Noch mehr Bahn
Ich reise ja gerne. Und im Moment viel. Montag Abend bis neunzehn Uhr lag ich mit meiner Aufgabenliste für den Tag gut in der Zeit (obwohl ich morgens eine Stunde lang das Auto freischippen mußte, das sich im Tiefschnee festgefahren hatte), um zwanzig Uhr als ich geistig schon im Schlafmodus war, noch mal zehn Mails und Probleme, die mich bis Mitternacht beschäftigten.
Dienstag morgen um kurz nach sieben in die Bummelbahn gestiegen, um zwanzig vor Acht folgende Durchsage: „Meine Damen und Herren, bitte beachten Sie, daß unsere planmäßige Abfahrtszeit an diesem Ort um 7h49 ist.“ Der Motor wurde abgestellt, die Innenbeleuchtung reduziert und in der Stille hörte man die Heizung knacken. Leicht irritierte Fahrgäste erwachten aus ihrem Halbschlummer, schauten aus dem Fenster: nichts. Links nur verschneite Landschaft, rechts ein verschneiter Bauernhof. Kein Bahnhof, kein Häuschen, keine Lichter, keine Schilder. Unfassbar aber wahr, um pünktlich 7h48 sprang der Motor wieder an und es ging weiter.
Am nächsten Bahnhof dann der Anschluß zehn Minuten verspätet, nicht wirklich überraschend. Nach fünf Minuten auf dem Gleis rauschte eine einsame Trieblok an uns vorbei, eine Fahne Puderschnee hinter sich herziehend und kehrte weitere fünf Minuten später mit dem gesamten IC zurück, wie es sich gehört. Die Reisegeschwindigkeit und der Zwischenstopp berechtigten zu den schönsten Hoffnungen, die Verspätung wieder aufzuholen und meinen Anschlußzug im Palast der Winde doch noch zu erreichen. Zur planmäßigen Ankunftszeit verkündete der Schaffner die frohe Botschaft: sämtliche Anschlüsse würden warten. Vorerst allerdings warteten wir, wieder einmal mitten auf der Strecke. Zehn Minuten um einen ICE passieren zu lassen. Ein paar Meter weiter warteten wir erneut, in rascher Folge rauschten ein Regionalzug und ein Gütertransport an uns vorbei. Vor der Einfahrt ins Gleis warteten wir erneut und hatten am Ende dreißig Minuten Verspätung.
In all meinen Jahren mit der Deutschen Bahn habe ich selten wirklich nettes Zugpersonal erlebt. Ich wurde aus den Bistro-Wagen rausgeschmissen wenn ich nichts kaufen wollte, habe unzählbare Stunden wartend auf zugigen Bahnsteigen verbracht, und mit Schaffnern gerungen über die Frage vergessener Bahncards, umgeschriebener Tickets und verpasster Anschlußverbindungen. Für mehr als vier Stunden Verspätung in zwei aufeinanderfolgenden Reisen innerhalb von vier Wochen wurden mir seinerzeit 20 Euro Erstattung angeboten bei über 100 Euro Ticketpreis. Ich habe durchaus nette Schaffner vorbildlicher Kundenorientierung erlebt – allerdings nie, wenn ich selbst betroffen war.
Vor gut einem Jahr hatte ich mich ganz bewußt von zwei möglichen Zügen für den späteren, langsameren Anschluß ohne Umsteigen entschieden. Die etwas frühere Verbindung war so verspätet, daß es de facto einem Ausfall gleichkam und entsprechend voll war mein Zug. Im Bistro-Wagen neben mir saß ein ältlicher, magerer Herr mit großer Brille, großem Aktenkoffer und einer Zeitschrift über Insekten, in der ihn vor allem der Artikel über rote Waldameisen brennend zu interessieren schien. Als das Mitr*pa Personal zum Tisch abräumen kam, war er ernsthaft enttäuscht, hier keine Fahrplan-Auskünfte erhalten zu können und freute sich um so mehr, als der richtige Ansprechpartner in Person eines dicklichen, gemütlichen Schaffners endlich aufkreuzte. Der Schaffner suchte dem Fahrgast in vorbidlicher Manier Verbindungen heraus, notierte Gleise und gab sich überhaupt alle Mühe, die sich zum Schluß in Former einiger Getränkegutscheine fürs Bistro manifestierte.
Ich also: „Ich habe ja heute nicht zu klagen, dieser Zug ist ja pünktlich, aber es ist doch schön zu sehen, daß es in Krisenzeiten bei der Bahn auch freundliches Personal gibt. Immer wenn ich in verspäteten Zügen sitze, sind die Schaffner nur unfreundlich, ungeduldig und nicht einmal annähernd so hilfsbereit. Getränkegutscheine, sogar. Habe ich noch nie erlebt!“ Ich überreichte mein Ticket und der Schaffner - unter bedeutungsvollem Augenzwinkern - so: „Junge Frau, Sie wollten doch bestimmte auch den früheren Zug nehmen und sitzen jetzt hier mit Verspätung, nicht wahr? Ich gebe Ihnen dann auch mal zur Entschädigung einen Gutschein.“ Wir wußten natürlich beide, daß ich keineswegs im anderen Zug hätte fahren wollen, das ging aus meinem Ticket deutlich hervor. In fünfzehn Jahren als treue Bahn-Kundin habe ich mehr Tief- als Höhepunkte erlebt, aber bei allem Elend: es gab sie, die Höhepunkte.
Dienstag morgen um kurz nach sieben in die Bummelbahn gestiegen, um zwanzig vor Acht folgende Durchsage: „Meine Damen und Herren, bitte beachten Sie, daß unsere planmäßige Abfahrtszeit an diesem Ort um 7h49 ist.“ Der Motor wurde abgestellt, die Innenbeleuchtung reduziert und in der Stille hörte man die Heizung knacken. Leicht irritierte Fahrgäste erwachten aus ihrem Halbschlummer, schauten aus dem Fenster: nichts. Links nur verschneite Landschaft, rechts ein verschneiter Bauernhof. Kein Bahnhof, kein Häuschen, keine Lichter, keine Schilder. Unfassbar aber wahr, um pünktlich 7h48 sprang der Motor wieder an und es ging weiter.
Am nächsten Bahnhof dann der Anschluß zehn Minuten verspätet, nicht wirklich überraschend. Nach fünf Minuten auf dem Gleis rauschte eine einsame Trieblok an uns vorbei, eine Fahne Puderschnee hinter sich herziehend und kehrte weitere fünf Minuten später mit dem gesamten IC zurück, wie es sich gehört. Die Reisegeschwindigkeit und der Zwischenstopp berechtigten zu den schönsten Hoffnungen, die Verspätung wieder aufzuholen und meinen Anschlußzug im Palast der Winde doch noch zu erreichen. Zur planmäßigen Ankunftszeit verkündete der Schaffner die frohe Botschaft: sämtliche Anschlüsse würden warten. Vorerst allerdings warteten wir, wieder einmal mitten auf der Strecke. Zehn Minuten um einen ICE passieren zu lassen. Ein paar Meter weiter warteten wir erneut, in rascher Folge rauschten ein Regionalzug und ein Gütertransport an uns vorbei. Vor der Einfahrt ins Gleis warteten wir erneut und hatten am Ende dreißig Minuten Verspätung.
In all meinen Jahren mit der Deutschen Bahn habe ich selten wirklich nettes Zugpersonal erlebt. Ich wurde aus den Bistro-Wagen rausgeschmissen wenn ich nichts kaufen wollte, habe unzählbare Stunden wartend auf zugigen Bahnsteigen verbracht, und mit Schaffnern gerungen über die Frage vergessener Bahncards, umgeschriebener Tickets und verpasster Anschlußverbindungen. Für mehr als vier Stunden Verspätung in zwei aufeinanderfolgenden Reisen innerhalb von vier Wochen wurden mir seinerzeit 20 Euro Erstattung angeboten bei über 100 Euro Ticketpreis. Ich habe durchaus nette Schaffner vorbildlicher Kundenorientierung erlebt – allerdings nie, wenn ich selbst betroffen war.
Vor gut einem Jahr hatte ich mich ganz bewußt von zwei möglichen Zügen für den späteren, langsameren Anschluß ohne Umsteigen entschieden. Die etwas frühere Verbindung war so verspätet, daß es de facto einem Ausfall gleichkam und entsprechend voll war mein Zug. Im Bistro-Wagen neben mir saß ein ältlicher, magerer Herr mit großer Brille, großem Aktenkoffer und einer Zeitschrift über Insekten, in der ihn vor allem der Artikel über rote Waldameisen brennend zu interessieren schien. Als das Mitr*pa Personal zum Tisch abräumen kam, war er ernsthaft enttäuscht, hier keine Fahrplan-Auskünfte erhalten zu können und freute sich um so mehr, als der richtige Ansprechpartner in Person eines dicklichen, gemütlichen Schaffners endlich aufkreuzte. Der Schaffner suchte dem Fahrgast in vorbidlicher Manier Verbindungen heraus, notierte Gleise und gab sich überhaupt alle Mühe, die sich zum Schluß in Former einiger Getränkegutscheine fürs Bistro manifestierte.
