Mittwoch, 18. März 2009
Einhüten für Fortgeschrittene
Ich habe in meinem Leben manchen Nebenjob gehabt. Mit fünfzehn schenkten meine Eltern zum Geburtstag einen Volkshochschulkurs im Maschineschreiben und fortan erledigte ich für meinen Vater diverse Tipparbeiten – berufen auch durch meine Fähigkeit, seine entsetzliche Handschrift entziffern zu können. Mit sechzehn saß ich im Supermarkt an der Kasse, mit achtzehn in der Fabrik am Fließband und mit neunzehn habe ich in den Osteferien Fichten gepflanzt (15.000 Stück in drei Wochen, gut für die persönliche Ökobilanz). Im Studium habe ich für eine Eventfirma auf Banketten gekellnert und mir beim Jahrestreffen eines Verbands der metallverarbeitenden Industrie auf den Hintern hauen lassen. Babysitten, jedoch, war ich nie. Mit Ausnahme eines Abendessens meiner Eltern, bei dem ich unentgeltlich die Kinder eines uns bekannten Paares gehütet habe. Auf meine alten Tage bin ich aber nun heute Abend Babysitter für meinen kleinen Mitbewohner und erhalte dabei Einblicke in die – von mir prinzipiell durchaus angestrebten – Freuden der Mutterschaft. Dazu muß man wissen, daß ich im Gegensatz zu meinen sonstigen Bekannten in DC nicht in einer Young-Professionals oder Studenten WG lebe, sondern quasi mit Familienanschluß. Der kleine B. ist zweieinhalb Jahre alt, seine Mama ist alleinerziehend und seine im Haus lebende Tante der wichtigste Knoten im Netz der Unterstützer. Nun hat die liebe Tante (die kaum älter ist als ich) allerdings heute ihren lange geplanten Urlaub angetreten, während die Mama auf einer Konferenz in Europa weilt. In meiner grenzenlosen Hilfsbereitschaft hatte ich vor einiger Zeit angeboten, bei Gelegenheit mal auf den Kleinen aufpassen zu wollen – um den beiden Damen vielleicht mal einen Abend zu zweit ohne Kind zu ermöglichen. Statt dessen bin ich nun bis morgen früh alleinverantwortlich für den kleinen Bengel. Der außerdem seit zwei Tagen Fieber hat und hustet, als hätte er Krupp. Ich konnte immerhin gerade noch rechtzeitig heute morgen den Besuch beim Kinderarzt veranlassen, leider ohne diagnostisches Ergebnis. Normalerweise hätte ich keine Chance, auch nur zwei Sätze in Ruhe schreiben zu können, weil B. so unglaublich springlebendig ist, aber statt dessen hängt er jetzt wie ein nasser Sack auf meinem Schoß und will gar nichts. Nicht spielen, nicht essen, nicht trinken, nur kuscheln. Innerlich warte ich nur auf den ersten Heulkrampf, wenn er merkt, daß weder Mama noch Tante heute Abend verfügbar sind. Jetzt bekommt er noch ein Fläschchen mit warmer Milch und dann geht’s ins Bett (für B., nicht für mich).
Nun ja – vielleicht überlege ich mir das mit den Kindern noch mal, meinen eigenen, meine ich.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Dienstag, 17. März 2009
Fragmente
Im Moment gibt es keine bahnbrechenden Neuigkeiten an der Ostküste - Schietwetter, Regen, ich vermisse den deutschen Frühling. Aber ein Schnipsel fällt mir doch ein.

