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Modisch mutig
Es ist ein äußerst unglückliches Zusammentreffen, daß ich in meinem Leben entweder keine Lust zum Einkaufen hatte, oder kein Geld. Im Moment ist eine Kein-Geld-Phase. Die Keine-Lust-Phase ist schon eine Weile her. Als ich noch in gläsernen Bürotürmen arbeitete, war der Anzug Pflicht. Fünf Tage die Woche, selbst wenn der Kunde Casual Friday hatte, war es uns Beraterpüppchen verboten, casual zu sein. Natürlich hat man manchmal mit sich gerungen, wohlwissend, daß man am Freitag der einzige mit Jackett sein würde, aber Pflicht ist Pflicht. Ich erinnere mich noch an einen Tag, als ich morgens vorm Kleiderschrank besonders in Versuchung war, und im Büro miterleben durfte, wie ein Kundenmitarbeiter in überaus sportlichen Turnschuhen von seiner Chefin eine veritable Abreibung bekam – während ich ausnahmsweise dankbar für meine Uniform war.
Immerhin war es sparsam, außer Kostüme und Anzüge, Blusen, bürofeine Strickoberteile und Pumps gab es nichts zu kaufen, auch wenn solche Käufe mir nie großen Spaß gemacht haben. Die Auswahlmöglichkeiten sind beschränkt, uni oder mit Nadelstreifen, ein oder zwei Taschen auf dem Jackett, mehr geht nicht. Wenig lustvoll, solche Käufe. Was hätte ich andererseits anfangen sollen mit jenem todschicken, beigen Jeans-Blazer, mit pinkfarbener Rosette auf der Außentasche und Futter mit englischen Jagdszenen? Was mit den roten Lackslippern? Der Barbour-Jacke mit Pelzkragen? Abendliche Verabredungen, wenn sie überhaupt eingehalten werden konnten, trat ich unmittelbar nach Büroschluß an. Natürlich gab es After-Work-Parties, wo mich die engen Leder-Shorts der anwesenden Damen nachdenklich machten, welcher Arbeitgeber hinter einem solchen Outfit stecken mag, meiner jedenfalls sanktionierte keine tiefdekolletierten Spitzenoberteile. Vielleicht waren die natürlich auch bei Arbeitgebern, wo der Arbeitstag vor zwanzig Uhr endet, so daß Zeit für einen Abstecher zum heimischen Kleiderschrank blieb. Hoffe ich mal.
Samstage vergingen damit, Hosenanzüge in die Reinigung, zertretene Pumps zum Schuster und meine Wohnung auf Vordermann zu bringen, für die anderthalb Tage Wochenende reichte der Bestand an Jeans, Shirts und flachen Schuhen völlig aus, kein Bedarf an Neuanschaffungen. Es gibt Tätigkeiten, die wenig Raum für Individualität lassen, Mitarbeiter sind kleine Kostenstellen in einer großen Maschinerie, Kanonenfutter für die Wirtschaft, aber - bitteschön! - keine Persönlichkeiten. Gerüchte sagen, daß bei der Konkurrenz sogar die Hemdenfarbe auf weiß und hellblau (plus rosa für die Quotendamen) durch internen Kodex beschränkt sind. Gewagte Akzente konnte man allenfalls durch bunte Halstücher und Gürtel setzen. Möglicherweise ist das Beraterinnenhalstuch weniger Klischee der höheren Tochter, als ein verzweifelter Versuch modischer Abgrenzung, quasi ein zumeist ungehörter Aufschrei aus der uniformen Masse? Ein kleiner, teuer bezahlter Triumph war jedenfalls mein seidenes Halstuch in pink, grün und schwarz mit Totenköpfen drauf, die nur jeder zehnte Kollege unter verblüfftem Staunen wahrnahm. In preußisch-protestantischer Sparsamkeit habe ich nie Sinn darin gesehen, Geld für Kleiderschrankleichen auszugeben, die ich nur einmal im Jahr würde tragen können, also war ich sehr, sehr sparsam in jener Zeit.
