Sortir à la Congolaise
Ich wünschte, ich würde über die lebhafte, bildliche, poetische Eloquenz von Madame Modeste oder Andrea Diener verfügen, denn dann würden mir nicht dauernd die Worte fehlen, um meine Eindrücke und Erlebnisse zu beschreiben. Fotos machen darf ich leider nicht und so bleiben mir nur meine eigenen, dürren, meist völlig unzulänglichen Worte.
Gestern Abend war ich mit meinen beiden Mitbewohnern und zwei kongolesischen Kollegen des einen Mitbewohners aus. Kapuscinski schreibt in einem seiner Bücher ausführlich über die afrikanische Kultur des Gebens und Nehmens, wobei die Geschenke weder gleichartig noch nach europäischen Maßstäben gleichwertig sein müssen - genauso war es gestern Abend. Mitbewohner N. hatte seinen Kollegen angekündigt, wir drei Europäer würden sie einladen, im Gegenzug hatten wir das Vergnügen ihrer Gesellschaft und erhielten Einblicke in eine andere Welt. Kinshasa hat zwei Zentren, je nachdem wen man fragt: für Expats ist Gombe mit seinen schäbigen Hochhäusern und leidlich instandgehaltenen Botschaftsvillen rechts und links des notdürftig geteerten Boulevards der Dreh- und Angelpunkt des sozialen Lebens. Kongolesen hingegen betrachten den Stadtteil Victoire als Zentrum und suchen abends in Matonge Le Bloc auf für ein Feierabendbier. Nach einem schnellen Bier zum Aufwärmen auf unserer Terrasse bestand Madame - stets hungrige Bloggerin – zuerst auf einem vernünftigen Abendessen und nach kurzer Diskussion brachen wir auf. Eine Institution des kulinarischen Gesellschaftslebens ist Maman Colonnel, wo man für knappe zwanzig Dollar pro Person Hühnchen, Fisch, Frites und Plantains bekommt, begleitet von reichlich kaltem Skol oder Primus. Lokal gebrautes Bier gehört zu den wenigen bezahlbaren Lebensmitteln und schmeckt tatsächlich sehr gut – etwas dünner und milder als normales deutsches Bier, etwa so wie Kölsch. Selbst diese – für Expat Verhältnisse bescheidene – Adresse wäre jedoch ohne kollegiale Entwicklungshilfe jenseits der Möglichkeiten der kongolesischen Kollegen, die als Verwaltungsmitarbeiter in einer NGO vielleicht vierhundert Dollar verdienen, so daß wir zuerst versehentlich im tristeren und völlig menschenleeren Espace Colonnel landeten und unser Ziel erst im zweiten Anlauf fanden. Bis unser Essen kam war es nach zehn Uhr, Plantains waren schon aus, Hühnchen und Frites hingegen rustikal aber sehr gut. Die übrigen Gäste waren vorwiegend wohlhabendere kongolesische Mittelschicht, ein einzelner Mann, einige Pärchen, einige Grüppchen, sowie eine weitere schwarz-weiß gemischte Gruppe. An solchen Abenden werde ich rasch ungewöhnlich schweigsam, weniger weil mich die französische Konversation noch immer anstrengt, sondern weil ich so beschäftigt bin, alle Eindrücke aufzunehmen, zu verarbeiten und abzuspeichern.