Ich also: „Ich habe ja heute nicht zu klagen, dieser Zug ist ja pünktlich, aber es ist doch schön zu sehen, daß es in Krisenzeiten bei der Bahn auch freundliches Personal gibt. Immer wenn ich in verspäteten Zügen sitze, sind die Schaffner nur unfreundlich, ungeduldig und nicht einmal annähernd so hilfsbereit. Getränkegutscheine, sogar. Habe ich noch nie erlebt!“ Ich überreichte mein Ticket und der Schaffner - unter bedeutungsvollem Augenzwinkern - so: „Junge Frau, Sie wollten doch bestimmte auch den früheren Zug nehmen und sitzen jetzt hier mit Verspätung, nicht wahr? Ich gebe Ihnen dann auch mal zur Entschädigung einen Gutschein.“ Wir wußten natürlich beide, daß ich keineswegs im anderen Zug hätte fahren wollen, das ging aus meinem Ticket deutlich hervor. In fünfzehn Jahren als treue Bahn-Kundin habe ich mehr Tief- als Höhepunkte erlebt, aber bei allem Elend: es gab sie, die Höhepunkte.
Permalink (2 Kommentare) Kommentieren
Insel
Und ich war sogar fleißig. Manchmal.
Permalink (3 Kommentare) Kommentieren
Gestrandet...
... oder jedenfalls beinahe. Schon beim Erwerb meiner Fahrkarte Mitte der Woche hatte man mir empfohlen, am Samstag abend noch einmal die Abfahrtszeit des Schiffes am Sonntag morgen bestätigen zu lassen. Der Sturm, der meine Wenigkeit gestern fast vom Deich gedrückt hätte, drückte heute morgen das Wasser aus der ohnehin flachen Fahrrinne zum Festland. Hochwasser war schon früh um sieben und dennoch reichte das Zeitfenster gerade für eine Überfahrt – leider in der entgegengesetzten Richtung für anreisende Personen. Nachdem ich morgens um sechs (!) Uhr mein Bett abgezogen und die restlichen Lebensmittel weggeschmissen hatte, war mir keineswegs nach einem Tag unfreiwilliger Urlaubsverlängerung zumute. Immerhin hatte mir das unchristlich frühe Aufstehen einen einmaligen Anblick beschert: die Insel verfügt über einen motorisierten Schneepflug. Mit Otto-Motor. Nicht zu fassen – und so was nennt sich Luftkurort.
Um halb acht standen dreißig verwirrte Passagiere am Bahnhof, um halb neun versammelten wir uns alle wie die Lemminge an dem kleinen Inselflughafen vor vorerst verschlossenen Türen. Schiff heute Abend – unsicher. Schiff morgen früh – ebenfalls unsicher, selbst wenn der Wind nachließe, würden die niedrigen Temperaturen möglicherweise den Hafen mit Eis außer Gefecht setzen. Hätte der Gastwirt des Restaurants gegenüber ökonomischen Sachverstand besessen, hätte er ein gutes Geschäft machen können – hatte er aber nicht und so warteten wir alle in der Vorhalle des Flughäfchens und tranken Spülwasser-Kaffee aus dem Automaten. Da die kleinen Maschinen auf Sicht ohne Instrumente fliegen, die Startbahn verscheint und der Hangar zugeweht war, warteten wir bis auf weiteres auf bessere Zeiten. Ich hatte immerhin Glück mit meinem Platz mit dem Rücken zur Heizung, man wird ja bescheiden in solchen Situationen mit seinen Ansprüchen. Mir gegenüber ein jovialer Familienvater, der meinen eher trivialen und kaum 300 Seiten dicken Roman kommentierte: er lese gar nicht. Vielleicht ein Buch pro Jahr – lesen sei nicht so seine Sache, und er habe auch gar keine Zeit für sowas, bei acht Kindern. Sein wichtigtuerisches Rumgespiele mit dem Apfel-Handy – hach! die leidige Wartezeit... – passte schlecht zur jungenhaften Aufregung über den Flug. Eine Abiturientin im Freiwilligen Ökologischen Jahr (Vogelzählen!) hatte zu dem Zeitpunkt schon aufgegeben und war wieder nach Hause gegangen. Eine andere junge Frau mußte noch bis München – hatte aber keinerlei Erkundigungen über Zugverbindungen vom Festland aus eingezogen, womit ich freundlich aushelfen konnte. Am Ende bot ihr ein Pärchen an, sie im Auto bis Oldenburg mitzunehmen – nachdem ich versichert hatte, die A29 führe an Oldenburg vorbei. Regionalkenntnis und so. Ich tue nur so als sei ich Westfale, eigentlich bin ich ein Nordlicht. Um zehn landete die erste kleine Propellermaschine: oh! ah! so klein! bei den übrigen Passagieren, für die dies eine neue Erfahrung war.
Um elf aus der Luft wurde dann auch völlig klar, warum das mit den Schiffen nicht ging: die Fahrrinne war wirklich völlig trockengefallen und kaum noch ein Bächlein, während die Schiffe mit ihrem Tiefgang wenigstens 1,50m Wasser unterm Kiel benötigen. Trotzdem eine wunderbare Aussicht, die ich jedes Mal genießen kann, ganz gleich wie ruckelig der Flug ist. Glücklich auf dem Festland angekommnen, bot das freundliche Flughafenpersonal (Deutsche Bahn könnte sich ein Vorbild daran nehmen) sogar einen Transfer zur Bushaltestelle an – vergebens, da die Busse nicht fuhren. Schneeverwehungen auf den Straßen und so, sämtliche Busse gestrichen. Während ich zum wiederholten Mal die Vorstellung einer Nacht in diesem gottverlassenen Kaff niederkämpfte und verschiedene Pläne zur Weiterreise erwog, ergab sich die Gelegenheit, mit anderen Leidensgefährten ein Taxi zu teilen. Ein Ehepaar, eine alleinreisende Mutter auf Urlaub von den Kindern, ich und eine resolute Taxifahrerin. Wider jede Erwartung – wir waren alle auf das Schlimmste gefasst, erwarteten endzeitähnliche Zustände und Chaos – war die Straße völlig frei. Nicht perfekt geräumt natürlich, langsam fahren war klug, aber wir brauchten kaum länger als unter normalen Umständen. Der Wind hatte den Schnee zuweilen in kuriose Formen geweht, zu kleinen Gebirgen am Straßenrand aufgetürmt und die Landschaft war herrlich wie ein Kunstwerk anzuschauen, aber Hindernisse? gab es keine.
Das Ehepaar war vor einer Woche mit mir auf demselben Schiff gewesen und mir da schon sonderbar vorgekommen – was sich beim Aussteigen bestätigte, schlug der Mann doch tatsächlich vor, das Taxi durch drei zu teilen: er und seine Frau seien schließlich eine Gruppe. Während ich mal wieder zu schüchtern war und anstandslos bezahlt hätte, setzte sich die resolute Familienmutti durch und am Ende wurde durch vier geteilt. Mancher Menschen Verhalten hinterläßt mich sprachlos.
Schneechaos hin oder her, der Rest der Heimreise verlief erstaunlich problemlos. Am allerersten Provinzbahnhof belegte mir die freundliche Betreiberin – die vorigen Sonntag so nett mit ihren einheimischen Gästen geplauscht hatte – eine Laugenstange ganz nach meinen Wünschen, im ersten Bummelzug war nur in einem von vier Waggons die Heizung ausgefallen und überhaupt waren alle meine Züge einwandfrei pünktlich. Sieht man davon ab, daß ich für die ersten zwei Kilometer vier Stunden brauchte, hätte es schlimmer kommen können.
Um halb acht standen dreißig verwirrte Passagiere am Bahnhof, um halb neun versammelten wir uns alle wie die Lemminge an dem kleinen Inselflughafen vor vorerst verschlossenen Türen. Schiff heute Abend – unsicher. Schiff morgen früh – ebenfalls unsicher, selbst wenn der Wind nachließe, würden die niedrigen Temperaturen möglicherweise den Hafen mit Eis außer Gefecht setzen. Hätte der Gastwirt des Restaurants gegenüber ökonomischen Sachverstand besessen, hätte er ein gutes Geschäft machen können – hatte er aber nicht und so warteten wir alle in der Vorhalle des Flughäfchens und tranken Spülwasser-Kaffee aus dem Automaten. Da die kleinen Maschinen auf Sicht ohne Instrumente fliegen, die Startbahn verscheint und der Hangar zugeweht war, warteten wir bis auf weiteres auf bessere Zeiten. Ich hatte immerhin Glück mit meinem Platz mit dem Rücken zur Heizung, man wird ja bescheiden in solchen Situationen mit seinen Ansprüchen. Mir gegenüber ein jovialer Familienvater, der meinen eher trivialen und kaum 300 Seiten dicken Roman kommentierte: er lese gar nicht. Vielleicht ein Buch pro Jahr – lesen sei nicht so seine Sache, und er habe auch gar keine Zeit für sowas, bei acht Kindern. Sein wichtigtuerisches Rumgespiele mit dem Apfel-Handy – hach! die leidige Wartezeit... – passte schlecht zur jungenhaften Aufregung über den Flug. Eine Abiturientin im Freiwilligen Ökologischen Jahr (Vogelzählen!) hatte zu dem Zeitpunkt schon aufgegeben und war wieder nach Hause gegangen. Eine andere junge Frau mußte noch bis München – hatte aber keinerlei Erkundigungen über Zugverbindungen vom Festland aus eingezogen, womit ich freundlich aushelfen konnte. Am Ende bot ihr ein Pärchen an, sie im Auto bis Oldenburg mitzunehmen – nachdem ich versichert hatte, die A29 führe an Oldenburg vorbei. Regionalkenntnis und so. Ich tue nur so als sei ich Westfale, eigentlich bin ich ein Nordlicht. Um zehn landete die erste kleine Propellermaschine: oh! ah! so klein! bei den übrigen Passagieren, für die dies eine neue Erfahrung war.
