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Gestern war ich bei der Taufe. Große Party, viel zu erzählen, aber keine Zeit zum Schreiben. Es war so heiß, daß mir der Schweiß an den Beinen heruntergelaufen ist. Die kalte Saison definitiv vorbei.
Heute morgen auf dem Rückweg vom Schwimmen Treppe hochgefallen. Aua. Das ist das zweite Mal in sechs Monaten, ich werde alt. Ich erspare Ihnen die unappetitlichen Fotos meines lädierten Beins.
Sechs Dollar in eine Flasche Haarspülung investiert. Ich bin ja eigentlich eher genügsam in der Anwendung von Toilettenartikeln, aber irgendwas am Wasser hier ist komisch, jedenfalls reiße ich mir langsam alle Haare aus - und es wäre doch nicht schön, kahlköpfig nach Hause zu reisen.
Mitbewohner kocht ausgerechnet dann Thai Curry Huhn, wenn ich zum Abendessen aushäusig bin. Dafür werde ich während meines Heimaturlaubs um so mehr essen müssen. Mail an Mama: Wunschgerichteliste.
Homme de ménage erinnert mich nunmehr täglich daran, daß es hier üblich ist, dem Personal ein Abschiedsgeschenk zu machen:
Quand est-ce que tu pars? Tu restes ici cette semaine? Tu sais, ici il faut donner un cadeau...
Heute morgen auf dem Rückweg vom Schwimmen Treppe hochgefallen. Aua. Das ist das zweite Mal in sechs Monaten, ich werde alt. Ich erspare Ihnen die unappetitlichen Fotos meines lädierten Beins.
Sechs Dollar in eine Flasche Haarspülung investiert. Ich bin ja eigentlich eher genügsam in der Anwendung von Toilettenartikeln, aber irgendwas am Wasser hier ist komisch, jedenfalls reiße ich mir langsam alle Haare aus - und es wäre doch nicht schön, kahlköpfig nach Hause zu reisen.
Mitbewohner kocht ausgerechnet dann Thai Curry Huhn, wenn ich zum Abendessen aushäusig bin. Dafür werde ich während meines Heimaturlaubs um so mehr essen müssen. Mail an Mama: Wunschgerichteliste.
Homme de ménage erinnert mich nunmehr täglich daran, daß es hier üblich ist, dem Personal ein Abschiedsgeschenk zu machen:
Quand est-ce que tu pars? Tu restes ici cette semaine? Tu sais, ici il faut donner un cadeau...
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Unschönes
Es fällt mir nicht leicht, häßlich über meine Mitmenschen zu reden. Häßliche Gedanken habe ich einigermaßen regelmäßig, aber ich schreibe sie nicht gerne nieder. Der Ehrlichkeit halber sollte ich aber doch auch die unschönen Erlebnisse aufbewahren, also bitte.
Ich habe seit heute einen neuen Taxifahrer. Wie bereits berichtet ist es mit dem Transport hier nicht einfach, nach den ersten drei Wochen hatte mir unser Rezeptionist einen verläßlichen, privaten Taxifahrer gesucht, der üblicherweise vor einem der Hotels auf Kundschaft wartet, und mich zukünftig morgens zur Arbeit bringen und abends abholen sollte. Die Strecke ist nicht weit, fast könnte ich vermutlich zu Fuß gehen, wäre das hier nicht grundsätzlich wenig empfehlenswert. Mit Hilfe des Rezeptionisten einigten wir uns auf fünfzehn Dollar für die zwei kurzen Fahrten (fünf Dollar weniger, als er ursprünglich verlangt hatte) – immerhin war ich gewissermaßen eine Langzeit-Kundin.
