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Flirten à la Congolaise
Ich bin ja absolut bestrebt, mich auch mit den ungewöhnlichen und unappetitlichen Seiten meines Gastlandes zu befassen und werfe mich derzeit mit unermüdliche Einsatzfreude jeder neuen Gelegenheit an den Hals. Da konnte ich mir die Chance zum Flirt à la Congolaise natürlich nicht entgehen lassen. Und habe mich letzte Woche von einer Aufzugbekanntschaft zum Essen einladen lassen. Der junge Mann sah hinreichend anständig aus, war freundlich, hat einen vernünftigen Arbeitgeber und der Name seines Vorgesetzten war mir nicht unbekannt – soviel Information reichte mir als Sicherheit schon. Ach ja, außerdem einen dieser klangvollen französischen Namen, bei denen ich schon beinahe schwach werde: Emmanuels, Constants, Vincents gibt es hier viele.
Am ersten Abend schlug er vor, zuerst im Botschaftsviertel am Fluß eine Runde zu bummeln und danach noch eine Kleinigkeit essen zu gehen. Eine etwas sonderbare Abfolge angesichts der Tatsache, daß das nach Einbruch der Dunkelheit menschenleere Flußufer vermutlich die sicherste Destination für Filmromantik ist, die von ihm ausgewählte Pizzeria hingegen eher nüchtern war, aber gut – vielleicht macht man das hier so. Ganz Gentleman legte er mir am Fluß sein Jackett über die Knie, nicht der Kälte wegen, sondern um meine zarten Beinchen vor Mücken zu schützen. Auch das Gespräch ließ sich nicht schlecht und durchaus interessant an, allerdings bin ich kein großer Freund von platten Komplimenten zwei Stunden in die Bekanntschaft hinein: Tu est une fille très intéressante... t’est vraiment courageuse de venir ici... ta mère doit être une femme assez belle... Andererseits hört man derlei Nettigkeiten ja doch irgendwie immer gerne. Etwas befremdlich fand ich allerdings, im Restaurant zu teilen. Die Pizza, nicht die Rechnung. Ich bin selbstverständlich emanzipiert genug, um gegebenenfalls selbst zu bezahlen und biete das auch in einwandfrei romantischem Kontext mindestens zwei Mal an – aber Pizza teilen? Meine Meinung meinte er auch bei der Auswahl der Pizza nicht ausführlich konsultieren zu müssen. Seine Frage, worauf ich Hunger habe, beantwortete ich etwas vage, stellte eine Margherita zur Diskussion, verkündete aber, eigentlich alles gerne zu mögen. Als er dann Pizza mit Schinken bestellte, hatte ich natürlich – ganz weibliche Anpassungsfreude – keine Einwände. Als er jedoch später vor meiner Haustür um ein Dessert bei mir bat, habe ich energisch Grenzen gezogen und auf die Anwesenheit meiner beiden Mitbewohner verwiesen, die derartige Unterfangen doch etwas einschränke.
Jetzt können Sie sich zu Recht fragen, warum ich mich auf ein zweites Rendez-vous eingelassen habe. Erstens finde ich es interessant und in mancher Hinsicht entspannter als beispielsweise mit meinem Französischlehrer, mit diesem Verehrer zu reden. Dank seines Studiums in Kanada und seines familiären Hintergrunds sind wir in vieler Hinsicht auf Augenhöhe, was den Umgang unkomplizierter macht und mir manche Befangenheit nimmt. Außerdem hat er mich beim Wort genommen und korrigiert zuverlässig meine Fehler im Französischen. Dabei findet er sogar – zumindest in diesem einen Fall – das rechte Mittelmaß: es stört nicht unsere Konversation, hilft mir aber enorm. Fräulein Damenwahl hat daher in aller Emanzipation das Elend des Sonntag Abends ihrer eigenen Wahl zu verdanken. Wir waren in einem bescheidenen Gartenrestaurant, seine Tendenz zu den schlecht ausgeleuchteten Winkeln im hinteren Teil fernab der drei anderen besetzten Tische wußte ich zu vereiteln, wir erhielten die Karte. Noch bevor ich auch nur die Überschrift der Vorspeisen hatte entziffern können, hatte er seine Karte wieder zugeklappt und befragte die Kellnerin nach den angebotenen Gerichten – schnell möge es bitte gehen. Brochette mit Reis? Ein fragender Blick zu mir und schon hatte bestellt. Als das Essen