Um elf aus der Luft wurde dann auch völlig klar, warum das mit den Schiffen nicht ging: die Fahrrinne war wirklich völlig trockengefallen und kaum noch ein Bächlein, während die Schiffe mit ihrem Tiefgang wenigstens 1,50m Wasser unterm Kiel benötigen. Trotzdem eine wunderbare Aussicht, die ich jedes Mal genießen kann, ganz gleich wie ruckelig der Flug ist. Glücklich auf dem Festland angekommnen, bot das freundliche Flughafenpersonal (Deutsche Bahn könnte sich ein Vorbild daran nehmen) sogar einen Transfer zur Bushaltestelle an – vergebens, da die Busse nicht fuhren. Schneeverwehungen auf den Straßen und so, sämtliche Busse gestrichen. Während ich zum wiederholten Mal die Vorstellung einer Nacht in diesem gottverlassenen Kaff niederkämpfte und verschiedene Pläne zur Weiterreise erwog, ergab sich die Gelegenheit, mit anderen Leidensgefährten ein Taxi zu teilen. Ein Ehepaar, eine alleinreisende Mutter auf Urlaub von den Kindern, ich und eine resolute Taxifahrerin. Wider jede Erwartung – wir waren alle auf das Schlimmste gefasst, erwarteten endzeitähnliche Zustände und Chaos – war die Straße völlig frei. Nicht perfekt geräumt natürlich, langsam fahren war klug, aber wir brauchten kaum länger als unter normalen Umständen. Der Wind hatte den Schnee zuweilen in kuriose Formen geweht, zu kleinen Gebirgen am Straßenrand aufgetürmt und die Landschaft war herrlich wie ein Kunstwerk anzuschauen, aber Hindernisse? gab es keine.
Das Ehepaar war vor einer Woche mit mir auf demselben Schiff gewesen und mir da schon sonderbar vorgekommen – was sich beim Aussteigen bestätigte, schlug der Mann doch tatsächlich vor, das Taxi durch drei zu teilen: er und seine Frau seien schließlich eine Gruppe. Während ich mal wieder zu schüchtern war und anstandslos bezahlt hätte, setzte sich die resolute Familienmutti durch und am Ende wurde durch vier geteilt. Mancher Menschen Verhalten hinterläßt mich sprachlos.
Schneechaos hin oder her, der Rest der Heimreise verlief erstaunlich problemlos. Am allerersten Provinzbahnhof belegte mir die freundliche Betreiberin – die vorigen Sonntag so nett mit ihren einheimischen Gästen geplauscht hatte – eine Laugenstange ganz nach meinen Wünschen, im ersten Bummelzug war nur in einem von vier Waggons die Heizung ausgefallen und überhaupt waren alle meine Züge einwandfrei pünktlich. Sieht man davon ab, daß ich für die ersten zwei Kilometer vier Stunden brauchte, hätte es schlimmer kommen können.
Permalink (4 Kommentare) Kommentieren
Dummheit...
... hat auch einen Namen: Damenwahl. Ich hätte schon darauf kommen können, daß laufen gehen bei Windboen bis 70 km/h keine brillante Idee ist, aber ich wollte unbedingt noch einmal das Meer sehen. Eigentlich gedachte ich, Richtung Osten am Strand entlang und je nach Wetter entweder auf dem Deich oder im Windschatten der Dünen auf der Innenseite zurückzulaufen. Das, begriff ich am Strand sofort, war völlig idiotisch – ich hätte gegen den Wind am Meer laufen müssen. Die andere Richtung hingegen ging prima, nachdem ich mich durch den tiefen Sand gekämpft hatte. Es weht tüchtig seit gestern Abend, über dem Schnee liegt schon wieder Sand, an manchen Stellen fast wie Schichtpudding, zum Wasser hin ein breiter Strandstreifen trockengefallen bei Ebbe und weitgehend fest – alles wunderbar.
Um nicht dauernd Bögen um die Wellenbrecher herum schlagen zu müssen, bin ich über die Steine gehüpft wie ein Pferdchen, unter den Schuhen krachten die Muscheln und ich wünschte, es wäre Sommer und ich könnte barfuß laufen und den Sand zwischen den Zehen spüren. Der Wind schob mich über die einsame Fläche wie eine kalte Hand zwischen den Schulterblättern, trieb immer wieder Schwaden von Sand über die Fläche wie Geister, die vor mir flüchten und während die Wellen sich am Strand brachen, wurde ich in Glückshormonen ertränkt: ganz allein, alles meins!
Bei jedem Schritt wußte ich: Du solltest umkehren, Du wirst es bereuen auf dem Rückweg, gegen den Wind, aber weil ich dumm bin und alles so schön war, bin ich gelaufen, bis es nicht mehr weiterging. Da war ich schon einige Meter hinter dem letzten Dünenübergang, rauf auf die Betonbefestigung und umkehren. Der Wind hat mich fast umgehauen, nach Luft zu schnappen war ein Fehler, danach hatte ich Sand im Mund, Sand in den Augen, Sand in der Nase. Mit zusammengekniffenen Augen kämpfte ich mich voran, vorwärts gehen eine Qual wegen der piekenden Sandkörner im Gesicht, rückwärts auch nicht gut über die Sand- und Schneeverwehungen hinweg. Die hundert Meter zurück dauerten eine Ewigkeit und als der Wind auf der Innenseite der Dünen nachließ, hatte ich weiche Knie – aber umkehren? Niemals. Der Wind heulte hörbar über das Heidekraut, so daß ich sekundenlang nach Flugzeugen in der Luft Ausschau hielt und dann erreichte ich den Deich und neue Dimensionen der Reue. Ich kam kaum noch vom Fleck und die Strecke bis zur ersten Kurve dehnte sich endlos. Der Wind wehte mir fast stetig entgegen, man konnte sich anlehnen wie an einen unzuverlässigen Verehrer, der gerade dann losläßt, wenn man sich an den Widerstand gewöhnt hat. Auf der einen Seite öde Heidelandschaft, auf der anderen nicht minder ödes Watt und keine Wahl: immer weiter geradeaus. Kein Spaß, wirklich nicht. Erstaunlich was eine lächerliche Kurve ausmachen kann, dann die wenigen Höhenmeter vom Deich hinunter, endlich kam ich wieder vom Fleck und die Dächer des Dorfes schienen nicht mehr endlos weit entfernt. Ich bin ja ein Sturkopf und genauso weit gelaufen, wie ich geplant hatte und noch ein bißchen weiter, aus Prinzip – vom Wind wollte ich mich nicht unterkriegen lassen. Zuhause den halben Nordseestrand aus den Schuhen geschüttet und dann ein Bad. Nichts ist herrlicher als das Plätschern des Wassers, die Wärme prickelt auf der Haut, und vorm Fenster wütet immer noch der Wind, aber mir kann er nichts mehr anhaben.
Hat sich der Kampf gelohnt? Immer, aber für heute bin ich bedient.
Um nicht dauernd Bögen um die Wellenbrecher herum schlagen zu müssen, bin ich über die Steine gehüpft wie ein Pferdchen, unter den Schuhen krachten die Muscheln und ich wünschte, es wäre Sommer und ich könnte barfuß laufen und den Sand zwischen den Zehen spüren. Der Wind schob mich über die einsame Fläche wie eine kalte Hand zwischen den Schulterblättern, trieb immer wieder Schwaden von Sand über die Fläche wie Geister, die vor mir flüchten und während die Wellen sich am Strand brachen, wurde ich in Glückshormonen ertränkt: ganz allein, alles meins!
Bei jedem Schritt wußte ich: Du solltest umkehren, Du wirst es bereuen auf dem Rückweg, gegen den Wind, aber weil ich dumm bin und alles so schön war, bin ich gelaufen, bis es nicht mehr weiterging. Da war ich schon einige Meter hinter dem letzten Dünenübergang, rauf auf die Betonbefestigung und umkehren. Der Wind hat mich fast umgehauen, nach Luft zu schnappen war ein Fehler, danach hatte ich Sand im Mund, Sand in den Augen, Sand in der Nase. Mit zusammengekniffenen Augen kämpfte ich mich voran, vorwärts gehen eine Qual wegen der piekenden Sandkörner im Gesicht, rückwärts auch nicht gut über die Sand- und Schneeverwehungen hinweg. Die hundert Meter zurück dauerten eine Ewigkeit und als der Wind auf der Innenseite der Dünen nachließ, hatte ich weiche Knie – aber umkehren? Niemals. Der Wind heulte hörbar über das Heidekraut, so daß ich sekundenlang nach Flugzeugen in der Luft Ausschau hielt und dann erreichte ich den Deich und neue Dimensionen der Reue. Ich kam kaum noch vom Fleck und die Strecke bis zur ersten Kurve dehnte sich endlos. Der Wind wehte mir fast stetig entgegen, man konnte sich anlehnen wie an einen unzuverlässigen Verehrer, der gerade dann losläßt, wenn man sich an den Widerstand gewöhnt hat. Auf der einen Seite öde Heidelandschaft, auf der anderen nicht minder ödes Watt und keine Wahl: immer weiter geradeaus. Kein Spaß, wirklich nicht. Erstaunlich was eine lächerliche Kurve ausmachen kann, dann die wenigen Höhenmeter vom Deich hinunter, endlich kam ich wieder vom Fleck und die Dächer des Dorfes schienen nicht mehr endlos weit entfernt. Ich bin ja ein Sturkopf und genauso weit gelaufen, wie ich geplant hatte und noch ein bißchen weiter, aus Prinzip – vom Wind wollte ich mich nicht unterkriegen lassen. Zuhause den halben Nordseestrand aus den Schuhen geschüttet und dann ein Bad. Nichts ist herrlicher als das Plätschern des Wassers, die Wärme prickelt auf der Haut, und vorm Fenster wütet immer noch der Wind, aber mir kann er nichts mehr anhaben.