Aus einem Konflikt ist eine nette Grüßbekanntschaft erwachsen. Und das kam so: mein Arbeitgeber hat große gläseren Drehtüren, die sich nur bewegen, wenn man sein Märkchen ("Badge") an ein Lesegerät geführt hat - einchecken, sozusagen. Weiterhin steht da immer Sicherheitspersonal. Einer der - mehrheitlich - Herren nun bestand stets darauf, mein Badge persönlich in Augenschein zu nehmen. Immer. Selbst wenn ich nur einen Kaffee gegenüber holen wollte. Ohne gültige Zutrittskarte erhielte man ja schon elektronisch keinen Einlaß wegen der Tür. Aber gut. Obendrein konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß er mich besonders intensiv kontrollierte, mehr und öfter als alle anderen Mitarbeiter. Irgendwann hatte ich dann einen wirklich schlechten Tag in meiner ziemlich schlechten Abteilung mit ziemlich schlechter Arbeit und war überhaupt auf Terror gebürstet. Da habe ich ihn morgens zur Hauptverkehrszeit zur Rede gestellt. Er hat mich schlankweg ignoriert, während ich schimpfend wie ein Rohrspatz vor ihm stand -
aber immerhin den Rest des Tages alle Mitarbeiter, die ihn passierten, gleichermaßen gründlich kontrolliert, und nicht nur mich. Inzwischen habe ich die Abteilung gewechselt und nach zwei Tagen Eiszeit grüßen wir uns nun immer sehr, sehr freundlich, mit dieser ganz besonderen Art von Einvernehmen - offensichtlich hat er sich mein Gesicht gemerkt. Meinen Ausweis will er trotzdem immer noch sehen.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Freitag, 13. März 2009
Crimemap
Ein neues gruseliges Detail aus meinem Leben als Washingtonienne hat sich mir heute erschlossen. Wie schon berichtet lebe ich nicht gerade in der allerfeinsten Gegend der Kapitale. Viele Häuser werden gerade renoviert, viele sind aber auch optisch wenig ansprechend, kurz: "partially gentrified". Gestern war ich zum Abendessen bei Freunden eingeladen, die in einer sehr braven Gegend residieren (wobei ich deren Fußweg zur U-Bahn bzw. Arbeit nicht eintauschen möchte) und habe gelernt, daß die Polizei in Washington einen grandiosen Service bietet. Man kann nämlich nach Eingabe seiner Adresse anzeigen lassen, wieviele Verbrechen im näheren Umkreis in der Vergangenheit begangen wurden - als Statistik oder als Landkarte. Auf der Karte sind dann die Verbrechen als kleine rote Figürchen gezeigt, die grauslig verrenkt auf der Straße liegen. Diese wunderbare Seite liefert ermutigende Ergebnisse. Im vergangenen Jahr wurde im Umkreis von 400 Metern zwei Morde begangen, eine Vergewaltigung, zwölf harmlose Überfälle ohne und nur drei mit Handfeuerwaffe. Außerdem sieben weitere Überfälle diverser Art und - inklusive Diebstähle und Einbrüche, 125 Straftaten. Vielleicht sollte ich in Zukunft doch nicht mehr abends in verwegener Sorglosigkeit zu Fuß nach Hause laufen.

Permalink (3 Kommentare)   Kommentieren





Mittwoch, 11. März 2009
Kletterwand
Mein Fitnesstudio sind eigentlich derer vier, über die Stadt verteilt. Eines davon hat sogar eine Kletterwand und bietet jeden Dienstag Abend Schnupperkurse zur Einführung an. Das war mein Plan für heute abend. Aber, wie schon an anderer Stelle berichtet, nehmen bei mir Vorfreude auf körperliche Betätigung und Motivation im Laufe eines Arbeitstages regelmäßig Schaden. Spätestens nach dem Mittagessen fallen mir die ersten Gründe ein, abends doch lieber schnell nach Hause zu gehen und für den Rest des Nachmittags rollen die Gedanken wie kleine Murmeln in der Kugelbahn durch meinen Kopf:

· Der Weg dahin ist so weit, einmal durch die ganze Stadt...
· Allein schon das Geld für Bus und U-Bahn, um dahin zu kommen...
· Wäre es nicht schön, zu Hause lecker Pizza zu essen...?
· Das ist ein böses Viertel, Du mußt vielleicht ein Taxi nach Hause nehmen...
· Noch schlimmer: Deine Tasche wird auf dem Heimweg geklaut...
· Wozu sollst Du da einmal hingehen, Du wirst Dich sowieso kein zweites Mal aufraffen können...
· Vielleicht lassen sie Dich nicht einmal rein, da Du nur eine Halbtags-Mitgliedschaft hast...
· Bestimmt sind alle anderen Teilnehmer dolle sportlich und durchtrainiert...
· Wie peinlich, wenn Du nicht mal bis zur Hälfte kommst...
· Noch peinlicher, wenn Du irgendwann runterfällst, weil Dein wohlgenährter Hintern so viel Schwerkraft entwickelt...