Erst einige Tage später fand ich im Gespräch mit anderen Kollegen heraus, daß dieselbe Dienstleistung leicht auch für zehn Dollar zu haben gewesen wäre. Honi soit..., wer unserem Rezeptionisten Böses unterstellt. Ich habe es dabei belassen, teils aus Bequemlichkeit, teils um keinen Sand ins Betriebe der Beziehungsgeflechte zu streuen. Nach drei Wochen kam ich Freitags abends verspätet aus dem Büro und auch wenn ich mich über die gelegentlichen Verspätungen des Fahrers nie beschwert hatte, fand ich doch meinerseits, daß dies ein guter Anlaß für ein einmaliges Trinkgeld sei, schob zwanzig statt der üblichen fünfzehn Dollar hinüber und erklärte den überraschenden Geldsegen hinreichend deutlich.
Samstags arbeite ich nur halbe Tage und so bat ich ihn am folgenden Mittag, mich um vier Uhr wieder abzuholen. Um drei rief ich an und vertagte auf fünf, wobei ich nicht umhin konnte, einen erheblichen Lärmpegel von Stimmen und lauter Musik im Hintergrund zur Kenntnis zu nehmen. Um kurz nach fünf setzte mich mein Taxiste vor der Haustür ab, und verkündete lapidar: J’ai besoin de vingt dollars. Warum? Weil er den ganzen Tag auf mich gewartet habe, keine anderen Kunden habe fahren können, darum. Ich setzte ihm auseinander, daß er mir das vorher sagen müsse, wenn die Fahrt plötzlich das dreifache des üblichen Preises kosten solle. Wir einigten uns auf zehn. Und ich schlich enttäuscht, bedrückt, verwirrt ins Haus. Was, bitte, soll man davon halten? Daß unser homme de ménage andauernd heiratet, Geburtstag hat (Anlaß für Geschenke des Arbeitgebers) und wir uns kümmern, wenn er krank ist und seine Arztrechnung und Medikamente bezahlen – keine Frage. Daß ich trotz des ohnehin völlig überzogenen Preises zwischendurch und am Ende meinem Taxifahrer etwas draufgebe – auch keine Frage. Aber diese völlig emotionslose, erklärungsfreie Ansage - nein, Forderung?
Man kann hier Dinge kaufen, die es in Deutschland für Geld nicht zu haben gibt. Freundlichkeit zum Beispiel. Gespräche. Sozialleben. Wer als Expatriate mit Einheimischen ausgehen will, gibt den Gastgeber. Wenn ich mit Kollegen die Chauffeure der Mietwagen geteilt habe, war es jedes Mal ein Erlebnis zu sehen, wie die Herren bei Trinkgeld auftauten, freundlicher, fröhlicher, entgegenkommender wurden. Und was ich mir zu Hause nicht hätte vorstellen können, stellt sich hier ein: das Wissen, dafür bezahlt zu haben, entwertet die Freundlichkeit keineswegs. Man nimmt es hin, als Bestandteil des Soziallebens in einer anderen Kultur. Ich habe uneingeschränkt Verständnis dafür, daß angesichts existentieller Not – wie wir sie in Deutschland zum Glück nicht mehr kennen – europäische Kategorien und Denkbegriffe von Moralität, Integrität und Ehrlichkeit obsolet sind, vielleicht sogar unangebracht – auf jeden Fall unrealistisch. Ich kann völlig verstehen, daß ein Fahrer, der einen Stall voller hungriger Kinder durchfüttern muß, eine zweistündige Odyssee mit desolaten öffentlichen Verkehrsmitteln hinter sich hat, wenn er mich morgens fürs Büro aufgerüscht aus meiner Wohnung abholt, keine blendende Laune hat. Ich kann verstehen, daß er schlechte Tage hat und ich kann verstehen, daß er bessere Laune bekommt, wenn das Trinkgeld es ihm erlaubt, sich ein warmes Mittagessen zu kaufen. Ich kann hingegen überhaupt gar nicht verstehen, wie manche Kollegen mit einer dreistelligen Verpflegungspauschale über zwei Dollar Trinkgeld für den Fahrer zum Mittagessen rumzicken (und das tun sie, ich habe es erlebt). Ich kann auch nicht verstehen, wie Expatriates ihrem Koch untersagen, sich mittags aus den Vorräten im Schrank eine Schüssel Reis zu machen oder ein Stück Brot aus dem Haushalt zu essen. Wenn ich so was höre, schäme ich mich für meine Hautfarbe.