Hat sich der Kampf gelohnt? Immer, aber für heute bin ich bedient.
Permalink (5 Kommentare) Kommentieren
Im Umkleideraum
Nachdem ich mich gestern tapfer über den Deich gequält und dabei die Entfernungen deutlich unterschätzt habe, heute schwimmen gewesen. Es ist bemerkenswert, welchen Auftrieb Meerwasser entwickelt: die ersten Bahnen kam ich mir vor wie eine Seekuh, bei der der Hintern immer oben treibt – oder eine Boje. Besäße ich einen roten Badeanzug, man hätte mich in der Fahrrinne nach Wilhelmshaven aussetzen können, ich bekam kaum die Füße ins Wasser. Das Absperrseil mit den Kugeln auf halber Strecke nahm der Bademeister umgehend und unaufgefordert hoch für mich – nehme alles zurück, was ich über unfreundliche Insulaner gesagt habe. Außer mir gab es – wie zu erwarten – kaum andere Badegäste, eine Frau, ein Papa mit seinen Kindern – warum eigentlich sind es immer die Väter, die mit ihren Kindern schwimmen gehen? Bei uns war das früher auch so.
Als ich in die Umkleide kam, traf ich auf ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt.
„Diesmal habe ich sogar den richtigen Schrank erwischt, nicht den von meiner Freundin.... Sind noch Jungs im Wasser?“ fragte sie. Ich mußte mich entschuldigen, bei meiner Kurzsichtigkeit würde ich nicht mal einen Seehund von einem Kind unterscheiden können, geschweige denn Jungs von Mädchen.
Sie so: „ Aber ein Mädchen ist bestimmt noch da, das ist nämlich meine Freundin“ und bevor ich erneut Unwissenheit bekennen mußte: „mit der bin ich verabredet!“
Ich so: „Ah, ja.“ Während ich mich anzog und sie sich auszog, ächzte sie:
„Morgen habe ich bestimmt einen riesengroßen blauen Fleck auf dem Knie“
Ich so: „Bist du gefallen?“
Sie so: „Ja, auf dem Schulhof, an der Rutsche.“
Ich so: „Das tat dann wohl dolle weh?“
Sie so: „Ja, aber ist gar nicht schlimm, geht schon wieder. Hoffentlich ist meine Freundin noch da.“
Ich so: „Geht ihr oft zusammen schwimmen?“
Sie so: „Ja, mein Papa arbeitet hier.... aber nicht heute, heute hat er frei.“
Ich so: „Gehst du dann heute schwimmen, weil Dein Vater frei hat, oder obwohl?“
Sie so: „Wir gehen oft schwimmen. Und dann ist ja noch DLRG, und danach Disco-Schwimmen heute Abend.“ (Erstaunlich, welche geselligen Aktivitäten das Inselleben bietet)
Ich so: „Als ich so alt war wie du, durfte ich mir aussuchen, ob ich DLRG oder Reiten möchte... ich habe Reiten genommen.“
Sie so: „Hm“
Ich so: „Macht dir DLRG denn Spaß?“
Sie so: „Ja, und reiten kann man ja auch hier nicht so oft. Aber eine Freundin von mir, die reitet, die ist aber auch schon groß. Die hat zwei Pferde.“
Ich so: „Wo stehen denn die Pferde? Am alten Deich?“
Sie so: „Ja, äh..., da hinten, am Deich. Meine Freundin, die ist ganz groß, größer als ich und größer als unsere Lehrerin.“
Ich so: „Wirklich? Dann ist Deine Freundin aber wirklich groß. Oder ist Eure Lehrerin so klein?“
Sie so: „Die Freundin ist groß. Und die Lehrerin ist klein. Aber ich bin immer noch kleiner als meine Lehrerin.“
Ich so: „Aha. Na dann, viel Spaß beim schwimmen.“
In der Zwischenzeit hatte sie ihren Bikini angezogen, immerhin keines dieser Lolita-Fetzchen, sondern etwas mit fast so viel Stoff wie meine Badeanzüge (ich trage nur Badeanzüge, den Anblick meiner Wenigkeit im Bikini möchte ich der Welt nicht zumuten). Sie verließ die Kabine, unter den Absperrwänden hindurch sah ich ein zweites Paar Mädchenfüße und ein Paar Herrenfüße in Badeschlappen, die beiden Mädchen kreischten fröhlich:
Freundin so: „Ihhhhhh, da bist Du ja, ich hab dich schon soooooo vermißt!“
Sie so: „Ohhh, ich dich auch, sind die Jungs noch da?“
Typ mit Herrenfüßen so: "Jetzt beherrscht Euch mal... ihr wart doch heute morgen noch zusammen in der Schule..."
Und dann zogen die beiden ab.
Draußen hat der Wind aufgefrischt, die See ist kabbelig sogar weit ab vom Strand. Die Wellen wären bestimmt fantastisch, könnte man nur schwimmen. Von der Art, daß sie einem von den Füßen fegen und auch magere junge Teenagerinnen lieber Badeanzüge tragen, um nicht am Ende unfreiwillig nackt wie Venus den Wellen zu entsteigen. Die Flut hat einen Teil des Strands schneefrei zurückgelassen und der Wind trieb Schaumfetzen wie kleine weiße Rennmäuse über den Sand. Die Sicht hat sich ein bißchen zugezogen und die großen Frachter auf dem Weg nach Wilhelmshaven sieht man nur noch verschwommen. Ich aber sitze jetzt gemütlich mit Händel, einer Kanne Tee und zwei Keksen (ich will ja nicht die Dimensionen einer Hochsee-Boje annehmen) in der Wohnung und werde fleißig sein.
Als ich in die Umkleide kam, traf ich auf ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt.
„Diesmal habe ich sogar den richtigen Schrank erwischt, nicht den von meiner Freundin.... Sind noch Jungs im Wasser?“ fragte sie. Ich mußte mich entschuldigen, bei meiner Kurzsichtigkeit würde ich nicht mal einen Seehund von einem Kind unterscheiden können, geschweige denn Jungs von Mädchen.
Sie so: „ Aber ein Mädchen ist bestimmt noch da, das ist nämlich meine Freundin“ und bevor ich erneut Unwissenheit bekennen mußte: „mit der bin ich verabredet!“
Ich so: „Ah, ja.“ Während ich mich anzog und sie sich auszog, ächzte sie:
„Morgen habe ich bestimmt einen riesengroßen blauen Fleck auf dem Knie“
Ich so: „Bist du gefallen?“
Sie so: „Ja, auf dem Schulhof, an der Rutsche.“
Ich so: „Das tat dann wohl dolle weh?“
Sie so: „Ja, aber ist gar nicht schlimm, geht schon wieder. Hoffentlich ist meine Freundin noch da.“
Ich so: „Geht ihr oft zusammen schwimmen?“
Sie so: „Ja, mein Papa arbeitet hier.... aber nicht heute, heute hat er frei.“
Ich so: „Gehst du dann heute schwimmen, weil Dein Vater frei hat, oder obwohl?“
Sie so: „Wir gehen oft schwimmen. Und dann ist ja noch DLRG, und danach Disco-Schwimmen heute Abend.“ (Erstaunlich, welche geselligen Aktivitäten das Inselleben bietet)
Ich so: „Als ich so alt war wie du, durfte ich mir aussuchen, ob ich DLRG oder Reiten möchte... ich habe Reiten genommen.“
Sie so: „Hm“
Ich so: „Macht dir DLRG denn Spaß?“
Sie so: „Ja, und reiten kann man ja auch hier nicht so oft. Aber eine Freundin von mir, die reitet, die ist aber auch schon groß. Die hat zwei Pferde.“
Ich so: „Wo stehen denn die Pferde? Am alten Deich?“
Sie so: „Ja, äh..., da hinten, am Deich. Meine Freundin, die ist ganz groß, größer als ich und größer als unsere Lehrerin.“
Ich so: „Wirklich? Dann ist Deine Freundin aber wirklich groß. Oder ist Eure Lehrerin so klein?“
Sie so: „Die Freundin ist groß. Und die Lehrerin ist klein. Aber ich bin immer noch kleiner als meine Lehrerin.“
Ich so: „Aha. Na dann, viel Spaß beim schwimmen.“
In der Zwischenzeit hatte sie ihren Bikini angezogen, immerhin keines dieser Lolita-Fetzchen, sondern etwas mit fast so viel Stoff wie meine Badeanzüge (ich trage nur Badeanzüge, den Anblick meiner Wenigkeit im Bikini möchte ich der Welt nicht zumuten). Sie verließ die Kabine, unter den Absperrwänden hindurch sah ich ein zweites Paar Mädchenfüße und ein Paar Herrenfüße in Badeschlappen, die beiden Mädchen kreischten fröhlich:
Freundin so: „Ihhhhhh, da bist Du ja, ich hab dich schon soooooo vermißt!“
Sie so: „Ohhh, ich dich auch, sind die Jungs noch da?“
Typ mit Herrenfüßen so: "Jetzt beherrscht Euch mal... ihr wart doch heute morgen noch zusammen in der Schule..."
Und dann zogen die beiden ab.
