Freitag, 10. Juli 2009
Hühnchen... und andere Dinge
Die vergangenen Tage ging das Wasser hier im Gebäude nicht immer. Sehr unannehmlich, plötzlich festzustellen: spülen und Händewaschen ist gerade nicht. Gar nicht raumschiffmäßig. Bei uns auf der Etage fiel es an drei aufeinanderfolgenden Tagen fast komplett aus. In der Etage darunter nicht ganz so häufig. Heute hingegen ging es wieder, stockend und prustend, aber immerhin – sicherlich mir zu Ehren, anläßlich meines letzten Arbeitstages. Die Kollegen sind schon fast alle im Wochenende, meine Aufgaben schön abgewickelt und ordentlich übergeben. Ich könnte jetzt nach Hause gehen. Andererseits: da warten ein Berg Bügelwäsche und ein ungepackter Koffer, der ganz sicher wie immer zu klein sein wird.

Gestern abend waren der Italiener und ich noch einmal aus. Meine entzückenden Mitbewohnerinnen hatten Gäste zum Abendessen eingeladen und schon am Tag vorher Hühnchen mariniert. Dazu muß man wissen: ich würde mir hier grundsätzlich fünf Minuten länger überlegen, wo genau ich Hühnchen kaufe. Wenn ich außerdem einen Kühlschrank habe, dessen Tür nicht recht schließt, so daß das Eisfach dauernd tropft und Getränke in der Tür eher lauwarm als laukalt sind – würde ich mein Hühnchen dort sicherlich nicht über Nacht marinieren. Oder besser: ich würde dieses Hühnchen nicht mehr mit Appetit essen. Aber gut, das ist Geschmackssache. Jeder nach seiner Fasson, ich habe den Italiener dazu gebracht, mich ins „Boeuf sur le toit“* auszuführen, eine der angesagteren Lokalitäten für die bessere und schönere Gesellschaft (oder was sich dafür hält) von Tunis. La Soukra – hört sich malerischer an, als es ist, stellen Sie sich ein besseres deutsches Industriegebiet vor –, drei Restaurants auf verschiedenen Ebenen, Bar und angeblich auch eine Disco. Wir habe uns im Gartenteil niedergelassen, Musik gab es keine, dafür knackten die Mücken wie winters das Feuer im Kamin, wenn sie in die Leuchtfallen flogen. Die Vorspeise war gut, der Rosé ebenfalls, nachdem ich einige Eiswürfel reingeworfen hatte. Das war auch insofern eine sinnvolle Maßnahme, als der Wein unerwartete vierzehn Umdrehungen hatte. Wir bestellten beide Pasta, ich die "Spaghetti al Principe", mit Hühnchen und Zitrone. Précisamment: ich bestellte „Pasta al Principe“ und wurde gefragt, welche Nudeln ich denn wolle, Spaghetti, Ravioli, Tagliatelle. Tagliatelle, bat ich.
Die Nudeln kamen, sahen gut aus, allerdings: kein Hühnchen in Sicht. Nur reichlich Pilze in Sahnesauce. Nach kurzem abwägen – zusammen speisen oder mein Wunschgericht speisen – sprach ich den Kellner an: wo denn mein Hühnchen sei? Nun, so wurde mir beschieden, ich habe doch die Tagliatelle bestellt, und die kämen immer mit Pilzsauce. Ich habe aber doch ausdrücklich „al principe“ bestellt, nur mit anderen Nudeln statt Spaghetti, wandte ich ein. Half aber nichts. Der Kellner lächelte freundlich und erklärte erneut: Tagliatelle – immer mit Pilzsauce. Weiter diskutieren schien wenig zielführend, also habe ich gegessen, was auf den Tisch kam.

Das Bier hingegen, später, beim Italiener zu Hause, hätte ich besser bleiben lassen. War auch nur ein kurzes: als er zum zweiten Mal auf die großartige Klimaanlage im Schlafzimmer hinwies und selbige vorführen wollte, fing ich ganz schnell an zu gähnen, verwies auf die Arbeit, und bin geflüchtet. Immerhin: als ich heimkam, war Ruhe zu Hause. Die Küche ein Schlachtfeld. Der Balkon geflutet, weil niemand den Eimer fürs Klimaanlagenwasser geleert hatte. Alle im Bett. Immerhin das.

*G**gle Übersetzungsmaschine: „Der Büffel auf dem Dach“. Genau.

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