Ich kann aber auch – im Falle meines Taxifahrers – nicht verstehen: wie kann man so dämlich sein und die Gans schlachten, die goldene Eier legt? Denn das war ich, eine goldene Gans. Für zwei lächerlich kurze Fahrten hat er für hiesige Verhältnisse wirklich viel Geld bekommen, und ohne seine Maßlosigkeit hätte ich die nächsten Wochen bis zu meiner Abreise jeden Tag brav bezahlt. Ich hätte meine Bettwäsche und Teile meiner Kleidung (die ich sicherlich nicht mit nach Hause schleppen werde) an ihn abgetreten, und hätte vermutlich bei meiner Rückkehr seinen Kinder eine Kleinigkeit mitgebracht. Statt dessen habe ich mir jetzt einen anderen Taxifahrer gesucht. Gans tot, legt keine goldenen Eier mehr. Gans aber auch immer noch verwirrt.
Ich habe seit heute einen neuen Taxifahrer. Wie bereits berichtet ist es mit dem Transport hier nicht einfach, nach den ersten drei Wochen hatte mir unser Rezeptionist einen verläßlichen, privaten Taxifahrer gesucht, der üblicherweise vor einem der Hotels auf Kundschaft wartet, und mich zukünftig morgens zur Arbeit bringen und abends abholen sollte. Die Strecke ist nicht weit, fast könnte ich vermutlich zu Fuß gehen, wäre das hier nicht grundsätzlich wenig empfehlenswert. Mit Hilfe des Rezeptionisten einigten wir uns auf fünfzehn Dollar für die zwei kurzen Fahrten (fünf Dollar weniger, als er ursprünglich verlangt hatte) – immerhin war ich gewissermaßen eine Langzeit-Kundin.
Erst einige Tage später fand ich im Gespräch mit anderen Kollegen heraus, daß dieselbe Dienstleistung leicht auch für zehn Dollar zu haben gewesen wäre. Honi soit..., wer unserem Rezeptionisten Böses unterstellt. Ich habe es dabei belassen, teils aus Bequemlichkeit, teils um keinen Sand ins Betriebe der Beziehungsgeflechte zu streuen. Nach drei Wochen kam ich Freitags abends verspätet aus dem Büro und auch wenn ich mich über die gelegentlichen Verspätungen des Fahrers nie beschwert hatte, fand ich doch meinerseits, daß dies ein guter Anlaß für ein einmaliges Trinkgeld sei, schob zwanzig statt der üblichen fünfzehn Dollar hinüber und erklärte den überraschenden Geldsegen hinreichend deutlich.
Samstags arbeite ich nur halbe Tage und so bat ich ihn am folgenden Mittag, mich um vier Uhr wieder abzuholen. Um drei rief ich an und vertagte auf fünf, wobei ich nicht umhin konnte, einen erheblichen Lärmpegel von Stimmen und lauter Musik im Hintergrund zur Kenntnis zu nehmen. Um kurz nach fünf setzte mich mein Taxiste vor der Haustür ab, und verkündete lapidar: J’ai besoin de vingt dollars. Warum? Weil er den ganzen Tag auf mich gewartet habe, keine anderen Kunden habe fahren können, darum. Ich setzte ihm auseinander, daß er mir das vorher sagen müsse, wenn die Fahrt plötzlich das dreifache des üblichen Preises kosten solle. Wir einigten uns auf zehn. Und ich schlich enttäuscht, bedrückt, verwirrt ins Haus. Was, bitte, soll man davon halten? Daß unser homme de ménage andauernd heiratet, Geburtstag hat (Anlaß für Geschenke des Arbeitgebers) und wir uns kümmern, wenn er krank ist und seine Arztrechnung und Medikamente bezahlen – keine Frage. Daß ich trotz des ohnehin völlig überzogenen Preises zwischendurch und am Ende meinem Taxifahrer etwas draufgebe – auch keine Frage. Aber diese völlig emotionslose, erklärungsfreie Ansage - nein, Forderung?
Man kann hier Dinge kaufen, die es in Deutschland für Geld nicht zu haben gibt. Freundlichkeit zum Beispiel. Gespräche. Sozialleben. Wer als Expatriate mit Einheimischen ausgehen will, gibt den Gastgeber. Wenn ich mit Kollegen die Chauffeure der Mietwagen geteilt habe, war es jedes Mal ein Erlebnis zu sehen, wie die Herren bei Trinkgeld auftauten, freundlicher, fröhlicher, entgegenkommender wurden. Und was ich mir zu Hause nicht hätte vorstellen können, stellt sich hier ein: das Wissen, dafür bezahlt zu haben, entwertet die Freundlichkeit keineswegs. Man nimmt es hin, als Bestandteil des Soziallebens in einer anderen Kultur. Ich habe uneingeschränkt Verständnis dafür, daß angesichts existentieller Not – wie wir sie in Deutschland zum Glück nicht mehr kennen – europäische Kategorien und Denkbegriffe von Moralität, Integrität und Ehrlichkeit obsolet sind, vielleicht sogar unangebracht – auf jeden Fall unrealistisch. Ich kann völlig verstehen, daß ein Fahrer, der einen Stall voller hungriger Kinder durchfüttern muß, eine zweistündige Odyssee mit desolaten öffentlichen Verkehrsmitteln hinter sich hat, wenn er mich morgens fürs Büro aufgerüscht aus meiner Wohnung abholt, keine blendende Laune hat. Ich kann verstehen, daß er schlechte Tage hat und ich kann verstehen, daß er bessere Laune bekommt, wenn das Trinkgeld es ihm erlaubt, sich ein warmes Mittagessen zu kaufen. Ich kann hingegen überhaupt gar nicht verstehen, wie manche Kollegen mit einer dreistelligen Verpflegungspauschale über zwei Dollar Trinkgeld für den Fahrer zum Mittagessen rumzicken (und das tun sie, ich habe es erlebt). Ich kann auch nicht verstehen, wie Expatriates ihrem Koch untersagen, sich mittags aus den Vorräten im Schrank eine Schüssel Reis zu machen oder ein Stück Brot aus dem Haushalt zu essen. Wenn ich so was höre, schäme ich mich für meine Hautfarbe.
Ich kann aber auch – im Falle meines Taxifahrers – nicht verstehen: wie kann man so dämlich sein und die Gans schlachten, die goldene Eier legt? Denn das war ich, eine goldene Gans. Für zwei lächerlich kurze Fahrten hat er für hiesige Verhältnisse wirklich viel Geld bekommen, und ohne seine Maßlosigkeit hätte ich die nächsten Wochen bis zu meiner Abreise jeden Tag brav bezahlt. Ich hätte meine Bettwäsche und Teile meiner Kleidung (die ich sicherlich nicht mit nach Hause schleppen werde) an ihn abgetreten, und hätte vermutlich bei meiner Rückkehr seinen Kinder eine Kleinigkeit mitgebracht. Statt dessen habe ich mir jetzt einen anderen Taxifahrer gesucht. Gans tot, legt keine goldenen Eier mehr. Gans aber auch immer noch verwirrt.
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Flirten à la Congolaise
Ich bin ja absolut bestrebt, mich auch mit den ungewöhnlichen und unappetitlichen Seiten meines Gastlandes zu befassen und werfe mich derzeit mit unermüdliche Einsatzfreude jeder neuen Gelegenheit an den Hals. Da konnte ich mir die Chance zum Flirt à la Congolaise natürlich nicht entgehen lassen. Und habe mich letzte Woche von einer Aufzugbekanntschaft zum Essen einladen lassen. Der junge Mann sah hinreichend anständig aus, war freundlich, hat einen vernünftigen Arbeitgeber und der Name seines Vorgesetzten war mir nicht unbekannt – soviel Information reichte mir als Sicherheit schon. Ach ja, außerdem einen dieser klangvollen französischen Namen, bei denen ich schon beinahe schwach werde: Emmanuels, Constants, Vincents gibt es hier viele.
