Über Bücher
Ich gucke bei neuen Bekanntschaften immer bei erster Gelegenheit – sobald es also unauffällig geht, ohne pathologisch neugierig zu wirken – in die Bücherregale. Nie werde ich jenen Kommilitonen an meiner ersten Uni vergessen, der durchaus kein dummes Kerlchen war, eine sehr geschmackvoll (Muttis Hand?) eingerichtete Wohnung hatte, aber nur eine Handvoll Fachbücher in der Ecke. Oder jene Kollegin, deren halber Buchmeter aus 5 Reisebänden, 3 Kochbüchern und einem Harry-Potter-Band bestand. Selbst, wenn ich nur drei Monate irgendwo aus dem Koffer lebte, hatte ich schon einen Meter Literatur zusammen, noch bevor ich den nächsten Supermarkt gefunden hatte.

Deswegen gefällt mir sowas auch gut und weil es so schön in die 31 Oktobertage passt. Das enthebt mich in den vier kommenden, anstrengenden Wochen zumindest der Sorge, worüber ich schreiben soll.

Tag 1 – Das Buch, das du zurzeit liest
Union Atlantic von Adam Haslett. Auf Empfehlung von Merlix, ist allerdings nicht so ganz mein Fall. Es geht um einen unangenehmen – angeblich sehr bösen – Investmentbanker, den ich im Moment allerdings gar nicht so schlimm finde, eine schräge ältere Dame und einen verirrten Schüler. Hörte sich an wie ein Buch, das nicht völlig anspruchslos ist, aber trotzdem interessant zu lesen, also eine gute Mischung für den Feierabend.
Nun finde ich aber den Bösewicht gar nicht so böse, sondern nur so karriergeil, unangenehm und egoistisch, wie Menschen nun mal sind (vielleicht kommt das noch), den belehrenden Zeigefinger zu Finanzinstrumenten habe ich noch nicht bemerkt und die amerikanische Gesellschaft habe ich auch anders erlebt. Man könnte sagen, mir fehlt das Identifikationspotential. Vielleicht ist es meine Schuld, weil ich zu langsam voran komme und daher nie so recht den Anschluß finde, aber irgendwas fehlt mir in dem Buch. Mehr kann ich im Moment nicht drüber sagen, vielleicht ändert sich das ja noch auf den kommenden zwei Dritteln.

Tag 2 – Das Buch, das du als nächstes liest/lesen willst
In meinem Regal steht eine ganze Reihe von Büchern, die ich zum Teil schon vor Jahren gekauft oder geschenkt bekommen habe, bei denen ich aber immer noch auf den richtigen Zeitpunkt warte. Der breite Rücken von Amitav Ghoshs „Sea of Poppies“ lacht mich fast täglich an, daneben ein Sammelband von Evelyn Waugh und vor ein paar Monaten habe ich Edward Rutherfurds „Russka“ im Brockenhaus erworben, das wartet auch noch. Und natürlich habe ich eine lange Wunschliste bei Amazon, als Gedankenstütze und Zettelchen und Zeitungsausrisse, in irgendwelchen Ecken und Kästchen liegen. Bevor ich das abarbeite, muß ich allerdings anbauen und BillyIV kaufen.

So geht's weiter:
Tag 3 – Dein Lieblingsbuch

Tag 4 – Dein Hassbuch

Tag 5 – Ein Buch, das du immer und immer wieder lesen könntest

Tag 6 – Ein Buch, das du nur einmal lesen kannst (egal, ob du es hasst oder nicht)

Tag 7 – Ein Buch, das dich an jemanden erinnert

Tag 8 – Ein Buch, das dich an einen Ort erinnert

Tag 9 – Das erste Buch, das du je gelesen hast

Tag 10 – Ein Buch von deinem Lieblingsautoren/diener Lieblingsautorin

Tag 11 – Ein Buch, das du mal geliebt hast, aber jetzt hasst

Tag 12 – Ein Buch, das du von Freunden/Bekannten/… empfohlen bekommen hast

Tag 13 – Ein Buch, bei dem du nur lachen kannst

Tag 14 – Ein Buch aus deiner Kindheit

Tag 15 – Das 4. Buch in deinem Regal v.l.

Tag 16 – Das 9. Buch in deinem Regal v.r.