In Matonge – wie überhaupt in Kinshasa – sind allenfalls die Hauptverkehrsstraßen geteert, Markierungen oder Laternen gibt es nicht, dafür aber so viele tiefe Schlaglöcher und Unebenheiten, daß der Verkehr immer wieder stockt und sich in sonderbaren Schlangenlinien bewegt. Rechts und links der Straße sind staubige Seitenstreifen und Nebenstraßen aus festgetretener Erde, meist scheckig mit schwarz-weiß-grauen Plastikfetzen und Müll. Häuser in diesen Vierteln sind allenfalls zweistöckig, haben flache Dächer, im Erdgeschoß sind entweder vergitterte Lädchen oder aber stacheldrahtbewehrte Tore versperren selbst zu diesen bescheidenen Unterkünften den Zutritt – warum, weiß ich nicht, dort scheint es nicht viel zu holen zu geben. Die Tore sind undurchsichtig, wenn auch nicht direkt massiv, sondern aus einem Stück Metall, in Gemeinschaft mit den oftmals vergitterten Fenstern oder Läden zwischendurch wirken viele Häuser wie unzureichende, klägliche, nicht ganz gelungene Festungen. Auf freien Plätzen zwischendurch und an den Rändern tummelt sich auch nachts noch unglaublich viel Leben. Frauen sitzen den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinter behelfsmäßigen kleinen Verkaufsständen, auf einem umgedrehten Eimer vielleicht, vor sich ihr Handelsgut aufgebockt oder auch nur auf einer Plane ausgebreitet: frisches Obst und Gemüse, geschmuggelte Toilettenartikel, vielleicht auch gegrillte Fleischspieße, falls nebenan ein Grill vor sich hin qualmt. Diese Stände werden im Dunkeln von flackernden Öllampen erleuchtet, eine pro Stand, die in der weitgehenden Dunkelheit der afrikanischen Nacht wie fehlplazierte Friedhofslichter wirken. Der Kontrast zu den wuselnden Menschen, spielenden Kindern und der lauten kongolesischen Musik, die zu jeder Zeit und überall aus mehreren Lautsprechern dröhnt, könnte größer nicht sein. Diese Stände mit den Öllampen stellen gewissermaßen die Mittelschicht des informellen Wirtschaftssektors auf der Straße dar, besser situierte Händler verkaufen dazwischen an solideren Ständen auch Zigaretten und Telefonkarten und haben häufig einen bunten Sonnenschirm aufgespannt. Tagsüber könnte man meinen, jemand hätte unzählige Eisbecherschirmchen in eine desolate Spielzeuglandschaft gestellt, abends hingegen werden die Schirme von einer einzelnen Glühbirne erleuchtet und wirken wie ein Meer von bunten Lampions. Zwischen Lampions und Friedhofslichtern wandern fliegende Händler herum, die Unterschicht der Verkäufer. Es sind – soweit ich bisher gesehen habe – immer Männer, auf dem Kopf ein Polster oder eine Mütze und darauf thront ihr Handelsgut: eine Kiste mit Gemischtwaren. Zigaretten, Taschentücher, Pfefferminz und Bonbons, kleine Bündel Holzstöckchen und Kugelschreiber. Manche Kisten sind aus Holz und beinahe so groß wie die Auslagen des Kaufmannsladens meiner Kindheit, andere haben kaum das Format einer Kiste Wein und werden nur noch von unendlichen Ringen Kabelbinder zusammengehalten. Noch ärmer als diese Gruppe sind allenfalls die Erdnußverkäufer: unter dem rechten und linken Arm jeweils eine Plastikschüssel mit gerösteten und frischen Erdnüssen, schaufeln sie einem für fünfhundert kongolesische Francs (Gegenwert eines halben Dollar aber die größte Banknote hier) mit einer ausgewaschenen Dose Tomatenmark Unmengen Nüsse auf den Tisch.