Am ersten Abend schlug er vor, zuerst im Botschaftsviertel am Fluß eine Runde zu bummeln und danach noch eine Kleinigkeit essen zu gehen. Eine etwas sonderbare Abfolge angesichts der Tatsache, daß das nach Einbruch der Dunkelheit menschenleere Flußufer vermutlich die sicherste Destination für Filmromantik ist, die von ihm ausgewählte Pizzeria hingegen eher nüchtern war, aber gut – vielleicht macht man das hier so. Ganz Gentleman legte er mir am Fluß sein Jackett über die Knie, nicht der Kälte wegen, sondern um meine zarten Beinchen vor Mücken zu schützen. Auch das Gespräch ließ sich nicht schlecht und durchaus interessant an, allerdings bin ich kein großer Freund von platten Komplimenten zwei Stunden in die Bekanntschaft hinein: Tu est une fille très intéressante... t’est vraiment courageuse de venir ici... ta mère doit être une femme assez belle... Andererseits hört man derlei Nettigkeiten ja doch irgendwie immer gerne. Etwas befremdlich fand ich allerdings, im Restaurant zu teilen. Die Pizza, nicht die Rechnung. Ich bin selbstverständlich emanzipiert genug, um gegebenenfalls selbst zu bezahlen und biete das auch in einwandfrei romantischem Kontext mindestens zwei Mal an – aber Pizza teilen? Meine Meinung meinte er auch bei der Auswahl der Pizza nicht ausführlich konsultieren zu müssen. Seine Frage, worauf ich Hunger habe, beantwortete ich etwas vage, stellte eine Margherita zur Diskussion, verkündete aber, eigentlich alles gerne zu mögen. Als er dann Pizza mit Schinken bestellte, hatte ich natürlich – ganz weibliche Anpassungsfreude – keine Einwände. Als er jedoch später vor meiner Haustür um ein Dessert bei mir bat, habe ich energisch Grenzen gezogen und auf die Anwesenheit meiner beiden Mitbewohner verwiesen, die derartige Unterfangen doch etwas einschränke.
Jetzt können Sie sich zu Recht fragen, warum ich mich auf ein zweites Rendez-vous eingelassen habe. Erstens finde ich es interessant und in mancher Hinsicht entspannter als beispielsweise mit meinem Französischlehrer, mit diesem Verehrer zu reden. Dank seines Studiums in Kanada und seines familiären Hintergrunds sind wir in vieler Hinsicht auf Augenhöhe, was den Umgang unkomplizierter macht und mir manche Befangenheit nimmt. Außerdem hat er mich beim Wort genommen und korrigiert zuverlässig meine Fehler im Französischen. Dabei findet er sogar – zumindest in diesem einen Fall – das rechte Mittelmaß: es stört nicht unsere Konversation, hilft mir aber enorm. Fräulein Damenwahl hat daher in aller Emanzipation das Elend des Sonntag Abends ihrer eigenen Wahl zu verdanken. Wir waren in einem bescheidenen Gartenrestaurant, seine Tendenz zu den schlecht ausgeleuchteten Winkeln im hinteren Teil fernab der drei anderen besetzten Tische wußte ich zu vereiteln, wir erhielten die Karte. Noch bevor ich auch nur die Überschrift der Vorspeisen hatte entziffern können, hatte er seine Karte wieder zugeklappt und befragte die Kellnerin nach den angebotenen Gerichten – schnell möge es bitte gehen. Brochette mit Reis? Ein fragender Blick zu mir und schon hatte bestellt. Als das Essen kam, stellte sich heraus – ich hatte es kaum zu hoffen gewagt –, daß ich dieses Mal meinen eigenen Teller hatte. Leider stellten sich im Laufe des Gesprächs auch noch allerlei andere Dinge heraus. Nach längeren Zierereien, die wahrhaftig einer Dame eher angemessen gewesen wären, brachte ich immerhin in Erfahrung, daß er mit über vierzig deutlich älter ist, als ich geschätzt hätte – er sieht eher wie zwanzig aus. Das ist nun wirklich in meinen Augen keinen Nachteil – in seinen ebensowenig. Vielmehr vertrat er sogar entschieden die Ansicht, Frauen müßten unbedingt mindestens sieben bis zehn Jahre jünger sein als ihr Partner, da sie ja schließlich viel früher alt werden und alt aussehen. Nach dieser Ansage war ich so konsterniert, daß mir sicherlich einige der Komplimente, mit denen er mich fortwährend bombardierte, entgangen sind. Aus meiner Bestürzung erwachte ich das nächste Mal, als er ausführte, daß kongolesische Töchter üblicherweise von ihren Tanten in die Pflichten einer guten Hausfrau eingewiesen werden – und ich versichere: das war keineswegs eine nüchterne Darstellung sondern fand offensichtlich durchaus seine Zustimmung. Ich habe daraufhin alle weibliche Zurückhaltung aufgegeben, in der Hoffnung ihn dadurch vielleicht abschrecken zu können, und mir erst ungefragt eine Zigarette angezündet (was ich sonst nie tue) und danach die Rechnung bezahlt. Durch meine Übernahme der gesamten Rechnung ließ er sich leider keineswegs beirren, sondern schien im Gegenteil noch ermutigt. Die Heimfahrt war eine endlose Hängepartie, weil er mich partout nicht nach Hause bringen wollte, hier gezögert, im Auto nebeneinander gesessen, angehalten, Eis essen gewesen, Händchen halten versucht. Ich kam mir vor wie eine Wasserschlange und habe mich nur noch gewunden, sowohl physisch aus seinen Avancen heraus als auch sprachlich in dem Bemühen, meine Nicht-Absichten explizit und doch zartfühlend deutlich zu machen. Ich muß vielleicht eine zweite Meinung bei anderen kongolesischen Freunden einholen, wie man hier flirtet – bisher jedenfalls habe ich die Spielregeln noch nicht recht verstanden.
Am ersten Abend schlug er vor, zuerst im Botschaftsviertel am Fluß eine Runde zu bummeln und danach noch eine Kleinigkeit essen zu gehen. Eine etwas sonderbare Abfolge angesichts der Tatsache, daß das nach Einbruch der Dunkelheit menschenleere Flußufer vermutlich die sicherste Destination für Filmromantik ist, die von ihm ausgewählte Pizzeria hingegen eher nüchtern war, aber gut – vielleicht macht man das hier so. Ganz Gentleman legte er mir am Fluß sein Jackett über die Knie, nicht der Kälte wegen, sondern um meine zarten Beinchen vor Mücken zu schützen. Auch das Gespräch ließ sich nicht schlecht und durchaus interessant an, allerdings bin ich kein großer Freund von platten Komplimenten zwei Stunden in die Bekanntschaft hinein: Tu est une fille très intéressante... t’est vraiment courageuse de venir ici... ta mère doit être une femme assez belle... Andererseits hört man derlei Nettigkeiten ja doch irgendwie immer gerne. Etwas befremdlich fand ich allerdings, im Restaurant zu teilen. Die Pizza, nicht die Rechnung. Ich bin selbstverständlich emanzipiert genug, um gegebenenfalls selbst zu bezahlen und biete das auch in einwandfrei romantischem Kontext mindestens zwei Mal an – aber Pizza teilen? Meine Meinung meinte er auch bei der Auswahl der Pizza nicht ausführlich konsultieren zu müssen. Seine Frage, worauf ich Hunger habe, beantwortete ich etwas vage, stellte eine Margherita zur Diskussion, verkündete aber, eigentlich alles gerne zu mögen. Als er dann Pizza mit Schinken bestellte, hatte ich natürlich – ganz weibliche Anpassungsfreude – keine Einwände. Als er jedoch später vor meiner Haustür um ein Dessert bei mir bat, habe ich energisch Grenzen gezogen und auf die Anwesenheit meiner beiden Mitbewohner verwiesen, die derartige Unterfangen doch etwas einschränke.
Jetzt können Sie sich zu Recht fragen, warum ich mich auf ein zweites Rendez-vous eingelassen habe. Erstens finde ich es interessant und in mancher Hinsicht entspannter als beispielsweise mit meinem Französischlehrer, mit diesem Verehrer zu reden. Dank seines Studiums in Kanada und seines familiären Hintergrunds sind wir in vieler Hinsicht auf Augenhöhe, was den Umgang unkomplizierter macht und mir manche Befangenheit nimmt. Außerdem hat er mich beim Wort genommen und korrigiert zuverlässig meine Fehler im Französischen. Dabei findet er sogar – zumindest in diesem einen Fall – das rechte Mittelmaß: es stört nicht unsere Konversation, hilft mir aber enorm. Fräulein Damenwahl hat daher in aller Emanzipation das Elend des Sonntag Abends ihrer eigenen Wahl zu verdanken. Wir waren in einem bescheidenen Gartenrestaurant, seine Tendenz zu den schlecht ausgeleuchteten Winkeln im hinteren Teil fernab der drei anderen besetzten Tische wußte ich zu vereiteln, wir erhielten die Karte. Noch bevor ich auch nur die Überschrift der Vorspeisen hatte entziffern können, hatte er seine Karte wieder zugeklappt und befragte die Kellnerin nach den angebotenen Gerichten – schnell möge es bitte gehen. Brochette mit Reis? Ein fragender Blick zu mir und schon hatte bestellt. Als das Essen kam, stellte sich heraus – ich hatte es kaum zu hoffen gewagt –, daß ich dieses Mal meinen eigenen Teller hatte. Leider stellten sich im Laufe des Gesprächs auch noch allerlei andere Dinge heraus. Nach längeren Zierereien, die wahrhaftig einer Dame eher angemessen gewesen wären, brachte ich immerhin in Erfahrung, daß er mit über vierzig deutlich älter ist, als ich geschätzt hätte – er sieht eher wie zwanzig aus. Das ist nun wirklich in meinen Augen keinen Nachteil – in seinen ebensowenig. Vielmehr vertrat er sogar entschieden die Ansicht, Frauen müßten unbedingt mindestens sieben bis zehn Jahre jünger sein als ihr Partner, da sie ja schließlich viel früher alt werden und alt aussehen. Nach dieser Ansage war ich so konsterniert, daß mir sicherlich einige der Komplimente, mit denen er mich fortwährend bombardierte, entgangen sind. Aus meiner Bestürzung erwachte ich das nächste Mal, als er ausführte, daß kongolesische Töchter üblicherweise von ihren Tanten in die Pflichten einer guten Hausfrau eingewiesen werden – und ich versichere: das war keineswegs eine nüchterne Darstellung sondern fand offensichtlich durchaus seine Zustimmung. Ich habe daraufhin alle weibliche Zurückhaltung aufgegeben, in der Hoffnung ihn dadurch vielleicht abschrecken zu können, und mir erst ungefragt eine Zigarette angezündet (was ich sonst nie tue) und danach die Rechnung bezahlt. Durch meine Übernahme der gesamten Rechnung ließ er sich leider keineswegs beirren, sondern schien im Gegenteil noch ermutigt. Die Heimfahrt war eine endlose Hängepartie, weil er mich partout nicht nach Hause bringen wollte, hier gezögert, im Auto nebeneinander gesessen, angehalten, Eis essen gewesen, Händchen halten versucht. Ich kam mir vor wie eine Wasserschlange und habe mich nur noch gewunden, sowohl physisch aus seinen Avancen heraus als auch sprachlich in dem Bemühen, meine Nicht-Absichten explizit und doch zartfühlend deutlich zu machen. Ich muß vielleicht eine zweite Meinung bei anderen kongolesischen Freunden einholen, wie man hier flirtet – bisher jedenfalls habe ich die Spielregeln noch nicht recht verstanden.
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