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Schwarze Seele
damenwahl | 19. Februar 09 | Topic 'Washington'
Wahrhaftig einer der Abende, die meinen Glauben an das Gute im Menschen in Frage stellen. Die ganze Abteilung war heute essen in einem etwas netteren Restaurant (oder was Amerikaner so dafür halten), um den nahenden Abschied eines Kollegen zu feiern. Angesichts meiner finanziellen Möglichkeiten mit dem Stipendium und den Lebenshaltungskosten in Washington habe ich bewußt eher bescheidene Gerichte gewählt, während sich alle anderen für das Drei-Gänge-Menü entschieden.
Ich gebe auch gerne mal viel Geld für Essen aus, wirklich, Freunde können es bestätigen – aber eher dann, wenn ich mich dabei in einer Gesellschaft meiner Wahl mit erwiesenem Unterhaltungswert befinde und vor allem nicht, wenn ich dafür in einer drittklassigen amerikanischen Burgerbude doch nur Restesuppe und ein Stück Fleisch mit fettigen Pommes bekomme. Bei Salat mit Gorgonzola kann man wenig falsch machen, dachte ich – und auch diese Erwartung wurde noch unterboten. Egal, ich war mit mir und einer voraussichtlich bescheidenen Rechnung zufrieden, froh über die Möglichkeit, die lieben Kollegen etwas besser kennenzulernen.
Bis die Rechnung kam.
Die happig war.
Und gleichmäßig durch alle geteilt wurde.
Da sitzen also etliche Personen mit sehr ordentlichen Gehältern – und ich mit meinem Stipendium, die ich seit vier Wochen umsonst zur Verfügung stehe, dank der Stiftung. Nun habe ich ja eine anständige Kinderstube genossen, die Kollegen hingegen offensichtlich nur eine Krabbelecke - und folglich brav meinen Anteil gezahlt und nichts gesagt. Mir aber gedacht, daß es entweder um die amerikanische Wirtschaft oder die amerikanischen Sitten schlimm stehen muß.
Es geht mir gar nicht ums Geld, ich kann das wegstecken und spare es an einem anderen Ende ein, das ist in Ordnung. Aber es erschüttert meinen Glauben an die Anständigkeit der Menschen. So sehr, daß ich den ganzen Rückweg geschnieft habe – vor Wut und Enttäuschung.
Ich gebe auch gerne mal viel Geld für Essen aus, wirklich, Freunde können es bestätigen – aber eher dann, wenn ich mich dabei in einer Gesellschaft meiner Wahl mit erwiesenem Unterhaltungswert befinde und vor allem nicht, wenn ich dafür in einer drittklassigen amerikanischen Burgerbude doch nur Restesuppe und ein Stück Fleisch mit fettigen Pommes bekomme. Bei Salat mit Gorgonzola kann man wenig falsch machen, dachte ich – und auch diese Erwartung wurde noch unterboten. Egal, ich war mit mir und einer voraussichtlich bescheidenen Rechnung zufrieden, froh über die Möglichkeit, die lieben Kollegen etwas besser kennenzulernen.
Bis die Rechnung kam.
Die happig war.
Und gleichmäßig durch alle geteilt wurde.
Da sitzen also etliche Personen mit sehr ordentlichen Gehältern – und ich mit meinem Stipendium, die ich seit vier Wochen umsonst zur Verfügung stehe, dank der Stiftung. Nun habe ich ja eine anständige Kinderstube genossen, die Kollegen hingegen offensichtlich nur eine Krabbelecke - und folglich brav meinen Anteil gezahlt und nichts gesagt. Mir aber gedacht, daß es entweder um die amerikanische Wirtschaft oder die amerikanischen Sitten schlimm stehen muß.
Es geht mir gar nicht ums Geld, ich kann das wegstecken und spare es an einem anderen Ende ein, das ist in Ordnung. Aber es erschüttert meinen Glauben an die Anständigkeit der Menschen. So sehr, daß ich den ganzen Rückweg geschnieft habe – vor Wut und Enttäuschung.