Le Bloc ist das staubige, bescheidene Pendant zu einer europäischen Ausgehgasse wie der Frankfurter Berger Straße: eine schäbige Bar reiht sich an die nächste, drinnen sitzt niemand, draußen hingegen kämpfen die Menschen um jeden Tisch. Die Straße ist gewissermaßen möbliert mit billigen Plastikmöbeln, wie man sie in provinziellen deutschen Eiscafés und in jedem Baumarkt für die heimische Terrasse findet, hier allerdings immer in gelb und blau. Gelb und blau sind die Nationalfarben der Flagge post-Mobutu und auch die Farben der beiden häufigsten Biersorten, Skol und Primus. Meinem europäisch-betriebswirtschaftlich indoktrinierten Denken scheint es widersinnig, daß beide Firmen sich mit denselben Farben schmücken, aber möglicherweise hat es den Vorteil, daß sich Kneipen nicht entscheiden müssen, in welcher Farbe sie ihre Einrichtung kaufen und die Bar streichen: mit blau und gelb liegt man immer richtig. Und ja, die gesamte Kneipe ist von außen oftmals leuchtend gelb oder blau angestrichen. Alle Welt drängelt sich an den Tischen, trinkt Bier, die fliegenden Händler schieben sich zwischen den Gruppen hindurch. Aufgrund der eigenwilligen Mützen kann ich feststellen, daß es immer wieder dieselben sind, vielleicht folgen sie einem Muster, das nur sie kennen oder haben Reviere abgeteilt, ich weiß es nicht. Die Menschen machen sich fein zum Ausgehen, die hübsche junge Bedienung trägt ein hautenges, schulterfreies, pinkfarbenes Oberteil, Unterwäsche mit durchsichten Plastikträgern um den Eindruck nicht zu zerstören, außerdem Kreolenohrringe aus pinkfarbenem Kunststoff und eine neckisch schief sitzende Mütze auf dem Kopf – ebenfalls pink. Die jungen Männer tragen oft T-Shirts mit Kragen und wer etwas neues gekauft hat, läßt das Schildchen demonstrativ hinten aus dem Ausschnitt baumeln. Auf der Hauptstraße, über den Dunst einiger Grillstände hinweg, kann man einen Lastzug sehen, der vorbeirumpelt. Beladen mit Baumstämmen unter einer Plane, fällt die Ladung zur Hinterachse hin unregelmäßig ab und dort sitzen zehn, zwölf Menschen. Selbst in komfortablen Geländewagen muß ich mich oft genug festhalten, um bei der schaukelnden Fahrt durch Straßenlöcher und grabenartige Spurrinnen nicht das Gleichgewicht zu verlieren: mir ist daher völlig rätselhaft, wie diese Menschen völlig ungesichert auf der Ladefläche die Fahrt lebendig überstehen.
Gestern Abend war offenbar ungewöhnlich viel los, nicht nur weil Freitag und Samstag auch hier die Wochentage zum Ausgehen sind, sondern weil im Moment viele Schüler und Studenten ihre staatlichen Abschlußprüfungen bestehen. Damit das niemandem entgeht, sprühen sie sich weiße Farbe – oder weißen Puder? – auf die Haare, was über den tiefschwarzen Körpern reichlich sonderbar aussieht. Eine Gruppe derartig geschmückter junger Leute passiert unsere Kneipe in einem roten Kombi: drinnen sicherlich sieben Personen, aus jedem Fenster (außer auf der Fahrerseite vorne) hängen weitere Mitfahrer heraus und auf dem Dach sitzen ebenfalls zwei. Ich kann wieder nur staunen, wie so etwas geht und bekomme daher von den sicherlich spannenden Gesprächen mit den kongolesischen Kollegen wenig mit. Darauf werde ich dann beim nächsten Mal achten.
