Tag 11 – Ein Buch, das du mal geliebt hast, aber jetzt hasst
Ich muß schon lange nachdenken, um auf Bücher zu kommen, die ich wirklich hasse, aber solche, bei denen sich meine Einschätzung derart gewandelt hat, fallen mir wirklich nicht ein.
In die Nähe einer so drastischen Änderung kommt eventuell mein Verhältnis zu Feuchtwangers Literatur. Es gab eine Phase mit Anfang Zwanzig, als ich mit Jud Süß aus dem Regal meiner Eltern begann und mich dann durch eine ganze Reihe historischer Romane durchfraß, darunter die Jüdin von Toledo, die häßliche Herzogin und Goya. Danach fand ich neue Leidenschaften, bis ich einige Jahre später meinte, noch einmal von Vorne beginnen zu können, da ich die Bücher in so angenehmer Erinnerung hatte und Jud Süß mich erneut aus dem elterlichen Regal anlachte.
Nach zehn Seiten gab ich auf - die Sprache war so gar nicht meins, ich war genervt, gelangweilt, und überhaupt nicht mehr angetan. Aber vielleicht versuche ich es in weiteren fünf Jahren noch einmal.

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jean stubenzweig, Dienstag, 12. Oktober 2010, 09:05
Nun haben Sie mich daran erinnert, mal wieder bei Feuchtwanger reinzuschauen – seit ich nicht mehr auf Buchmessen herumturne, lese ich überwiegend rückwärts. Wenn ich den Karton gefunden habe, in dem er eingesargt ist, berichte ich, wie's mir ging bis Seite zehn.


Zwischen «jetzt hasst» und «so gar nicht meins» besteht aber doch ein winziger Unterschied?

damenwahl, Dienstag, 12. Oktober 2010, 13:55
Sag ich ja: so drastische Wandlung gab es bei mir noch nie - aber das war immerhin die drastischste Änderung, an die ich mich erinnern kann.
Wie halten Sie es nur aus, Bücher in Kisten verpackt zu haben... das schönste an meiner neuen Seßhaftigkeit ist, meine Schätze abends im sanften Kerzenlicht, aufgereiht im Regal, anzuschauen und jedes rausnehmen zu können, wann immer ich mag!

jean stubenzweig, Mittwoch, 13. Oktober 2010, 10:34
Die Gegenfrage könnte lauten: Wie schaffen Sie es nur, sowenig Bücher zu haben, daß Sie sie «abends bei sanftem Kerzenlicht» (!) et cetera? (Denken Sie gar nicht an Ihr Augenlicht?) – Aber ach, ich vergaß, Sie haben ja noch ein paar Jährchen, bis auch Sie über (Bücher-)Abraumhalden sinnieren müssen. Es sei denn, Sie reihen sich ein in die Nutzer des elektrischen Buches. Was ich mir bei Ihnen allerdings nur unter Schwierigkeiten vorzustellen vermag. Doch wer weiß, vielleicht gibt es bald, zumindest unter Neuerscheinungen, nur noch digitales Lesen. Oder überhaupt nur noch bunte Bildchen. Wie zu Zeiten der Armenbibel. Schließlich muß nicht jeder alles wissen.

Wenn man zu den Büchermessies gehört wie ich und man sich eines Tages räumlich verkleinern und an unterschiedliche Orte aufteilen mußte (und obendrein niemand mehr Papier geschenkt haben will), bleibt es nicht aus, Gedrucktes nach Sankt Helena zu verbannen. Aber auch so habe ich auch noch in unmittelbarer Nähe immer ausreichend zu kucken. Man muß eben Anschaungsprioritäten setzen. Feuchtwanger gehörte eben zu denen, die nicht obenauf liegen oder stehen mußten.

damenwahl, Mittwoch, 13. Oktober 2010, 12:13
Ach, Herr Stubenzweig, ich hatte beinahe befürchtet, daß Ihre Antwort so aussehen würde.... aber SO viele Bücher, daß man sie nicht mehr stellen kann, das ist schon beinahe beängstigend. Einerseits nämlich beeindruckend, andererseits eine grauenvolle Vorstellung, mit solcher Last umziehen zu müssen. Mir hat es schon gereicht, die zwölf Kisten in meine zweite Etage schleppen zu müssen.