Zu diesem Leben gehörte es, keine Turnschuhe zu besitzen und keine Verwendung für normale Strümpfe zu haben. Ohnehin stehe ich auf dem Standpunkt, daß Turnschuhe Turnschuhe heißen, weil sie zum Turnen da sind, also für sportliche Aktivitäten. Den Einkaufsbummel in der Frankfurter Innenstadt habe ich nie dazugezählt, für sowas hat die Elitesse von Welt flache Lederschuhe, und so brauchte ich weder Turnschuhe noch richtige Socken. Während der vielbeschäftigte Investmentbanker seine Socken gerüchteweise im Internet per Mail-Order bestellt, bekommt das geschäftige Bürohäschen Feinstrumpfhosen und dünne Söckchen selbst nach Ladenschluß im Supermarkt, und weitere Bedürfnisse hatte ich nicht.
Jetzt bin ich wieder in einer Kein-Geld-Phase, habe aber außerordentlich große Bedürfnisse. All die schönen Dinge, die ich in den letzten Jahren nicht gekauft habe – jetzt könnte ich sie tragen. In meinem neuen Büro gelt ich im schwarzen Rock mit Mokassins und T-Shirt schon als overdressed unter Turnschuh-und-Jeans-Trägern, andererseits gibt es um mich herum genug Elitessen in Prada und Gucci, um nicht allzu negativ aufzufallen – ich könnte mich also grenzenlos austoben. Nur muß ich jetzt mit meinem Budget haushalten. Die qualitätsbewußte Hausfrau kauft natürlich gerade unter finanziell eingeschränkten Bedingungen keinen Billigschund, und wenn sich ein außerordentliches Schnäppchen bietet, muß man zuschlagen. Auch wenn man eigentlich nur Kaffeefilter besorgen wollte und ganz versehentlich durch die Abteilung für Beinbekleidung stolperte.
Da kann es passieren, 60 Franken für allerlei hochwertige Strümpfe und Socken solider Provenienz ausgeben, immerhin alle um die Hälfte reduziert. Selbstverständlich nur ein vorausschauender, höchst sinnvoller Hamsterkauf. Vernünftig, geradezu. Und ein Schritt in die un-uniformierte Individualität. Zum Beispiel so:
Völlig undenkbar, zu schwarzen Pumps und grauer Hose. Wunderbar zur Jeans.
Immerhin war es sparsam, außer Kostüme und Anzüge, Blusen, bürofeine Strickoberteile und Pumps gab es nichts zu kaufen, auch wenn solche Käufe mir nie großen Spaß gemacht haben. Die Auswahlmöglichkeiten sind beschränkt, uni oder mit Nadelstreifen, ein oder zwei Taschen auf dem Jackett, mehr geht nicht. Wenig lustvoll, solche Käufe. Was hätte ich andererseits anfangen sollen mit jenem todschicken, beigen Jeans-Blazer, mit pinkfarbener Rosette auf der Außentasche und Futter mit englischen Jagdszenen? Was mit den roten Lackslippern? Der Barbour-Jacke mit Pelzkragen? Abendliche Verabredungen, wenn sie überhaupt eingehalten werden konnten, trat ich unmittelbar nach Büroschluß an. Natürlich gab es After-Work-Parties, wo mich die engen Leder-Shorts der anwesenden Damen nachdenklich machten, welcher Arbeitgeber hinter einem solchen Outfit stecken mag, meiner jedenfalls sanktionierte keine tiefdekolletierten Spitzenoberteile. Vielleicht waren die natürlich auch bei Arbeitgebern, wo der Arbeitstag vor zwanzig Uhr endet, so daß Zeit für einen Abstecher zum heimischen Kleiderschrank blieb. Hoffe ich mal.
