten, pro Passage, macht 200.000 Schiffstage mehr im Jahr, wenn alle Schiffe umgeleitet würden. Das ist auch eine Menge. Schiffe liegen nicht einfach untätig auf Reserve in Häfen, Schiffe fallen auch nicht einfach vom Himmel, und wollte man so etwas stringent durchziehen, müssten die 200.000 Tage eingespart werden – bei steigenden Frachtpreisen, denn gestiegene Nachfrage wirkt auf den Preis. Nicht zu reden von dem Kraftstoff, der durch den Umweg verbraucht würde, den Personalkosten, den Umweltfolgen. Mit Sicherheit würden die I-Phones aus China und T-Shirts aus Bangladesh teurer werden, vielleicht müssten wir auch auf ein paar Kisten Bananen aus Lateinamerika verzichten bzw. uns zwischen Bananen oder I-Phones entscheiden. Oder uns würden Container für den Abtransport unserer Exportautos und Exportmaschinen fehlen – auch das wäre weniger gut. Was genau passieren würde, höhere Preise, Containerknappheit, Güterknappheit oder Güterabwägung, kann niemand sagen – aber es würde nicht ohne Konsequenzen bleiben. Weniger vielleicht für Menschen, die ihr Obst nach Saison kaufen, Fleisch vom Bauern ihres Vertrauens und mehr Geld für Bücher als für Technikspielereien ausgeben. Mehr für jene Menschen, denen das I-Phone als Statussymbol wichtig ist, der Fernseher die beste Form der Unterhaltung, und der Einkauf von unverarbeiteten Lebensmitteln ein Abenteuer. Weniger für Ärzte und Buchhändler, mehr für Industriearbeiter und Autofirmen-Manager. Das wäre wirklich nicht schön, und da kann man doch froh sein, daß die internationale Staatengemeinschaft sich entschlossen hat, dieser Piraten-Bedrohung des Welthandels durch militärische Mittel zu begegnen. Es gibt übrigens auch eine Schätzung, was ein Pirat so verdient, dafür daß er seinen Kopf so weit aus dem Fenster streckt: Der Chef Pirat am Schreibtisch mit der Finanzierung im Hintergrund verdient etwa 120.000 USD pro Jahr, die verzweifelten armen Schweine an Bord 15.000 USD pro Jahr. Wobei das in Afrika natürlich viel Geld ist. Trotzdem: für einen reichlich riskanten Job, ohne Sozialversicherung.
Die zwei Prozent Wachstum, die die Wirtschaftskrise gerade gefressen hat, sind ja schon hart und das spüren wir allenthalben, Zeitarbeit, Kurzarbeit, defizitärer Staatshaushalt und so. Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, daß wir bei der nächsten Anfrage der NATO um ein paar Überwachungsflugzeuge „nein“ sagen, wir sagen überhaupt „nein“ zu allem, was die Amerikaner von uns wollen, weil wir ein souveräner Staat sind. Der Rest der Welt sieht das anders und betreibt weiterhin strategische, pragmatische Außenpolitik, zieht sogar im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an einem Strang, aber wir sagen „nein“. Moralisch wäre das vermutlich in vielen Fällen durchaus richtig, aber wenn die Amerikaner eine Angelegenheit zum nationalen Heiligtum erküren und sich nicht darauf beschränken, Volkswagen in Peoplecar umzubenennen (wie seinerzeit die Freedom Fries), sondern Millionen US-Bürger statt Audi, BMW und Volkswagen nun Toyota und Chevrolet kaufen, dann ist es mit der Gemütlichkeit und den Opernhäusern in dummen, kleinen Provinzstädten möglicherweise schnell vorbei.
Niemand weiß, ob, wann und wo die nächste große Krise stattfinden wird. Bestenfalls gar nicht oder wenigstens weit weg von Ölpipelines und Handelswegen, aber selbst dann ist es in einer komplexen Wirtschaftswelt nicht leicht, die Konsequenzen einzuschätzen. Einer unserer großen Politiker würden sagen: We are all sitting in one boat. Meines Wissens hat sich noch niemand die Mühe gemacht, in einem Modell zu simulieren, welche Auswirkungen ein größerer regionaler Konflikt auf den Welthandel und auf einzelne Länder hätte. Aus gutem Grund: die Weltwirtschaft würde in ihrer Komplexität jedes noch so raffinierte Modell und jede noch so umfangreiche Rechnerkapazität sprengen. Und deswegen weiß niemand, was passiert, sollte es unwahrscheinlicherweise irgendwo richtig krachen.
Rationalerweise kann es in niemandes Interesse sein, der Weltwirtschaft zu schaden, aber niemand garantiert, daß nicht irgendein fehlgeleiteter Politiker oder irrer Militärputschist noch rational handeln wird, wenn er am Drücker sitzt.
Ich bin nicht für Wirtschaftskriege. Die amerikanische Strategie, wichtige und unterlegene Ölländer zu besetzen, andere Staaten als Erfüllungsgehilfen ihrer Interessen zu mißbrauchen und dabei gleichzeitig ihrer Souveränität zu berauben ist verachtenswert und schändlich. Umso mehr, wenn sie mit dem Mäntelchen der Demokratisierung behängt wird. Unsere Autos und unser Wohlstand sind auch keine Menschenleben wert, nicht Soldatenleben und nicht Opferleben an irgendeinem gottverlassenen Fleck dieser Erde. Aber zu behaupten, daß internationale Wirtschafts- und Handelspolitik nicht ein Kernbestandteil der deutschen Außenpolitik sind, halte ich für naiv. Das kann nur sagen, wer die Konsequenzen nicht bis zum Schluß durchdacht hat. Denn sollte es irgendwann irgendwo zu einem gravierenden Konflikt kommen, was passiert mit uns in Deutschland, wenn das Öl unbezahlbar wird, wenn wir keine Rohstoffe für all die technischen Spielzeuge mehr bekommen, die wir so schätzen, keine Materialien für die Autos, die wir bauen und in alle Welt verkaufen, und im Winter über jede Vierteldrehung am Heizkörper fünf Mal nachdenken müssen? Wenn sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland verdoppelt, gleichzeitig die Staatseinnahmen einbrechen (ohne Unternehmensgewinne keine Staatseinnahmen), und wir ganz nebenbei, sozusagen als Collateral Damage, mehr Asylanträge als jemals zuvor erhalten von alle den verzweifelten Flüchtlingen aus einer zusammenbrechenden Region?
Das ist
Es gibt aber noch eine andere Perspektive, die ich noch wichtiger finde: nicht nur im eigenen Interesse sollten wir an anderen Regionen in der Welt Anteil nehmen. Sondern vor allem aus Humanismus und Gerechtigkeit und menschlichem Mitleid mit den Schwächeren dieser Welt. Wir schicken deutsche Polizisten und Soldaten zur Stabilisierung in den Kongo, um weitere Kriege zu verhindern – nur kommt da niemand auf die Idee, von Wirtschaftskrieg zu sprechen, weil es keine offensichtlichen wirtschaftlichen Interessen und keine Toten gibt. Davon abgesehen bekommt allein die Demokratische Republik Kongo von uns 12-14 m Euro jährlich. Und Afghanistan 80 m Euro pro Jahr (zwischen 2005 und 2008). Man kann aber nicht alles mit Geld kaufen. Frieden zum Beispiel.
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