kam, stellte sich heraus – ich hatte es kaum zu hoffen gewagt –, daß ich dieses Mal meinen eigenen Teller hatte. Leider stellten sich im Laufe des Gesprächs auch noch allerlei andere Dinge heraus. Nach längeren Zierereien, die wahrhaftig einer Dame eher angemessen gewesen wären, brachte ich immerhin in Erfahrung, daß er mit über vierzig deutlich älter ist, als ich geschätzt hätte – er sieht eher wie zwanzig aus. Das ist nun wirklich in meinen Augen keinen Nachteil – in seinen ebensowenig. Vielmehr vertrat er sogar entschieden die Ansicht, Frauen müßten unbedingt mindestens sieben bis zehn Jahre jünger sein als ihr Partner, da sie ja schließlich viel früher alt werden und alt aussehen. Nach dieser Ansage war ich so konsterniert, daß mir sicherlich einige der Komplimente, mit denen er mich fortwährend bombardierte, entgangen sind. Aus meiner Bestürzung erwachte ich das nächste Mal, als er ausführte, daß kongolesische Töchter üblicherweise von ihren Tanten in die Pflichten einer guten Hausfrau eingewiesen werden – und ich versichere: das war keineswegs eine nüchterne Darstellung sondern fand offensichtlich durchaus seine Zustimmung. Ich habe daraufhin alle weibliche Zurückhaltung aufgegeben, in der Hoffnung ihn dadurch vielleicht abschrecken zu können, und mir erst ungefragt eine Zigarette angezündet (was ich sonst nie tue) und danach die Rechnung bezahlt. Durch meine Übernahme der gesamten Rechnung ließ er sich leider keineswegs beirren, sondern schien im Gegenteil noch ermutigt. Die Heimfahrt war eine endlose Hängepartie, weil er mich partout nicht nach Hause bringen wollte, hier gezögert, im Auto nebeneinander gesessen, angehalten, Eis essen gewesen, Händchen halten versucht. Ich kam mir vor wie eine Wasserschlange und habe mich nur noch gewunden, sowohl physisch aus seinen Avancen heraus als auch sprachlich in dem Bemühen, meine Nicht-Absichten explizit und doch zartfühlend deutlich zu machen. Ich muß vielleicht eine zweite Meinung bei anderen kongolesischen Freunden einholen, wie man hier flirtet – bisher jedenfalls habe ich die Spielregeln noch nicht recht verstanden.
Am ersten Abend schlug er vor, zuerst im Botschaftsviertel am Fluß eine Runde zu bummeln und danach noch eine Kleinigkeit essen zu gehen. Eine etwas sonderbare Abfolge angesichts der Tatsache, daß das nach Einbruch der Dunkelheit menschenleere Flußufer vermutlich die sicherste Destination für Filmromantik ist, die von ihm ausgewählte Pizzeria hingegen eher nüchtern war, aber gut – vielleicht macht man das hier so. Ganz Gentleman legte er mir am Fluß sein Jackett über die Knie, nicht der Kälte wegen, sondern um meine zarten Beinchen vor Mücken zu schützen. Auch das Gespräch ließ sich nicht schlecht und durchaus interessant an, allerdings bin ich kein großer Freund von platten Komplimenten zwei Stunden in die Bekanntschaft hinein: Tu est une fille très intéressante... t’est vraiment courageuse de venir ici... ta mère doit être une femme assez belle... Andererseits hört man derlei Nettigkeiten ja doch irgendwie immer gerne. Etwas befremdlich fand ich allerdings, im Restaurant zu teilen. Die Pizza, nicht die Rechnung. Ich bin selbstverständlich emanzipiert genug, um gegebenenfalls selbst zu bezahlen und biete das auch in einwandfrei romantischem Kontext mindestens zwei Mal an – aber Pizza teilen? Meine Meinung meinte er auch bei der Auswahl der Pizza nicht ausführlich konsultieren zu müssen. Seine Frage, worauf ich Hunger habe, beantwortete ich etwas vage, stellte eine Margherita zur Diskussion, verkündete aber, eigentlich alles gerne zu mögen. Als er dann Pizza mit Schinken bestellte, hatte ich natürlich – ganz weibliche Anpassungsfreude – keine Einwände. Als er jedoch später vor meiner Haustür um ein Dessert bei mir bat, habe ich energisch Grenzen gezogen und auf die Anwesenheit meiner beiden Mitbewohner verwiesen, die derartige Unterfangen doch etwas einschränke.
