Mittwoch, 13. Oktober 2010
Tag 12 – Ein Buch, das du von Freunden/Bekannten/… empfohlen bekommen hast
Ich bin ziemlich oft im Frühling umgezogen, typischerweise kurz vor Semesterbeginn, und mein Geburtstag liegt bedauerlicherweise immer gleich danach - manche schöne Gelegenheit zum Feiern ist mir dadurch entgangen, manchen Abend habe ich mit mir und einem Piccolo alleine verbracht.

In einem jener ruhelosen Jahre hatte ich präventiv alle meine engsten Freunde eingeladen und fast alle kamen. Die C. Frankfurt, die N. aus Düsseldorf, die A. und der J. waren ohnehin am Studienort, die E. kam vom Bodensee - alle nur für mich. Meine kleine Wohnung füllte sich nachmittags mit den drei Übernachtungsgästen, eine bei mir im Bett, zwei auf dem Sofa.

Tags zuvor hatte ich auf den letzten Drücker noch eine neue Uni-Bekanntschaft eingeladen, wir saßen in derselben Vorlesung, nutzten eine Kaffeepause zur Kontaktaufnahme und kamen ziemlich schnell auf Bücher, was uns lange beschäftigte. So versammelten sich abends sechs Damen und der J. um meinen Tisch, ich servierte Hühnchencurry und Himlamaat und alle amüsierten sich hervorragend.

Zu fortgeschrittener Stunde schlug der J. vor, man könne ja noch bei ihm auf dem Berg etwas trinken gehen, wir stimmten zu, allerdings lagen zwischen uns und dem Sekt beim ihm noch der Marktplatz und der Bergfuß, an dem an jenem Abend die Verbindungsstudenten in unerschrockener Traditionalität rechtsradikales Gedankengut grölten, wie zum Beispiel "Die Gedanken sind frei". Dem gegenüber befanden sich - abgetrennt durch eine Hundertschaft Polizei in voller Kampfmontur - Horden von Antifa-Aktivisten, ausgerüstet mit Tröten, Tomaten und faulen Eiern. Wer versäumt hatte, sich noch vorher für den Protest zu verproviantieren, konnte das auf dem Marktplatz für umsonst tun, garniert mit Flugblättchen voller Rechtschreibfehlern.

Während wir uns zum Absperrgitter neben der Treppe durchquetschten, immer schön dem breiten Rücken des J. folgend, brüllte neben mir jemand in sein Telefon: "Ey, yo, wir sind hier direkt an der Front, du mußt rechts durchbrechen, rechts durchbrechen nach vorne!"

An der Treppe angekommen hielt uns ein Staatsdiener mit kritischen Blicken auf und der J. (sechs Mädels im Schlepptau) erklärte erhobenen Hauptes: "Ich wohne da oben. Und ich habe Damenbesuch". Der Polizist nickte, ließ uns durch, wir tranken Sekt bis spät in die Nacht und kehrten erst heim, als der Aufruhr längst abgeklungen war.

An jenem Tag jedenfalls bekam ich "Das Parfüm" geschenkt, über das ich mit der neuen Freundin M. damals beim ersten Kaffee (von vielen, die noch folgen sollten) gesprochen hatte. Von der M. habe ich seit Jahren nichts mehr gehört. Das Buch steht jedoch neben mir im Regal.

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