Ich war trotzdem da. Wurde reingelassen. Bin nicht von der Wand gefallen, sondern sogar auf fortgeschrittener Route drei mal bis nach oben gekommen. Und habe mich mit der anderen Teilnehmerin zur Wiederholungstat verabredet. Tschaka!

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Montag, 9. März 2009
Lateinamerikanische Kampftrinker
An sich bin ich ja glücklich, in Washington so schnell Anschluß gefunden zu haben. Aber mußte es ausgerechnet eine Gruppe kampftrinkender Lateinamerikaner sein? Nun ja, wie es sich für eine Dame gehört, sollte ich vielleicht erst mal die Herrschaften bekanntmachen: A. ist ein Kollege aus einer anderen Abteilung meines Arbeitgebers, mein liebster Begleiter für den Nachmittagskaffee und indisch-deutscher Abstimmung. Seine Freundin I. ist aus Ecuador, arbeitet in einer anderen Firma derselben Branche und hatte gestern Geburstag. Zum inneren Kreis gehören außerdem G. – Brasilianerin par excellence – und P., durch und durch Italiener. I. hatte ihren Geburtstag schon frühzeitig angekündigt und ein mittelgroßes Lokal in Adams Morgan, der Partymeile DCs, für den späteren Abend ausgewählt.
Wer Washington kennt, weiß, daß die Stadt rasterförmig angelegt ist, in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straßen sind durchnummeriert, in Ost-West-Richtung verlaufende folgen dem Alphabet. Dieses Prinzip erschließt sich schnell und erleichtert die Orientierung ganz ungemein, wenn man erst mal die wenigen Hauptstraßen mit Staatennamen im internen Navi gespeichert hat. Leider folgen gerade die Randgebiete - wie auch Adams Morgan - nicht dieser simplen Logik. Das U-Bahn-Netz ist eher weitläufig und wenn man nicht in Ausgeh-Trippel-Schühchen erhebliche Strecken zurücklegen will, fährt man besser Bus - und bekommt dabei aufgrund des beklagenswerten Zustands der öffentlichen Metro Busse auch noch ein bißchen Entwicklungsland-Romantik gratis. Das Busnetz ist fein gespannt aber eher für akademische Geister, erfordert es doch parallele Konsultation des Stadtplans, Busstreckenplans und Buszeitplans. Da aber Bus fahren das Stipendiaten-Budget schont und meist den direkten Absprung im Zielgebiet ermöglicht, ist mir das die Mühe wert. Ich hatte mir einen Bus rausgesucht, der vier Blocks von meiner Wohnung entfernt passieren sollte (entspricht zehn Minuten Fußmarsch) und mich auch mehr als rechtzeitig auf den Weg gemacht – fand aber die Bushaltestelle leider nicht. Dem inneren Navi folgend stieß ich zwei Blocks weiter auf ein passendes Schild, leider in der falschen Richtung. Immerhin wärmer, wie beim Topfschlagen, folgte ich weiter der Straße, ein Block, zwei Blocks, kein einziges Busschild in der richtigen Richtung. Irgendwann wurde der Straßenzug dunkler, ich kehrte um, passierte auf der anderen Seite zwei Busschilder – und begriff, daß ich in einer Einbahnstraße unterwegs war. Wo logischerweise kein Bus in der Gegenrichtung kommen konnte. Um die nächsten Ecke dann noch heißer, den Topf quasi in Griffweite und nach nur zehn Blocks Fußmarsch dann das Ziel vor Augen: die Bushhaltestelle. Zwei Minuten zu spät leider, sogar nach meiner in deutscher Pedanten-Manier vorgehender Uhr. Immerhin trug mir die unfreiwillige Wartezeit ein Kompliment eines Passanten ein: „nice coat – and nice way you wearin’ it“.
Meine Vorstellung der Zielhaltestelle war kein bißchen präziser als die der Starthaltestelle, aber das Glück ist manchmal doch mit den Dummen, Destination sicher erreicht, -
und kein Mensch da. Jedenfalls keiner aus meinem Bekanntenkreis. Meine Verspätung ersparte mir also immerhin eine unangenehme Wartezeit als trauriger Single im Club der einsamen Herzen an der Bar (ein Bild, das es umso mehr zu vermeiden gilt, als es der Wahrheit entspräche), denn Minuten später traf die Geburtstagsgesellschaft ein. Der Höhepunkt des früheren Abends war ein Gespräch mit einem Libanesen und einem Türken über die Erd*gan-P*res Affaire in Davos, wobei der türkische Kollege in Begeisterung ausbrach, daß ich den Namen des türkischen Ministerpräsidenten kenne. Bescheidene Erwartungshaltung, dachte ich bei mir. Bemerkenswert auch die Konversation mit H. aus Saudi-Arabien und dem Teil-Gastgeber A. über Alkoholkonsum in arabischen Ländern. A. berichtete von einer Hochzeitsfeier in Kuwait in einem gehobenen Hotel, bei dem er in aller Arglosigkeit einen Tomatensaft bestellte, nur um vom Kellner gefragt zu werden, welche Spirituose denn da hinein solle. A. bezeugte, er sei in seinem ganzen Leben am Flughafen noch nie so zuvorkommend behandelt worden wie am folgenden Morgen nach reichlichem Alkoholzuspruch. Merke: wer in solchen Ländern betrunken werden kann, muß in der Logik des Flughafen-Fußvolks in royalen Kreisen verkehren – mindestens.
Unvermeidliches – wenn auch oft nur vorläufiges – Ende jeder Festivität in Washington ist das obligatorische Curfew gegen drei Uhr nachts. In Adams Morgan begleitet von massivem Polizeiaufgebot, kämpft man sich durch Horden von Schnapsleichen und rangelt um ein Taxi mit der Aggressivität eines Sommerschlußverkaufs. Ein ausgewählter Kreis – ausgewählt im Sinne all jener, die überhaupt noch anwesend und kommunikationsfähig waren – verlagerte sich die Party in A.s Wohnung, wo das Projekt „getting totally wasted“ mit neuer Verve verfolgt wurde. Hilfreich dabei vor allem die Drei-Liter-Magnum Flasche Jim Beam Whisky, eine vergleichbare Flasche Sodawasser und eine Mini-Flasche Cola. Muß ich mehr sagen? Zu fortgeschrittener Stunde wurde ich von einem zu kurz geratenen Venezolaner (einen Kopf kleiner als ich, ungelogen) so nachdrücklich zum Salsa tanzen aufgefordert, daß ich nicht mehr ablehnen konnte. Ich habe mit einem Italiener wild über Kommunikationsmethoden diskutiert („Deutsche sind so direkt“ – „aber effizient, weshalb wir demnächst halb Europa aufkaufen müssen“) und wurde zu noch fortgeschrittenerer Stunde von dem verheirateten D. im Beisein seiner Ehefrau mit etlichen Küßchen bedacht, die nur deshalb auf meiner Wange landeten, weil ich geistesgegenwärtig den Kopf wenden konnte. Die Ehefrau war derweil von einem mehr als angeregten Gespräch mit dem ledigen N. voll in Anspruch genommen. Um sechs Uhr morgens gelang es mir, mich heimlich von dannen zu schleichen und dadurch anderen die Nutzung der Gastfreundschaft „you can pass out on our sofa“ einzuräumen. Wenn man so früh morgens in DC unterwegs ist, stolpert man nicht über Unrat auf den Straßen, sondern Zeitungen in Plastikhüllen, und das sieht so aus:

Dann findet man hoffentlich schnell ein Taxi, nachdem man kurzzeitig in die falsche Richtung gelaufen ist und im Kopf überschlagen hat, daß 18 Blocks definitiv mehr sind, als man noch zu Fuß laufen möchte. Gibt sämtliche Hoffnungen auf Chisel Training im Fitneß Studio am „nächsten“ Tag zur Mittagszeit auf. Und hofft, daß der zweijährige Mitbewohner am folgenden Morgen lange, friedlich und still schläft.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Sonntag, 8. März 2009
Chinatown - Cairo - German Deli
Am Donnerstag habe ich es tunlichst vermieden, ohne Jacke das Haus zu verlassen. Am Freitag Mittag hatte ich einen Termin im Gebäude gegenüber und auf dem Weg dorthin ohne Jacke gefröstelt. Der heutige Tag hingegen hätte beste Chancen, sich in Deutschland als ausgewachsener Sommertag zu qualifizieren. Ich habe gerade auf der Treppe vorm Haus gesessen, in T-Shirt und Rock. Die Primeln in den Beeten sehen traurig aus, die Bäume sind winterlich kahl, aber wenn man die Augen schließt, die Vögel krakeelen hört und einem die Sonne auf den Rücken scheint, könnte man meinen, es sei Juli. Die Washingtonienne von Welt paßt sich dem schnell an und holt die Sommerkleidchen und Flip-Flops raus – mir mangelt es da noch an Flexibilität (und ich besitze keine Flip-Flops). Da ich heute Abend zu einer Geburtstagparty eingeladen bin, habe ich mich gegen Mittag auf den Weg nach Downtown gemacht, wo man der Expat-Gerüchteküche zufolge im German Deli Mozartkugeln erwerben kann. Auf dem Weg dorthin laufe ich durch Chinatown, das sich im wesentlichen durch ein großes chinesisches Tor und etliche China-Restaurants auszeichnet. Typisch für Washington ist, daß sich das Umfeld innerhalb eines Straßenblocks radikal ändern kann. Und so wehte mir mitten in Chinatown sekundenlang der Dunst eines arabischen Souks um die Nase. Die Mischung aus sonnenwarmer Straße, von der sich durch einen Eimer Wasser all die Gerüche eines Viertels lösen, ein Hauch von Unrat, von einem Grillrestaurant nebenan eine Prise Holzkohlenrauch, dazu die Dünste aus Freßbuden und Take-Away Restaurants. Für einen Moment rechnete ich damit, um die nächste Ecke über einige einsame Ziegen zu stolpern, wie zuletzt in Kairo. Nur wenige Schritte die Straße hinunter begegnet einem dann eine Gruppe amerikanischer Touristen (mutmaßlich aus dem Mittleren Westen) und alle Zauber ist dahin.