Tag 17 – Augen zu und irgendein Buch aus dem Regal nehmen

Tag 18 – Das Buch, mit dem schönsten Cover, das du besitzt

Tag 19 – Ein Buch, das du schon immer lesen wolltest

Tag 20 – Das beste Buch, das du während der Schulzeit als Lektüre gelesen hast

Tag 21 – Das blödeste Buch, das du während der Schulzeit als Lektüre gelesen hast

Tag 22 – Das Buch in deinem Regal, das die meisten Seiten hat

Tag 23 – Das Buch in deinem Regal, das die wenigsten Seiten hat

Tag 24 – Ein Buch, von dem niemand gedacht hätte, dass du es liest/gelesen hast

Tag 25 – Ein Buch, bei dem die Hauptperson dich ziemlich gut beschreibt

Tag 26 – Ein Buch, aus dem du deinen Kindern vorlesen würdest

Tag 27 – Ein Buch, dessen Hauptperson dein „Ideal“ ist

Tag 28 – Zum Glück wurde dieses Buch verfilmt!

Tag 29 – Warum zur Hölle wurde dieses Buch verfilmt?

Tag 30 – Warum zur Hölle wurde dieses Buch noch nicht verfilmt?

Tag 31 – Das Buch, das du am häufigsten verschenkt hast

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energist, Samstag, 2. Oktober 2010, 23:12
Aber werte Frau Damenwahl, wenn Sie schon so sehr vom erleuchtenden Anblick fremder Bücherregale schwärmen hätten Sie uns doch den Artikel mit ein paar Bildern der Ihren versüßen können ;-)

Das Problem mit den vielen Büchern, die auf Zeit und Aufmerksamkeit warten, kenn ich indes nur zu gut. Aber es ist immer das Gleiche: wenn man sich mal Zeit genommen und den Stapel fast abgearbeitet hat ist am Platz um die Ecke wieder Bücherflomarkt oder eine Oma/Tante räumt den Speicher auf... und schon hat man wieder viele Tagesleserationen vor sich.

damenwahl, Sonntag, 3. Oktober 2010, 15:48
Ihr Wunsch ist mein Wille... siehe oben.

energist, Sonntag, 3. Oktober 2010, 20:25
Vielen Dank! Hmm, leider kann man nicht wirklich viele Titel erkennen, die (selbstredend nicht pathologische) Neugierde ist also nur ein wenig befriedigt. Ich werde einfach darauf hoffen, vielen davon hier noch zu begegnen!

berenike, Sonntag, 3. Oktober 2010, 15:40
Beim Umziehen beneide ich diese Menschen mit drei Büchern richtig! Sonst aber nicht.

damenwahl, Sonntag, 3. Oktober 2010, 15:48
Was habe ich geflucht, als ich 12 Kisten ins 2. OG geschleppt habe. Aber das war es wert, ich freue mich jeden Abend über den Anblick! Viel viel schöner als nur drei einsame Bücher auf einem Brett.

ilnonno, Sonntag, 3. Oktober 2010, 20:15
Jetzt werde ich wahrscheinlich gleich beschimpft, aber ich verschenke jedes Buch, sobald ich es gelesen habe. Erstens sollen andere daran auch Freude haben und zweitens kehrt es (vielleicht) eines Tages zurück. Das "haben wollen" verstehe ich nicht.

energist, Sonntag, 3. Oktober 2010, 22:20
Warum denn beschimpft? Ihre Herangehensweise ist sicherlich wohlbegründet, es gibt ganz wenige Bücher, die ich tatsächlich besitzen „muß“, die meisten davon Fachbücher. Und auch bei mir gehen viele gelesene Bücher danach auf Wanderung, allein schon aus Platzgründen.

Es gibt aber eben auch solche, die ich nicht wieder hergeben möchte. Zum einen, weil es ein schönes Gefühl ist, ebenjenes Buch griffbereit zu wissen, wenn ich es lesen möchte. Zum anderen oft auch weil mir der Gegenstand Buch gefällt. Ob es nun am besonders schönen Satz, Druck, Einband oder Schmuckdeckel liegt oder an der Tatsache daß ich mit diesem besonderen Buch Erinnerungen verbinde – der Besitz schafft Freude. Völlig unrational, aber schön.

damenwahl, Montag, 4. Oktober 2010, 09:55
Ich finde, beide Wege haben ihre Berechtigung - auch wenn ich manche Bücher einfach besitzen möchte, gerade, weil ich Bücher auch zehn Mal lesen kann.
Aber beschimpft wird hier niemand. Außer Elitessen, Investmentbankern, nervigen Bahnfahrern, und anderen Doofköppen.