Eingezogen
Endlich wieder ein bißchen mehr eigenes Reich in der Fremde. Drei Praktikantinnen, hunderte Mücken, eine Handvoll Kakerlaken und ich wohnen nun zusammen in einem Apartment, das alle funktionalen Erfordernisse erfüllt.
Es gibt vier Zimmer, alle mit Einbauschrank, Bett und Nachttisch: zwei zum Hinterhof, zwei zur Strasse, eines hat Klimaanlage, eines eine Nachttischlampe und eines eine Kommode. Funktional, eben.
Wir haben uns hübsch aufgeteilt, ich habe in völliger Anspruchslosigkeit das Zimmer ohne Annehmlichkeiten genommen, dafür allerdings die weichste Matratze für meinen wehen Rücken erbeten und wurde für meine Großmut im Nachhinein von höheren Mächten belohnt: ich habe die einzige europäische Steckdose der gesamten Wohnung in meinem Zimmer (alle anderen sind schmaler, so daß dicke Laptopstecker und dergleichen nicht passen).

Vom Fenster und Balkon aus kann man den Lac Tunis sehen, die Wohnung liegt günstig und das tote Katzenbaby, das bei der Besichtigung im Hof lag, wurde auch entsorgt. Kakerlaken sind hier leider ein beinahe unvermeidliches Übel und angesichts der sich abzeichnenden Unzulänglichkeiten meiner Mitbewohnerinnen in hausfraulichen Angelegenheiten scheint ein Kampf aussichtslos. Einfach gesagt: wer nicht putzen und lüften will, muß mit Ungeziefer leben. Ich tröste mich, daß es nicht für lange ist und ich jetzt einen eigenen Balkon habe, auf dem ich nicht mit ungebetenen Verehrern konversieren muß. Sondern ganz in Ruhe das verrückte Luftkarussell der Sperlinge in der Abenddämmerung beobachten kann.

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jean stubenzweig, Donnerstag, 18. Juni 2009, 17:04
Europäische Wohngemeinschaft unter maghrebinischen Bedingungen?

Mögen Sie sich dennoch wohlfühlen. Auch wenn's «nicht für lange ist» – wollen Sie schon wieder weiterziehen?

damenwahl, Donnerstag, 18. Juni 2009, 20:02
Nix europäisch, wir sind eher wie die Vereinten Nationen: Äthiopien und Norwegen, leben aber beide in den USA sowie Ghana mit Residenz in Italien. Und ich.

Die Norwegerin hat für uns den Mietvertrag unterschrieben und nach Vorlage der Pässe wurde folgender Name als Hauptmieter in den Vertrag übernommen:
Norge Norway.

nnier, Donnerstag, 18. Juni 2009, 20:31
Sehr schön - und Norwegen gilt ja als zuverlässiger Schuldner, da brauchen sich die Vermieter keine Sorgen zu machen.

damenwahl, Donnerstag, 18. Juni 2009, 20:50
Da die junge Dame seit längerem in den USA studiert ist sie in der Tat Schuldner in größerem Umfang - aber die Miete für unsere (geschätzten) 160 qm beträgt gerade mal 600 Euro, das ist also überschaubar.

jean stubenzweig, Freitag, 19. Juni 2009, 01:32
Stimmt ja. Norwegen gehört nicht zur EU. Doch eines verstehe ich nicht: Wird man, wenn man «seit längerem in den USA studiert», dort automatisch «Schuldner in größerem Umfang»? Aber wahrscheinlich ist das wieder einer dieser Expertenwitze, die bei einem wie mir keine Chance haben zu landen. Oder sollte das einen anderen Hintergrund haben, über den ich nicht verfüge?

sunny5, Freitag, 19. Juni 2009, 01:46
Und immer die Zahnbürste gut wegpacken! Kakerlaken mögen Zahnpasta ... :)

damenwahl, Freitag, 19. Juni 2009, 11:14
Lieber Herr Stubenzweig, gute private Unis in den USA sind sagenhaft teuer, und wer nicht zufällig eines der wenigen Stipendien bekommt, muß einen Kredit aufnehmen. Die junge Dame sagt, daß das bis zum Abschluß eine knapp sechsstellige Summe zusammenkommt.

Danke für den Tip mit der Zahnbürste, liebe Sunny5 - ich hoffe allerdings noch, daß es so arg nicht wird.