Jedenfalls habe ich schließlich den deutschen Laden gefunden und nach einigem Überlegen eine bunte Mischung Mozartkugeln erstanden, beim indischen (!) Personal bezahlt, für mein Publikum noch dieses Foto aufgenommen und mich dann auf den Heimweg gemacht.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Donnerstag, 5. März 2009
Busbegegnung II
Heute morgen hatte ich noch eine vergleichbar interessante Begegnung in meinem Circulator Bus. Ich saß – wie üblich – in meiner Vierergruppe hinten rechts und auf der Chaotenbank ganz hinten thronten eine Mama und ihre Tochter. Mami war eher unauffällig, ein bißchen brav vielleicht in der gesamten Optik. Goldtöchterchen war geschätzte acht Jahre alt, trug rosa gesteppte Winterstiefel, rosa Leggings, eine rosa Jacke und - einmal raten, bitte – eine rosa Pudelmütze auf dem blonden Schopf. Besonders putzig war jedoch, daß die beiden jeweils einen Kopfhörer-Stecker eines iPod Shuffle ins Ohr gestöpselt hatten. Mama hatte die Oberhoheit über die Titelauswahl (ein zaghafter Griff der Tochter nach dem Gerät wurde energisch abgewehrt). Während die Tochter mit gedämpfter Begeisterung vor allem mit den Beinen wippte, hatte die Mutter richtig großen Spaß. Sie schüttelte die Schultern in der Art, wie das üblicherweise Latino-Tänzerinnen mit üppiger Oberweite tun (allerdings kam das in der dicken Winterkleidung nicht recht zur Geltung), sie schunkelte hin und her, sprach die Texte halblaut mit und bewegte den Kopf im Takt. Für alle, denen es bis dahin noch entgangen war, erklärte sie der Kleinen betont laut :“I just love this music“. Zwischendurch betätigte sie die Knöpfe des Geräts, mutmaßlich um den nächsten großartigen Song anzuwählen. Den Höhepunkt erreichte die Darbietung, als offenbar gerade ein neues Lied begann, sie ihre motorischen Bemühungen im Ausdruckstanz noch einmal intensivierte und dabei erklärte „That’s a real shoulder shaker, right?“ während ihre Tochter wirklich nur halbherzig bei der Sache war.
Ich möchte eigentlich gerne ein toleranter Mensch sein und möglichst nicht über andere urteilen, aber heute Morgen hatte ich einen akuten Anfall von Fremdschämen! Und Mitleid mit dem Mädel, die sich mit so einer Mutter in ihrem Umfeld sicherlich völlig unmöglich macht.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Mittwoch, 4. März 2009
Busbegegnung
Ich nehme relativ oft den gleichen Bus morgens oder abends, und nun hat es sich zugetragen, daß ich schon mindestens zwei Mal die Vierergruppe hinten rechts mit einer Mutter und ihren zwei Sprößlingen geteilt habe. Die Mutter schätze ich auf Mitte dreißig, ihre Kinder sind wohl sechs und acht, alle sprechen dieses etwas breite Black English, von dem ich nur die Hälfte verstehe. Vor allem die Kinder sind lustig anzuschauen: die Kleine ist regelmäßig mit einer baggy Jeans unter (!) grauem Faltenrock angetan, der etwas ältere Bengel hat eine passende graue Hose an – vermutlich geschuldet dem in Deutschland verpönten Zwang zur Schuluniform. Dazu silberne Turnschuhe und eine leuchtend pinkfarbene Mütze bei ihr – das nenne ich modisch mutig. Der Junge ist regelmäßig ein bißchen verrotzt und hat meistens Proviant in der Hand, dessen Verzehr ihn keineswegs vom reden abhält. Die Mutter ist optisch eher unauffällig, scheint aber ein bißchen launisch zu sein. Vielleicht hatte sie letzte Woche aber auch nur einen schlechten Tag, um den schroffen und ungeduldigen Umgang mit ihren zwei Kindern zu erklären. Ich dachte spontan an emotionale Verwahrlosung, und war danach ein bißchen traurig, weil die Kinder trotz Rotznase und modischer Fragwürdigkeiten reizend sind – die beiden Kleinen gehen nämlich sehr lieb miteinander um.