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Finanzkrisen sind schwarze Schwäne
damenwahl | 18. Februar 09 | Topic 'Finanzkrise'
Ich bin im Moment in der luxuriösen Situation, von Berufs wegen den ganzen Tag anspruchsvolle Blogs zur Krise lesen zu dürfen, und lerne dabei mancherlei nützliches und überflüssiges Zeug. Für nützliches Wissen empfehle ich den Economist oder andere eingschlägige Medien, aber die unterhaltsamen Aspekte will ich niemandem vorenthalten.
In Deutschland werden Wirtschaftsprüfer ja auch etwas abfällig „Häkchenmacher“ genannt, weil sie die ersten Jahre der Berufspraxis regelmäßig damit verbringen, Zahlenkolonnen zu kontrollieren – sagt das Gerücht. Der Berufsstand scheint auch in den USA einen zweifelhaften Ruf zu genießen, denn hier heißt es offenbar „sharp pencilholders“. So gelesen bei nakedcapitalism.com. Die USA planen nämlich, die notleidenden Banken erst mal einer Reihe von Streß-Tests zu unterziehen, bevor staatliche Geldgeschenke verteilt werden und hat laut NY Times auch schon die ersten Geschwader an Prüfern auf die ohnehin schon gebeutelten Banken losgelassen. Ich kann den Kommentatoren da leider nur zustimmen, 100 Prüfer in einer größeren Bank für ein paar Wochen sind ein schöner Ansatz, aber auch nicht viel mehr. Mein liebster Kommentar ist dieser hier von alexblack: „In my fantasy, the 100 federal banking regulators descending upon Ci*ti are actually a larger version of "Ocean's Eleven". Ci*ti is giggling as they hide all their toxic assets from these "bureaucratic rubes", as the "regulators" are actually stuffing everything they can find that has value into duffel bags and disappearing into the night.” Ich habe schon von Prüfern gehört, die sich im Winter immer zu den Mandanten mit der besten Keksauswahl haben versetzen lassen… .
Das Wort Finanzkrise ist auch gar nicht mehr angesagt, es gibt eine viel schönere Wortkreation dafür: „Black Swan“. In der deutschen Wiki*pedia hat es noch nicht für einen eigenständigen Artikel gereicht, wohl aber in der englischen Fassung. Der – ehemalige – Börsenhändler N.N. Ta*leb mißtraute nämlich schon vor Jahren mathemtischen und statistischen Modellen zur Risikomessung (schon wieder eine Gemeinsamkeit zwischen geistigen Größen und mir) und diagnostizierte schon 2007 massive Risiken für amerikanische Immobilienfinanzierer.
Bis in 17. Jahrhundert hinein glaubte die Welt nämlich, es gebe keine schwarzen Schwäne – bis selbige in Australien entdeckt wurden. In Anlehnung an die früher für unumstößlich gehaltene Wahrheit, es gebe keine schwarzen Schwäne und deren Falsifizierung bezeichnet Ta*leb völlig überraschende und unerwartete Ereignisse von historischer Bedeutung und Konsequenz als „black swan events“. Daß der Mensch im Nachhinein dann doch versucht, sie als vorhersehbar oder erwartbar zu klassifizieren, ist sozusagen konstituierendes Merkmal solcher Ereignisse. Paßt wunderbar zur aktuellen Situation und ist so viel schöner als das nüchterne „Finanzkrise“ oder „Credit Crunch“ (da muß ich sowieso immer an Müsli denken und bekomme Hunger).
Meiner Bucherwerbsliste habe ich jedenfalls heute einen neuen Titel hinzugefügt.
P.S. Weitere Schimpfwörter für finanz-affine Berufe? Ich bitte um Kommentare!
In Deutschland werden Wirtschaftsprüfer ja auch etwas abfällig „Häkchenmacher“ genannt, weil sie die ersten Jahre der Berufspraxis regelmäßig damit verbringen, Zahlenkolonnen zu kontrollieren – sagt das Gerücht. Der Berufsstand scheint auch in den USA einen zweifelhaften Ruf zu genießen, denn hier heißt es offenbar „sharp pencilholders“. So gelesen bei nakedcapitalism.com. Die USA planen nämlich, die notleidenden Banken erst mal einer Reihe von Streß-Tests zu unterziehen, bevor staatliche Geldgeschenke verteilt werden und hat laut NY Times auch schon die ersten Geschwader an Prüfern auf die ohnehin schon gebeutelten Banken losgelassen. Ich kann den Kommentatoren da leider nur zustimmen, 100 Prüfer in einer größeren Bank für ein paar Wochen sind ein schöner Ansatz, aber auch nicht viel mehr. Mein liebster Kommentar ist dieser hier von alexblack: „In my fantasy, the 100 federal banking regulators descending upon Ci*ti are actually a larger version of "Ocean's Eleven". Ci*ti is giggling as they hide all their toxic assets from these "bureaucratic rubes", as the "regulators" are actually stuffing everything they can find that has value into duffel bags and disappearing into the night.” Ich habe schon von Prüfern gehört, die sich im Winter immer zu den Mandanten mit der besten Keksauswahl haben versetzen lassen… .
Das Wort Finanzkrise ist auch gar nicht mehr angesagt, es gibt eine viel schönere Wortkreation dafür: „Black Swan“. In der deutschen Wiki*pedia hat es noch nicht für einen eigenständigen Artikel gereicht, wohl aber in der englischen Fassung. Der – ehemalige – Börsenhändler N.N. Ta*leb mißtraute nämlich schon vor Jahren mathemtischen und statistischen Modellen zur Risikomessung (schon wieder eine Gemeinsamkeit zwischen geistigen Größen und mir) und diagnostizierte schon 2007 massive Risiken für amerikanische Immobilienfinanzierer.
Bis in 17. Jahrhundert hinein glaubte die Welt nämlich, es gebe keine schwarzen Schwäne – bis selbige in Australien entdeckt wurden. In Anlehnung an die früher für unumstößlich gehaltene Wahrheit, es gebe keine schwarzen Schwäne und deren Falsifizierung bezeichnet Ta*leb völlig überraschende und unerwartete Ereignisse von historischer Bedeutung und Konsequenz als „black swan events“. Daß der Mensch im Nachhinein dann doch versucht, sie als vorhersehbar oder erwartbar zu klassifizieren, ist sozusagen konstituierendes Merkmal solcher Ereignisse. Paßt wunderbar zur aktuellen Situation und ist so viel schöner als das nüchterne „Finanzkrise“ oder „Credit Crunch“ (da muß ich sowieso immer an Müsli denken und bekomme Hunger).
Meiner Bucherwerbsliste habe ich jedenfalls heute einen neuen Titel hinzugefügt.
P.S. Weitere Schimpfwörter für finanz-affine Berufe? Ich bitte um Kommentare!
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Stress und Tests in den USA
damenwahl | 17. Februar 09 | Topic 'Finanzkrise'
Grundsätzlich möchte man ja im Moment wirklich nicht in den oberen Etagen der Banken oder finanzverantwortlichen Regierungsorgane der USA ein Büro haben, denn es herrschen ungemütliche Zeiten. Nicht genug, daß die Ergebnisse von inoffiziellen Stress-Tests nicht gerade Anlaß zu schönen Hoffnungen geben, nein, demnächst wird es vielleicht auch ganz offizielle Stress-Tests des amerikanischen Finanzsystems geben. In 2007 stimmten die USA nämlich gemäß dem Article IV Consultation Report einem Financial Sector Assessment Program (FSAP) durch den IMF zu, geplant für 2009. Wenn das kein günstiges Timing ist! Dabei wird das gesamte Finanzsystem auf Stärken und Schwächen, das regulatorische Umfeld wie auch makroökonomische Risiken genau analysiert. Auch wenn die Ergebnisse wohl noch auf sich warten lassen werden, darf man gespannt sein, denke ich.
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