Draußen hat der Wind aufgefrischt, die See ist kabbelig sogar weit ab vom Strand. Die Wellen wären bestimmt fantastisch, könnte man nur schwimmen. Von der Art, daß sie einem von den Füßen fegen und auch magere junge Teenagerinnen lieber Badeanzüge tragen, um nicht am Ende unfreiwillig nackt wie Venus den Wellen zu entsteigen. Die Flut hat einen Teil des Strands schneefrei zurückgelassen und der Wind trieb Schaumfetzen wie kleine weiße Rennmäuse über den Sand. Die Sicht hat sich ein bißchen zugezogen und die großen Frachter auf dem Weg nach Wilhelmshaven sieht man nur noch verschwommen. Ich aber sitze jetzt gemütlich mit Händel, einer Kanne Tee und zwei Keksen (ich will ja nicht die Dimensionen einer Hochsee-Boje annehmen) in der Wohnung und werde fleißig sein.
Permalink (13 Kommentare) Kommentieren
Wenn ich am Neujahrsmorgen in einem Haushalt voller Personen jüngeren Baujahrs als einzige keine Kopfschmerztablette benötige: habe ich am Vorabend nicht gut genug gefeiert oder bin ich für mein Alter noch gut im nehmen?
Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Jahr 2010!
Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Jahr 2010!
Permalink (6 Kommentare) Kommentieren
Alle Jahre wieder
Der 31.12. ist alljährlich ein fürchterlicher Tag: überfrachtet mit Erwartungen, kann er eigentlich nur hinter selbigen zurückbleiben. Als Kind war Silvester noch perfekt: wir bekamen bunt glitzernde Hütchen, es gab Raclette oder Fondue, schon das Abendessen geriet zum Abenteuer und danach Knallbonbons, Bleigießen und Luftschlangen. Silvester war etwas ganz Besonderes, voller nicht alltäglicher Aufregungen und Festlichkeiten und um Mitternach standen wir alle im Garten, Mama hielt uns an den Kapuzen unserer Bademäntel fest damit wir dem Feuer nicht zu nahe kämen und jauchzend feuerten wir unseren Vater im Kampf mit leeren Weinflaschen und Feuerwerkskörpern an, schimpften bei jeder Fehlzündung wie die Rohrspatzen und konnten uns vor Freude kaum fassen, wenn sie bunt am Nachthimmel aufblühten.
Das erste Silvester ausserhalb der Familie verbrachte ich in Amerika mit Schulfreunden in einem Haus am See, wo ich im Laufe des Abends mehr „Death by Chocolate“ aß, als mir zuträglich war, Auftakt zu etlichen Jahren, die ich mit Schulfreunden in diversen Örtlichkeiten eher unspektakulär feierte bis zum Abitur.
Der schlimmste aller erwartungs-überfrachteten Silvesterabende, die Jahrtausendwende, sah mich mit Pinguinanzug und dunkelrotem Kummerbund im Hotel Interconti in Berlin. „Darf ich Ihnen noch ein Glas Champagner bringen? – Wenn Sie fertig sind, darf ich abräumen? – Fräulein, noch Wein bitte!“ Dem Anspruch, unter allen Umständen bei der besten Party des Jahres dabeizusein und unbedingt einen grandiosen Abend zu verbringen entzog ich mich, indem ich mit einigen guten Freunden die ganze Nacht kellnerte. Immerhin: die Bediensteten bekamen ebenfalls ein Glas Champagner und zehn Minuten Zeit, das Feuerwerk am Brandenburger Tor zu bewundern. Die vorangegangenen Tage hatte ich vor lauter Übermut mein gesamtes Gehalt in festliche Silvestergarderobe umgesetzt (wofür? - weiß ich bis heute nicht), die zu tragen ich keine Gelegenheit hatte: als mir das Geld für die Rückreise ausging, übernahm ich auch noch die Frühstücksschicht, mit kurzer Pause zum Füße in der Badewanne kühlen, und kehrte nach 72 Stunden in Berlin und mehreren Stunden auf dem Gang eines völlig überfüllten ICE völlig erschöpft wieder nach Hause zurück. Mein Vater hätte mich am Bahnhof abholen sollen, setzte allerdings auf halber Strecke sein Auto auf einen Baumstumpf, so daß ich mir ein Taxi nehmen mußte. Meine Familie lacht heute noch darüber, daß der Kofferdeckel jener Mercedes-Limousine beim rausheben meiner Reisetasche zurückfederte und die Kante mit meinem Kopf schmerzhafte Bekanntschaft machte, auch wenn ich damals in unserer Einfahrt vor Erschöpfung in Tränen ausbrach und danach zwei Tage durchschlief.
Ich habe etliche Silvester mit Freunden an meinem Studienort die Nächte durchtanzt, in kleinem, mittelgroßem und großem Kreis, ich habe in Ballkleidern, Cocktailkleidern und Jeans gefeiert – und mich mal mehr und mal weniger amüsiert. Mindestens einmal war ich schon am Vorabend eingeladen und startete in den letzten Tag des Jahres mit einem veritablen Katertier, ansonsten jedoch verschwimmen alle diese Nächte zu einem einzigen Essen, einem einzigen Feuerwerk und meine Tanzpartner und Tischherren könnte ich heute auch nicht mehr zuordnen.
In guter Erinnerung hingegen ist mir das Silvester 2005, an dem meine damals beste Freundin und ich schon nachmittags in der Küche aktiv wurden und um neunzehn Uhr ein unmäßig feudales, sich über Stunden ziehendes, mehrgängiges Abendessen starteten, nur für uns zwei. Um Mitternacht stiegen wir aufs Dach, nippten an unserem Sekt und erfreuten uns an anderer Leute Feuerwerken, bevor wir bis spät in die Nacht Musik hörten und von vergangenen Zeiten träumten. Zwei Jahre zuvor hatte ich noch kleiner gefeiert: mit mir selbst. An Einladungen mangelte es mir nicht, allein: mir fehlte der Wille, hunderte Kilometer durch die Republik zu fahren um auf irgendeinem mir unbekannten Marktplatz mit mir vorwiegend unbekannten Leuten die Zehen abzufrieren und so blieb ich daheim. Kaufte eine Flasche Sekt, lieh Noten und eine großartige Gesamtaufnahme vom Don Carlo aus und amüsierte mich prächtig bis gerade kurz nach Mitternacht.
Dieses Jahr allerdings sind die Aussichten bescheiden und ich bekomme die Auswirkungen meiner Reisefreude zu spüren. Meine engsten Freunde in Deutschland haben alle feste Arbeitsplätze, feste Wohnungen, feste Freundeskreise mit Wohnsitz in Deutschland und zumeist auch feste Beziehungen. In direkter Folge ihrer Lebensumstände haben außerdem alle feste und überaus solide Silvesterpläne: Raclette-Essen mit befreundeten Pärchen oder den Schwiegereltern ist das Standardprogramm und ich wäre dabei überflüssig und bin allenfalls aus Mitleid eingeladen. Die rauschenden Parties meiner Kollegen und Freunde in Kinshasa, London und Oslo sind für mich unerreichbar oder jedenfalls weiter weg als ich reisen möchte, und meine Anwesenheit auf der alljährlichen Party meines Studienumfelds würde vermutlich die jugendlichen Gäste inzwischen zu der Frage veranlassen, ob man nun schon Senioren einließe. Infolgedessen werde ich voraussichtlich mit meinen Schwestern zu Hause feiern, zu fortgeschrittener Stunde möglicherweise in weinseligem Zustand Fotos von den zehn Käsesorten präsentieren, die wir zu raclettieren planen (acht Pfännchen durch drei: wir werden nicht verhungern) und einen eher ruhigen Abend haben. Das ist auch sowieso besser, denn auf die Art kann ich meine Arbeit fertig machen und noch einige Bewerbungen schreiben, auf daß ich nächstes Jahr nicht länger der Katgorie Hartz IV Empfänger ohne Bezugsrecht angehören muß. Silvester wird wahrhaftig überschätzt.
Das erste Silvester ausserhalb der Familie verbrachte ich in Amerika mit Schulfreunden in einem Haus am See, wo ich im Laufe des Abends mehr „Death by Chocolate“ aß, als mir zuträglich war, Auftakt zu etlichen Jahren, die ich mit Schulfreunden in diversen Örtlichkeiten eher unspektakulär feierte bis zum Abitur.
Der schlimmste aller erwartungs-überfrachteten Silvesterabende, die Jahrtausendwende, sah mich mit Pinguinanzug und dunkelrotem Kummerbund im Hotel Interconti in Berlin. „Darf ich Ihnen noch ein Glas Champagner bringen? – Wenn Sie fertig sind, darf ich abräumen? – Fräulein, noch Wein bitte!“ Dem Anspruch, unter allen Umständen bei der besten Party des Jahres dabeizusein und unbedingt einen grandiosen Abend zu verbringen entzog ich mich, indem ich mit einigen guten Freunden die ganze Nacht kellnerte. Immerhin: die Bediensteten bekamen ebenfalls ein Glas Champagner und zehn Minuten Zeit, das Feuerwerk am Brandenburger Tor zu bewundern. Die vorangegangenen Tage hatte ich vor lauter Übermut mein gesamtes Gehalt in festliche Silvestergarderobe umgesetzt (wofür? - weiß ich bis heute nicht), die zu tragen ich keine Gelegenheit hatte: als mir das Geld für die Rückreise ausging, übernahm ich auch noch die Frühstücksschicht, mit kurzer Pause zum Füße in der Badewanne kühlen, und kehrte nach 72 Stunden in Berlin und mehreren Stunden auf dem Gang eines völlig überfüllten ICE völlig erschöpft wieder nach Hause zurück. Mein Vater hätte mich am Bahnhof abholen sollen, setzte allerdings auf halber Strecke sein Auto auf einen Baumstumpf, so daß ich mir ein Taxi nehmen mußte. Meine Familie lacht heute noch darüber, daß der Kofferdeckel jener Mercedes-Limousine beim rausheben meiner Reisetasche zurückfederte und die Kante mit meinem Kopf schmerzhafte Bekanntschaft machte, auch wenn ich damals in unserer Einfahrt vor Erschöpfung in Tränen ausbrach und danach zwei Tage durchschlief.