Heute hingegen wurde mein Eindruck grundlegend korrigiert. Die Mama war fröhlich, lieb zu den beiden, Späße flogen hin und her. Das Mädel drückte erst ihrem Bruder und dann ihrer Mutter einen spontanen Kuß auf die Wange, der Bruder zog sie zu beiläufig zu sich heran und neckte sie auf diese ganz bestimmte, nur für große Brüder reservierte Art. Am erstaunlichsten aber war die Konversation in den zwanzig Minuten, die wir die Bank teilten, drehte sie sich doch –

um Bücher. Die Mutter zog nacheinander an die zehn Kinderbücher aus ihrer Tasche, präsentierte sie stolz, die Kleine langte danach, Mama vertröstete auf die Lektüre zu Hause. Offensichtlich verbanden sich mit einigen der Bücher Erinnerungen an die eigene Kindheit der Mutter und auch die Absicht, mit ihrer Tochter gemeinsam zu lesen, wurde deutlich. Zum Abendessen wurden Hamburger oder Chicken Fingers festgelegt - mit Pommes, wünschte der Bengel.
Sonderbar, wie zwei verschiedene Gelegenheiten zwei so unterschiedliche, geradezu konträre Eindrücke dieser kleinen Familie abgeben. Bin ich zu neugierig, daß mich derlei zufällig Begegnungen so beschäftigen?

Permalink (2 Kommentare)   Kommentieren





Dienstag, 3. März 2009
Prahl erst...


... wenn Du heim reitest - wußte schon Glatzen Peer aus Ronja Räubertochter. Als meine Lieben zu Hause vor zwei Wochen vom Wintereinbruch in Deutschland berichteten, habe ich schadenfroh Fotos von meiner Wenigkeit im T-Shirt auf der Treppe im Sonnenschein verschickt und froh dem nahenden Frühjahr und den subtropischen Temperaturen entgegengesehen. Da war ich vielleicht etwas voreilig, denn heute morgen: zehn Zentimeter Neuschnee in Washington bei Temperaturen deutlich unter Null und Stillstand des sozialen Lebens. Im Fernsehen kann man sich morgens informieren, welche Schulen und Kindergärten verspätet oder gar nicht öffnen, die Busse waren alle zu spät und auch bei meinem Arbeitgeber war es heute ungewöhnlich leer. Sie hatten sogar die halbe Kantine geschlossen und das Menü gekürzt! Zumutung über Zumutung!

Permalink (2 Kommentare)   Kommentieren





Montag, 2. März 2009
Es steht schlimm um die USA
... gestern Abend war ich unterwegs und das hier stand im U-Bahngleis Richtung U-Street. Die Wirtschaftskrise hat offenbar zugeschlagen und auch die Washington Metro Services müssen jetzt sparen - das Wort "Holzklasse" bekommt da eine ganz neue Bedeutung.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren