Samstag, 27. Juni 2009
Noch mehr Reibung
Über die manchmal surreale Realität als Expatriate in einem Land wie Tunesien und die Diskrepanzen zwischen Arbeit und Alltag, Europa und Afrika, habe ich ja schon vor einiger Zeit laut nachgedacht. Ich werde mich vermutlich bis in alle Ewigkeit über die Widersprüche und Verschiebungen wundern können. Das erlebe ich allerdings nicht nur im Umgang mit meinem Gastland, sondern auch mit den Expats. Da es sagenhaft schwierig ist, in arabischen Ländern Einheimische kennenzulernen (Männer geht nicht, weil man deren Hintergedanken nie einschätzen kann, Frauen bleiben eher für sich und sind oft unzugänglich), beschränkt sich mein soziales Umfeld hier auf diverse Expats. Aus Amerika, Europa, aber auch Afrika. Gestern war ich zum Fußball gucken eingeladen, einige Deutsche, einige Italiener und ich als völlig leidenschaftsloser Beobachter und Friedensengel in der Mitte.
Nach dem Spiel saßen wir in trauter Runde beisammen, ein Weinglas in Händen und das Gespräch war frappierend in seiner Vielfalt – ebenso wie die Gesellschaft. Die Alteingesessenen gaben Tips zum Umgang mit Hauspersonal, wer gut ist, wer nicht, warum die gebildeten Schwarzafrikaner ihre eigenen Hausmädchen mitbringen* und ob es wirklich Hausmädchen im engeren (oder doch eher im weiteren?) Sinne seien. Welche Preise in Ordnung sind, was ihnen am Hauspersonal gefällt und was nicht. Einerseits weiß ich wohl, daß es in Ländern wie diesem selbstverständlich ist, viel mehr alltägliche Aufgaben zu delegieren und Häuser zu bewohnen, die die meisten Deutschen nicht einmal im Urlaub mieten würden. Ich kenne zwar niemanden hier mit eigenem Chauffeur, aber eine Haushälterin für bügeln, putzen und gelegentliches kochen sowie Portier und Poolreiniger – das ist durchaus selbstverständlich. Angesichts des Lohnniveaus ist es nur praktisch und mal ehrlich: jeden Morgen frischen Obstsalat zum Frühstück – daran kann man sich gewöhnen. Mehr noch: es wird geradezu erwartet, daß Expats möglichst viel Personal beschäftigen, stellt das doch einen Wirtschaftsfaktor dar. Mir jedoch ist es trotzdem noch sehr fremd und vor allem bei den Diskussionen darüber bekomme ich leichtes Magengrimmen. Nicht daß irgend jemand sich übermäßig chauvinistisch geäußert hätte, keineswegs.... trotzdem. Ich fühle mich unwohl dabei.

*Araber sind offenbar gegenüber ihrem sub-saharischen Nachbarn keinesfalls tolerant und würden diese allenfalls als Personal in Erwägung ziehen, kaum jemals jedoch selbst für einen Schwarzafrikaner der Oberschicht putzen oder fahren - sagen Freunde, die schon länger hier sind.

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