Gestern Abend war ich mit meinen beiden Mitbewohnern und zwei kongolesischen Kollegen des einen Mitbewohners aus. Kapuscinski schreibt in einem seiner Bücher ausführlich über die afrikanische Kultur des Gebens und Nehmens, wobei die Geschenke weder gleichartig noch nach europäischen Maßstäben gleichwertig sein müssen - genauso war es gestern Abend. Mitbewohner N. hatte seinen Kollegen angekündigt, wir drei Europäer würden sie einladen, im Gegenzug hatten wir das Vergnügen ihrer Gesellschaft und erhielten Einblicke in eine andere Welt. Kinshasa hat zwei Zentren, je nachdem wen man fragt: für Expats ist Gombe mit seinen schäbigen Hochhäusern und leidlich instandgehaltenen Botschaftsvillen rechts und links des notdürftig geteerten Boulevards der Dreh- und Angelpunkt des sozialen Lebens. Kongolesen hingegen betrachten den Stadtteil Victoire als Zentrum und suchen abends in Matonge Le Bloc auf für ein Feierabendbier. Nach einem schnellen Bier zum Aufwärmen auf unserer Terrasse bestand Madame - stets hungrige Bloggerin – zuerst auf einem vernünftigen Abendessen und nach kurzer Diskussion brachen wir auf. Eine Institution des kulinarischen Gesellschaftslebens ist Maman Colonnel, wo man für knappe zwanzig Dollar pro Person Hühnchen, Fisch, Frites und Plantains bekommt, begleitet von reichlich kaltem Skol oder Primus. Lokal gebrautes Bier gehört zu den wenigen bezahlbaren Lebensmitteln und schmeckt tatsächlich sehr gut – etwas dünner und milder als normales deutsches Bier, etwa so wie Kölsch. Selbst diese – für Expat Verhältnisse bescheidene – Adresse wäre jedoch ohne kollegiale Entwicklungshilfe jenseits der Möglichkeiten der kongolesischen Kollegen, die als Verwaltungsmitarbeiter in einer NGO vielleicht vierhundert Dollar verdienen, so daß wir zuerst versehentlich im tristeren und völlig menschenleeren Espace Colonnel landeten und unser Ziel erst im zweiten Anlauf fanden. Bis unser Essen kam war es nach zehn Uhr, Plantains waren schon aus, Hühnchen und Frites hingegen rustikal aber sehr gut. Die übrigen Gäste waren vorwiegend wohlhabendere kongolesische Mittelschicht, ein einzelner Mann, einige Pärchen, einige Grüppchen, sowie eine weitere schwarz-weiß gemischte Gruppe. An solchen Abenden werde ich rasch ungewöhnlich schweigsam, weniger weil mich die französische Konversation noch immer anstrengt, sondern weil ich so beschäftigt bin, alle Eindrücke aufzunehmen, zu verarbeiten und abzuspeichern.
In Matonge – wie überhaupt in Kinshasa – sind allenfalls die Hauptverkehrsstraßen geteert, Markierungen oder Laternen gibt es nicht, dafür aber so viele tiefe Schlaglöcher und Unebenheiten, daß der Verkehr immer wieder stockt und sich in sonderbaren Schlangenlinien bewegt. Rechts und links der Straße sind staubige Seitenstreifen und Nebenstraßen aus festgetretener Erde, meist scheckig mit schwarz-weiß-grauen Plastikfetzen und Müll. Häuser in diesen Vierteln sind allenfalls zweistöckig, haben flache Dächer, im Erdgeschoß sind entweder vergitterte Lädchen oder aber stacheldrahtbewehrte Tore versperren selbst zu diesen bescheidenen Unterkünften den Zutritt – warum, weiß ich nicht, dort scheint es nicht viel zu holen zu geben. Die Tore sind undurchsichtig, wenn auch nicht direkt massiv, sondern aus einem Stück Metall, in Gemeinschaft mit den oftmals vergitterten Fenstern oder Läden zwischendurch wirken viele Häuser wie unzureichende, klägliche, nicht ganz gelungene Festungen. Auf freien Plätzen zwischendurch und an den Rändern tummelt sich auch nachts noch unglaublich viel Leben. Frauen sitzen den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinter behelfsmäßigen kleinen Verkaufsständen, auf einem umgedrehten Eimer vielleicht, vor sich ihr Handelsgut aufgebockt oder auch nur auf einer Plane ausgebreitet: frisches Obst und Gemüse, geschmuggelte Toilettenartikel, vielleicht auch gegrillte Fleischspieße, falls nebenan ein Grill vor sich hin qualmt. Diese Stände werden im Dunkeln von flackernden Öllampen erleuchtet, eine pro Stand, die in der weitgehenden Dunkelheit der afrikanischen Nacht wie fehlplazierte Friedhofslichter wirken. Der Kontrast zu den wuselnden Menschen, spielenden Kindern und der lauten kongolesischen Musik, die zu jeder Zeit und überall aus mehreren Lautsprechern dröhnt, könnte größer nicht sein. Diese Stände mit den Öllampen stellen gewissermaßen die Mittelschicht des informellen Wirtschaftssektors auf der Straße dar, besser situierte Händler verkaufen dazwischen an solideren Ständen auch Zigaretten und Telefonkarten und haben häufig einen bunten Sonnenschirm aufgespannt. Tagsüber könnte man meinen, jemand hätte unzählige Eisbecherschirmchen in eine desolate Spielzeuglandschaft gestellt, abends hingegen werden die Schirme von einer einzelnen Glühbirne erleuchtet und wirken wie ein Meer von bunten Lampions. Zwischen Lampions und Friedhofslichtern wandern fliegende Händler herum, die Unterschicht der Verkäufer. Es sind – soweit ich bisher gesehen habe – immer Männer, auf dem Kopf ein Polster oder eine Mütze und darauf thront ihr Handelsgut: eine Kiste mit Gemischtwaren. Zigaretten, Taschentücher, Pfefferminz und Bonbons, kleine Bündel Holzstöckchen und Kugelschreiber. Manche Kisten sind aus Holz und beinahe so groß wie die Auslagen des Kaufmannsladens meiner Kindheit, andere haben kaum das Format einer Kiste Wein und werden nur noch von unendlichen Ringen Kabelbinder zusammengehalten. Noch ärmer als diese Gruppe sind allenfalls die Erdnußverkäufer: unter dem rechten und linken Arm jeweils eine Plastikschüssel mit gerösteten und frischen Erdnüssen, schaufeln sie einem für fünfhundert kongolesische Francs (Gegenwert eines halben Dollar aber die größte Banknote hier) mit einer ausgewaschenen Dose Tomatenmark Unmengen Nüsse auf den Tisch.
Le Bloc ist das staubige, bescheidene Pendant zu einer europäischen Ausgehgasse wie der Frankfurter Berger Straße: eine schäbige Bar reiht sich an die nächste, drinnen sitzt niemand, draußen hingegen kämpfen die Menschen um jeden Tisch. Die Straße ist gewissermaßen möbliert mit billigen Plastikmöbeln, wie man sie in provinziellen deutschen Eiscafés und in jedem Baumarkt für die heimische Terrasse findet, hier allerdings immer in gelb und blau. Gelb und blau sind die Nationalfarben der Flagge post-Mobutu und auch die Farben der beiden häufigsten Biersorten, Skol und Primus. Meinem europäisch-betriebswirtschaftlich indoktrinierten Denken scheint es widersinnig, daß beide Firmen sich mit denselben Farben schmücken, aber möglicherweise hat es den Vorteil, daß sich Kneipen nicht entscheiden müssen, in welcher Farbe sie ihre Einrichtung kaufen und die Bar streichen: mit blau und gelb liegt man immer richtig. Und ja, die gesamte Kneipe ist von außen oftmals leuchtend gelb oder blau angestrichen. Alle Welt drängelt sich an den Tischen, trinkt Bier, die fliegenden Händler schieben sich zwischen den Gruppen hindurch. Aufgrund der eigenwilligen Mützen kann ich feststellen, daß es immer wieder dieselben sind, vielleicht folgen sie einem Muster, das nur sie kennen oder haben Reviere abgeteilt, ich weiß es nicht. Die Menschen machen sich fein zum Ausgehen, die hübsche junge Bedienung trägt ein hautenges, schulterfreies, pinkfarbenes Oberteil, Unterwäsche mit durchsichten Plastikträgern um den Eindruck nicht zu zerstören, außerdem Kreolenohrringe aus pinkfarbenem Kunststoff und eine neckisch schief sitzende Mütze auf dem Kopf – ebenfalls pink. Die jungen Männer tragen oft T-Shirts mit Kragen und wer etwas neues gekauft hat, läßt das Schildchen demonstrativ hinten aus dem Ausschnitt baumeln. Auf der Hauptstraße, über den Dunst einiger Grillstände hinweg, kann man einen Lastzug sehen, der vorbeirumpelt. Beladen mit Baumstämmen unter einer Plane, fällt die Ladung zur Hinterachse hin unregelmäßig ab und dort sitzen zehn, zwölf Menschen. Selbst in komfortablen Geländewagen muß ich mich oft genug festhalten, um bei der schaukelnden Fahrt durch Straßenlöcher und grabenartige Spurrinnen nicht das Gleichgewicht zu verlieren: mir ist daher völlig rätselhaft, wie diese Menschen völlig ungesichert auf der Ladefläche die Fahrt lebendig überstehen.
Gestern Abend war offenbar ungewöhnlich viel los, nicht nur weil Freitag und Samstag auch hier die Wochentage zum Ausgehen sind, sondern weil im Moment viele Schüler und Studenten ihre staatlichen Abschlußprüfungen bestehen. Damit das niemandem entgeht, sprühen sie sich weiße Farbe – oder weißen Puder? – auf die Haare, was über den tiefschwarzen Körpern reichlich sonderbar aussieht. Eine Gruppe derartig geschmückter junger Leute passiert unsere Kneipe in einem roten Kombi: drinnen sicherlich sieben Personen, aus jedem Fenster (außer auf der Fahrerseite vorne) hängen weitere Mitfahrer heraus und auf dem Dach sitzen ebenfalls zwei. Ich kann wieder nur staunen, wie so etwas geht und bekomme daher von den sicherlich spannenden Gesprächen mit den kongolesischen Kollegen wenig mit. Darauf werde ich dann beim nächsten Mal achten.
nnier,
Samstag, 15. August 2009, 21:45
Auch diesen langen Bericht habe ich wieder sehr gerne gelesen, interessant vor allem die Beschreibung der Straßenhändler. Eine kurze Frage: "Fotos machen darf ich leider nicht" - was steckt dahinter? Eine Dienstanweisung? Oder ein kulturelles Problem wie das von mir einmal angesprochene (Sie erinnern sich vielleicht noch)? Hier bitte ich um Aufklärung.
dergeschichtenerzaehler,
Sonntag, 16. August 2009, 14:52
Sie haben eine sehr gute Beobachtungsgabe und einen Sinn für Details...
Man könnte fast denken, man sei dort...
Man könnte fast denken, man sei dort...
damenwahl,
Montag, 17. August 2009, 13:23
Ich danke für die Blumen!
Mit dem Fotografieren verhält es sich folgendermaßen: man kann eine Foto-Erlaubnis käuflich erwerben, allerdings sind strategisch bedeutsame Gebäude und Anlagen davon ausgenommen. Sobald man dann Fotos macht, kommen ganz sicher Polizisten gelaufen, mit denen man dann - Erlaubnis hin oder her - die Bedeutung der Motive und die Reichweite der Erlaubnis diskutieren muß - im Zweifelsfall bezahlt man am Ende viel Geld, um die konfiszierte Kamera zurückzuerhalten. Hier ist absolut ALLES eine money-making opportunity - also bleibt mein Schätzchen meist zuhause.
Mit dem Fotografieren verhält es sich folgendermaßen: man kann eine Foto-Erlaubnis käuflich erwerben, allerdings sind strategisch bedeutsame Gebäude und Anlagen davon ausgenommen. Sobald man dann Fotos macht, kommen ganz sicher Polizisten gelaufen, mit denen man dann - Erlaubnis hin oder her - die Bedeutung der Motive und die Reichweite der Erlaubnis diskutieren muß - im Zweifelsfall bezahlt man am Ende viel Geld, um die konfiszierte Kamera zurückzuerhalten. Hier ist absolut ALLES eine money-making opportunity - also bleibt mein Schätzchen meist zuhause.