Ich habe etliche Silvester mit Freunden an meinem Studienort die Nächte durchtanzt, in kleinem, mittelgroßem und großem Kreis, ich habe in Ballkleidern, Cocktailkleidern und Jeans gefeiert – und mich mal mehr und mal weniger amüsiert. Mindestens einmal war ich schon am Vorabend eingeladen und startete in den letzten Tag des Jahres mit einem veritablen Katertier, ansonsten jedoch verschwimmen alle diese Nächte zu einem einzigen Essen, einem einzigen Feuerwerk und meine Tanzpartner und Tischherren könnte ich heute auch nicht mehr zuordnen.
In guter Erinnerung hingegen ist mir das Silvester 2005, an dem meine damals beste Freundin und ich schon nachmittags in der Küche aktiv wurden und um neunzehn Uhr ein unmäßig feudales, sich über Stunden ziehendes, mehrgängiges Abendessen starteten, nur für uns zwei. Um Mitternacht stiegen wir aufs Dach, nippten an unserem Sekt und erfreuten uns an anderer Leute Feuerwerken, bevor wir bis spät in die Nacht Musik hörten und von vergangenen Zeiten träumten. Zwei Jahre zuvor hatte ich noch kleiner gefeiert: mit mir selbst. An Einladungen mangelte es mir nicht, allein: mir fehlte der Wille, hunderte Kilometer durch die Republik zu fahren um auf irgendeinem mir unbekannten Marktplatz mit mir vorwiegend unbekannten Leuten die Zehen abzufrieren und so blieb ich daheim. Kaufte eine Flasche Sekt, lieh Noten und eine großartige Gesamtaufnahme vom Don Carlo aus und amüsierte mich prächtig bis gerade kurz nach Mitternacht.
Dieses Jahr allerdings sind die Aussichten bescheiden und ich bekomme die Auswirkungen meiner Reisefreude zu spüren. Meine engsten Freunde in Deutschland haben alle feste Arbeitsplätze, feste Wohnungen, feste Freundeskreise mit Wohnsitz in Deutschland und zumeist auch feste Beziehungen. In direkter Folge ihrer Lebensumstände haben außerdem alle feste und überaus solide Silvesterpläne: Raclette-Essen mit befreundeten Pärchen oder den Schwiegereltern ist das Standardprogramm und ich wäre dabei überflüssig und bin allenfalls aus Mitleid eingeladen. Die rauschenden Parties meiner Kollegen und Freunde in Kinshasa, London und Oslo sind für mich unerreichbar oder jedenfalls weiter weg als ich reisen möchte, und meine Anwesenheit auf der alljährlichen Party meines Studienumfelds würde vermutlich die jugendlichen Gäste inzwischen zu der Frage veranlassen, ob man nun schon Senioren einließe. Infolgedessen werde ich voraussichtlich mit meinen Schwestern zu Hause feiern, zu fortgeschrittener Stunde möglicherweise in weinseligem Zustand Fotos von den zehn Käsesorten präsentieren, die wir zu raclettieren planen (acht Pfännchen durch drei: wir werden nicht verhungern) und einen eher ruhigen Abend haben. Das ist auch sowieso besser, denn auf die Art kann ich meine Arbeit fertig machen und noch einige Bewerbungen schreiben, auf daß ich nächstes Jahr nicht länger der Katgorie Hartz IV Empfänger ohne Bezugsrecht angehören muß. Silvester wird wahrhaftig überschätzt.
Permalink (11 Kommentare) Kommentieren
Familienidyll
Niemals langweilig wird es nicht nur im Kongo, sondern auch in meiner Familie. Wundersamerweise haben wir nicht nur die Weihnachtsvorbereitungen friedlich überstanden, sondern auch ganze zwei Feiertage.
Am Dienstag Mittag wurden mein Vater und ich mit letzten Lebensmitteleinkäufen beauftragt – allein hätte keiner von uns die notwendige Kompetenz für derlei anspruchsvolle Aufgaben, wobei wir trotzdem kläglich versagt haben: es gab in der ganzen Stadt keinen frischen Spinat mehr für Mutterns Pastete, sodaß ich mittags eine Stunde lang gefrorene Spinatblätter auseinandergefaltet und zum Trocknen ausgelegt habe. Fräulein Damenwahl die Jüngste war derweil die Weihnachtsgans auf dem Markt abholen und den Hund im Feld spazieren toben.
Lange Diskussionen über den Baum und wie die Kugeln aufzuhängen seien: Es gehört zu den alljährlichen Ritualen, daß meine Mutter jedes Jahr eine absolute Spitzentanne von etwa zwei Metern Höhe aussucht, und dann im Wohnzimmer fragt: „Ist die nicht doch ein bißchen groß?“ Völlig unbegründet, denn unsere Weihnachtsbäume sind immer perfekt. Papa erzählt dann, wie SEIN Vater SEINERZEIT – keine Nordmanntanne, damals – Äste abgesägt und woanders am Baum wieder eingesteckt hat, um die Zweige gleichmäßig zu verteilen. Die Herrin der Lichterketten bin jedes Jahr aufs Neue ich, wobei ich mir dieses Jahr die Aufgabe mit der Schwester geteilt und wir die Pflicht mit Amaretto versüßt haben und reichlich Spaß hatten. Das große Festessen fand bei uns dieses Jahr erst am 25. statt, als die ganze Familie versammelt war. Mama zeichnete verantwortlich für Fischterrine und Gänsebraten, ich fürs Dessert.
Schwester 1 [während sie mit nackten Pfoten eine weitere Scheibe Fischterrine aus der Küche auf ihren Teller holt]: Ich nehme gleich sechs Klöße! Hast Du auch genug Klöße gemacht?
Mama: Bist Du des Wahnsinns? Ich glaube, Du warst im Kongo, nicht Deine Schwester. Nimm wenigstens einen Teller, Kind!
Schwester 1: Ich habe so lange kein gutes Essen mehr gehabt, ich muß aufholen.
... [Am Ende des Hauptgangs schneidet Mama Reste für den Hund auf, Papa gibt großzügig Sauce über das Gänseklein. Schwester 2 stibitzt noch ein Stück.]
Mama: Jetzt frisst Du dem armen kleinen Hund noch den mickrigen Happen weg?! Dazu muß man wissen: der Hund lebt bei uns wie Gott in Frankreich und kann es sich leisten, gelegentlich das Trockenfutter komplett zu verschmähen.
[...]
Schwester 1 [berichtet aus ihrer Wahlheimat]: Da saß ich gestern nach D.s Abreise auf meinem Sofa und mir wurde so kalt ... hatte der doch alle Heizungen ausgedreht!?
Mama: Das halte ich für sinnvoll, der hat bestimmt gedacht: wenn Du abreist, läßt Du alles an.
Schwester 1: Was denkst Du denn, wie ich sieben Jahre in G. abgereist bin während des Studiums?
Mama: Durchheizen? Und wenn’s zu warm war, hast Du die Fenster aufgemacht?
Schwester 1 [betont beherrscht]: Das wäre eine Möglichkeit.
Papa: Ich finde ja, die Schwester Eins befleißigt sich einer sehr disziplinierten Gesprächsführung gerade.
Mama: Ja, finde ich auch. Das Schöne ist, daß man mir mit zunehmendem Alter mehr durchgehen läßt, weil ich ja langsam so atrophisch bin hier oben [tippt sich an den Kopf]. Wie bei Sissis Schwiegervater, der darf auch alles sagen und ihm wird verziehen.
Schwester 2: Aber der sagt nicht so viele Gemeinheiten wie Du.
Mama: Ja. Aber wenn ich nicht gemein wäre, wär's hier auch nicht so lustig.
Schwester 1: Was gucken wir denn jetzt heute Abend im Fernsehen?
Schwester 2: Tatort, oder Sissi.
Papa: Ich hätte auch noch einen Thriller auf DVD.
Mama: Na, den wolltest Du ja schon vor vier Wochen gucken.
Papa [zum Rest der Familie]: Aber da ging ja der Fernseher nicht.
Schwester 1: Wie heißt der denn?
Papa: Weiß ich nicht.
Mama: Jahaaa, Du bist ja auch schon ein bißchen atrophisch im Kopf.
Schwester 2: Hast Du den aufgenommen?
Papa: Ja, den hatte ich aufgenommen.
Schwester 1: Und da habt Ihr Euch also abends erwartungsfroh um 20h15 im Wohnzimmer getroffen....
Mama: Genau, erwartungsfroh um 20h15 saßen wir vorm Fernseher und Dein Vater nahm seine drei Fernbedienungen zur Hand und drückte viele Knöpfe, und dann kam auch Bild, aber kein Ton.
Papa: Ja, Ton war keiner. Weil: da war ein Stecker locker und das habe ich erst eine Woche später entdeckt.
Mama: Und dann haben wir also keinen Film geguckt. Aber heute Abend vielleicht?
Schwester 1: Falls Papa den Fernseher richtig bedienen kann.
Am Dienstag Mittag wurden mein Vater und ich mit letzten Lebensmitteleinkäufen beauftragt – allein hätte keiner von uns die notwendige Kompetenz für derlei anspruchsvolle Aufgaben, wobei wir trotzdem kläglich versagt haben: es gab in der ganzen Stadt keinen frischen Spinat mehr für Mutterns Pastete, sodaß ich mittags eine Stunde lang gefrorene Spinatblätter auseinandergefaltet und zum Trocknen ausgelegt habe. Fräulein Damenwahl die Jüngste war derweil die Weihnachtsgans auf dem Markt abholen und den Hund im Feld spazieren toben.
