Tag 29 – Warum zur Hölle wurde dieses Buch verfilmt?
Ich war seit fast zehn Jahren nicht mehr im Kino. Entwöhnt wurde ich im ersten Teil des Herrn der Ringe. Ich war mit einer Freundin bei uns im schönsten Kino der Stadt, nur ein Saal, rote Plüschsessel, eine kleine Bar am hinteren Rand - alles sehr traditionell, nix Cine*irgendwas. Ein Kino. Lichtspielhaus. Schön.

Ich mag das Buch sehr, war gespannt auf den ersten Teil der Trilogie und finde die Verfilmung auch eigentlich gar nicht so übel: nicht zu gehetzt, lieber drastisch gekürzt, als halbherzig gestrafft, aufwendig in der Ausstattung, nette Darsteller, tolle Landschaften - alles durchaus in Ordnung. Am Film lag es also nicht. Im Gegenteil: besonders berührt war ich von jener Szene, in der Frodo es auf sich nimmt, den Ring nach Mordor zu tragen und reihum seine Reisegefährten sich im anschließen, sehr ergreifend. Bis es neben mir knisterte und der junge Mann (der schon länger geräuschvoll seine Cola schlürfte) erneut herzhaft in seine Nacho-Tüte griff. Mitten in dieser Szene.

Ich wäre ihm am liebsten ins Gesicht gesprungen, habe mich stattdessen schweigend schwarz geärgert, auch noch den ganzen weiteren Film, und bin seither nie wieder ins Kino gegangen. Warum auch sollte ich viel Geld ausgeben, um auf einem dreckigen, siffigen Sessel zwischen teilweise unangenehmen, quatschenden, flüsternden, knisternden, fressenden, schlürfenden Leuten zu sitzen, und einen Film auf Deutsch zu sehen, den ich genausogut zu Hause auf dem Sofa, in eine Decke gewickelt, den Kühlschrank in Reichweite, ohne störendes Umfeld auf Englisch sehen kann? Für weniger? Sogar für umsonst?

Leuchtet mir schon lange nicht mehr ein, und so verzichte ich auf Kino. Den zweiten und dritten Teil habe ich irgendwann daheim gesehen und war enttäuscht: zuviel Blut, zuviel Hauen & Stechen, zuwenig Nähe zum Buch, zuwenig Zeit für die wichtigen Dinge. Am Ende bleibt die Erkenntnis, daß der Film mir die Bilder im Kopf weggenommen hat, die eigene Vorstellung, und meine Phantasie beschneidet. Noch ein Grund, Bücher, die ich sehr mag, nicht im Kino sehen zu wollen.

Tag 30 – Warum zur Hölle wurde dieses Buch noch nicht verfilmt?
Siehe oben - ich könnte schon Bücher nenne, die eine Verfilmung wert wären - aber ich will die dann nicht sehen müssen.

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alterbolschewik, Sonntag, 31. Oktober 2010, 13:02
Mir geht's genau gleich mit dem Kino. Auslöser war "Zatoichi – Der blinde Samurai", ein Film, der, weil seine Hauptfigur blind ist, von der Tonspur und insbesondere der Stille lebt. Es war Montag-Nachmittag, weil ich hoffte, das Kino sei zu dieser Zeit möglichst leer, und in der Tat, nur zwei Asiaten saßen ein paar Reihen vor mir. Der Film begann, erleichtert aufseufzend lehnte ich mich zurück... und dann ging doch noch die Tür auf. Fünf Tussen kamen herein, setzten sich direkt neben mich und quasselten den ganzen Film hindurch. Höfliches bis zunehmend rüdes Zurechtweisen blieb erfolglos. Ich wünschte mir selbst ein Samuraischwert, beschloß dann aber doch nur, mir einen Beamer und eine Leinwand zuzulegen. Seither findet Kino bei mir im Wohnzimmer statt.

damenwahl, Sonntag, 31. Oktober 2010, 13:11
Eben. Ich werde oft genug angestaunt für meine Haltung, aber das ist mir egal. Ich will es gemütlich haben und ruhig. Punkt.