Jetzt können Sie sich zu Recht fragen, warum ich mich auf ein zweites Rendez-vous eingelassen habe. Erstens finde ich es interessant und in mancher Hinsicht entspannter als beispielsweise mit meinem Französischlehrer, mit diesem Verehrer zu reden. Dank seines Studiums in Kanada und seines familiären Hintergrunds sind wir in vieler Hinsicht auf Augenhöhe, was den Umgang unkomplizierter macht und mir manche Befangenheit nimmt. Außerdem hat er mich beim Wort genommen und korrigiert zuverlässig meine Fehler im Französischen. Dabei findet er sogar – zumindest in diesem einen Fall – das rechte Mittelmaß: es stört nicht unsere Konversation, hilft mir aber enorm. Fräulein Damenwahl hat daher in aller Emanzipation das Elend des Sonntag Abends ihrer eigenen Wahl zu verdanken. Wir waren in einem bescheidenen Gartenrestaurant, seine Tendenz zu den schlecht ausgeleuchteten Winkeln im hinteren Teil fernab der drei anderen besetzten Tische wußte ich zu vereiteln, wir erhielten die Karte. Noch bevor ich auch nur die Überschrift der Vorspeisen hatte entziffern können, hatte er seine Karte wieder zugeklappt und befragte die Kellnerin nach den angebotenen Gerichten – schnell möge es bitte gehen. Brochette mit Reis? Ein fragender Blick zu mir und schon hatte bestellt. Als das Essen kam, stellte sich heraus – ich hatte es kaum zu hoffen gewagt –, daß ich dieses Mal meinen eigenen Teller hatte. Leider stellten sich im Laufe des Gesprächs auch noch allerlei andere Dinge heraus. Nach längeren Zierereien, die wahrhaftig einer Dame eher angemessen gewesen wären, brachte ich immerhin in Erfahrung, daß er mit über vierzig deutlich älter ist, als ich geschätzt hätte – er sieht eher wie zwanzig aus. Das ist nun wirklich in meinen Augen keinen Nachteil – in seinen ebensowenig. Vielmehr vertrat er sogar entschieden die Ansicht, Frauen müßten unbedingt mindestens sieben bis zehn Jahre jünger sein als ihr Partner, da sie ja schließlich viel früher alt werden und alt aussehen. Nach dieser Ansage war ich so konsterniert, daß mir sicherlich einige der Komplimente, mit denen er mich fortwährend bombardierte, entgangen sind. Aus meiner Bestürzung erwachte ich das nächste Mal, als er ausführte, daß kongolesische Töchter üblicherweise von ihren Tanten in die Pflichten einer guten Hausfrau eingewiesen werden – und ich versichere: das war keineswegs eine nüchterne Darstellung sondern fand offensichtlich durchaus seine Zustimmung. Ich habe daraufhin alle weibliche Zurückhaltung aufgegeben, in der Hoffnung ihn dadurch vielleicht abschrecken zu können, und mir erst ungefragt eine Zigarette angezündet (was ich sonst nie tue) und danach die Rechnung bezahlt. Durch meine Übernahme der gesamten Rechnung ließ er sich leider keineswegs beirren, sondern schien im Gegenteil noch ermutigt. Die Heimfahrt war eine endlose Hängepartie, weil er mich partout nicht nach Hause bringen wollte, hier gezögert, im Auto nebeneinander gesessen, angehalten, Eis essen gewesen, Händchen halten versucht. Ich kam mir vor wie eine Wasserschlange und habe mich nur noch gewunden, sowohl physisch aus seinen Avancen heraus als auch sprachlich in dem Bemühen, meine Nicht-Absichten explizit und doch zartfühlend deutlich zu machen. Ich muß vielleicht eine zweite Meinung bei anderen kongolesischen Freunden einholen, wie man hier flirtet – bisher jedenfalls habe ich die Spielregeln noch nicht recht verstanden.
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