Samstage vergingen damit, Hosenanzüge in die Reinigung, zertretene Pumps zum Schuster und meine Wohnung auf Vordermann zu bringen, für die anderthalb Tage Wochenende reichte der Bestand an Jeans, Shirts und flachen Schuhen völlig aus, kein Bedarf an Neuanschaffungen. Es gibt Tätigkeiten, die wenig Raum für Individualität lassen, Mitarbeiter sind kleine Kostenstellen in einer großen Maschinerie, Kanonenfutter für die Wirtschaft, aber - bitteschön! - keine Persönlichkeiten. Gerüchte sagen, daß bei der Konkurrenz sogar die Hemdenfarbe auf weiß und hellblau (plus rosa für die Quotendamen) durch internen Kodex beschränkt sind. Gewagte Akzente konnte man allenfalls durch bunte Halstücher und Gürtel setzen. Möglicherweise ist das Beraterinnenhalstuch weniger Klischee der höheren Tochter, als ein verzweifelter Versuch modischer Abgrenzung, quasi ein zumeist ungehörter Aufschrei aus der uniformen Masse? Ein kleiner, teuer bezahlter Triumph war jedenfalls mein seidenes Halstuch in pink, grün und schwarz mit Totenköpfen drauf, die nur jeder zehnte Kollege unter verblüfftem Staunen wahrnahm. In preußisch-protestantischer Sparsamkeit habe ich nie Sinn darin gesehen, Geld für Kleiderschrankleichen auszugeben, die ich nur einmal im Jahr würde tragen können, also war ich sehr, sehr sparsam in jener Zeit.
Zu diesem Leben gehörte es, keine Turnschuhe zu besitzen und keine Verwendung für normale Strümpfe zu haben. Ohnehin stehe ich auf dem Standpunkt, daß Turnschuhe Turnschuhe heißen, weil sie zum Turnen da sind, also für sportliche Aktivitäten. Den Einkaufsbummel in der Frankfurter Innenstadt habe ich nie dazugezählt, für sowas hat die Elitesse von Welt flache Lederschuhe, und so brauchte ich weder Turnschuhe noch richtige Socken. Während der vielbeschäftigte Investmentbanker seine Socken gerüchteweise im Internet per Mail-Order bestellt, bekommt das geschäftige Bürohäschen Feinstrumpfhosen und dünne Söckchen selbst nach Ladenschluß im Supermarkt, und weitere Bedürfnisse hatte ich nicht.
Jetzt bin ich wieder in einer Kein-Geld-Phase, habe aber außerordentlich große Bedürfnisse. All die schönen Dinge, die ich in den letzten Jahren nicht gekauft habe – jetzt könnte ich sie tragen. In meinem neuen Büro gelt ich im schwarzen Rock mit Mokassins und T-Shirt schon als overdressed unter Turnschuh-und-Jeans-Trägern, andererseits gibt es um mich herum genug Elitessen in Prada und Gucci, um nicht allzu negativ aufzufallen – ich könnte mich also grenzenlos austoben. Nur muß ich jetzt mit meinem Budget haushalten. Die qualitätsbewußte Hausfrau kauft natürlich gerade unter finanziell eingeschränkten Bedingungen keinen Billigschund, und wenn sich ein außerordentliches Schnäppchen bietet, muß man zuschlagen. Auch wenn man eigentlich nur Kaffeefilter besorgen wollte und ganz versehentlich durch die Abteilung für Beinbekleidung stolperte.
Da kann es passieren, 60 Franken für allerlei hochwertige Strümpfe und Socken solider Provenienz ausgeben, immerhin alle um die Hälfte reduziert. Selbstverständlich nur ein vorausschauender, höchst sinnvoller Hamsterkauf. Vernünftig, geradezu. Und ein Schritt in die un-uniformierte Individualität. Zum Beispiel so:
Völlig undenkbar, zu schwarzen Pumps und grauer Hose. Wunderbar zur Jeans.
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