Lange Diskussionen über den Baum und wie die Kugeln aufzuhängen seien: Es gehört zu den alljährlichen Ritualen, daß meine Mutter jedes Jahr eine absolute Spitzentanne von etwa zwei Metern Höhe aussucht, und dann im Wohnzimmer fragt: „Ist die nicht doch ein bißchen groß?“ Völlig unbegründet, denn unsere Weihnachtsbäume sind immer perfekt. Papa erzählt dann, wie SEIN Vater SEINERZEIT – keine Nordmanntanne, damals – Äste abgesägt und woanders am Baum wieder eingesteckt hat, um die Zweige gleichmäßig zu verteilen. Die Herrin der Lichterketten bin jedes Jahr aufs Neue ich, wobei ich mir dieses Jahr die Aufgabe mit der Schwester geteilt und wir die Pflicht mit Amaretto versüßt haben und reichlich Spaß hatten. Das große Festessen fand bei uns dieses Jahr erst am 25. statt, als die ganze Familie versammelt war. Mama zeichnete verantwortlich für Fischterrine und Gänsebraten, ich fürs Dessert.
Schwester 1 [während sie mit nackten Pfoten eine weitere Scheibe Fischterrine aus der Küche auf ihren Teller holt]: Ich nehme gleich sechs Klöße! Hast Du auch genug Klöße gemacht?
Mama: Bist Du des Wahnsinns? Ich glaube, Du warst im Kongo, nicht Deine Schwester. Nimm wenigstens einen Teller, Kind!
Schwester 1: Ich habe so lange kein gutes Essen mehr gehabt, ich muß aufholen.
... [Am Ende des Hauptgangs schneidet Mama Reste für den Hund auf, Papa gibt großzügig Sauce über das Gänseklein. Schwester 2 stibitzt noch ein Stück.]
Mama: Jetzt frisst Du dem armen kleinen Hund noch den mickrigen Happen weg?! Dazu muß man wissen: der Hund lebt bei uns wie Gott in Frankreich und kann es sich leisten, gelegentlich das Trockenfutter komplett zu verschmähen.
[...]
Schwester 1 [berichtet aus ihrer Wahlheimat]: Da saß ich gestern nach D.s Abreise auf meinem Sofa und mir wurde so kalt ... hatte der doch alle Heizungen ausgedreht!?
Mama: Das halte ich für sinnvoll, der hat bestimmt gedacht: wenn Du abreist, läßt Du alles an.
Schwester 1: Was denkst Du denn, wie ich sieben Jahre in G. abgereist bin während des Studiums?
Mama: Durchheizen? Und wenn’s zu warm war, hast Du die Fenster aufgemacht?
Schwester 1 [betont beherrscht]: Das wäre eine Möglichkeit.
Papa: Ich finde ja, die Schwester Eins befleißigt sich einer sehr disziplinierten Gesprächsführung gerade.
Mama: Ja, finde ich auch. Das Schöne ist, daß man mir mit zunehmendem Alter mehr durchgehen läßt, weil ich ja langsam so atrophisch bin hier oben [tippt sich an den Kopf]. Wie bei Sissis Schwiegervater, der darf auch alles sagen und ihm wird verziehen.
Schwester 2: Aber der sagt nicht so viele Gemeinheiten wie Du.
Mama: Ja. Aber wenn ich nicht gemein wäre, wär's hier auch nicht so lustig.
Schwester 1: Was gucken wir denn jetzt heute Abend im Fernsehen?
Schwester 2: Tatort, oder Sissi.
Papa: Ich hätte auch noch einen Thriller auf DVD.
Mama: Na, den wolltest Du ja schon vor vier Wochen gucken.
Papa [zum Rest der Familie]: Aber da ging ja der Fernseher nicht.
Schwester 1: Wie heißt der denn?
Papa: Weiß ich nicht.
Mama: Jahaaa, Du bist ja auch schon ein bißchen atrophisch im Kopf.
Schwester 2: Hast Du den aufgenommen?
Papa: Ja, den hatte ich aufgenommen.
Schwester 1: Und da habt Ihr Euch also abends erwartungsfroh um 20h15 im Wohnzimmer getroffen....
Mama: Genau, erwartungsfroh um 20h15 saßen wir vorm Fernseher und Dein Vater nahm seine drei Fernbedienungen zur Hand und drückte viele Knöpfe, und dann kam auch Bild, aber kein Ton.
Papa: Ja, Ton war keiner. Weil: da war ein Stecker locker und das habe ich erst eine Woche später entdeckt.
Mama: Und dann haben wir also keinen Film geguckt. Aber heute Abend vielleicht?
Schwester 1: Falls Papa den Fernseher richtig bedienen kann.
Permalink (1 Kommentar) Kommentieren
Verkehrschaos und Weihnachtsfrieden
Falls ich dachte, der Kongo habe das Recht auf Katastrophen und Chaos gepachtet, wurde ich auf meiner Rückreise eines besseren belehrt. Ich war durchaus noch rechtzeitig in Heathrow, eine Stunde bis zum Abflug, aber im Check-in Bereich der Star Alliance endlose Schlangen. Nach Rücksprache mit dem Bodenpersonal durfte ich die überholen, einchecken und sollte nicht einmal meine Tasche abgeben. Das war allerdings auch das Ende aller Freuden: an der Sicherheitskontrolle wurden mir meine Christmas Cracker – zur Familienunterhaltung über die Feiertage erstanden – abgenommen. Auch mit der Tasche zusammen für den Frachtraum einchecken war verboten, wie sich auf Rückfrage nach etlichem hin und her herausstellte. In der Wartehalle setzte ich in froher Erwartung des baldigen Abflugs die letzten britischen Peso-Pfund in Bücher und Tee für Papi um und wunderte mich, daß das Gate noch nicht angekündigt war. Um 17h45, also zum Zeitpunkt des geplanten Abflugs, lernte ich, daß der Flug auf unbestimmte Zeit verschoben sei. Um sieben saß ich in der Wartehalle. Um halb acht zog ich – Wunschdenken – auf eine andere Bank um. Überlegte, mit Kreditkarte Essen zu kaufen - leider war die gesperrt weil das Limit (noch aus Kongo-Zeiten niedrig gesetzt) durch meinen Einkaufs-Wahn gesprengt worden war. Um acht ging es endlich zum Gate. Um neun wurde ein Flug zum Boarding aufgefordert, leider nicht meiner, sondern die Maschine, die schon um 17h00 hätte starten sollen. Um halb zehn ging es los – in Reihenfolge der Sitzreihen von hinten, ich leider ganz vorne. Ein überaus gesprächiger Flugkapitän informierte uns, daß schon in Frankfurt erstens zu wenig Ladepersonal fürs Gepäck verfügbar gewesen sei, zweitens zu wenig Enteisungsmaschinen und drittens die Startbahnen vereist seien – ebenso wie jetzt in London. Bis es endlich losging hörte ich der kleinen Familie in der Reihe vor mir zu: Vater Deutscher, Mutter Französin, die kleine Tochter – vielleicht drei Jahre alt – plapperte munter in allen Sprachen und drehte fast durch vor Freude, als das Flugzeug endlich rollte. Kurz nach dem Start legte sich die Maschine seitlich in die Kurve und die Kleine krähte begeistert: „landen! landen! landen!“ Um halb zwölf in Frankfurt mußten wir noch mal warten, dann wurde eine Treppe ans hintere Ende gedockt und ich auch noch um die Gunst des frühen Ausstiegs (Sitzreihe 8!) betrogen, um halb eins war ich endlich draußen. Rückblickend allerdings kann ich froh sein, nicht einen Tag später geflogen zu sein.
Am nächsten Tag habe ich mein Bestes getan, den Frankfurter Einzelhandel zu unterstützen und gleichzeitig die Empfehlung des Arbeitsamtes umgesetzt, mein Vermögen auf die Freibetragsgrenze für ALG II runterzuleben. In der Bahn herrschte ebenfalls weihnachtliche Stimmung. In jenem InterCity, der nicht nur in Städten sondern auch an jeder Hundehütte auf der Strecke hält, stiegen in einem der Provinznester drei Jugendliche nahe der Volljährigkeit zu, unterwegs in die nächste Stadt. Das Mädchen und einer der Jungs überaus wohlgenährt, alle drei bescheiden gekleidet, auf rührende Weise begeistert von ihrem Ausflug in die weite Welt. Bis die Schaffnerin sie aufklärte, mit dem Regionalticket seien sie leider im falschen Zug. Betretenes Schweigen, Rückfragen, die drei waren sichtlich überrascht und verunsichert. Die Schaffnerin sah aus wie eine typische Berufs-Ziege, schmales Gesicht, blond toupierte Haare, giftroter Lippenstift – so kann die Optik täuschen! – , war aber überaus freundlich, erklärte den dreien ihr Vergehen und ließ sie dann mit einer strengen Ermahnung ziehen. Überhaupt fühlte ich mich von Weihnachtsfrieden umgeben, junge Männer hoben alten Damen ihre Koffer in den Zug, Schaffner waren großzügig und jovial und junge Leute boten ihren Sitzplatz älteren Herrschaften an.
Am nächsten Tag habe ich mein Bestes getan, den Frankfurter Einzelhandel zu unterstützen und gleichzeitig die Empfehlung des Arbeitsamtes umgesetzt, mein Vermögen auf die Freibetragsgrenze für ALG II runterzuleben. In der Bahn herrschte ebenfalls weihnachtliche Stimmung. In jenem InterCity, der nicht nur in Städten sondern auch an jeder Hundehütte auf der Strecke hält, stiegen in einem der Provinznester drei Jugendliche nahe der Volljährigkeit zu, unterwegs in die nächste Stadt. Das Mädchen und einer der Jungs überaus wohlgenährt, alle drei bescheiden gekleidet, auf rührende Weise begeistert von ihrem Ausflug in die weite Welt. Bis die Schaffnerin sie aufklärte, mit dem Regionalticket seien sie leider im falschen Zug. Betretenes Schweigen, Rückfragen, die drei waren sichtlich überrascht und verunsichert. Die Schaffnerin sah aus wie eine typische Berufs-Ziege, schmales Gesicht, blond toupierte Haare, giftroter Lippenstift – so kann die Optik täuschen! – , war aber überaus freundlich, erklärte den dreien ihr Vergehen und ließ sie dann mit einer strengen Ermahnung ziehen. Überhaupt fühlte ich mich von Weihnachtsfrieden umgeben, junge Männer hoben alten Damen ihre Koffer in den Zug, Schaffner waren großzügig und jovial und junge Leute boten ihren Sitzplatz älteren Herrschaften an.
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren
Wintermärchen
Schneechaos in Deutschland? Habe ich erst mitbekommen, als ich in Heathrow festsaß, vorher war ich damit beschäftigt, mich zu amüsieren. Ich war in der National Gallery und im Museum of London, bin viel gebummelt, habe zwanzig Minuten damit zugebracht, rund um Cannongate nach der richtigen Haltestelle für die Linie 11 zu suchen, weil ich unbedingt Bus fahren wollte, war in der Oper und fein essen mit netten Menschen.
Der erste Abend begann später als mir lieb war, erst um kurz nach neun rief mein Bekannter an, und als ich zwanzig Minuten später im Restaurant ankam, waren seine Freunde und er schon da. Sein Freund P. klassischer Angehöriger der upper class: sehr britischer Akzent, sehr teure Manschettenknöpfe und noch teurere Uhr, und dabei doch nett und absolut understatement. Seine Freundin L. ebenso. Als ich gerade bestellen wollte, wurden die Vorspeisen der übrigen gebracht und ich bestand darauf, nur ein Hauptgericht zu bestellen. Nacheinander gab mir erst mein Freund K. von seinen Jakobsmuscheln ab, dann reichte die L. eine Gabel von ihren Ravioli über den Tisch und Minuten später versorgte sie mich auch mit Foie Gras auf Brot von P.s Teller. Wobei P. sie ermutigte und sich für sein Versäumnis entschuldigte. Meine Pappardelle mit Kalb waren hervorragend: normalerweise muß man ja bei Nudeln mit X immer sehr sparsam das X einteilen, damit es für die vielen Nudeln reicht – diesmal jedoch hatte ich am Ende immer noch großzügig Kalb auf dem Teller. Die drei unterhielten sich vorrangig über ihren Bekanntenkreis und gemeinsam verbrachte Abende oder Wochenenden in S. und P. merkte an: “that is my country house“. Dem Tonfall und Gespräch nach hätte ich mir vermutlich eine kleine Hütte vorgestellt, allerdings wußte ich von K. schon, daß das country house ein ausgewachsenes Herrenhaus, zumindest teilweise unter Protektion des National Trust, ist. Davon abgesehen erfuhr ich, daß die L. unglücklich verliebt ist in irgendeinen Snob der Oberschicht, der sie vor kurzem abgeschossen hat, weil sie nicht zur richtigen Schicht gehört, und daß das beste Dessert gar nicht auf der Karte zu finden ist, sondern nur auf Verlangen gezaubert wird: halbgefrorene rote Beeren mit flüssiger weisser Schokolade und Chantilly Crème. Sämtliche Vorurteile über idiotische Investmentbanker und britische Snobs wurden vom P. jedenfalls aufs Schönste widerlegt und die L. ist eine reizende junge Frau – hätte ich solche Freunde, könnte ich London als Wohnsitz vermutlich auch mehr abgewinnen.
Andere Einblicke erhielt ich am Freitag: während ich den Abend in der Oper verbrachte, war meine Gastgeberin zum Abendessen eingeladen: zwei junge Herren, zwei junge Damen und eine Packung Christmas Cracker mit Musikpfeifen drin. Der weinselige Abend endete damit, daß die Herrschaften aus dem Stand heraus mit den Zähnen ein Stück Pappe vom Boden aufheben sollten – und als der einen Dame die Hose dafür zu eng wurde, zog sie selbige offenbar aus. So berichtet nachts um eins, als meine Gastgeberin heimkehrte. Meine Oper hingegen war wunderbar, ich war so lange nicht mehr in Covent Garden, hatte einen hervorragenden Platz ganz weit oben, und beobachtete in den Pausen das übrige Publikum. Freundlicherweise stehen in allen Restaurants in den Pausen Karaffen mit eisgekühltem Wasser auf den Tresen - mutmaßlich fürs Fußvolk wie mich - während an hübsch gedeckten Tischen die Oberschicht kleine Snacks zu sich nimmt. Die Musik war natürlich wunderbar, der Applaus enthusiastisch und ich sehr glücklich mit meinem Abend.
Am Sonntag war ich noch mit einem anderen Freund – ebenfalls Investmentbanker, aber fröhlicher Teilhaber einer eher studentischen Wohngemeinschaft und von einem Wissensdurst, der mich jedesmal Staunen macht – frühstücken und auf dem Weihnachtsmarkt im Hyde Park Glühwein trinken. Unter strahlend blauem Winterhimmel und im kalten Sonnenschein eines perfekten Wintertags gefiel mir London ausnehmend gut.
Der erste Abend begann später als mir lieb war, erst um kurz nach neun rief mein Bekannter an, und als ich zwanzig Minuten später im Restaurant ankam, waren seine Freunde und er schon da. Sein Freund P. klassischer Angehöriger der upper class: sehr britischer Akzent, sehr teure Manschettenknöpfe und noch teurere Uhr, und dabei doch nett und absolut understatement. Seine Freundin L. ebenso. Als ich gerade bestellen wollte, wurden die Vorspeisen der übrigen gebracht und ich bestand darauf, nur ein Hauptgericht zu bestellen. Nacheinander gab mir erst mein Freund K. von seinen Jakobsmuscheln ab, dann reichte die L. eine Gabel von ihren Ravioli über den Tisch und Minuten später versorgte sie mich auch mit Foie Gras auf Brot von P.s Teller. Wobei P. sie ermutigte und sich für sein Versäumnis entschuldigte. Meine Pappardelle mit Kalb waren hervorragend: normalerweise muß man ja bei Nudeln mit X immer sehr sparsam das X einteilen, damit es für die vielen Nudeln reicht – diesmal jedoch hatte ich am Ende immer noch großzügig Kalb auf dem Teller. Die drei unterhielten sich vorrangig über ihren Bekanntenkreis und gemeinsam verbrachte Abende oder Wochenenden in S. und P. merkte an: “that is my country house“. Dem Tonfall und Gespräch nach hätte ich mir vermutlich eine kleine Hütte vorgestellt, allerdings wußte ich von K. schon, daß das country house ein ausgewachsenes Herrenhaus, zumindest teilweise unter Protektion des National Trust, ist. Davon abgesehen erfuhr ich, daß die L. unglücklich verliebt ist in irgendeinen Snob der Oberschicht, der sie vor kurzem abgeschossen hat, weil sie nicht zur richtigen Schicht gehört, und daß das beste Dessert gar nicht auf der Karte zu finden ist, sondern nur auf Verlangen gezaubert wird: halbgefrorene rote Beeren mit flüssiger weisser Schokolade und Chantilly Crème. Sämtliche Vorurteile über idiotische Investmentbanker und britische Snobs wurden vom P. jedenfalls aufs Schönste widerlegt und die L. ist eine reizende junge Frau – hätte ich solche Freunde, könnte ich London als Wohnsitz vermutlich auch mehr abgewinnen.
Andere Einblicke erhielt ich am Freitag: während ich den Abend in der Oper verbrachte, war meine Gastgeberin zum Abendessen eingeladen: zwei junge Herren, zwei junge Damen und eine Packung Christmas Cracker mit Musikpfeifen drin. Der weinselige Abend endete damit, daß die Herrschaften aus dem Stand heraus mit den Zähnen ein Stück Pappe vom Boden aufheben sollten – und als der einen Dame die Hose dafür zu eng wurde, zog sie selbige offenbar aus. So berichtet nachts um eins, als meine Gastgeberin heimkehrte. Meine Oper hingegen war wunderbar, ich war so lange nicht mehr in Covent Garden, hatte einen hervorragenden Platz ganz weit oben, und beobachtete in den Pausen das übrige Publikum. Freundlicherweise stehen in allen Restaurants in den Pausen Karaffen mit eisgekühltem Wasser auf den Tresen - mutmaßlich fürs Fußvolk wie mich - während an hübsch gedeckten Tischen die Oberschicht kleine Snacks zu sich nimmt. Die Musik war natürlich wunderbar, der Applaus enthusiastisch und ich sehr glücklich mit meinem Abend.
Am Sonntag war ich noch mit einem anderen Freund – ebenfalls Investmentbanker, aber fröhlicher Teilhaber einer eher studentischen Wohngemeinschaft und von einem Wissensdurst, der mich jedesmal Staunen macht – frühstücken und auf dem Weihnachtsmarkt im Hyde Park Glühwein trinken. Unter strahlend blauem Winterhimmel und im kalten Sonnenschein eines perfekten Wintertags gefiel mir London ausnehmend gut.
Permalink (5 Kommentare) Kommentieren
... ältere Einträge